ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

veränderlichen Spielen und kleinen Tücken zusammengesezt sind, wie ein Ei dem andern gleicht. Niemand, selbst die Eltern nicht achten darauf, und wenn daher die Mythe nicht noch aus dem Farbenstoff ihrer Phantafie ein buntes und frappirendes Gemälde aus den Zeiten der Geburt, ja sogar noch früher zusammengestellt hätte, so würde es selbst mit den Daten der Evangelien sehr einförmig bestellt gewesen sein. Der aufrichtige Biograph aber darf sich mit so phantastischen Ausschmückungen nicht befassen. Somit haben wir uns nur einige Augenblicke mit den Eltern unseres Helden zu beschäftigen, von denen namentlich die Mutter wegen ihrer Jugend und Schönheit, wie auch wegen des an ihr begangenen Attentats ein besonderes Interesse in Anspruch nimmt.

5.

Die Eltern Jesu.

Die jezt unter dem Namen der Madonna so hoch verehrte und gefeierte junge Jüdin war die Tochter eines, nach jüdischen Begriffen frommen und gottesfürchtigen Ehepaars in Nazareth, nämlich des Jehonathan und seiner Ehefran Channa, die ihre Tochter Mirjam (Maria) in aller Zucht und Ehrbarkeit erzogen. Obgleich diese ehrlichen Leute, wie solches ziemlich erwiesen ist, in gerader Linie von der Dynastie des Königs David abstammten, so schüßte sie dies nicht vor dem traurigen Loose der Armuth, und Mirjam ernährte sich und unterstüßte auch wohl die Eltern von ihrer Hände Geschick, indem sie mit großem Fleiß und besonderer Fertigkeit Haarflechten und Stickereien anfertigte.

Mirjam, als eine der schönsten ihres Geschlechts, wurde mit zum Tempeldienst verwendet (worüber später Näheres) und es scheint ihr - denn Gewisses ist niemals darüber zu erkunden gewesen in dieser Zeit entweder im Tempel selbst oder auch an anderer Stelle ein seltjames Abenteuer begegnet zu sein, in Folge dessen das junge Mädchen sich, ohne daß sie den Veranlasser kannte, in besondere Verhältnisse versezt sah. Möglicherweise, meinen Einige, hat sich ein hochgestellter Priester bei irgend einem Anlasse, vielleicht bei nächtlichen Dienstverrichtungen, während das Mädchen eingeschlafen war oder auch durch Anwendung irgend einer künstlichen Betäubung, eines Attentats gegen Mirjam schuldig gemacht, und da die Physiologie die Möglichkeit einer Befruchtung auf solche Weise constatirt und die Geschichte selbst unserer

Zeit viele ähnliche zu erzählen weiß, so liegt

angenommen daß jene Vermuthung richtig - durchaus keine Berechtigung vor, an der Betheuerung Mirjam's zu zweifeln, daß sie von einer Veranlassung zu diesem körperlich interessanten Verhältnisse, oder wie das Evangelium sich näher ausdrückt,,,nichts von einem Manne" wisse.

Da es aber wohl wenige Leser geben dürfte, denen bei dieser Erzählung nicht ein gerechter Zweifel aufstiege, ja hier wohl mancher unsere Leichtgläubigkeit verspotten dürfte, die einer Rechtfertigung des katholischen Dogmas von der unbefleckten Empfängniß auf ein Haar ähnlich sieht, so halte ich es für nöthig, um diesem Verdachte zu begegnen, eine physiologische Erklärung der Befruchtung weiblicher Quadrupeden, speciell des Menschen als solchen, darzulegen. Demzufolge wird der mögliche Zusammenhang jener mysteriösen Begebenheit, die von so welterschütternden Folgen war, in einem klareren Lichte erscheinen, als dieselbe bisher umhüllende Nebelwolke des obscuren Wunderglaubens einerseits und der plebejisch-cynischen Volkssage anderseits, von denen keine auch nur das Geringste für ihre Berechtigung aufzubringen vermag. Ueber jenen Beweis sehe man am Schlusse die „Parthenogenesis.“

Kehren wir zu unserm speciellen Thema von der Menschwerdung Jesu zurück, so haben wir die Möglichkeit eines sogenannten Beflecktwerdens immerhin zugegeben dort den Beweis geliefert, daß die schöne Mirjam empfangen und dennoch moralisch völlig rein und unbefleckt geblieben sein kann, indem die Möglichkeit wirklich constatirt werden muß, daß sie mit gutem Rechte behaupten durfte, von keinem Manne zu wissen. Die Bedingung der Befruchtung an sich ist aber eine jener absoluten, zur Neuschöpfung oder Neubildung unabänderlich nothwendigen Naturbestimmungen, von denen die Physiologie keine Absolution gestattet, möge auch die Modification des Actes sein welche sie wolle. Nur die Regeneration durch Knospung oder Theilung, wie solche bei einigen Geschöpfen niederer Organisation stattfindet, macht eine Ausnahme; bei den Quadrupeden kommt sie jedoch niemals vor, daher die Erzählung von der Ueberschattung, materiell genommen, kein Recht auf irgend welche Betrachtung hat und positiv der Mythe angehört, wenn es auch gestattet sein dürfte, bezüglich der geistigen Bevorzugung, der Geniuserweckung, in dieser wie in so mancher andern Persönlichkeit schon eher als von einer besonderen göttlichen Beeinflussung zu sprechen.

