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uns daher mit dem Gedanken, daß (Sokrates etwa ausgenommen) niemals ein Sterblicher für eine reinere, wahrhaft vernunftgemäßere Idee sein Leben gelassen hat, als es Jesus gethan.

Der einzige und größte Irrthum, der den Glanz seines Charakters trübt, ist der, daß er absichtlich danach strebte, ein Märtyrer seiner Lehre zu werden! Viele andere religiöse Märtyrer thaten Dasselbe und waren doch nur fanatische Schwärmer für irgend eine unverdaute Lehre. Jesus aber wollte die menschliche Vernunft zu Ehren bringen und die thätige Menschenliebe zum herrlichen Grundprinzip aller menschlichen Handlungen machen.

Das Mißlingen lag vielleicht in der Ueberschwänglichkeit seiner Anforderungen an die menschliche Natur (man denke nur an die Gütergemeinschaft), aber seinem Verdienst um die Menschheit geschieht dadurch kein Abbruch. Er war ein Jude, und der jüdische Zaun um das Gesetz, von welchem immer noch abgedungen wird, hatte ihn vielleicht zu Ueberschwänglichkeiten verleitet, die jeßt belächelt werden. Wie weit entfernt wir aber überhaupt noch von dem Ziele seines edlen Strebens sind, das erweisen schon die noch heute nicht erloschenen blutigen Kriege, die aller christlichen Nächstenliebe zum Troß, immer von Neuem entbrennen und derselben in abscheulicher Weise Hohn sprechen. Angesichts dessen sollte man sich schämen, den Namen Christi zu führen, da er auf den menschenfreundlichen Stifter einer Religion der Liebe nur wie Spott und Hohn klingt.

Renan sagt in dieser Beziehung eben so schön als wahr:,,Es wird in der That mehr als 18 (sagen wir dreist 19) Jahrhunderte brauchen, bis das vergoffene Blut Christi Früchte trägt. In seinem Namen hat man Denkern, die ihm in edlen Gesinnungen nichts nachgaben, Folter und Scheiterhaufen zuerkannt.“ Und - fügen wir hinzu - an unsern Priestern liegt es zum Theil wahrlich nicht, wenn Dasselbe nicht noch heute geschieht, wie solches Witschel (selbst ein Priester) in einer seiner Episteln an die Christen so schön mit den Worten ausspricht: „Priester, schämt euch! aller Zwist der Kirche

„Kommt von euch und Duldung nur vom Thron!
,,Fürsten mußten euch zum Frieden zwingen!

„Edle Fürsten, Gott ist euer Lohn!“

„Noch heute," fährt Renan fort, werden in Ländern, welche Anspruch darauf machen, civilisirt genannt zu werden, Strafen für religiöse Verbrechen ausgesprochen. Jesus konnte wahrlich nicht voraussehen, daß Völker mit verirrter Einbildungskraft ihn eines Tages unter dem Bilde eines Molochs auffassen würden, der nach verbranntem Menschenfleisch lüstern sei u. s. w."

Das Christenthum

füge ich hinzu - aus dem Judenthum hervorgegangen, hat seine Mutter in Betracht des inhaltlosen Formelwesens mit großer Berechtigung verleugnet; aber ein scheußliches Vermächtniß hat es leider als Erbschaft mit herübergeschleppt, nämlich jene erbarmungslose, blutdürftige Feindseligkeit gegen Andersdenkende, die eine Ausgeburt der Hölle, zuerst in dem Schädel jenes Moses gebrütet wurde, den man einen weisen Gesetzgeber geheißen, der aber als Erzvater des religiösen Wahnsinns (welcher die Vernunft verleugnet und den Buchstaben zu seinem Gößen macht) in der Welt mehr Unheil angestiftet hat, als je ein Mensch zuvor. Auch der edle Nazarener wurde als ein Opfer jenes Dämons nach Golgatha geschleppt und an das Kreuz geheftet.

22.

Jesu Verurtheilung, Mißhandlung und Hinrichtung.
Wir nehmen unsere Erzählung wieder auf.

Pilatus trat nunmehr zum dritten und leßten Male in das Innere des Prätoriums zurück, und nach einiger Zeit erschien der Procurator auf der steinernen Erhöhung vor dem Präturgebäude, Gabbatha genannt, von wo die Gerichts-Urtheile dem Volke öffentlich verkündet wurden. Sofort bildeten die römischen Soldaten einen weiten Halbkreis um denselben, um das Volk abzuhalten, das sich in unabsehbarer Zahl versammelt hatte. Der Procurator verlas alsdann, nach gebotener Stille, Angesichts des Verurtheilten, welcher von Soldaten in den Kreis geführt wurde, folgendes Todesurtheil, wie solches Pilatus später nach Rom eingeschickt und wie man es im Jahre 1280 in Aquila (im Königreich Neapel) bei einer zur Auffindung römischer Alterthümer veranstalteten Nachgrabung auf einer Platte gravirt gefunden hat.

