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gar leicht in lichte Flammen auf, unbekümmert was daraus entstehen möge. So ist auch die für diesen Tag ins Leben tretende Scene leicht erklärlich, und die Evangelisten ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen, dieselbe nach ihrer Gewohnheit zu einer besonderen Verherrlichung zu benutzen, und zwar abermals in so wundersüchtiger Weise, » daß einige der neueren Biographen den ganzen Einzug als eine Fabel verwerfen und in Abrede stellen. Dies ist jedoch übertrieben, da man die geschichtlichen Merkmale nicht wohl verkennen kann.

Vorausgeschickt muß noch der Umstand werden, daß in der älteren biblischen Geschichte, wie im Orient überhaupt, der Esel sowohl als Lastwie als Reitthier eine große Rolle spielt und bei gewissen sogenannten heiligen Begebenheiten in leßterem Sinne oftmals seine Dienste leistete. Schon der Erzvater Jacob spricht in der Verzückung, da er seinen Söhnen den Segen ertheilt (1. Buch Moses 49, V. 11) von: „ein Füllen an den Weinstock binden, und der Eselin Sohn an die Reben." Auch der Prophet Zacharias, wahrscheinlich als Nachbeter des Jacob, schreibt (Kap. 9, V. 9): „Du Tochter Zion freue dich sehr, und du Tochter Jerusalem jauchze! Siehe dein König kommt zu dir, ein Gerechter und Helfer, arm, und reitet auf einem Esel und auf einem jungen Füllen der Eselin." Dergleichen Sagen waren den erwartungsvollen Juden allezeit gegenwärtig und geläufig, und die Veranstalter des feierlichen Einzuges Jesu hatten sich, wie es scheint, jene ältere Weissagung wohl gemerkt. Vielleicht versprach man sich sogar ein durchschlagendes Ereigniß von diesem Jubeleinzuge und hatte dafür gesorgt, daß eine Eselin mit ihrem Füllen zur Stelle war, um sich dessen zur Verherrlichung des Zuges zu bedienen. Was indeß die ersten Evangelisten (die sogenannten Synoptiker) von Jesu Befehl des Herbeiholens der Eselin fabeln, ist auf Rechnung ihrer Abgötterei zu sehen und verdient keine weitere Beachtung.

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Es ist erklärlich, daß eine Menge Galiläer, Jesu Landsleute, zum Feste mit heraufgekommen waren und die willkommene Gelegenheit ergriffen, nach Möglichkeit zu dem feierlichen Empfange ihres berühmten Heimathsgenossen beizutragen. Zu verwundern ist nach unseren Begriffen aber, daß der demüthige und bescheidene Jesus sich dieser lärmenden und im höchsten Grade auffälligen Huldigung nicht entzog. Es geht indeß aus mehreren Anlässen hervor, daß er der öffentlichen Verehrung nicht abhold war, und da sie von seinem geliebten Volke ausging, so ließ er sie sich auch diesmal gefallen. So bedeckten denn seine Freunde der Eselin Rücken mit den kostbarsten Geweben, die man in der Geschwindigkeit auftreiben konnte, seßten ihn auf dieselbe und

bestreuten den zu passirenden Weg mit Blumen und Palmlaub. Einige sogar breiteten ihre Mäntel und Tücher auf den Weg, und die Luft erbebte von dem Freudenrufe der Menge, bei welchem der damals ge= bräuchliche Freude-Ausdruck „Hosiannah,“ nicht fehlte. Es wurde aber auch der merkwürdige Ruf laut:,,Dem Sohne Davids! Gelobt sei der da kommt ein König der Juden! Ehre sei ihm in der Höhe!“ u. s. w.

Daß bei diesem Aufzuge die ihn unablässig beobachtenden Pharisäer nicht fehlten, läßt sich denken. Es scheint, als ob sie wegen der auffälligen Verherrlichung ihres Widersachers einen allgemeinen Volksaufstand befürchteten, denn es drängten sich einige von ihnen zu dem Gefeierten heran, ihn um seiner selbst willen ermahnend, dem Volke Schweigen zu gebieten. Jesus aber fertigte sie kurz und in seiner sarkastischen Weise ab, indem er ihnen zurief: „was würde euch ihr Schweigen nüßen? es würden ja doch anstatt ihrer die Steine auf der Gasse zum Himmel schreien!" Manche Leute in Jerusalem schienen indeß bis dahin von der Persönlichkeit Jesu wenig Notiz genommen zu haben, da ausdrücklich bemerkt wird, daß Viele, die aus der Stadt kommend dem Zuge begegneten, nach dem Gegenstande der Feierlichkeit fragten und von dem Propheten Jesus von Nazareth“ noch nichts vernommen hatten; ein Beweis, daß die damalige Volksthümlichkeit des großen Weisen mit seinen späteren Erfolgen in keinem Verhältniß stand.

