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Gesprächen am Rande des Reiches der Nichtigkeit klingt, zu der alle Lust und Macht des Lebens zusammensinken muss. Die Befragung des Tiresias ist ihm, wie gesagt, nur ein Vorwand, um diesen Verkehr des Odysseus mit der Mutter und den alten Genossen, auf den es ihm einzig ankam, herbeizuführen. Vielleicht ist gerade diese Wendung ihm eingegeben worden durch Erinnerung an die Erzählung des Menelaos (Od. 4, 351 ff.), von seinem Verkehr mit Proteus dem Meergreis: auch da wird ja die Befragung des der Zukunft Kundigen über die Mittel zur Heimkehr nur als flüchtige Einleitung zu Berichten über Heimkehrabenteuer des Ajas, des Agamemnon und Odysseus verwendet.

2.

Gewiss kann die Absicht dieses Dichters nicht gewesen sein, eine Darstellung der Unterwelt um ihrer selbst willen zu geben. Selbst die Scenerie dieser fremdartigen Vorgänge, die am ersten noch seine Phantasie reizen mochte, wird nur in kurzen Andeutungen bezeichnet. Ueber den Okeanos fährt das Schiff bis zu dem Volke der Kimmerier2, das nie die Sonne sieht, und gelangt bis zu der „rauhen Küste" und dem Hain der Persephone aus Schwarzpappeln und Weiden. Odysseus mit zwei Gefährten dringt vor bis zum Eingang in den Erebos, wo Pyriphlegethon und Kokytos, der Styx Abfluss, in den Acheron münden. Dort gräbt er seine Opfergrube, zu der die Seelen aus des Erebos Tiefe über die Asphodeloswiese heranschweben. Es ist dasselbe Reich der Erdtiefe, das auch die Ilias als den Aufenthalt der Seelen voraussetzt, nur genauer vorgestellt und

1 Od. 10. 539/40 sind entlehnt aus 4, 389/90. 470. An Nachahmung jener Scene des 4. Buches in der Nekyia denkt, wie ich nachträglich bemerke, schon Kammer, Einheit d. Od. p. 494 f.

2 Auffallend ist (und mag wohl auf eigene Art zu erklären sein), dass in der Anweisung der Kirke die Kimmerier nicht erwähnt werden. Verständlicher, warum die genaue Schilderung des Oertlichen aus Kirkes Bericht, 10, 509–515 nachher nicht wiederholt, sondern mit kurzen Worten (11, 21/22) nur wieder in's Gedächtniss gerufen wird.

vergegenwärtigt. Die einzelnen Züge des Bildes werden so flüchtig berührt, dass man fast glauben möchte, auch sie habe der Dichter bereits in älterer Sagendichtung vorgefunden. Jedenfalls hat er ja die, auch der Ilias wohlbekannte Styx übernommen und so vermuthlich auch die anderen Flüsse, die vom Feuerbrande (der Leichen?2), von Wehklagen und Leid leicht verständliche Namen haben 3. Der Dichter selbst, auf das Ethische allein sein Augenmerk richtend, ist dem Reiz des leer Phantastischen geradezu abgeneigt; er begnügt sich mit sparsamster Zeichnung. So giebt er denn auch von den Bewohnern des Erebos keine verweilende Schilderung; was er von ihnen sagt, hält sich völlig in den Grenzen des homerischen Glaubens. Die Seelen sind Schatten- und Traumbildern gleich, dem Griff des Lebenden unfassbar1; sie nahen bewusstlos; einzig Elpenor, dessen Leib noch unverbrannt liegt, hat eben darum das Bewusstsein bewahrt, ja er zeigt eine Art von erhöhetem Bewusstsein, das der Prophetengabe nahekommt, nicht anders als Patroklos und Hektor im Augenblick der Loslösung der Psyche

1 Einen wesentlichen Unterschied zwischen der Vorstellung von der Lage des Todtenreiches, wie sie die Ilias andeutet, und derjenigen, welche die Nekyia der Odyssee ausführt, kann ich nicht anerkennen. J. H. Voss und Nitzsch haben hier das Richtige getroffen. Auch was die zweite Nekyia (Od. 24) an weiteren Einzelheiten hinzubringt, „contrastirt“ nicht eigentlich (wie Teuffel, Stud. u. Charakt. p. 43 meint) mit der Schilderung der ersten Nekyia, es hält sich nur nicht ängstlich an diese, beruht aber auf gleichen Grundvorstellungen.

