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roher Gewalt aufgezwungenen Quasi-Scepter in seine Hand, worauf sich Alle tief verneigten und im Chore brüllten:

,,Heil dem großmächtigen König der Juden! Nieder in die Knie vor dem Beherrscher der Welt!" Und in der That knieten Einige in fürchterlichem Hohn vor ihm nieder, während Andere ein teuflisches Gelächter erhoben.

Troßdem war es unverkennbar, daß die unerschütterliche Geduld, die gleichmüthige Ruhe und Ergebung, ja man darf wohl sagen die himmlische Sanftmuth des Verhöhnten ihren Eindruck selbst auf meh rere der abgehärteten Krieger nicht verfehlte, denn das Lachen Einiger war unverkennbar erzwungen, während Andere darüber ergrimmten, daß dieser Mensch durchaus nicht in Zorn zu bringen war. Man nannte ihn sogar einen Feigling, daß er sich diesen fürchterlichen Hohn ohne Widerspruch gefallen lasse. Nur ein alter, grauer, wettergebräunter Soldat, welcher Anfangs einer der lebhaftesten Spötter gewesen, schien plößlich von der übermenschlichen Geduld ergriffen und, den unglücklichen Dulder scharf ins Auge fassend, sprach er:

,,Einen Feigen nennt ihr diesen Juden? Nein, wahrhaftig, um dieses Alles mit Geduld zu ertragen, dazu gehört mehr Muth, als sich mit dem Schwert in der Hand in den dichtesten Haufen Feinde stürzen!“ Dabei ging er auf die andere Seite und trocknete sich eine Thräne.

Die übrige Rotte seßte indeß ihren Spott fort, und als man den erhabenen Dulder noch immer nicht zum Zorne zu reizen vermochte, schlug man ihn aus Wuth ins Gesicht, spie ihn an, kurz, übte alle erdenklichen Schändlichkeiten, deren das darf man wohl behaupten - nur solche verthierte Söldner, kein wirklicher Römer, und ohne Zweifel auch kein Jude fähig gewesen wäre.

Jesus hatte unter den Schlägen sein blutendes Haupt tief gesenkt, und als er darauf den Blick wieder erhob und seine Peiniger anblickte, war in demselben wieder nur der Ausdruck innigen Mitleidens mit den Verwahrlosten zu lesen. Gleich wie das Raubthier den Blick des Menschen nicht zu ertragen vermag, schienen auch diese Kannibalen den milden aber durchdringenden Blick des übermenschlich Duldenden nicht aushalten zu können, denn einer von ihnen löste seine Schärpe und verband dem, wie es schien, noch immer nicht genug Gequälten die Augen. Hierdurch aber kam einer der Unholde auf den Gedanken, ein neues Folterspiel mit Jesus zu beginnen. Er schlug ihn nämlich ins Gesicht und sprach mit grinsendem Lachen: „Sage an, du großer Prophet, wer war es, der dich schlug?" Und nun ging diese neue

Clemens, Jesus I.

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Schandthat die Reihe herum. Troßdem aber die harten groben Fäuste ihr Opfer fast wund schlugen, hörte man keine Klage, kein Seufzen aus Jesu Munde, sondern nur den durch alle Zeiten und alle Völker milde und versöhnend wie ein Hauch aus andern Welten herübertönenden Bittruf: „Vater im Himmel, vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun!"

Aber auch dieser Ausdruck der erhabensten Seelengröße entwaffnete die entmenschte Rotte nicht, deren That als ein ewiges Schandmal erst mit dem legten Buchstaben der Geschichte von der Erde vertilgt werden wird. Eine geraume Weile noch wurde die Marterscene unter mannigfachen Abwechselungen fortgesezt, bis plötzlich der Ruf ertönte: ,,Da ist das Kreuz!" Denn erst jezt hatte man das Gerüst zur Hinrichtung eilends aus rohem Holze zusammen geschlagen, da keines vorräthig war.

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Der Verurtheilte wird zum Tode abgeführt.

Die Söldner nahmen jezt ihrem Opfer die Binde von den Augen und auch den rothen Mantel von den Schultern, da Beides noch Werth für sie zu haben schien; die Dornenkrone aber ließen sie ihm auf dem blutenden Haupte und litten nicht, daß er sie herabnehme. So führte man den Unglücklichen zur Thür des Prätoriums, von wo sein letter Schmerzensgang nach Golgatha, dem Richtplage, beginnen sollte. Sichtbar aber fühlte er sich befriedigt, daß die Erlösungsstunde von allen diesen Qualen nun bald schlagen sollte. Durch alle diese Martern war er indeß so schwach geworden, daß er sich kaum aufrecht zu erhalten vermochte, und obgleich dies Jedem erkennbar, so ersparten ihm die draußen seiner harrenden jüdischen Feinde dennoch den Hohn nicht, der von diesen, seinen Volksgenossen, ausgehend, ihm doppelt und dreifach durch die Seele schnitt. Spottend wiederholten sie manche Stellen seiner Strafpredigten gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer, wie gegen die Reichen. „Rufe doch nun," so hieß es, die Bettler und Vagabonden zu deiner Hilfe herbei, denen du das Reich Gottes verheißen hast! Wo sind sie nun? Wo sind deine Schüler? Alle haben sich verkrochen!

