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Entrückung. Inseln der Seligen.

I.

Die homerische Vorstellung vom Schattenleben der abgeschiedenen Seelen ist das Werk der Resignation, nicht des Wunsches. Der Wunsch würde nicht diese Zustände sich als thatsächlich vorhanden vorgespiegelt haben, in denen es für den Menschen nach dem Tode weder ein Fortwirken giebt, noch ein Ausruhen von den Mühen des Lebens, sondern ein unruhiges zweckloses Flattern und Schweben, ein Dasein zwar, aber ohne jeden Inhalt, der es erst zum Leben machen könnte.

Regte sich gar kein Wunsch nach tröstlicherer Gestaltung der jenseitigen Welt? verzehrte die starke Lebensenergie jener Zeiten wirklich ihr Feuer so völlig im Reiche des Zeus, dass nicht einmal ein Flammenschein der Hoffnung bis in das Haus des Hades fiel? Wir müssten es glauben wenn nicht ein einziger flüchtiger Ausblick uns von ferne ein seliges Wunschland zeigte, wie es das noch unter dem Banne des homerischen Weltbildes stehende Griechenthum sich erträumte.

Als Proteus, der in die Zukunft schauende Meergott, dem Menelaos am Strande Aegyptens von den Bedingungen seiner Heimkehr in's Vaterland und von den Schicksalen seiner liebsten Genossen berichtet hat, fügt er, so erzählt Mene

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laos selbst im vierten Buche der Odyssee (v. 560 ff.) dem die weissagenden Worte hinzu:

Telemach

Nicht ist Dir es beschieden, erhabener Fürst Menelaos,

Im rossweidenden Argos den Tod und das Schicksal zu dulden;
Nein, fernab zur Elysischen Flur, zu den Grenzen der Erde,
Senden die Götter Dich einst, die unsterblichen; wo Rhadamanthys
Wohnet, der blonde, und leichtestes Leben den Menschen bescheert ist,
(Nie ist da Schnee, nie Winter und Sturm noch strömender Regen,
Sondern es lässt aufsteigen des Wests leicht athmenden Anhauch,
Immer Okeanos dort, dass er Kühlung bringe den Menschen),
Weil Du Helena hast, und Eidam ihnen des Zeus bist.

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Diese Verse lassen einen Blick thun in ein Reich, von dem die homerischen Gedichte sonst keinerlei Kunde geben. Am Ende der Erde, am Okeanos liegt das Elysische Gefilde", ein Land unter ewig heiterem Himmel, gleich dem Götterlande1. Dort wohnt der Held Rhadamanthys, nicht allein, darf man denken: es ist ja von Menschen in der Mehrzahl die Rede (V. 565. 568). Dorthin werden dereinst die Götter „senden" den Menelaos: er wird nicht sterben (V. 562), d. h. er wird lebendig dorthin gelangen, auch dort den Tod nicht erleiden. Wohin er entsendet werden soll, das ist nicht etwa ein Theil des Reiches des Hades, sondern ein Land auf der Oberfläche der Erde, zum Aufenthalt bestimmt nicht abgeschiedenen Seelen, sondern Menschen, deren Seelen sich von ihrem sichtbaren Ich nicht getrennt haben: denn nur so können sie eben Gefühl und Genuss des Lebens (v. 565) haben. Es ist das volle Gegentheil von einer seligen Unsterblichkeit der Seele in ihrem Sonderdasein, was hier die Phantasie sich ausmalt; eben weil eine solche homerischen Sängern völlig undenkbar blieb, sucht und findet der Wunsch einen Ausgang aus dem Reiche der Schatten, das alle Lebensenergie verschlingt. Er ersieht sich ein Land am Ende der Welt, aber doch noch von dieser Welt, in das einzelne Günstlinge der

1 Nicht umsonst erinnert, was von dem Klima, so zu sagen, des Elysischen Landes gesagt wird, Od. 4, 566–568 stark an die Schilderung des Göttersitzes auf dem Olymp, Od. 6. 43-45.

Götter entrückt werden, ohne dass ihre Psyche vom Leibe sich trennte und dem Erebos verfiele.