* Schol. H. Q. Odyss κ 514: Πυριφλεγέθων, ἤτοι τὸ πῦρ τὸ ἀφανί ζον τὸ σάρκινον τῶν βροτῶν. Αpollodor. π. θεῶν ap. Stob. Eel. I p. 420, 9: Πυριφλεγέθων εἴρηται ἀπὸ τοῦ περὶ φλέγεσθαι τοὺς τελευτώντας.

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3 Auch der Acheron scheint als Fluss gedacht. Wenn die Seele des unbestatteten Patroklos, die doch schon ἂν ̓ εὐρυπολὲς Αϊδος δι schwebt, also über den Okeanos hinübergedrungen ist, die anderen Seelen nicht über den Fluss" lassen (Il. 23, 72 f.), so wird man doch jedenfalls unter dem „Flusse" nicht den Okeanos verstehen, sondern eben den Acheron (so auch Porphyrius bei Stob. Ecl. I p. 422 f. 426 W.). Aus Od. 10, 515 folgt keineswegs, dass der Acheron nicht auch als Fluss gelte, sondern als See, wie Bergk, Opusc. II 695 meint.

4 Vgl. 11, 206 ff. 209, 393 ff. 475.

vom Leibe1. Alles dieses wird auch ihn verlassen, sobald sein Leib vernichtet ist. Tiresias allein, der Seher, den die Thebanische Sage berühmt vor allen gemacht hatte, hat Bewusstsein und sogar Sehergabe auch unter den Schatten, durch Gnade der Persephone, bewahrt; aber das ist eine Ausnahme, welche die Regel nur bestätigt. Fast wie absichtliche Bekräftigung orthodox homerischer Ansicht nimmt sich aus, was Antikleia dem Sohne von der Kraft- und Wesenlosigkeit der Seele nach Verbrennung des Leibes sagt. Alles in der Darstellung dieses Dichters bestätigt die Wahrheit dieses Glaubens; und wenn die Lebenden freilich Ruhe haben vor den machtlos in's Dunkle gebannten Seelen, so tönt hier aus dem Erebos selbst in dumpfem Klange uns das Traurige dieser Vorstellung entgegen, in der Klage des Achill, mit der er den Trostzuspruch des Freundes abweist - Jeder kennt die unvergesslichen Worte.

3.

Dennoch wagt der Dichter einen bedeutsamen Schritt über Homer hinaus zu thun. Was er von dem Zuständlichen im Reiche des Hades mehr andeutet als sagt, streitet ja in keinem Punkte mit der homerischen Darstellung. Aber neu ist doch, dass dieser Zustand, wenn auch nur auf eine kurze Weile, unterbrochen werden kann. Der Bluttrunk giebt den Seelen momentanes Bewusstsein zurück; es strömt das Andenken an die obere Welt ihnen wieder zu; ihr Bewusstsein ist also, müssen wir

1 S. Il. 16, 851 ff. (Patroklos), 22, 358 ff. (Hektor), Od. 11, 69 ff. Zu Grunde liegt der alte Glaube, dass die Seele, im Begriff frei zu werden, in einen Zustand erhöheten Lebens, an Sinneswahrnehmung nicht gebundener Erkenntnissfähigkeit zurückkehre (vgl. Artemon in Schol. Il. II 854, Aristotel. fr. 12 R.); sonst ist es (bei Homer) nur der Gott, ja eigentlich nur Zeus, der Alles voraussieht. Mit Bewusstsein ist aber die Darstellung soweit herabgemindert, dass eine unbestimmte Mitte zwischen eigentlicher Prophezeiung und blossem toуáða: eingehalten wird (vgl. Schol. B. V. II. X 359); höchstens Il. 22, 359 geht darüber hinaus.

2 11, 218-224.

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glauben, für gewöhnlich nicht todt, es schläft nur. Zweifellos wollte der Dichter, der solche Fiction für seine Dichtung nicht entbehren konnte, damit nicht ein neues Dogma aufgerichtet haben. Aber um seinen rein dichterischen Zweck zu erreichen, muss er in seine Erzählung einzelne Züge verflechten, die, aus seinem eigenen Glauben nicht erklärlich, hinüber oder eigentlich zurück leiten in alten, ganz anders gearteten Glauben und auf diesem errichteten Brauch. Er lässt den Odysseus, nach Anweisung der Kirke, am Eingang des Hades eine Grube graben, einen Weihegruss für alle Todten" herumgiessen, zuerst eine Mischung von Milch und Honig, dann Wein, Wasser, darauf wird weisses Mehl gestreut. Nachher schlachtet er einen Widder und ein schwarzes Mutterschaf, ihre Köpfe in die Grube drückend'; die Leiber der Thiere werden verbrannt, um das Blut versammeln sich die heranschwebenden Seelen, die des Odysseus Schwert fern zu halten vermag2, bis Tiresias als erster getrunken hat. Hier ist der Weiheguss ganz unzweifelhaft eine Opfergabe, den Seelen zur Labung ausgegossen. Die Schlachtung der Thiere will der Dichter allerdings nicht als Opfer angesehen wissen, der Genuss des Blutes soll nur den Seelen das Bewusstsein (dem Tiresias, dessen Bewusstsein unverletzt ist, die Gabe des vorausschauenden Seherblickes) wieder