Jeht wäre es Zeit Wunder zu thun, aber deine Zauberei läßt dich im Stich. So ist es aber noch allen Religionsverächter ergangen,

denn man weiß mit Leuten deines Schlages sehr gut fertig zu werden u. f. w."

„Fort ans Kreuz mit ihm!" schrieen Viele aus der Hefe des Volks. Was zögert man noch? Man wird ihn doch nicht am Ende gar begnadigen wollen? Barnabas soll frei gegeben werden, kein anderer! Ladet ihm das Kreuz nur auf! Er ist stark genug, es zu tragen!“

Und also geschah es. Die herzlose Bande, unter ihr einige von Denen, die ihn vorhin gequält, war auch jest beordert, Jesus zum Tode zu führen, denn eigentliche Nachrichter gab es bei den Römern nicht.

Man lud ihm das schwere Gerüst auf, und obgleich er sich kaum selbst zu tragen vermochte, so raffte er doch sichtbar seine leßten Kräfte zusammen, um den ganzen Leidenskelch bis zur Hefe zu leeren, verbiß den furchtbaren Schmerz, den seine zerschlagenen Glieder durch den Druck des Holzes empfanden, und der jammervolle Zug sezte sich in Bewegung.

Ein ungeheurer Haufen Volks sammelte sich um die Gruppe und nahm zu, als man das reichere und vornehmere Stadtviertel verließ und in die, den Ausgang der Stadt begrenzenden ärmeren Straßen gelangte. Da standen ärmlich gekleidete Mütter, mit ihren Kindern auf den Armen, vielfach in den Thüren, heiße Thränen des Mitleids über den ihnen wohlbekannten Lehrer weinend, dessen Worten sie so oft mit Wonne gelauscht, der mit ihren Kindern so freundlich getändelt und manches von ihnen, als es erkrankt, vom Tode gerettet hatte.

Aber was half dem Verurtheilten alle Theilnahme der Schwachen? Die rohen Krieger stießen ihn mit ihren Lanzen, wenn er nicht schnell genug vorwärts schritt, unter seiner Last keuchte und sich von Zeit zu Zeit auszuruhen versuchte. Endlich sank er dennoch ermattet auf die Knie, dann vornüber auf das Angesicht, und war unfähig, sich wieder zu erheben. Auch jezt glaubten die Soldaten ihn durch Lanzenstöße wieder empor bringen zu können, aber es gelang ihnen nicht, und er lag da wie todt. Indeß ermannte er sich wieder, richtete sich mit großer Anstrengung auf und blickte mit seinen großen thränenden Augen im Kreise umber, als suche er Jemand, der ihm die schwere Last des Kreuzes tragen helfe.

Einer im Volke sich erhaltenden Sage nach hätte diese Scene vor dem Häuschen eines Schusters (oder Sandalenmachers), mit Namen Ahasveros, der vor seiner Thür saß und arbeitete, stattgefunden. Er war ein großer starker Mann und Jesus ihm von früher bekannt. Dieser wendete sich daher mit der Bitte an ihn, ihm das schwere Kreuz tragen zu helfen. Ahasveros aber, erzählt die Sage, schlug ihm die

Bitte mit schnöden Worten ab, ja soll sogar noch spöttische Bemerkungen hinzugefügt haben. Die Alles verschönernde Sage hat auch hier nicht unterlassen, dem Wunderglauben ein Zugeständniß zu machen, das aber, was man leider übersehen, in der Art, wie es geschehen, dem versöhnlichen Gemüthe Jesu nicht zur Ehre gereicht haben würde, indem man ihm die rächenden Worte in den Mund legt:,,So sollst du denn keine Ruhe haben und wandern bis zum jüngsten Tage!" Worauf denn, in Folge dieses Fluches, der hartherzige Schuster in demselben Augenblick aufstand und noch heute und immerðar ruhelos die Erde durchwandert. Bekannt ist, wie sich verschiedene Dichter dieser Sage bemächtigten und sie sogar dramatisirten.

Wir unsers Theils wissen, was wir von dergleichen zu halten haben, und beachten auch hier nur den sinnbildlichen Kern, nämlich daß der Fluch, den die unvergängliche Geschichte über die hartherzigen Quäler des edlen Dulders ausgesprochen, ruhelos und unvergänglich alle Zeiten überdauern wird; daß er unsterblich ist, wie die Lehre Dessen, den man an jenem denkwürdigen Tage um der Wahrheit willen an das Kreuz geschlagen.

