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der Juden, so unerklärlich scheint: so z. B. die Verachtung des Reichthums und des ersten Mittels zur Erlangung desselben, des Handels.

Die Gesellschaft der Essäer bestand aus Oberhäuptern, gewöhnlichen Mitgliedern und Novizen oder Neulingen, und alle, ob sie vereinzelt oder in kleinen Gemeinden zerstreut lebten, suchten fern vom Geräusche der Welt abgeschiedene Orte auf, wo sie in ungestörter Beschaulichkeit ihren Neigungen und Gewohnheiten nachgehen konnten. Durch Gleichheit und Brüderlichkeit zu einer Familie verbunden, war ihr Besißthum gemeinschaftlich; eine Anzahl freigewählter Häupter hatte die Güter und den Erwerb zu verwalten und die nothwendigen Ausgaben zu beschaffen, was um so leichter ausführbar war, als die Essäer von der Ehe und dem fleischlichen Umgange mit dem andern Geschlecht nichts wissen wollten, um der Anreizung zur Sinnlichkeit keine Nahrung zu geben. Aus demselben Grunde versagten sie sich auch jeden andern, dem Körper zu Gute kommenden Genuß, wie 3. B. die im Orient so sehr gebräuchliche Salbung mit Del; die Essäer haßten diesen Stoff in solchem Maaße, daß Jeder, der zufällig mit demselben in Berührung kam, verpflichtet war, sich mittelst eines Bades zu reinigen. Bei der erwähnten Ehelosigkeit der Sekte mußte natürlich auf einen anderweitigen Ersay Bedacht genommen werden, und so rekrutirten sie sich durch Adoption elternloser Knaben, an denen auch damals schon kein Mangel gewesen zu sein scheint, wie gleichzeitig durch die Aufnahme Erwachsener, die durch Unglück oder Schwärmerei der Welt und ihrem Treiben entfremdet waren. Eine Ausnahme bezüglich der Ehelosigkeit machte nur eine kleine Anzahl Schismatiker, die die Ehe für Pflicht hielt und sich an das Verbot nicht kehrte. Zu diesen scheint z. B. der bekannte Joseph von Arimathia gehört zu haben.

Die Essäer liebten, troß des cynischen Beigeschmacks ihrer Lehren, Geseze und Lebensgewohnheiten, die Reinlichkeit und gingen, wenn auch in grober, dennoch in sauber gehaltener und anständiger Kleidung einher; aus all' ihrem Thun und Lassen aber sprachen Demuth und Bescheidenheit: ein Charakterzug, der namentlich auch in ihren Versammlungen zum Ausdruck kam, indem dort keine vorlaute Anmaßung, Rechthaberei und leidenschaftliche Aufregung, kein Geräusch und Geschrei vorkommen durften, wie solches in unsern Tagen ja so vielfach die öffentlichen Versammlungen entwürdigt. Nur Einer, und zwar in der Regel ein verständiger und erfahrener Alter, führte das Wort und seinen Ansichten und Meinungen wurde mit Wohlwollen und nachgiebiger Pietät Rechnung getragen.

Ihren Lebensunterhalt erwarben die Essäer in anspruchslosem aber beharrlichem Fleiß, möglichst alles Aufsehen vermeidend, durch Ackerbau und Handwerk; durch Sparsamkeit und mäßigen Genuß blieben ihnen noch Ueberschüsse, die sie zu wohlthätigen Zwecken verwendeten. Die allgemeine Menschenliebe, ohne Ansehen des Standes und Glaubens, war dabei ihr Leitfaden.

Die Eintheilung ihrer Tagesbeschäftigung war folgendermaßen geordnet: Vor Sonnenaufgang schon standen sie auf; die ersten Stunden des neuen Tages wurden Gebeten, frommen Betrachtungen und Gesprächen gewidmet, und zwar in einem, an jedem ihrer Wohnorte für solche Zwecke besonders hergerichteten Hause, das keineswegs mit unsern Kirchen zu vergleichen, indem man daselbst auch speiste und von den Tagesarbeiten ausruhte. Die Aufsicht führte eine Art Haushofmeister, der die Hausordnung handhabte und die Anwesenden zu geeigneter Zeit entließ. Nach fünfftündiger Arbeit nahm Jeder ein Bad; alsdann jezte man sich, nachdem die Arbeitskleidung gegen andere, reinliche und saubere vertauscht worden, im Speisesaal zu Tisch, wo in feierlicher Stille ein einziges Gericht den nie fehlenden Appetit befriedigte. Dies wiederholte sich Abends und ein kurzes, herzliches Gebet eröffnete und beschloß das Mahl.

Selbstbeherrschung und Bewahrung des Friedens und der Eintracht waren vor Allem das Augenmerk ihres sittlichen Strebens; nächst diesem beschäftigten sie sich in geweihten Stunden vielfach mit den Geseßen und Erscheinungen der Natur und der menschlichen Seele, und manche Entdeckung auf dem Gebiete der materiellen Natur, namentlich in Betreff der Kräfte vieler Pflanzen und Mineralien, schreiben sich von den sinnigen Erforschungen dieses merkwürdigen Volkes her.

Die Geseßsammlung der jüdischen Urschriften hielten sie für unverleßlich und gingen hierin so weit, daß sie am Sabbath sogar die körperlichen Ausleerungen unterließen, weil dies die im 5. Buch Mosis Kap. 23, Vers 13-14 erwähnte Verrichtung nöthig gemacht hätte, was ihrer Ansicht nach als Entheiligung des Sabbaths zu betrachten sein würde. Verstöße gegen dergleichen Ceremonial-Geseze wurden als Verbrechen angesehen, und wenn solche unerachtet des strengsten Gebots, dennoch vorkamen, so wurde der Schuldige vor das Forum von 100 aus ihrer Mitte erwählten Richtern geladen und angeklagt, worauf sofort in erster Instanz das unumstößliche Urtheil erfolgte. Eine Lästerung des ersten Gesetzgebers, Moses, wurde mit dem Tode bestraft; andere, in ihren Augen schwere Vergehen wurden mit Ausstoßung aus der Gesellschaft geahndet, eine für

den Betreffenden harte Strafe, da er sich in der Regel den essäischen Gesezen nicht entzog, sich an keine neue Lebensart gewöhnte und nun, hilflos und verlassen, ein elendes Dasein durchlebte, falls nicht wie es allerdings oft geschah - die Gesellschaft sich des Bereuenden erbarmte und ihn wieder in Gnaden aufnahm.

Eine Aufnahme in den Bund dieser Schwärmer war mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Ohne berechtigt zu sein, einen Fuß über die Schwelle ihres Gesellschaftshauses zu seßen, mußte sich der Novize einer zwölfmonatlichen harten Lehrzeit unterziehen. Beim Beginn derselben übergab man ihm eine Schaufel, eine Schürze und ein weißes Kleid. Je nach dem Ernst seines Betragens, der Empfänglichkeit und des guten Willens wurde der auf ihm lastende Druck der Gesellschaft gemäßigt, namentlich ihm erlaubt, am Bade Theil zu nehmen. Noch zwei Jahre länger blieb er unter strenger Aufsicht, ohne wirkliche Aufnahme zu finden, und erst wenn kein Tadel an ihm befunden worden, trat die wirkliche rituelle Aufnahme ins Leben. Er hatte dabei das feierliche Gelübde abzulegen:

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„Gott von ganzem Herzen zu dienen; - Gerechtigkeit zu üben; Niemandem, es sei unter welchem Vorwande es immer wolle, zu schaden; - die Ungerechten zu meiden und die Gerechten nach Kräften zu schüßen; gegebenes Wort Jedermann, besonders aber der Obrig teit, die von Gott eingesezt, zu halten; feinem Untergebenen mit Uebermuth zu begegnen; sich auch nicht durch äußere Merkmale an Kleidung oder sonst vor ihnen auszuzeichnen; - alle Unwahrheit zu hassen und zu meiden; - unerlaubtem Gewinn allezeit zu entsagen; keine Geheimnisse vor den Genossen des Bundes zu haben; - dagegen bei Todesstrafe keinem Uneingeweihten die Geheimnisse des Bundes zu verrathen; die Geseze desselben ohne jegliche Veränderung nach Kräften aufrecht zu erhalten und zu überliefern; - die Bücher der Gesellschaft heilig zu bewahren." Alles mußte er bei Mannesehre feierlich zusagen, aber nicht beschwören, denn die Essäer verwarfen und haßten den Eid als schimpflich und des redlichen Menschen unwürdig. (Wer denkt dabei nicht an Christi „Eure Rede sei Ja, ja! Nein, nein!)

Der Essäer Absonderung von andern, nicht zu ihrem Bunde gehörenden Juden wurde so streng gehalten, daß sie niemals einen Uneingeweihten berührten; wenn es dennoch zufällig geschah, so mußte ein sofort genommenes Bad die Reinigung vermitteln. Ueber ihren Rang und ihr Ansehen im Bunde entschied das Lebensalter und noch mehr die Zahl der Jahre der Mitgliedschaft, da das Alter bei ihnen als ein Verdienst angesehen wurde. Sie erreichten übrigens, durch Mäßigkeit und Beherr schung der Leidenschaften unterstüßt, in der Regel ein sehr hohes Alter,

so daß Hundertjährige unter ihnen etwas Gewöhnliches waren. Gegen körperliche Mühseligkeiten hatten sie sich durch Uebung und Gewohnheit gestählt, und auch ihr Geist widerstand den schwersten Leiden mit bewundernswerthem Heroismus. Die schrecklichsten Schmerzen ertrugen sie mit Ruhe und Ergebung, und mit wahrhafter Seelengröße zogen sie einen ruhmvollen Tod dem Leben vor, was sich namentlich vielfach in den Römerkriegen bewährte. Niemals haben die grausamsten Qualen des Feuers, des Rades und sonstiger Marterwerkzeuge, die man mit dem erfindungsreichsten Raffinement an ihren Leibern zur Anwendung brachte, auch nur ein einziges gegen ihre Geseze verstoßendes Wort oder gar eine solche Handlung zu erpressen vermocht, und selbst die Thräne wußten sie als schimpflich zurückzuhalten. Lächelnd unter den fürchter= lichsten Qualen gaben sie den Geist auf, in der festen Ueberzeugung, daß derselbe auch außerhalb der irdischen Hülle fortzuleben nicht aufhören werde. Dieser Glaube stüßte sich auf die Meinung, daß die Seele aus reinem Aether bestehend, in dem Körper nur durch Naturzauber gebunden eingekerkert wohne, und daß, sobald dieser Zauber durch den Tod gelöst sei, jene sich der gewonnenen Freiheit bedienend weithin entschwebe, sich gen Himmel aufschwinge und dort eine andere, schönere Existenz gewinne. Ihre Ansicht von guten und bösen Geistern, Lohn und Strafe, stimmt mit dem christlichen Himmel und der Hölle überein, ja sie malten sich sogar die verschiedenen Aufenthaltsorte der abgeschie denen Seelen, ähnlich wie in christlichen Glaubenskreisen, mit den anziehendsten und abschreckendsten Farben aus; überhaupt ist es, wie schon erwähnt, unverkennbar, daß in den Religions- und Lebensansichten der Essäer die eigentliche ursprüngliche Wurzel des Christenthums zu suchen ist, was denn auch in dem Verfolg unserer Geschichte seine natürliche Begründung finden wird.

