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bar zu machen, hat wohl wozu sonst durch den Verlauf der Erzählung keine Veranlassung gegeben war1- der Dichter die Psyche des Patroklos Nachts dem Achilleus erscheinen lassen. So ruft denn auch bis zum Ende der ganzen Begehung Achill der Seele des Patroklos, wie einer anwesenden, seinen Gruss wiederholt zu 2. Es scheint freilich in der Art, wie Homer diese, von seiner sonstigen Auffassung sich entfernenden Handlungen durchführt, eine gewisse Unklarheit über die eigentlich zu Grunde liegenden, alterthümlich rohen Vorstellungen durch, eine gewisse Zaghaftigkeit des Dichters lässt sich in der, sonstiger homerischer Art gar nicht entsprechenden Kürze spüren, mit der das Grässlichste, die Hinschlachtung der Menschen sammt den Pferden und Hunden erzählt wird. Man merkt überall: er ist es wahrlich nicht, der so grausige Vorgänge zum ersten Mal aus seiner Phantasie erzeugt; übernommen (woher auch immer 3), nicht erfunden hat Homer diese Bilder heroischen Seelencultes. Sie müssen ihm dienen, um jene Reihe von Scenen wild aufgestachelter Leidenschaft, die mit dem tragischen Tode des Patroklos begann, mit dem Fall und der Schleifung des troischen Vorkämpfers

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1 Die Aufforderung des Patroklos, ihn schleunig zu bestatten (v.69 ff.), giebt kein ausreichendes Motiv: denn Achill hatte ja ohnehin für den nächsten Tag die Bestattung schon angeordnet, v. 49 ff. (vgl. 94 f.). v. 19. 179. Noch in der Nacht, welche auf die Errichtung des Scheiterhaufens folgt, ruft Achill, während die Leiche im Brande liegt, die Seele des Patroklos: ψυχήν κικλήσκων Πατροκλῆος δειλοίο, ν. 222. Die Vorstellung ist offenbar, dass die Gerufene noch in der Nähe verweile. Die Formel: yaipe-xai siv 'Aidao dópotstv (19. 179) spricht nicht dagegen, v. 19 mindestens können diese Worte unmöglich bedeuten: im Hades, denn noch ist die Seele ja ausserhalb des Hades, wie sie v. 71 ff. selbst mittheilt. Also nur: am, vor dem Hause des Hades (so v noteμ am Flusse u. s. w.). So bedeutet eis 'Aldao dópov oft nur: hin zum H. des Hades (Ameis zu x. 512).

3 Ob aus Schilderungen älterer Dichtung? oder hatte sich wenigstens bei der Bestattung von Fürsten ähnlicher Brauch bis in die Zeit des Dichters erhalten? Besonders feierlich blieb z. B. die Bestattung der spartanischen Könige, wie es scheint auch der kretischen Könige (so lange es solche gab): vgl. Aristot. fr. 476, p. 1556a, 37 ff.

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endigte, in einem letzten Fortissimo zum Schluss zu bringen. Nach so heftiger Erregung aller Empfindungen sollten die überspannten Kräfte nicht auf einmal zusammensinken; noch ein letzter Rest des übermenschlichen Pathos, mit dem Achill unter den Feinden gewüthet hat, lebt sich in der Ausrichtung dieses gräuelvollen Opfermahles für die Seele des Freundes. aus. Es ist, als ob uralte, längst gebändigte Rohheit ein letztes Mal hervorbräche. Nun erst, nachdem Alles vollendet ist, sinkt Achills Seele zu wehmüthiger Ergebung herab; in gleichmüthigerer Stimmung heisst er nun die Achäer in weitem Ringe" niedersitzen; es folgen jene herrlichen Wettkämpfe, deren belebte Schilderung das Entzücken jedes erfahrenen Agonisten und wer war das unter Griechen nicht? regen musste. Gewiss stehen in dem homerischen Gedichte diese Wettkämpfe wesentlich um des zugleich künstlerischen und stofflichen Interesses, das ihre Darstellung gewährte; dass als Abschluss der Bestattungsfeier solche Kampfspiele vorgenommen werden, ist gleichwohl nur verständlich als Rudiment eines alten lebhafteren Seelencultes. Solche Wettspiele zu Ehren jüngst verstorbener Fürsten werden bei Homer noch mehrmals erwähnt', ja Homer kennt als Gelegenheiten zu wetteifernder Bemühung um ausgesetzte Preise nur Leichenspiele 2. Die Sitte ist nie völlig abgekommen, und es hat sich in nachhomerischer Zeit die Sitte, Feste der Heroen, dann erst solche der Götter mit Wettspielen, die allmählich in regelmässiger Wiederholung gefeiert wurden, zu begehen, hervorgebildet eben aus dem Herkommen, mit Kampfspielen die Bestattungsfeier vornehmer Männer zu beschliessen. Dass nun der Agon am Heroen- oder Götterfest einen Theil des Cultus des Gottes oder

1 Leichenspiele für Amarynkeus: Il. 23, 630 ff., für Achill: Od. 24, 85 ff. Als ganz gewöhnliche Sitte werden solche Spiele bezeichnet Od. 24, 87 f. Die spätere Dichtung ist reich an Schilderungen solcher veç Entάpto: der Heroenzeit.

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2 Nach Aristarchs Beobachtung. S. Rhein. Mus. 36, 544 f. Anderer Art sind die jedenfalls sehr alten Brautwettkämpfe (Sagen von Pelops, Danaos, Ikarios u. a.).

Heros ausmachte, ist unbezweifelt; man sollte vernünftiger Weise es ebenso unzweifelhaft finden, dass die nur einmal begangenen Leichenspiele bei der Bestattung eines fürstlichen Todten zum Cultus des Verstorbenen gehörten, und dass man solchen Cultus eingesetzt haben kann nur zu einer Zeit, wo man der Seele, der die Feier galt, einen sinnlichen Mitgenuss an den Spielen zuschrieb. Noch Homer hat das deutliche Bewusstsein, dass nicht reiner Ergötzlichkeit der Lebenden, sondern dem Todten die Spiele, wie andere Darbringungen auch, geweiht sind1; wir dürfen uns der Meinung des Varro anschliessen, dass Verstorbene, denen man Leichenspiele widmete, damit ursprünglich wenn nicht als göttlich doch als wirkende Geister gedacht bezeichnet sind. Allerdings konnte dieser Theil des alten Seelencultes seines wahren Sinnes am leichtesten entkleidet werden: er gefiel auch ohne das Bewusstsein seines religiösen Grundes; ebendarum blieb er länger als andere Begehungen in allgemeiner Uebung.

Nun aber, die ganze Reihe der zu Ehren der Seele des Patroklos vorgenommenen Begehungen überblickend, schliesse man aus all diesen gewaltigen Anstalten zur Befriedigung der abgeschiedenen Seele zurück auf die Mächtigkeit der ursprünglichen Vorstellung von kräftig gebliebener Empfindung, von Macht und Furchtbarkeit der Psyche, der ein solcher Cult gewidmet wurde. Für den Cult der Seele gilt, wie für allen. Opfergebrauch, dass seine Ausübung sich nur aus der Hoffnung, Schädigung von Seiten der Unsichtbaren abzuwenden, Nutzen

1 Vgl. I. 23, 274: εἰ μὲν νῦν ἐπὶ ἄλλῳ ἀεθλεύοιμεν Αχαιοί. Also zu Ehren des Patroklos. 646: σὸν ἑταῖρον ἀθλοισι κτερέιζε. κτερεΐζειν heisst, dem Todten seine xtépen, d. h. seine ehemaligen Besitzthümer (durch Verbrennung) mitgeben: die Leichenspiele werden also auf die gleiche Stufe gestellt wie die Verbrennung der einstigen Habe, an der die Seele des Verstorbenen auch ferner Genuss haben soll.

2 Augustin, Civ. Dei 8, 26: Varro dicit omnes mortuos existimari manes deos, et probat per ea sacra, quae omnibus fere mortuis exhibentur, ubi et ludos commemorat funebres, tanquam hoc sit maximum divinitatis indicium, quod non soleant ludi nisi numinibus celebrari.

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zu gewinnen, erklärt1. Eine Zeit, die keinen Nutzen und Schaden mehr von der Seele" erwartete, konnte aus freier Pietät dem entseelten Leibe allerlei letzte Dienste erweisen, dem Verstorbenen gewisse herkömmliche Ehren" bezeigen, mehr den Schmerz der Hinterbliebenen als eine Verehrung des Abgeschiedenen bezeichnend2. Und so geschieht es bei Homer zumeist. Nicht aus dem, was wir Pietät nennen, sondern aus Angst vor einem, durch sein Abscheiden vom Leibe mächtiger gewordenen „Geiste" erklären sich so überschwängliche Leichenspenden, wie sie beim Begräbniss des Patroklos aufgewendet werden. Aus der dem Homer sonst geläufigen Vorstellungsart erklären sie sich auf keine Weise. Dass dieser Vorstellung freilich die Angst vor den unsichtbaren Seelen völlig fremd geworden war, zeigt sich besonders noch daran, dass auch die Verehrung eines so hochgefeierten Todten wie Patroklos auf die einzige Gelegenheit seiner Bestattung beschränkt ist. Nach vollendeter Verbrennung des Leibes, so verkündigt die Psyche des Patroklos selbst dem Achill, wird diese Psyche in den Hades abscheiden, um nie wiederzukehren 3. Man begreift wohl, dass zu einem fortgesetzten Cultus der Seele (wie ihn das spätere Griechenthum eifrig übte) auf diesem Standpunkte alle Veranlassung fehlte. Man bemerke aber auch, dass die überreiche Labung der Seele des Patroklos beim Leichenbegängniss keinen vollen Sinn mehr hat, wenn das Wohlwollen der Seele, das hierdurch gesichert werden soll, später gar keine Gelegenheit sich zu bethätigen hat. Aus der Incongruenz der

1 Quae pietas ei debetur, a quo nihil acceperis? aut quid omnino cuius nullum meritum sit, ei deberi potest? (dei) quamobrem colendi sint non intellego nullo nec accepto ab eis nec sperato bono. Cicero de nat. deor. I, § 116. Vgl. Plat. Euthyphr. So redet Homer von der poßin ἀγακλειτῆς ἑκατόμβης, Od. 3, 58. 59 (αμοιβὰς τῶν θυσιῶν von Seiten der Götter, Plat. Symp. 202 E).

2 τοῦτό νυ καὶ γέρας οἷον δίζυροῖσι βροτοῖσιν, κείρασθαί τε κόμην, Bakésty t' àñò dáxрu парstāv. Odyss. 4, 197 f. Vgl. 24, 188 f., 294 f.

· οὐ γὰρ ἔτ ̓ οὔτις νίσομαι ἐξ Αίδαο, ἐπήν με πυρὸς λελάχητε. Il. 23, 75 f.

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homerischen Glaubenswelt mit diesen eindrucksvollen Vorgängen ist mit Bestimmtheit zu entnehmen, dass die herkömmliche Meinung, nach welcher die Darstellung des Seelencultes am Scheiterhaufen des Patroklos Ansätzen zu neuen und lebendigeren Vorstellungen vom Leben der abgeschiedenen Seele entsprechen soll, unmöglich richtig sein kann. Wo neu hervordrängende Ahnungen, Wünsche und Meinungen sich einen Ausdruck in äusseren Formen suchen, da pflegen die neuen Gedanken unvollständiger in den unfertigen äusseren Formen, klarer und bewusster, mit einem gewissen Ueberschuss, in den schneller voraneilenden Worten und Aeusserungen der Menschen sich darzustellen. Hier ist es umgekehrt: einem reich entwickelten Ceremoniell widersprechen alle Aussagen des Dichters über die Verhältnisse, deren Ausdruck die Ceremonie sein müsste; nirgends oder wo etwa? - tritt ein Zug nach der Richtung des Glaubens hervor, den das Ceremoniell vertritt, die Tendenz ist eher eine entschieden und mit Bewusstsein entgegengesetzte. Es kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, dass in der Bestattungsfeier für Patroklos nicht ein Keim neuer Bildungen, sondern ein „Rudiment" des lebhafteren Seelencultes einer vergangenen Zeit zu erkennen ist, eines Cultus, der einst der völlig entsprechende Ausdruck für den Glauben an grosse und dauernde Macht der abgeschiedenen Seelen gewesen sein muss, nun aber in einer Zeit sich unversehrt erhalten hat, die, aus anders gewordenem Glauben heraus, den Sinn solcher Culthandlungen nur halb oder auch gar nicht mehr versteht. So pflegt ja überall der Brauch die Stimmung und den Glauben, die ihn entstehen liessen, zu überleben.

6.

Die beiden Gedichte enthalten nichts, was als Rudiment alten Seelencultes den Scenen bei der Bestattung des Patroklos an Mächtigkeit verglichen werden könnte. Gänzlich fehlen solche Rudimente auch unter den Vorgängen der gewöhnlichen

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