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Der beabsichtigte Erfolg jenes wunderlichen Auf- und Einzuges scheint auch gänzlich in den Sand verlaufen zu sein. Man hörte nichts weiter von demselben, und gerade die Zeit der Feste, wo das ganze Interesse sich auf den Gegenstand, dem die Opposition Jesu vor Allem galt - nämlich der höchsten Blüthe des Ceremonialgefeßes - zusammendrängte, war schlecht gewählt, um im Kreise der prunkliebenden Juden die Persönlichkeit eines äußerlich so einfachen und unscheinbaren reformatorischen Rabbinen auf den Schild zu heben. Innerhalb der Mauern, unter dem Gewühl von vielleicht mehr als 100,000 Fremden hörte denn auch die Verherrlichung von selbst auf. Jesus entzog sich mit seinen Jüngern dem Gedränge, um seine zahlreichen Freunde unter den Bewohnern Jerusalems aufzusuchen und mit ihnen religiös-philosophische Gespräche zu führen oder den Rednern in den verschiedenen Synagogen zuzuhören.

Abends kehrte er regelmäßig nach Bethanien zurück, indem ihm eine trübe Ahnung sagte, daß vorzugsweise die Nächte seine Freiheit bedrohten; einige Male schlief er auch bei einem Freunde an der Westseite des Delberges, wo derselbe ein kleines Landgut besaß. Im Ganzen genommen konnte man eine gewisse ängstliche Unstätigkeit an Jesus un

möglich verkennen, wie denn auch die frühere Freudigkeit, ja man darf wohl sagen Keckheit oder vielmehr Kühnheit, bei ihm bedeutend abge= schwächt erschien; auch hatten seine Freunde es kein Hehl, daß ersichtlich ein großer Kampf in seinem Innern vorgehe, erzeugt durch den lange gereiften Entschluß, sein Leben für die große Reformidee einzuseßen, obwohl im Kampfe mit dem widerstrebenden Rathe eben jener besonnenen Freunde, die nichts als resultatloses Unterliegen voraussahen und daher seinen Entschluß nicht gutheißen konnten. Wer aber kann zweifeln, daß auch die Natur bei ihm ihre Rechte forderte und die Liebe zum Leben (die alte liebgewonnene, freundliche Gewohnheit des Daseins, wie Goethe sagt) sich auf die Seite der Freunde stellte und ihrem Rathe beipflichtete? Dergleichen innerer Zwiespalt gehört aber stets zu den schrecklichsten Augenblicken in dem Leben großer Charaktere, wo das unablässig drängende Geschick zur Katastrophe ruft und im Heute schon das Morgen wandelt.

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Diese Zeit des inneren Zwiespalts, ja vielleicht der Unentschlossenheit beängstigte seine Seele dergestalt, daß er auf seinem Lager nicht rasten konnte; kein Schlaf kam in seine Augen, und die besorgten Jünger, welche jeden seiner Schritte bewachten, hörten ihn oft bis spät in die Nacht seufzen und beten. Es war die fürchterliche Vorahnung seines nahen Todes, die ihn beunruhigte. Oft, wenn die Angst am höchsten stieg, verließ er sein Lager, um draußen in der freien Natur, Angesichts der goldenen Sterne am Firmamente, im inbrünstigen Gebete zu Gott um Trost und Seelenstärke in diesem entseßlichen Kampfe zu flehen.

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Eine solche Schreckensnacht war es, als er wieder bei seinem erwähnten Gastfreunde am Delberge das Nachtlager genommen hatte und die innere Unruhe ihn in jenen Garten hinaus trieb, der unter dem Namen Gethsemane bekannt geworden ist. Eine unwiderstehliche Neigung drängte ihn allein zu sein, aber einige der besorgten Jünger Petrus, Johannes und dessen Bruder Jacobus folgten ihm nach. Als diese in dem Garten angekommen waren, befahl ihnen Jesus, seiner an einer gewissen Stelle zu warten, worauf er sich seitwärts entfernte und dort auf die Knie niedersank, um sich seiner Angst, die riesenschwer auf ihm lastete, im Gebet zu entledigen. Man hat selbst einige seiner Worte jener innigen Unterhaltung mit Gott aufbewahrt, die im Selbstvergessen mit lauterer Stimme gesprochen, zu den lauschenden Jüngern hinüberdrangen und so wenig ihrer auch sind doch die düstere Stimmung des Unglücklichen lebhaft charakterisiren, der, wie so mancher gottbegabte Geist ein willenloses Opfer

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der ihm eingeborenen Geistesgaben werden sollte. „, mein Vater im O Himmel,“ rief er schmerzbewegt die Hände ringend aus, „meine Seele ist betrübt bis in den Tod! Hilf, o hilf mir über diese Stunde hinweg! Und wenn es dein allmächtiger Wille zuläßt, so laß diesen bitteren Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht wie ich will, sondern wie du mein Vater willst!"