· δὲν ἀρνειὸν ῥέζειν, θηλύν τε μέλαιναν, εἰς Ἔρεβος στρέψας. 10, 527 f. Aus dem μέλαιναν wird auch zu ἂν ἀρνειόν die genauere Bestimmung „schwarz" nò novou zu verstehen sein (ebenso 572); stets ist der den Unterirdischen (Göttern wie Seelen) zu opfernde Widder schwarz. εἰς "Epeßos arpétus, d. h. nach unten (nicht nach Westen) hin den Kopf drehend (s Bódpov 11, 36), wie Nitzsch richtig erklärt. Alles wie später stets bei den vropa für Unterirdische (vgl. Stengel, Ztsch. f. Gymn. Wesen 1880 p. 743 f.).

2 κοινή τις παρὰ ἀνθρώποις ἐστὶν ὑπόληψις ὅτι νεκροί και δαίμονες atompov poßobvta. Schol. Q. 48. Eigentlich ging der Glaube dahin, dass der Schall von Erz oder Eisen die Gespenster verjage: Lucian, Philops. 15 (vgl. O. Jahn, Abergl. d. bösen Blicks p. 79). Aber auch schon die blosse Anwesenheit von Eisernem wirkt so. Pseudoaugustin. homilia de sacrilegis (etwa aus saec. 7) § 22: zu den sacrilegi gehört u. A., wer Finger- oder Armringe aus Eisen trägt, aut qui in domo sua quaecunque de ferro, propter ut daemones timeant, ponunt.

geben. Aber man sieht wohl, dass dies eben nur eine Fiction. des Dichters ist; was er darstellt, ist bis in alle Einzelheiten hinein ein Todtenopfer, wie es uns unverhohlen als solches in Berichten späterer Zeit oft genug begegnet. Die Witterung des Blutes zieht die Seelen an, die „Blutsättigung“ (aiμxxovpia) ist der eigentliche Zweck solcher Darbringungen, wie sie dem Dichter als Vorbild vorschweben. Erfunden hat er in dieser Darstellung nichts, aber auch nicht etwa, wie man wohl annimmt, neuen, zu der Annahme energischeren Lebens der abgeschiedenen Seelen vorgedrungenen Vorstellungen seine Opferceremonien angepasst. Denn hier wie bei der Schilderung des Opfercultes bei der Bestattung des Patroklos ist ja die Vorstellung des Dichters von dem Seelenleben durchaus nicht der Art, dass sie neuen kräftigeren Brauch begründen könnte, sie steht vielmehr mit den Resten eines Cultus, die sie vorführt, im Widerspruch. Auch hier also sehen wir versteinerte, sinnlos gewordene Rudimente eines einstmals im Glauben voll begründeten Brauches vor uns, vom Dichter um dichterischer Zwecke willen hervorgezogen und nicht nach ihrem ursprünglichen Sinne verwendet. Die Opferhandlung, durch die hier die Seelen herangelockt werden, gleicht auffallend den Gebräuchen, mit denen man später an solchen Stellen, an denen man einen Zugang zum Seelenreiche im Inneren der Erde zu haben glaubte, Todtenbeschwörung übte. Es ist an sich durchaus nicht undenkbar, dass auch zu der Zeit des Dichters der Hadesfahrt in irgend einem Winkel Griechenlands solche Beschwörungen, als Reste alten Glaubens, sich erhalten hätten. Sollte aber auch der Dichter von solchem localen Todtencult Kunde gehabt und hiernach seine Darstellung gebildet haben1, so

1 Speciell an das Thesprotische vexDoμavτetov am Flusse Acheron als Vorbild der homerischen Darstellung denkt Pausanias 1, 17, 5 und mit ihm K. O. Müller, Proleg. z. e. wissenschaftl. Mythol. 363 und dann viele Andere. Im Grunde hat man hierzu kaum mehr Veranlassung als zu einer Fixirung des homerischen Hadeseingangs bei Cumae, bei Heraklea Pont. (vgl. Rhein. Mus. 36, 555 ff.) oder an anderen Stätten alten Todtendienstes (z. B. bei Pylos), an denen sich dann auch die herkömm

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