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beigestanden hätte. So unterlagen abermals die Juden; Varus aber war gerecht genug, die Schuld des Gabinius einzusehen und in diesem Sinne nach Rom zu berichten. Zugleich erlaubte er den Juden, eine Gesandtschaft von 50 Männern an den Kaiser nach Rom abzusenden, um ihre freiere Verfassung zu reclamiren. Der Kaiser gewährte ihnen in dem eben vollendeten prachtvollen Tempel des Apollo eine Audienz, bei welcher ihr Sprecher sich über die Söhne des Herodes wie über die eingeführte monarchische Regierungsform überhaupt bitter beklagte. Man verbat sich alle Könige und Fürsten als Regenten und wünschte von römischen Statthaltern regiert zu werden. Der Kaiser entschied sich indeß in anderem Sinne. Er theilte den jüdischen Staat in drei Reiche und gab sie an die drei Söhne des verstorbenen Herodes in der Weise, daß Archelaus Volksfürst von Judäa, Herodes Antipas Volksfürst von Galiläa und Peräa wurde, Philipp aber, der ebenfalls in Rom anwesend war, den Rest der Länder unter gleicher Hoheitsbezeichnung erhielt.

Neun Jahre lang gestalteten sich die Verhältnisse leidlich; Einer suchte es dem Andern an Verschönerung und Verbesserung seines Landes zuvor zu thun, natürlich auf Kosten des Volkes, das darüber sehr unzufrieden war. Im siebenten Jahre nach Christi Geburt (von dessen Existenz die Geschichte der damaligen Zeit nichts wußte) liefen neue Klagen, größtentheils durch den Einfluß der Pharisäer veranlaßt, in Rom ein. Archelaus stand hier schon längst seiner UnabhängigkeitsTendenzen halber im schwarzen Buche, und als dessen Geschäftsträger in Rom erschien, erhielt er den Befehl, sofort nach Judäa zurückzukehren und seinem Herrn den Befehl zu überbringen, daß er unverweilt in Rom erscheine. Als dies geschehen, wurde dem Archelaus der Proceß gemacht und er des Hochverraths für schuldig erkannt, in Folge dessen seiner Würde entseßt und in die Verbannung nach Vienna geschickt.

3.

Weitere politische Verhältnisse der Juden zur Zeit der Jugendjahre Jesu und später.

Jezt hatten die Juden ihren Willen, des Scepters eines jüdischen Herrschers enthoben zu sein; sie standen nun unter der unmittelbaren Oberherrschaft der Römer, ohne sich deshalb glücklicher zu fühlen. Die erste

Veranlassung zu Conflicten entstand aus der von Rom angeordneten sogenannten Schäßung, einer detaillirten Zählung der Einwohner nebft Angabe der Einkünfte und des Gesammtvermögens.

Diese Schägung kommt bekanntlich auch in der evangelischen Geschichte Jesu vor, indeß der Erzähler paßt sie dort einer alttestamen tarischen Weissagung an und läßt sie kurz vor Jesu Geburt eintreten, wo die Römer noch keine unmittelbare Herrschaft über die Juden ausübten. Die Ursache dieser Angabe beruhte ihrerseits wieder in der prophetischen Verkündigung, daß der Messias in Bethlehem geboren werden sollte, wohin man nun die Familie Jesu der Schätzung halber reisen und wo man die Maria Wochenbett halten läßt. Hierüber später Näheres.

Es liegt in dem Charakter aller Menschen, vorzugsweise auch in dem der Juden, daß sie sich nicht gern von Andern in ihre Kasse schauen lassen, und in diesem Sinne ging eine Sage im jüdischen Volke, daß nach einer Schäßung eine verheerende Pest eintreten werde. Wenn sich dies im vorliegenden Falle gleichwohl nicht bestätigte, so schloßz man doch aus der vorgenommenen Schäßung auf besondere, den jüdischen Interessen abholde Absichten der Römer. Zwei Pharifäer, Judas und Zadock, hezten das Volk zum Widerstande, und die sich damals anspinnenden revolutionären Zerwürfnisse entwickelten sich fort bis zu der großen Katastrophe, wo das Judenthum als eigene Nation zerfiel, Jerusalem zerstört und die Nation in alle Länder der Erde zerstreut wurde.