Man hat sich gewundert selbst Renan erwähnt diesen Umstand daß der Evangelist Johannes, der doch, wie man meint, in seiner Eigenschaft als Jünger ausdrücklich als gegenwärtig genannt ist, in seiner Erzählung der lezten Lebenstage Jesu von dieser Scene nichts berichtete. Der sonst so umsichtige und gelehrte Franzose bezeugt hier aber wieder, daß ihm nicht bekannt, wie der Evangelist Johannes eine ganz andere Persönlichkeit gewesen, als der Jünger Johannes, was wir schon mehrfach hervorgehoben. Ersterer war ein griechischer Philosoph, der weit über 100 Jahre nach Jesus lebte, wahrscheinlich in Antiochien zum Christenthum übertrat und seine griechische Philosophie zur Ausschmückung des Christenthums verwendete. Dahin gehört z. B. seine Lehre vom Logos, den er unter großer Berechtigung sinnbildlich mit Jesus verschmolz.

Was in jener Nacht Alles in der Seele des wunderbaren Mannes vorgegangen sein mag, darüber schweigt die Geschichte. Nur Derjenige vermag es nachzuempfinden, der einst in ähnlicher Seelenstimmung eine Nacht voll tiefen Seelenschmerzes im Gebet vor Gott zugebracht hat, wie das ja auch der feine, seelenkundige Goethe so schön mit den Worten bezeichnet:

Wer nie sein Brot in Thränen aß,

,,Wer nie die kummervollen Nächte

,,Auf seinem Bette weinend saß,

,,Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!"

Auch Jesus fand im Gebet seine Kraft wieder, und der Entschluß, sein irdisches Dasein dem großen Werke der Menschheits- Erlösung von religiösem Wahn und sittlicher Versunkenheit zum Opfer zu bringen, stand bei ihm fester denn je.

Neugestärkt und ermuthigt erhob er sich und kehrte zu den Jüngern zurück, die er zu seiner größten Ueberraschung eingeschlafen fand. Wohl niemals trat der große Unterschied zwischen ihm und den einfältigen Schülern schlagender zu Tage, als in diesem Augenblick, wo die sichtbar größte Seelenangst ihres geliebten Lehrers so wenig Mitgefühl in ihnen zu erregen vermochte, daß sie wenige Schritte von ihm entfernt ruhig liegen und schlafen konnten.

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Jesus verwies ihnen auch die gleichgültige Ruhe in so verhängnißvoller Zeit mit milden Worten. Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“ sprach er in vorwurfsvollem Tone. „Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet; der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach." Das will sagen: „Daß nicht auch ihr, wie ich, in diesen Seelenkampf gerathet, wo der Wille gut und stark, die Kraft aber, das Gewollte zu vollbringen, nicht ausreicht.“ Ein Selbst= Vorwurf also über seine Zaghaftigkeit.

28.

Das Nachtmahl. Jesu Verhaftung und peinliche Anklage.

Wir gelangen nun zu dem für das christlich-religiöse Dogma so hochwichtigen Mahle, das unter der Bezeichnung Nachtmahl oder Abendmahl für Viele eine unbeschreibliche Wichtigkeit erlangte und in der demselben angedichteten wunderbaren Bedeutung später leider auch die Veranlassung zu den größten Confessionsspaltungen wurde, wie denn bekanntlich die Trennung zwischen Calvinisten und Lutheranern in der verschiedenartigen Auffassung der Abendmahlsformel ihren Grund hatte.

Vorausgehend sei noch bemerkt, daß die evangelischen Berichte über die lezten Lebenstage Jesu, was Ort, Zeit, einzelne Scenen und Begebenheiten betrifft, so durchaus im Widerspruch unter einander, wie auch mit den Naturgefeßen und jüdischen Gebräuchen stehen, daß sie für eine unsrer aufgeklärten Zeit entsprechende, wahrhafte und glaubliche Darstellung fast ganz unbrauchbar sind. Um nur einen irgend logischen Faden festzuhalten, müssen wir uns daher nach andern Quellen und Hilfsmitteln umsehen.

So z. B. ist es für die großherzige That Jesu zwar unerheblich, an welchem Tage der an ihm verübte Justizmord stattgefunden; nichts destoweniger ist es der Folgerung halber von hohem Interesse zu wissen, daß, scharfsinnigen astronomischen Berechnungen zufolge, wie die in den Evangelien angegebenen Bezüge zwischen dem jüdischen Mazothfeste und dem Hinrichtungstage Jesu mit Sicherheit ergeben, der Freitag nicht der Richttag und demzufolge auch der Donnerstag Abend nicht der der Gefangennehmung gewesen sein kann. Ist dies als richtig und wahr festgestellt, so geht daraus hervor, daß die Kreuzigung Jesu zwar eine Folge der jüdischen Anklage, der Denunciation an die Römer, gewesen sein kann (wie wir dies mehrfach an

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