Inzwischen tauchte unter den Zuschauern jener peinlichen Scene eine große kräftige Gestalt auf; ein Jude Simon, gebürtig aus Cyrene, weshalb man ihn, zur Unterscheidung von vielen andern seines Namens, Simon von Cyrene nannte. Ein von den Pharisäern vielfach verwendeter Kundschafter, der sich auch jezt zur Stelle fand, bemerkte und erkannte ihn als einen der früheren eifrigsten Hörer und Anhänger Jesu, seßte einige der höheren Begleiter des Zuges davon in Kenntniß und machte ihnen den Vorschlag, diesen Simon zum Kreuzträger zu pressen. Man hatte sich schnell hierüber verständigt, und auch der römische Centurion war einverstanden, da Jedermann begriff, daß man anders nicht an das Ziel gelangen würde. Man rief also nach Simon, doch that derselbe Anfangs, als ob ihn der Ruf nichts anginge, und suchte sich sogar aus dem Staube zu machen; sogleich aber hatte ihn ein römischer Soldat beim Kragen gefaßt, und als Simon bemerkte, daß ihm die Flucht abgeschnitten sei, machte er gute Miene zum bösen Spiel und ließ sich freiwillig zu Jesus führen. Als er demselben so nahe in das weinende Auge sah und die blasse abgezehrte Miene betrachtete, ging ihm das Herz über, und rasch war sein Entschluß gefaßt. „Wohlan,“ sagte er, „ich trage das Kreuz allein wohin ihr wollt;" daneben sprach er einige tröstende Worte zu Dem, dessen Reden ihm so oft Freude bereitet, und im schnellen Entschluß ergriff er das schwere Kreuz, lud es allein auf seine starken

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Schultern und schritt rüstig des Weges voran. Jesus folgte unmittel bar hinter ihm und mußte alle seine schwindenden Kräfte sammeln, um Schritt zu halten. Jezt nahte man sich dem Ausgangsthor, und beim Einbiegen in eine Straße, die zum Richtplaß führte, mußte auch Simon so schwer war das Kreuz einen Augenblick rasten. Es geschah dies vor dem Hause einer Zeughändlerin, welche in der Thür stand. Die Thränen dieser jungen Frau flossen reichlich, als sie den blutenden Rabbi erblickte, an dessen erhabenen Lehren auch sie sich früher so oft erbaut hatte, und schnell ergriff sie ein feines weißes Leintuch, drängte sich zu ihm heran und trocknete ihm das durch Schweiß und Blut entstellte blasse Angesicht. Der unglückliche Märtyrer dankte mit wenigen Worten voll Jnnigkeit und Güte. Der Name des Weibes aber war Veronica.

Am Ausgange der Stadt harrte des Märtyrers noch eine ähnliche, aber peinlichere Scene. Dort erwarteten ihn die Schwestern Maria und Martha, Magdalena die Büßerin, Johanna die Frau des königlichen Verwalters Chusa, Aurelia deren Freundin, und mehrere andere Frauen, die ihm befreundet. Schluchzend, in Thränen gebadet, standen ste auf einer kleinen Erhöhung am Wege, so daß Jesus, der ganz nahe bei ihnen vorüberging, sie genau sehen und zu ihnen reden konnte. Voll inniger Rührung über so viel Theilnahme rief er ihnen zu: Ihr Töchter Jerusalems, warum weinet ihr über mich? Weinet vielmehr über euch selbst und eure Kinder! Denn wisset: es sind die Zeiten nicht ferne, wo Klagerufe ertönen und man ausrufen wird: selig sind, die nicht geboren, und die Brüste, die nicht gesäugt haben!" Und sein großes, schönes Auge begeistert zum Himmel erhebend, mit erhöhter Stimme und gleichsam die Schrecken der Zukunft im Geiste erschauend, fügte er alle Umstehenden mächtig ergreifend hinzu: „Es wird die Menschheit dann in ihrem Schrecken erbeben und den Bergen entgegen rufen: fallet über uns! Und den Hügeln: bedecket uns! Denn da man also thut am grünen Holze, was soll am dürren werden.“

Hierauf fenkte er wieder sein müdes Auge auf die Brust und sezte seinen Leidensgang fort.

Die eben beschriebene Scene hatte einen so mächtigen Eindruck selbst bei den erbitterten Feinden hinterlassen, daß das bis dahin gehörte wüthende Geschrei einer verhältnißmäßigen Stille Raum gab, denn so mächtig war die Ueberlegenheit dieses Riesengeistes über die Zwerge ringsum, daß sie sich eines gewissen Zaubers nicht zu erwehren vermochten; in der That eine sichere Bethätigung der einst gesprochenen

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