Jene beiden Männer durchreisten das Land und nährten durch feurige Reden die Unzufriedenheit, die nach und nach alle Gemüther ergriff, so daß die Befreiung vom Römerjoche das Stichwort aller politischen Unterhaltung wurde. So lange der milde Augustus als römischer Kaiser herrschte, war man von dorther bemüht, die zerstörte Ordnung wieder herzustellen; diese Milde aber verwandelte sich in das gerade Gegentheil, als sein Stiefsohn Tiberius den römischen Thron bestieg. Die Geschichte nennt diesen Kaiser den Inbegriff aller Nichts, würdigkeiten, der dem Nero an Schandthaten aller Art nicht nachstand. Seine bekannte Habsucht fand in Judäa eine willkommene Quelle der Bereicherung und er scheute allerdings kein Mittel der Erpressung, um die sich ihm eröffnende Goldgrube nach Herzenslust auszubeuten. Jesus war ein Knabe von 14 Jahren, als jener Thronwechsel stattfand. Annius Rufus hieß der römische Statthalter (Procurator) in Judäa, der dem Tiberius aber bei Weitem nicht streng und fleißig genug im Gelderpressen war, weshalb der Kaiser eine seiner Creaturen, Valerius Gratus, an dessen Stelle hinschickte, der denn auch während der elf

Clemens, Jesus I.

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Jahre, wo er diesen Posten bekleidete, das Mögliche im Erpressen leistete, so daß er selbst die Hohenpriesterstellen verschacherte und den Inhaber abseßte, sobald ein Anderer eine größere Summe für die Stelle bot.

Ungeachtet des Menschenmöglichen an Verworfenheit und Grausamkeit wurde Valerius dennoch von seinem Nachfolger, dem uns durch die Evangelien bekannten Pontius Pilatus, überboten, der im 26. Jahre der christlichen Zeitrechnung an dessen Stelle trat: ein Tyrann, dergleichen die Juden noch nicht gesehen, der das Volk nicht nur auf raffinirte Weise aussog, sondern auch ihre Religion verspottete, ihre religiösen Geseze verhöhnte und im Unterzeichnen von Todesurtheilen sein Vergnügen fand.

So in kurzen Zügen angedeutet, waren die politischen Zustände in jenen Tagen, als die zur Verzweiflung getriebenen Juden in ihrem Unglück mehr wie je Veranlassung fanden, an jene messianische Weissagung zu denken, nach welcher ihnen der Gott ihrer Väter einen Erlöser, einen Befreier aus ihrer leiblichen Noth zu senden verheißen. Während das Volk auf diesen Befreier hoffte, blickten die an geistiger Bildung hoch über ihnen stehenden Priester nach irgend einer Persönlichkeit aus, die geeignet sein könne, jenen Messias zu repräsentiren und durch ihre Erscheinung das jüdische Volk zu fanatisiren. Dieser Moment, diese Idee war es, die einen mit den vorzüglichsten Geistesgaben ausgerüsteten jungen Rabbi auf den Schild hob. Derselbe that sich in ganz außerordentlicher Weise hervor, als öffentlicher Volksredner, Religionslehrer und feiner Kenner der römischen und griechischen Philosophien, wie auch gleichzeitig als Kenner und Benußer der damaligen Kranken-Heilsysteme, wobei -- unbewußt und ohne namentliche Bezeichnung - auch die in unsern Tagen vielfach hervortretende magnetische Kraft eine bedeutende Rolle spielte, da zufällig eben jener ausgezeichnete Rabbi die Gabe der jezt allgemein bekannten magnetischen Heilkraft in ungewöhnlichem Grade besaß. Vor Allem aber glänzte er durch die liebenswürdige Humanität, mit der er, ohne Unterschied der Religion und des Standes, ja sogar des moralischen Werthes, von seinen außerordentlichen Gaben Gebrauch machte, indem er, über allen Vorurtheilen erhaben, im Menschen nur den Menschen berücksichtigte und bei der Abschäßung seines Werthes die Bildungsstufe mit in Anschlag brachte, die über das Maaß der Zurechnungsfähigkeit zu entscheiden hatte. Die ihm zu Gebote stehende außer ordentliche Beredsamkeit, der orientalische Bilderreichthum, der, mit dem seinen verglichen, an Colorit und treffender Wahrheit in der Geschichte aller Nationen unerreicht dastand, hatte einen großen, theilweise

auserwählten Schülerkreis, Freunde und Verehrer selbst unter der Noblesse um ihn versammelt, die an seinen neuen und kühnen philosophischen Sprüchen, auch den unverstandenen, großen Gefallen fanden; und wenn ihm gleichwohl die verneinende Tendenz seiner Lehren gleichzeitig viele Feinde und Widersacher schuf, so konnte doch seine große persönliche Sittenreinbeit nicht anders als imponirend für seine Sache wirken, zumal er die augenblicklichen Situationen mit großem Takt zu benußen wußte, um seine erhabenen Vorzüge zur Geltung zu bringen und seinen Einfluß auf die Menge geltend zu machen.

Diese außerordentliche Persönlichkeit aber war kein anderer als Jesus der Nazarener, zu dessen tragischer Lebensgeschichte wir jest mit Ehrfurcht herantreten.

4.