Wenn wir somit die Möglichkeit einer unbewußten Empfängniß zugegeben haben, so ist doch der wirkliche thatsächliche Zusammenhang dieser mysteriösen Begebenheit keineswegs als von solchem Umstande begleitet erwiesen. Wieviel auch schon von den Auslegern der biblischen

Geschichte darin geleistet worden, so wird diese delikate Angelegenheit dennoch thatsächlich ewig unenthüllt bleiben, indem man zur Zeit, in welcher die Begebenheit stattfand, keinen so großen Werth darauf legte, um sie über das Niveau einer gewöhnlichen Tagesbegebenheit zu erheben. Als man ihr aber später größere Wichtigkeit beimaß, war der Zusammenhang nicht mehr zu erforschen. Man hat allerdings mehrere Namen genannt, allerlei Vermuthungen aufgestellt, ja sogar sich nicht gescheut, einen römischen Soldaten in die Angelegenheit zu verilechten; doch sind die Meisten hinsichtlich der Begebenbeit bei einem Priester stehen geblieben. Größere Wahrscheinlichkeit hat wohl die Erzählung eines Essäers für sich, der in seinen Aufzeichnungen bezüg= lich dieses interessanten Gegenstandes das Folgende mittheilt.

6.

Bekenntniß eines Essäers über die Empfängniß der Mirjam.

In der Gemeinschaft der essäischen Brüdergemeinde lebte Einer mit Namen Euphanius, der, getreu der Verpflichtung jener Secte, den Obersten derselben auch die geheimsten Gedanken und Thaten zu beichten, Nachstehendes enthüllte: Er sei bald nach dem Passafeste zu einem Besuche in Nazareth gewesen, habe sich bei seiner Ankunft daselbst sehr erschöpft nach einem Ruheplate umgesehen und ein offenes Haus bemerkt, in welchem ein wundersam schönes Mädchen, während ein schweres Ungewitter im Anzuge war, ihre ängstlichen Blicke in die Ferne über das Thal hinweg nach dem See sandte. Als die Erde vom Donner erbebt, habe sie nach einem Manne Joseph! gerufen, der sich eben auf dem See befunden, und laut gebetet, daß Gott ihn erhalten möge, denn er war ihr Verlobter. Während dieses ängstlichen Gebetes, überwältigt von der Aufregung und Angesichts des fürchterlichen Gewitters, scheint das Mädchen (es war die schöne Mirjam) in einer Art Verzückung ohnmächtig hingesunken zu sein, weshalb Euphanias — wie alle Essäer in einen weißen Mantel gekleidet - hinzutrat, sich ihrer anzunehmen. Von ihrer wunderbaren Schönheit bezaubert, entbrannte er in Sinnlichkeit, und als sie erwacht und erschrickt, giebt er sich für einen Abgesandten Gottes aus, von dem sie auserwählt sei, die Mutter des verheißenen Messias zu werden. In der furchtbaren Eraltation ihrerseits, bei der aufgeregten Naturscene draußen, dem rollenden Donner,

[ocr errors]

den zuckenden Blizen und dem stürmischen Andringen des jungen Mannes, der ihr wie im Licht gekleidet erscheint, versinkt sie abermals in Ohnmacht, überläßt sich willenlos seiner Umarmung und (so erzählt es die Historie) „er führte sie in den Rausch des Genusses.“ Bevor aber Maria aus ihrer Verzückung erwachte, war der Jüngling sich seines Frevels reuevoll bewußt geworden und entfloh, indem er draußen noch dem eben vom See heimgekehrten Joseph begegnete. So weit die Beichte des Essäers Euphanias. Als Joseph zu Mirjam hereintrat, um sie über sein Schicksal zu beruhigen, war sie eben erwacht und wußte in ihrem reinen Herzen nicht, was ihr geschehen, meinte aber, sie habe geträumt und erzählte dem Joseph, es habe sie ein Engel in weißer Lichtgestalt eines Besuches gewürdigt und sie in Verzückung gebracht. Dabei konnte sie sich aber einer gewissen Verschämtheit nicht erwehren und vermochte ihrem Verlobten nicht gerade ins Auge zu sehen. Joseph, kein Jüngling mehr, sondern ein erfahrener Mann, durchschaute sogleich, was vorgefallen, worauf er in seinem Unmuth sich schnell und ohne Abschied entfernte.