,,Im siebenzehnten Jahre der Regierung des Kaisers Tiberius und am 25ten Tage des Monats Niszan (März) in der Stadt Jerusalem.

Pontius Pilatus, Procurator von Judäa, auf dem Präfidial-Stuhl des Prätors sigend:

In Angelegenheit des Angeklagten Rabbi Jeschua aus Nazareth,

in Erwägung,

daß derselbe angeklagt und überführt ist, hochverrätherische Verbindungen unterhalten zu haben, zu dem Zweck, die römische Oberherrschaft über Judäa zu beseitigen, welches

Verbrechen nach römischem Staatsrecht mit Todesstrafe bedroht ist;

in fernerer Erwägung auch:

daß derselbe angeklagt und überführt, ist das von den Juden heilig gehaltene mosaische Geseß geschmäht und verunehrt zu haben, welches Vergehen nach Behauptung der Juden und nach den im Verhör verlesenen Bestimmungen der Thora von ihrem Gott selbst mit der Todesstrafe bedroht ist:

verurtheilt den Angeklagten zum Tode, und daß diese Todesstrafe durch Kreuzigung zu vollziehen ist;

beauftragt auch den Centurionen Quirilus Cornelius mit Ausführung der erkannten Strafe und befiehlt ihm, den Berurtheilten sofort zum Richtplaß zu führen.“

Die Hände des Verurtheilten waren bei diese Scene mit Stricken gebunden. Auf seinem Antliße ruhte zwar Todesblässe; dennoch aber war eine erhabene Ruhe über die edlen Züge des Weisen gebreitet, dessen Gedanken, über das erbärmliche irdische Treiben hinausschweifend, sich sichtbar mit Gott beschäftigten, denn von Zeit zu Zeit erhob er sein großes schönes Auge zum Himmel, und seine Lippen bewegten sich wie im leisen Gebet.

Es erfolgte nun ein Auftritt, über den wir als zu empörend hinwegeilen wollen und den wir nicht erwähnen würden, wenn er nicht als vollkommen wahr der Geschichte angehörte. Es existirte nämlich in jener Zeit die abscheuliche Sitte, die zum Kreuzestode Verurtheilten kurz vor dem Todesgange zu geißeln, und auch unser edler Dulder sollte diesem Geschicke nicht entgehen. Mehr als kühn ist es, mit Renan anzunehmen, Pilatus habe gehofft, die haßerfüllten Juden durch diese Geißelung zu beschwichtigen und Jesus dadurch der Todesstrafe zu überheben. Es war beschlossen, dem Wiederwärtigen keinen einzigen Tropfen aus dem Leidensbecher zu erlassen, und so erhielten die stärksten und kräftigsten Soldaten fingerdicke Rohrstöcke, mit denen sie den entblößten Rücken des Verurtheilten herzlos zerfleischten. Diese Scene fand sogar öffentlich statt, und der jüdische Pöbel hezte die Büttel, herzhaft ihre Schuldigkeit zu thun. Die Folgen dieser Behandlung lassen sich leicht ermessen. Dennoch ertrug der Mißhandelte Alles mit würdiger Ruhe und Geduld; erst als man ihn losgebunden und eine wollene Tunika über die blutenden Wunden geworfen, zuckte er im ungeheuren Schmerze einen Augenblick zusammen, und ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust.

Wegen der geübten Eile fehlte es an einem Kreuze; der Mißhan

delte wurde daher bis zu dessen Herrichtung durch die Stadtknechte in den nahe gelegenen Vorhof des Gebäudes geführt, das den römischen Soldaten zum Aufenthalt diente. Vor der Thür der Wache, welche offen blieb, ging ein Militairposten auf und nieder, und so konnte man von außen ziemlich Alles, was im Innern vorging, sehen. Mehrere Feinde, aber auch Freunde und Verehrer Jesu, sammelten sich an der Pforte, um das fernere Schicksal des Verurtheilten zu beobachten und von demselben weiter erzählen zu können.

