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Gesängen heiliger Lieder füllten die Zeit des Gottesdienstes aus, der übrigens oft die ganze Nacht bis zum Anbruch des Tages währte.

Gegessen wurde bei diesen wunderbaren Heiligen niemals vor Sonnenuntergang, ja manche trieben die Entsagung so weit, daß sie drei, einzelne sogar sechs Tage in der Woche fasteten. Am Sabbath aßen sie in Gesellschaft, aber nur die dürftigste Speise: Brot und Salz; ihr Getränk war Quellwasser. Ebenso einfach war ihre Kleidung: ein grobes wollenes Gewand im Winter, ein gleiches leinenes Gewand im Sommer, bei sämmtlichen von demselben Schnitt und derselben Farbe, erfüllte vollkommen ihre Bedürfnisse.

Hiermit beschließen wir die Charakteristik dieser höchst sonderbaren Gesellschaft, die ohne Zweifel unter ihrer ruhigen und unscheinbaren Außenseite große politische Zwecke barg, an deren Verfolgung man Gut und Blut wagte; schon durch die von ihr im Geheimen getriebenen Wahrsagereien wußte sie sich eine Wichtigkeit beizulegen, die namentlich auf das spätere Schicksal der Juden von ungemein großer Einwirkung war, und wobei, wie unsere Geschichte darthun wird, ein jo hoch begabter Charakter, als es Jesus war, von dem bedeutendsten Einfluß sein mußte.

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2.

Politische Situation des jüdischen Volkes zu Jesu Zeiten.

Da das Leben und Wirken Jesu, wie auch sein tragisches Ende mit den politischen Verhältnissen der damaligen Juden in innigst verwebter und unzerreißbarer Wechselbeziehung stand, so ist zum Verständniß des großen Weltdramas, außer der bereits gelieferten Kenntniß der religiösen Secten, auch eine mindestens in den Grundzügen deutlich gezeichnete Skizze der damaligen politischen Verhältnisse nothwendig.

Schon aus den biblischen Büchern ist uns bekannt, daß das die Welt beherrschende Volk der Römer auch in der Geschichte des jüdischen Staates eine durchaus hervorragende Rolle spielte. Wir beginnen diese Geschichte etwa 40 bis 44 Jahre vor Christi Geburt, als Julius Cäsar, der berühmteste der Cäsaren, über Rom herrschte. Eine Staatsselbstständigkeit hatten die Juden damals schon durch ihre Unverträglichkeit und Zwietracht unter sich selbst und mit den benachbarten Völkern eingebüßt. Hircan hieß der leßte selbstständige Beherrscher der Juden, der nach schweren Kämpfen, in welchen die Römer siegten, froh sein

mußte, als Oberpriester und Landesfürst bestätigt zu werden, während einer seiner Freunde und Rathgeber, Antipater, zum Procurator von Judäa ernannt wurde. Leßterer besaß zwei Söhne, von denen namentlich der jüngere, Herodes, in der Geschichte bekannt geworden ist.

Antipater war kein eigentlicher Jude, sondern ein Jdumäer, also ein zum Judenthum Bekehrter; aber ein Mann voll Geist und Energie, der nur zu bald seinen Freund dermaßen in den Schatten stellte, daß dieser allen Einfluß verlor, ohne es jedoch zu merken, vielmehr über die Erfolge der Regierung, die augenscheinlich dem Lande zu Gute kamen, erfreut war. Indeß währte die Freude nicht lange. Es lebte noch ein Prätendent, der Sohn von Hircan's Bruder Aristobul, Antigonus geheißen, der den benachbarten Parther-König für die Summe von 1000 Talenten bewog, die Regierung seines Onkels Hircan zu stürzen. Da dieser Anschlag vollkommen gelang und Hircan gefangen wurde, so ließ Antigonus ihm die Ohren abschneiden, damit er nie mehr als Oberpriester fungiren könne. Dem Sohne, Herodes, gelang es, nach Rom zu entkommen; er hatte nichts Eiligeres zu thun, als bei den ihm daselbst wohlbekannten hohen Würdenträgern das in Judäa Vorgefallene mit den rührendsten Worten zu schildern und um Schuß und Beistand gegen den durch Roms Feinde, die Parther, zur Gewalt gelangten Antigonus zu flehen. Herodes wurde auch schon in der nächsten Senatssitzung zum Könige von Judäa ernannt und kehrte, als kaum acht Tage vergangen waren, in Begleitung zweier römischer Legionen nach seiner Heimath zurück.

Der Zweck der Heimkehr war natürlich die Entfernung des Antigonus, der sich freilich mit Hilfe der Parther seiner Haut wehrte, aber dennoch bald genug der Uebermacht unterlag. Herodes bestieg den Thron 37 Jahre vor Christi Geburt. Die Juden hatten nunmehr einen König, der kaum ein Jude genannt werden durfte, denn der Stamm der Edomiten, zu welchem Herodes gehörte, war nur gezwungen zum Judenthum übergetreten. Was mußte man von einem solchen König nicht Alles erwarten! Und in der That war seine erste Handlung, daß er den hohen Rath (das sogenannte Sanhedrin) bis auf zwei Personen öffentlich hinrichten ließ, weil derselbe während des erwähnten Krieges die Partei des Antigonus gehalten und das Volk gegen Herodes aufgereizt habe. Die beiden Verschonten hatten sich angeblich für ihn erklärt. Seinen Schwager Aristobul ließ er, unter dem Anschein des Zufalls, im Bade ertränken, und auch den alten, an den Ohren verstümmelten Hircan lockte er von Babylon, wo er einen Zufluchtsort gefunden, nach

Jerusalem, um ihn unter der Beschuldigung, daß der 80jährige Greis an feiner Entthronung arbeite, ebenfalls hinzurichten.

Dem Emporkömmling schien jezt das Glück von allen Seiten zu lächeln, denn auch die Freundschaft des römischen Gewalthabers Cäs ar wußte er zu erringen, so daß dieser, als die Römer bald darauf ganz Aegypten unterjochten, dem Herodes einige Gebietstheile schenkte.

Das mit Unrecht erworbene Gut brachte jedoch keinen Segen; namentlich verbitterte dem Gewalthaber das Errungene seine Gattin Marianne, welche nicht abließ, ihm den Mord ihres Vaters, Bruders und Oheims vorzuwerfen. Es kann daher nicht auffallen, daß ihn der Gedanke quälte, Marianne sinne auf Rache und gefährde sein Leben, und um sich von dieser Seite sicher zu stellen, übergab er auch diese, blühend und schön, im Alter von 26 Jahren dem Henker.

Es liegt in der Natur selbst des verstocktesten Bösewichts, daß dergleichen Beschwichtigungen des Gewissens das Uebel nur vergrößern; auch Herodes hielt es für nothwendig, seinen Gedanken durch Zerstreuungen eine andere Richtung zu geben. Er ließ daher nach römischem Vorbilde ein prachtvolles Theater erbauen und ergözte sich, so gut es gehen wollte, an den Darstellungen seiner Künstler. Der Reiz der Neuheit zog eine Menge Fremde herbei, aber man schäßte im Judenthum solche heidnische Künste nicht und so bildete sich eine Verschwörung gegen sein Leben, indem man den Tyrannen im Schauspielhause zu tödten beschloß. Zehn Verschworene hatten sich zur That vereinigt, das Complot wurde aber im lezten Augenblick verrathen und der Gerettete ließ seine Feinde auf wahrhaft barbarische Art mit dem Leben büßen.

Wider Erwarten schien, troß der mancherlei Unthaten und großen Anzahl von Feinden, sein Glücksstern dennoch nicht untergegangen zu sein. Der Mann war überhaupt mit großer Schlauheit begabt. Bei einer Hungersnoth gab er alle seine Kostbarkeiten für den Ankauf von Lebensmitteln her, um die Armen zu speisen, was ihm alle Herzen wieder zuwendete; daneben brachte er etwas später vielen Händen dauernden Verdienst durch die Aufführung einer Menge öffentlicher Gebäude; und noch später, als er sich abermals beweibt, legte er sogar eine neue Stadt an der Meeresküste an, die er zu Ehren des römischen Kaisers Cäsarea nannte; endlich aber ließ er auch, zur Sühne für manche begangenen Sünden, den alten Tempel abbrechen und einen neuen erbauen. So wirkte er fort bis zum Jahre 18 vor Christi Geburt, wo Herodes gewissermaßen auf der höchsten Zinne seines Glücks und Ruhmes stand.

Bon jest an aber begann sein Glücksstern zu erbleichen. Zwei Söhne erster Ehe, Alexander und Aristobul, welche in Rom erzogen

wurden, erhielten hier eine das Judenthum weit überragende höhere Bildung. Im Jahre 16 vor Chr. Geburt reiste der Vater dorthin, um seine nunmehr hinlänglich entwickelten Söhne abzuholen; aber kaum war er zu ihnen in nähere Beziehung getreten, als er auch zu seinem Schrecken erfuhr, daß die Söhne ihn als Mörder ihrer Mutter von ganzer Seele haßten und er sie als Todfeinde zu fürchten habe. Er kehrte indeß mit ihnen heim und sann auf Mittel, der drohenden Gefahr vorzubeugen. Was er erfann, machte weder seinem Herzen, noch seinem Verstande Ehre und bestand in Folgendem: Vor seiner ersten Verheirathung schon hatte ihm ein niederes Weib, Darces, mit einem natürlichen Sohne, Antipater, beschenkt. Diesen zog Herodes jezt an seinen Hof und suchte ihm, mit Bewilligung der Seinen, die Erbfolge zuzuwenden. Um diese Absicht zu befördern, beschuldigte er seine beiden rechten Söhne des beabsichtigten Vatermordes und ließ sie gefangen nach Rom bringen, damit der Kaiser über sie richte. Die Söhne wiesen die Beschuldigung mit Abscheu zurück. Augustus, der Kaiser, rieth zur Versöhnung, die auch erfolgte, gestand aber Herodes das Recht zu, die Erbfolge nach seinem alleinigen Willen zu bestimmen. Damit kehrte man heim, aber, wie sich denken läßt, nicht der Friede. Die Brüder nannten Antipater einen Bastard, Antipater rächte sich durch Anschwärzungen aller Art; die frühere Beschuldigung wiederholte sich und kam zum zweiten Male vor den Kaiser, der ein außerordentliches Gericht von hochgestellten Römern nach Cäsarea berief, um die Rechtssache zu entscheiden. Das Urtheil fiel dermaßen ungünstig gegen die Angeklagten aus, daß der König seine beiden rechtmäßigen Söhne nach Sebaste bringen und dort erdrosseln ließ: eine fluchwürdige That, die fortzeugende Frucht früherer Verbrechen, die den kaum entschlummerten Haß des Volkes gegen ihn mit neuer Inbrunst entflammte.