Diese zehn Minuten aus dem Leben einer jüdischen Jungfrau sollten in ihren Folgen die halbe Welt umgestalten! Wäre es einem Sterblichen vergönnt gewesen, das Gemälde dieser Folgen Scene für Scene in einem Spiegel zu überschauen: die Ströme vergossenen Blutes, die Bäche von Thränen, die rauchenden Städte und Weiler, die Folterwerkstätten mit ihrem Gewinsel der Gequälten, die Scheiterhaufen mit den rauchenden Gebeinen der Märtyrer des Glaubens, die Klöster voll Unzucht und Wohllebens, die Hyder der Zwietracht, des Geifers, des Mordes unter der Fahne des neuen Glaubens, und Alles was an Elend aus diesem winzigen Samenkorn einer menschlichen Inbrunst erkeimte - er hätte sich versucht finden können, den verwegenen Wunsch zu hegen, es möchte ein Blisstrahl jenes Ungewitters am Galiläischen Meere den unglückseligen Essäer zerschmettert haben, der neben dem segensvollfittlichen Gewinn auch all' das unsägliche, mehr als tausendjährige Leid über die Erde bringen mußte, das erst mit dem Beginn einer besseren Erkenntniß seine Endschaft erreicht. Nichts Gleiches ist jemals auf Erden vorgekommen; aber die Weltregierung geht mit ehernem Schritte ihre Wege, in der Kette der Ereignisse reiht sich Ring an Ring und es läßt keiner vom andern, bis sich Alles erfüllt hat, was und. wie es der Himmel beschlossen. Das Mädchen aber war bei dem Allen nur ein unschuldiges Werkzeug, und hundertfach mag in jenen Zeiten religiöser Ueberspannung Aehnliches vorgekommen sein, ohne daß die Welt davon erfahren, viel weniger denn Heil oder Unheil daraus entstanden wäre.

Marie hatte indeß wirklich kein Arg aus dem Geschebenen und die Begebenbeit kam ihr erst wieder zum Bewußtsein, als sie an dem weiblichen Kennzeichen wahrnahm, daß jener Besuch, den sie wirklich für eine himmlische Erscheinung gehalten, ernstliche Folgen haben sollte. Sie wagte es jedoch nicht, ihren Eltern die Neuigkeit mitzutheilen, sondern zog es vor, eine Freundin zu besuchen, die in dem nabe gelegenen Dorfe Jutha wohnte: Elisabeth, das Weib des Zacharias. Dieser schien etwas Aehnliches begegnet zu sein, denn sie war bereits eine Reihe von Jahren verheirathet gewesen, ohne Mutter geworden zu sein, was sich aber nach einem Besuche desselben Essäers ebenfalls zu ihrem Vortheil geändert hatte. Hiernach scheint es fast, als ob Jesus und Johannes der Täufer (denn dieser und kein anderer war der Sohn der Elisabeth) natürliche Stiefbrüder gewesen, wonach man dann, im Hinblick auf die unbestrittene Genialität Beider, auf eine besondere geistige Begabung jenes Essäers zu schließen berechtigt sein darf.

Elisabeth, so scheint es, war eine kluge Frau. Sie zog eine Anzahl vertrauter Männer, fromme Juden, in das Geheimniß, stellte ihnen die Sache von der übersinnlichen Seite dar, und die Wunderjucht der damaligen Zeit macht es begreiflich, daß sich die Befragten einer übernatürlichen Auslegung zuneigten und etwas Außerordentliches von dem zu Erwartenden hofften. Es galt aber bei dem Allen eine gefährliche Klippe zu umschiffen.

Die redlich denkende Maria konnte sich nämlich mit dem Gedanken nicht befreunden, ihren Verlobten zu betrügen, und hielt sich durch das Borgefallene nicht mehr würdig, sein Cheweib zu werden; dennoch stand auf ihr Vergehen als verlobte Braut, wenn die Folgen zu Tage traten, nach jüdischem Geseze der Tod, da sich dasselbe mit jenem Märchen von dem Besuche eines Engels schwerlich würde haben beschwichtigen lassen. In dieser Verlegenheit rieth die kluge Elisabeth ihrer Freundin, sich dem Joseph, ihrem Bräutigam, zu entdecken: ein verständiger Rath, da Joseph gutmüthig war, die Maria herzlich lieb hatte und auch wohl den Zusammenhang jener verhängnißvollen Gewitterscene, bei welcher Maria eine durchaus passive Rolle gespielt hatte, durchschaute.

Es blieb also bei dem Beschluß. Maria hatte bereits drei Monate bei ihrer Freundin zugebracht, als sie wieder nach Nazareth zurückkehrte, und wurde hier, ungeachtet der Ruf ihrer Schwangerschaft bereits bis dahin gedrungen war, von ihrem Verlobten auf das Freundlichste empfangen. Mit Entseßen aber gedachte dieser des unvermeidlichen Schicksals der armen Maria, die ihm freimüthig den Thatbestand mittheilte, sofern er sich nicht als der Verführer derselben öffentlich

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »