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ihr Götter, so bleibt denn wirklich auch noch in des Hades Behausung eine Psyche und ein Schattenbild (des Menschen), doch es fehlt ihm das Zwerchfell (und damit alle Kräfte, die den sichtbaren Menschen am Leben erhalten).

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Der Träumende also und was er im Traume sieht, bestätigt das Dasein eines für sich existirenden zweiten Ich1. Der Mensch macht aber auch die Erfahrung, dass sein Leib todesähnlicher Erstarrung verfallen kann, ohne dass Traumerlebnisse das zweite Selbst beschäftigten. In solcher „Ohnmacht hat nach griechischer Vorstellung und homerischem Ausdruck die Psyche den Leib verlassen" 2. Wo war sie? Man weiss es nicht. Aber sie kommt für dieses Mal noch wieder, und mit ihr wird der Geist in das Zwerchfell wieder versammelt". Wird sie einst, im Tode, sich für immer von dem sichtbaren Leibe trennen, so wird also diesem der „Geist" niemals wiederkehren; sie selbst3, wie sie damals, zeitweise vom Leibe getrennt, nicht unterging, wird auch dann nicht in Nichts zerfliessen.

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3.

Soweit gehen die Erfahrungen, aus denen eine Urweltlogik überall die gleichen Folgerungen gewonnen hat. Nun aber: wohin entfliegt die frei gewordene Psyche? was wird

1 Vgl. Cicero, de divin. I, § 63: iacet corpus dormientis ut mortui, viget autem et vivit animus. quod multo magis faciet post mortem, cum omnino corpore excesserit. Tuscul. I, § 29: visis quibusdam saepe movebantur eisque maxime nocturnis, ut viderentur ei qui vita excesserant vivere. Hier findet man durch einen antiken Zeugen das subjective und das objective Element des Traumes in seiner Bedeutung für die Entstehung des Seelenglaubens treffend bezeichnet.

2 τὸν δ ̓ ἔλιπε ψυχή - αὖθις δ' αμπνύνθη Π. 5, 696 f. τὴν δὲ κατ' ὀφθαλμῶν ἐρεβεννή νύξ εκάλυψεν, ήριπε δ' ἐξοπίσω, ἀπὸ δὲ ψυχὴν ἐκάπυσσεν ἐπεὶ οὖν ἄμπνυτο καὶ ἐς φρένα θυμὸς ἀγέρθη -. II. 22, 466 f. 475. Sehr merkwürdig Π. 5, 696 f. Od. 24, 348: αποψύχοντα.

3 Von dem suspirium (= Astrofoyia) redend, sagt Seneca, epist. 54,2: medici hanc meditationem mortis" vocant. faciet enim aliquando spiritus ille, quod saepe conatus est.

und es

mit ihr? Hier beginnt the undiscovered country, kann scheinen, als liefen an ihrem Eingang die Wege völlig auseinander.

Die Naturvölker" pflegen den vom Leibe getrennten „Seelen" eine gewaltige, unsichtbar zwar, aber um so schrecklicher wirkende Macht zuzuschreiben, ja sie leiten zum Theil alle unsichtbare Gewalt von den „Seelen" ab, und sind angstvoll bedacht, durch möglichst reiche Gaben das Wohlwollen dieser mächtigen Geisterwesen sich zu sichern. Homer dagegen kennt keine Wirkung der Psychen auf das Reich des Sichtbaren, daher auch kaum irgend einen Cult derselben. Wie sollten auch die Seelen (wie ich nunmehr wohl, ohne Missverständniss zu befürchten, sagen darf) wirken? Sie sind alle versammelt im Reiche des Aïdes, fern von den lebenden Menschen, Okeanos, Acheron trennt sie von ihnen, der Gott selbst, der unerbittliche, unbezwingliche Thorhüter, hält sie fest. Kaum dass einmal ein Märchenheld, wie Odysseus, lebend bis an den Eingang des grausigen Reiches gelangt; sie selbst, die Seelen, sobald sie den Fluss überschritten haben, kommen nie mehr zurück: so versichert die Seele des Patroklos dem Freunde. Wie gelangen sie dahin? Die Voraussetzung scheint zu sein, dass die Seele beim Verlassen des Leibes, wiewohl ungern, „ihr Geschick bejammernd", doch ohne alle Umstände zum Hades entschwebt, nach Vernichtung des Leibes durch Feuer für immer in den Tiefen des Erebos verschwindet. Ein später Dichter erst, der der Odyssee ihren letzten Abschluss gab, bedurfte des Hermes, des „Seelengeleiters". Ob das eine Erfindung jenes Dichters oder (was viel wahrscheinlicher ist) nur eine Entlehnung aus altem Volksglauben einer einzelnen Gegend Griechenlands ist: gegenüber Homers festgeschlossenem Vorstellungskreise ist es eine Neuerung, und eine bedeutungsvolle. Schon beginnt man, scheint es, an der Nothwendigkeit des Hinabschwebens aller Seelen in das Haus der Unsichtbarkeit zu zweifeln, weist ihnen einen göttlichen Geleitsmann an, der sie durch magisch zwingenden „Abruf"

(Od. 24, 1) und die Kraft seines Zauberstabes ihm zu folgen nöthigt1.

Drunten, im dumpfigen Höhlenbereich, schweben sie nun, bewusstlos, oder höchstens in dämmerndem Halbbewusstsein, mit halber, zirpender Stimme begabt, schwach, gleichgültig: natürlich, denn Fleisch, Knochen und Sehnen2, das Zwerchfell, der Sitz aller Geistes- und Willenskräfte alles dieses ist dahin; es war an den jetzt vernichteten, einst sichtbaren Doppelgänger der Psyche gebunden. Von einem „unsterblichen Leben“ dieser Seelen zu reden, mit alten und neueren Gelehrten, ist unrichtig. Sie leben ja kaum mehr als das Bild des Lebenden im Spiegel; und dass sie ihr schattenhaftes Abbilddasein auch

1 Eine eigenthümliche Vorstellung schimmert durch in einer Wendung wie Od. 14, 207: ἀλλ ̓ ἤτοι τὸν Κῆρες ἔβαν θανάτοιο φέρουσαι εἰς 'Aldao dóμovs. Vgl. Il. 2, 302. Die Keren bringen sonst dem Menschen den Tod; hier geleiten sie (wie nach späterer Dichtung Thanatos selbst) den Todten in das Reich des Hades. Sie sind Hadesdämonen, nach ursprünglicher Bedeutung selbst dem Leben entrissene „Seelen“ (s. unten); es ist eine wohlverständliche Vorstellung, dass solche Seelengeister, herumschwebend, ausfahrende Seelen eben gestorbener Menschen mit sich fortraffen zum Seelenreiche. Aber bei Homer ist von einer solchen Vorstellung nur in einer festgeprägten Redensart eine blasse Erinnerung erhalten.

* Von den Todten Od. 11, 219: οὐ γὰρ ἔτι σάρκας τε καὶ ὀστέα ἶνες yousty. Die Worte liessen sich ja, rein der Ausdrucksform nach auch, dahin verstehen, dass den Todten zwar Sehnen, veg, blieben, aber keine Fleischtheile und Knochen, welche durch die Sehnen zusammengehalten werden könnten. Wirklich fasst so die homerischen Worte Nauck auf, Mél. Grécorom. IV, p. 718. Aber eine Vorstellung von solchen „Schatten“, die zwar Sehnen, aber keinen aus Fleisch und Knochen gebildeten Leib haben, wird sich Niemand machen können; um uns zu überzeugen, dass Aeschylus aus den homerischen Worten eine so unfassbare Vorstellung gewonnen habe, genügen die verderbt und ausserhalb ihres Zusammenhanges überlieferten Worte des Fragm. 229 keinenfalls. Dass der Dichter jenes Verses der Nekyia nichts andres sagen wollte, als: Fleisch, Knochen und Sehnen, die diese zusammenhalten könnten Alles ist vernichtet, zeigt hinreichend die Fortsetzung: ἀλλὰ τὰ μέν τε πυρὸς κρατερὸν μένος αιθομένοιο δαμνᾷ, ἐπεί κε πρῶτα λίπῃ λεύκ ̓ ὀστέα θυμός, ψυχὴ δ' ηΰτ' ὄνειρος αποπταμένη πεπότητας. Wie sollte denn das Feuer die Sehnen nicht mit verzehrt haben?

nur ewig fortführen werden, wo stünde das bei Homer? Ueberdauert die Psyche ihren sichtbaren Genossen, so ist sie doch kraftlos ohne ihn: kann man sich vorstellen, dass ein sinnlich empfindendes Volk sich die ewig gedacht habe, denen, wenn einmal die Bestattung beendigt ist, weiter keinerlei Nahrung (im Cultus oder sonst) zukommt und zukommen kann?

So ist die homerische helle Welt befreit von Nachtgespenstern (denn selbst im Traume zeigt sich die Psyche nach der Verbrennung des Leibes nicht mehr), von jenen unbegreiflich spukhaft wirkenden Seelengeistern, vor deren unheimlichem Treiben der Aberglaube aller Zeiten zittert. Der Lebende hat Ruhe vor den Todten. Es herrschen in der Welt nur die Götter, keine blassen Gespenster, sondern leibhaft fest gegründete Gestalten, durch alle Weiten wirkend, wohnhaft auf heiterer Berghöhe und hell läuft drüber der Glanz hin". Keine dämonische Macht ist neben ihnen, ihnen zuwider, wirksam; auch die Nacht giebt die entflogenen Seelen der Verstorbenen nicht frei. Man erschrickt unwillkürlich und spürt schon die Witterung einer andern Zeit, wenn man in einer, von später Hand eingedichteten Partie des 20. Buches der Odyssee erzählt findet, wie kurz vor dem Ende der Freier der hellsichtige Wahrsager in Halle und Vorhof schweben sieht in Schaaren die Seelengestalten (Eidola), die hinabstreben in das Dunkel unter der Erde; die Sonne erlischt am Himmel und schlimmes Dunkel schleicht herauf. Das Grauen einer tragischen Vorahnung hat dieser Spätling sehr wirksam hervorzurufen verstanden, aber solches Grauen vor gespenstischem Geistertreiben ist nicht mehr homerisch.

4.

Waren die Griechen von jeher so frei von aller Beängstigung durch die Seelen der Verstorbenen? Haben sie nie den abgeschiedenen Seelen einen Cultus gewidmet, wie ihn die „Naturvölker" der ganzen Erde kennen, wie er aber auch den Urverwandten des Griechenvolkes, den Indern, den Persern,

wohl vertraut war? Die Frage und ihre Beantwortung hat ein allgemeineres Interesse. In späterer Zeit, lange nach Homer, finden wir auch in Griechenland einen lebhaften Ahnencult, ein allgemeiner Seelencult ist in Uebung. Wenn sich beweisen liesse was man meist ohne Beweis annimmt dass so spät erst unter Griechen eine religiöse Verehrung der Seelen sich zum ersten Mal entwickelt habe, so könnte man hier eine starke Unterstützung der oft geäusserten Meinung, nach der Seelencult erst aus dem Verfall ursprünglichen Göttercultes entstehen soll, zu finden hoffen. Die Ethnographen pflegen dieser Meinung zu widersprechen, den Seelencult als eines der ersten und ältesten Elemente (wo nicht gar als das ursprünglich allein vorhandene) einer Verehrung unsichtbarer Mächte zu betrachten. Aber die „Naturvölker", aus deren Zuständen und Vorstellungen sie ihre Ansichten herzuleiten pflegen, haben zwar eine lange Vergangenheit, aber keine Geschichte: es kann der reinen Vermuthung oder theoretischen Construction nicht verwehrt werden, entsprechend jener eben berührten, vielen Religionshistorikern fast zu einer Art von Orthodoxie gewordenen Voraussetzung, auch in die gänzlich dunklen Uranfänge der Naturvölker" einen, später erst zum Seelencult entarteten Göttercultus zu verlegen. Dagegen können wir die Entwicklung der griechischen Religion von Homer an auf lange Strecken verfolgen; und da bleibt denn freilich die beachtenswerthe Thatsache bestehen, dass ein Seelencult, dem Homer unbekannt, erst bei weiterer lebhafter Fortbildung der religiösen Vorstellungen sich herausbildet oder jedenfalls deutlicher hervortritt, wenn auch - was doch sehr zu beherzigen ist - nicht als Niederschlag einer Zersetzung des Götterglaubens und Götterdienstes, vielmehr als Nebenschössling gerade der auf's Höchste entwickelten Verehrung der Götter.

Soll man also wirklich glauben, dass dem vorhomerischen Griechenthum ein Cult der abgeschiedenen Seelen fremd war?

Dies unbedingt anzunehmen, verbieten uns, bei genauerer Betrachtung, die homerischen Gedichte selbst.

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