Antipater wurde jezt als Thronerbe proclamirt und nichts würde ihn verhindert haben, die Früchte seiner Intrigue zu genießen, wenn ihn die Begierde zu herrschen nicht veranlaßt hätte, der Zeit vorzugreifen.

Die Veranlassung war folgende: Es lebten noch mehrere Halbbrüder, von verschiedenen Frauen des Herodes geboren, und es befiel ihn deshalb eine nicht ruhende Furcht, daß sein Vater anders beschließen und einen jener Stiefbrüder zum Thronerben berufen könne. Um einem solchen möglichen Falle gründlich vorzubeugen, beschloß er seinen Vater zu vergiften. Das Complot wurde aber verrathen und Antipater hingerichtet.

Die verworfene Absicht desselben war neben der Schlechtigkeit auch thöricht zu nennen, da Herodes schon lange an einer schmußigen

Krankheit litt, welche ihn dermaßen peinigte, daß er schon einmal Selbstmordversuche gemacht hatte und dem Tode nahe stand, der ihn denn auch fünf Tage nach jener Hinrichtung, drei Jahre vor Christi Geburt, von seinen Leiden erlöste.

Diese Angabe stimmt allerdings nicht mit den Erzählungen der Mythe, welche die Evangelisten, namentlich Matthäus, über den damaligen Beherrscher von Judäa verbreitet haben; aber dergleichen kümmert den Geschichtschreiber nicht, er hat nur mit den wirklichen Thatsachen zu rechnen und kann sich um die Phantasiegebilde der Mythographen nicht kümmern. Wozu hätte auch Herodes alle die unschuldigen Knaben sollen ermorden lassen? Um den Einen zu treffen, der der Angabe nach unter den wunderbarsten Erscheinungen auf Erden und am Himmel als der künftige König der Juden, als der dereinstige Messias allem Volk verkündet und bezeichnet war? Wie thöricht und unglaublich ist diese Angabe! Wie sollte Herodes auf so grausame Weise ein Kind suchen und tödtlich verfolgen, das nach jenen Angaben gekennzeichnet wie keines, Jedermann auf das Genaueste hätte bekannt sein müssen. In Wahrheit wußte man damals noch nichts von dem kleinen Jeschua, den man später als Jesus Christus in aller Welt kennen und verehren lernte; als Herodes starb, war an Jesus noch gar nicht gedacht. Diese Sage wurde alttestamentarischen Vorgängen nachgebildet, denn zur Zeit des Herodes ist eine solche Kinderverfolgung bei den Juden nicht vorgekommen.

Nach dem Tode des Königs Herodes traten zwei Prätendenten für die Thronfolge auf: Archelaus, ein Liebling des verstorbenen Königs, den er mit der Samariterin Malteon gezeugt, und Herodes Antipas, Sohn der zweiten Marianne. Zugleich brach eine Empörung der Juden aus, bei deren Unterdrückung durch Archelaus 3000 Juden erschlagen wurden. Die beiden Prätendenten gingen, da die Erbfolge in Frieden nicht geschlichtet werden konnte, persönlich nach Rom und der Kaiser bestätigte, nach dem Willen des Verstorbenen, Archelaus als Juden-König.

Während die beiden Prätendenten sich in Rom aufhielten, um ihre Rechte geltend zu machen, benußte der römische Statthalter in Syrien, Gabinius, die Gelegenheit und reiste nach Jerusalem, angeblich um Ordnung zu halten, in Wahrheit aber, um zu schwelgen und Schäße an sich zu raffen, worüber abermals eine Empörung ausbrach, bei deren Unterdrückung wieder Ströme von Blut vergossen wurden, ja sogar römische Soldaten Feuer in den Tempel warfen. Die Juden hielten sich indeß tapfer und der Sieg würde zweifelhaft geblieben sein, wenn nicht der römische Feldherr Varus herangerückt wäre und dem Syrier

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