sogenannte

Die römischen Krieger, verwilderte, robuste Gestalten Auxiliar-Truppen aus fernen, fremden, eroberten Ländern rob und ungeschlacht, lagerten meist in Gruppen am Boden umher. Einige pußten ihre Waffen, andere spielten mit Würfeln, und noch andere wurden von den Hauptleuten im Handhaben von Lanzen unterrichtet; wieder andere lungerten, faulenzend und in der Sonne sich streckend auf den Bänken umher, fangen oder plauderten miteinander. Die Bursche langweilten sich augenscheinlich; jede Veränderung der Scene erregte daher ihre Neugier, und so nur - nicht aus irgend welchem Interesse an der Person Jesu, von dem sie wahrscheinlich noch nie etwas gehört - läßt es sich erklären, daß sie sich um den unter Aufsicht eines Offiziers eintretenden Gefangenen versammelten und ihn neugierig angloßten. Da sich mehrere Juden ganz nahe an den Eingang gedrängt hatten, so erkundigten sich einige Soldaten bei ihnen nach der immerhin auffallenden Persönlichkeit Jesu, und es mag schwerlich eine demselben freundlich gesinnte Auskunft ertheilt sein, denn gleich darauf begannen die Spottreden in den verschiedensten Formen; ja sobald der Offizier sich entfernt hatte, enthielt man sich selbst der Thätlichkeiten nicht.

,,Seht hier," rief Einer,,,der hat sich zum König der Juden machen wollen, sieht der aus wie ein König!"

,, noch viel mehr," fiel ein Anderer ein,,,er hat sich selbst unter die Götter verseßt und schmeichelt sich ein Sohn des Jupiter zu sein!"

„Ei Kameraden," rief ein Dritter lachend, „eine so hohe Persönlichkeit muß ja gekrönt werden! Kommt her, wir wollen ihm schnell eine Krone zurechtmachen. Sorgt nur für einen Purpurmantel, denn ohne solchen geht es doch bei einem Könige nicht!"

,,Dann darf aber auch ein Scepter nicht fehlen," schrie ein Vierter dazwischen, „ein Königsscepter muß er in die Hand bekommen," dann ist die Majestät fertig!"

Jesus, auf einer steinernen Bank sizend, hörte solche höhnenden Reden mit der unerschütterlichen Ruhe eines Weisen an, und keine

Miene verrieth, daß ihn der Spott dieser verthierten Söldner treffen jolle.

Indeß entfernten sich einige von ihnen, und bald nachher kam einer mit einem alten verschossenen rothen Reitermantel heran; ein zweiter hatte einen abgelegten Hauptmannsstab in einem Winkel gefunden, und der dritte war in einen anstoßenden Garten gegangen, um sich Zweige eines scharfstacheligen Gesträuchs abzuschneiden, aus denen er mit Hilfe eines Genossen unter allerlei schlechten Späßen eine Art Kranz oder Krone zusammen flocht. Nun ging ein teuflischer Jubel durch den Wachtraum: man wolle den Judenkönig mit feierlichem Pompe krönen. So bildete sich unter fortgeseztem Gelächter und Hohngeschrei eine Art feierlichen Zuges: voran schritt der Kronenträger, gefolgt von einer Anzahl Soldaten, darnach kam der Scepter= träger mit Gefolge, und schließlich trug Einer den über die Lanze gehängten rothen Reitermantel. Dabei sang man im Chor:

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,,Heil dem König der Juden! Heil dem Messias, dem Sohne Jupiters, dem Fürsten aller Memmen Heil!" — Und dergleichen mehr. Der Verurtheilte blieb sich bei alle dem fürchterlichen Hohn unerschütterlich gleich, denn sein edler Geist schwebte in Gedanken bereits hoch über diesem elenden Getreibe der Erde zu seinem himmlischen Vater, als dessen Auserwählten und auf die Erde gesandten Befreier der Menschen von Wahn und Verruchtheit er sich auch jezt noch betrachtete.

Endlich hielt der Zug vor der Steinbank an. Der Kronenträger trat zu dem Unglücklichen heran, hielt das Dornengeflecht mit beiden Händen über das edle Haupt desselben, und mit den Worten: „So kröne ich dich nun im Namen der Juden zu ihrem rechtmäßigen König!“ drückte er dasselbe mit seinen schweren ungeschlachten Fäusten so gewaltig über Stirn und Schädel, daß die tief eindringenden scharfen Stacheln sich auf der Knochendecke umbogen und das Blut in Perlen über das bleiche Antlig herniederrieselte. Im ersten Schmerz zuďte der Dulder unwillkürlich auf, aber nicht lange, und die himmlische Ruhe des guten Gewissens und der Versöhnung kehrte in seine Züge zurück.

„Und nun,“ begann ein Anderer, „bekleide ich dich, du großer Judenkönig, mit dem Purpurmantel!" In demselben Augenblick riß ein neben ihm Stehender die wollene Tunika von des Gegeißelten Schultern, und bei dem dadurch erregten ungeheuren Schmerz stieß der Gemarterte unwillkürlich einen kurzen Schmerzensschrei aus. Sogleich aber, gleichsam als schäme er sich dieser Schwäche, kehrte auch jetzt wieder die vorige Ruhe auf sein Gesicht zurück; ohne Sträuben ließ er sich den groben rothen Mantel überwerfen und nahm den ihm mit

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