Vorbemerkungen über die Geburt Jesu

Es hat wohl kaum je ein Menschenleben in der Geschichte einen Plaz gefunden, in welchem die späteren Biographen desselben sich so von heilig gehaltenen Vorhersagungen beeinflussen ließen, als in dem vorliegenden, und es haben wissenschaftliche Männer die größte Gelehrsamkeit aufgeboten und dicke Bücher geschrieben, um die dadurch erregten irrthümlichen Angaben aufzudecken und nachzuweisen. Wir unserseits können nur beiläufig auf dergleichen Vorkommnisse hinweisen, da wir uns in diesem Werke nicht auf den mythischen Standpunkt, sondern auf den historischen stellen werden, um dem Leser das wirkliche, nicht das ideelle Leben des größten aller Weltweisen, demnach den Menschen, nicht aber einen Gott, in dieser unserer wahrhaften Geschichte aufzuschließen.

Schon in der eingänglich gebrachten Episode aus der jüdischen Geschichte wurde angedeutet, daß das wirkliche Geburtsjahr Jesu mit der Evangelien-Angabe um vier Jahre differire. Nach der israelitischen Zeitrechnung, die sich bekanntlich nach der sogenannten Erschaffung der Welt richtet, war es das 3756 ste Jahr; aber so wenig wurde in den ersten Lebensjahren auf den von unbekannten Eltern gezeugten kleinen Knaben geachtet, daß sein Geburtsjahr in Vergessenheit kommen konnte. Dagegen kann man überzeugt sein: wenn irgend ein Prophet das Geburtsjahr vorher sicher und richtig angegeben hätte, so würden wir es auch richtig in den Evangelien finden, da es den Evangelisten haupt

sächlich nur darum zu thun war, das Leben ihres Helden den Vorherbestimmungen der Umstände anzupassen, von denen begleitet der Messias, d. i. der Befreier, erscheinen sollte.

Dahin gehört u. A. auch die Vorhersage des Propheten Mich. 5 V. 1, daß der Messias in Bethlehem das Licht der Welt erblicken werde. Die Erzähler Matthäus und Lukas waren auch so vorsichtig, hiervon Notiz zu nehmen, ja sogar den Zusammenhang, wie es gekommen (nämlich durch die bekannte,,Schäßung") hinzuzufügen. Johannes, der überhaupt als Evangelist auf eigenen Füßen steht, war aufrichtiger und erzählt, daß das Volk seinen Unglauben an die Messiaswürde Jesu auch dadurch begründet habe, daß er ein Galiläer und als solcher nicht in Bethlehem geboren worden sei. In Wahrheit aber wurde Jesus in dem Heimathorte seiner Eltern, in Nazareth, in der Provinz Galiläa geboren, und zwar keineswegs am 25. December, der als solcher jezt in der ganzen Christenheit als Geburtstag gefeiert wird, sondern bestimmten Berech nungen nach (die namentlich mit dem bekannten ersten Auftreten Jesu im Tempel zu Jerusalem und mit den darauf bezüglichen Geseßen und Gebräuchen der Juden in Verbindung stehen) zwischen dem 15. März und dem 15. April. Eine sichere Angabe des Datums existirt nicht. Die Weihnacht am 23. December zu feiern, wurde erst im 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung eingeführt, und zwar, um bei der immer mehr anwachsenden Verbreitung des Christenthums ein römisches Freudenfest, die sogenannten Saturnalien, die man zur Zeit der Sonnenwende (oder nach der damaligen Version) der Sonnengeburt bei den heidnischen Völkern feierte, mit dem christlichen Freudenfest, der Geburt des Heilandes, in Einklang zu bringen. Die Evangelien schweigen bekanntlich über den eigentlichen Geburtstag ihres Messias und, sonderbar genug, ist es auch nicht bekannt geworden, welchen Tag die Bekenner des Christenthums vor jener willkürlichen Annahme als solchen gefeiert haben. Man scheint überhaupt in der Vorzeit keinen besonderen Werth auf die Geburtstage, selbst der außerordentlichen Menschen gelegt zu haben, mindestens erinnern wir uns nicht, in der biblischen Geschichte bezügliche Mittheilungen über Geburtsfeste gefunden zu haben. Diese Geringschäßung der Geburtstage macht sich ja auch noch heute bei den RömischKatholischen bemerkbar, indem sie nur ihren Namenstag feiern.

Die historischen Daten der Jugendgeschichte Jesu liefern, wie bei den meisten Menschen, nur eine spärliche Ausbeute, weil man eben in einem Kinde noch nicht die große Zukunft ahnt und jeder Keim eines vollendeten Menschen, sei es auch der größte unter den großen, in den Grundzügen, die aus Eigensinn, Albernheit, Eßbegierde, Neid, Lust an

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