Josephus, der jüdische Schriftsteller, dessen Mittheilungen wir vornehmlich gefolgt sind, giebt die Zahl der Essäer auf etwa 4000 an, was indeß viel zu gering scheint und sich wahrscheinlich nur auf die Palästinenser beziehen soll. Es gab außer diesen aber noch eine bedeutende Menge in Aegypten, von denen Josephus nichts gewußt zu haben scheint. Von ihnen aber berichtet uns der Alexandrinische Philosoph Philo :

Sie flohen die großen Städte als die Heimath des Lasters, trieben außer dem Landbau auch mancherlei Handwerke, enthielten sich aber durchaus der Anfertigung von Kriegsgeräth, welcher Art es auch sei. Herrschsucht und Eigennut waren ihnen fremd, Standesunterschied kam bei ihnen nicht vor. Was die Wissenschaft betrifft, so haßten sie alle Grübeleien und spißfindigen Erörterungen über das Sein und

Wesen der Gottheit, indem sie davon keine Bereicherung an Kenntnissen zu erwarten sich berechtigt hielten. Der Moral, der Tugend und guten Sitte hingegen widmeten sie die eifrigste Forschung, namentlich in den alten Gesezbüchern, mit denen sie sich deshalb vorzugsweise am Sabbath und an den Festtagen beschäftigen. Dieses geschah namentlich in ihrem Bethause, wo sie, je nach dem Alter ihres Eintritts in die Gesellschaft geordnet, ihre Pläße einnahmen. Einer las vor und ein Anderer com= mentirte und erklärte das Gelesene, wobei die Parabel und Allegorie die vorherrschende Form der Belehrung bildeten. Neben dieser Beschäftigung mit den heiligen Büchern nahmen aber auch andere, und zwar profane Gegenstände ihre Zeit in Anspruch, vorzugsweise der Staat und die politischen Constellationen, wie auch das ökonomische Gesellschaftsinteresse ihre Aufmerksamkeit und Discussion erregte. Ihre Sittenlehre war einfach und beschränkte sich auf drei Punkte: Liebe zu Gott, zu dem Nächsten und zur Tugend. So lebten diese Menschen ein ruhiges, friedliches und in der Hauptsache sorgenfreies Dasein dahin und würde dies in noch höherem Maße der Fall gewesen sein, wenn sie nicht durch ihre andersgesinnte Umgebung in ihrer Ruhe vielfältig gestört und beeinträchtigt worden wären.

Unser Gewährsmann, Philo, erwähnt beiläufig noch eine abgesonderte Essäer-Classe, von deren besonderen Sitten, Gewohnheiten und Beruf wir in dem Leben unseres Helden fast noch auffälligere Spuren wiederfinden, so daß man sich zu dem Glauben veranlaßt sieht, Jesus sei ein Genosse dieser - so zu sagen Elite der Essäer gewesen. Diese besonders abgezweigte Classe verstand sich zu keiner körperlichen. Arbeit, sondern war aus Denkern, Rednern, Predigern und Seelenärzten zusammengesetzt und führte den Namen Terapeuten. Sie lebten zwar theilweise in einem ehelichen Verhältniß; sobald aber bei ihnen eine durch ihre speculative Beschäftigung erzeugte höhere Begeisterung (richtiger Eraltation) hervortrat und das Gefühl einer höheren Befähigung die Seele durchglühte, so daß sie im Geiste den niederen und irdischen Verhältnissen sich enthoben fühlten, verließen sie Freunde und Verwandte und flohen in die Einsamkeit der Wälder oder Wüste, wo nichts den stillen Frieden ihrer Betrachtungen störte. Deshalb sah man in entlegenen Orten vielfach ihre einsamen Hütten stehen, so einfach construirt, daß sie nur vor Sonne und Regen schüßten. An Ruhetagen versammelten sich die Terapeuten, und auch Andere kamen zu ihren Versammlungen sammt den Weibern, welche jedoch nur getrennt von den Männern, verborgen und verschleiert Theil nehmen durften. Die heilige Schrift, freie Reden voll poetischen Schwunges und Ueberschwänglichkeit, nebst

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