Die Hindeutung auf solche wunderbare Entrückung steht in den homerischen Gedichten vereinzelt und scheint auch in die Odyssee erst von nachdichtender Hand eingelegt zu sein1. Aber die Bedingungen für ein solches Wunder sind alle in homerischen Vorstellungen gegeben. Menelaos wird durch Göttermacht entrafft und führt fern von der Welt der Sterblichen ein ewiges Leben. Dass ein Gott seinen sterblichen Schützling den Blicken der Menschen plötzlich entziehen und ungesehen durch die Luft davon führen könne, ist ein Glaube, der in nicht wenigen Vorgängen der Schlachten der Ilias seine Anwendung findet 2. Die Götter können aber auch einen Sterblichen auf lange Zeit unsichtbar machen". Da Odysseus den Seinen so lange schon entschwunden ist, vermuthen

1 Die Verkündigung des Endschicksals des Menelaos hängt allerdings über, sie ist weder durch die erste Bitte des Menelaos (468 ff.), noch durch dessen weitere Fragen (486 ff.; 551 ff.) nothwendig gemacht oder auch nur gerechtfertigt. Schon Nitzsch hielt die Verse 561-568 für eine spätere Einlage: Anm. zur Odyssee III p. 352, freilich mit einer Begründung, die ich nicht für beweiskräftig halten kann. Dann Andere ebenso.

Unsichtbarmachung (durch Verhüllung in einer Wolke) und Entraffung (die nicht überall ausdrücklich hervorgehoben wird, aber wohl überall hinzuzudenken ist): des Paris durch Aphrodite, Il. I 380 ff.; des Aeneas durch Apollo, E 344 f.; des Idaios, Sohnes des Hephaestospriesters Dares, durch Hephaestos E 23; des Hektor durch Apollo, Y 443 f.; des Aeneas durch Poseidon T 325 ff.; des Antenor durch Apollo, 596 ff. (diese letzte, wie es scheint, die Originalscene, die in den Schilderungen dieses selben Schlachttages in den vorher genannten Ausführungen des gleichen Motivs, T 325 ff.; 443 f. noch zweimal von späteren Dichtern nachgeahmt worden ist). Auffallend ist (weil sich kaum ein besonderer Grund hierfür denken lässt), dass alle diese Beispiele der Entrückung auf Helden der troischen Seite treffen. Sonst noch, aber nur in Wiedergabe eines längst vergangenen Abenteuers: Entrückung der Aktorionen durch ihren Vater Poseidon: A 750 ff. Endlich könnte (was über die angeführten Fälle nur wenig hinausginge) Zeus seinen Sohn Sarpedon lebendig aus der Schlacht entraffen und nach seiner Heimath Lykien versetzen: Il 436 ff.; er steht aber auf die Mahnungen der Here (440 ff.) von solchem Vorsatz ab.

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sie, dass die Götter ihn unsichtbar gemacht" haben (Od. 1, 235 ff.); er ist, meinen sie, nicht gestorben (v. 236), sondern die Harpyien haben ihn entrafft", und so ist er aller Kunde entrückt (Od. 1, 241 f.; 14, 371). Penelope in ihrem Jammer wünscht sich entweder schnellen Tod durch die Geschosse der Artemis, oder dass sie emporgerissen ein Sturmwind entführe auf dunklen Pfaden und sie hinwerfe an den Mündungen des Okeanos, d. h. am Eingang in's Todtenreich (Od. 20, 61-65; 79 ff.) 1. Sie beruft sich zur Erläuterung dieses Wunsches auf ein Märchen, von der Art, wie sie wohl in den Weibergemächern oft erzählt werden mochten: von den Töchtern des Pandareos, die, nach dem gewaltsamen Tode der Eltern von Aphrodite lieblich aufgenährt, von Hera, Artemis und Athene mit allen Gaben und Kunstfertigkeiten ausgestattet, einst, da Aphrodite in den Olymp gegangen war, um ihnen von Zeus einen Ehebund zu erbitten, von den Harpyien entrafft und den

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1 Ausdrücklich wird der Wunsch schnell zu sterben entgegengesetzt dem Wunsche, durch die Harpyien entführt zu werden: 63 ἢ ἔπειτα „oder sonst", d. h. wenn mir schneller Tod nicht bescheert ist. (S. Rhein. Mus. 50, 2, 2.) Nochmals 79. 80: ós qu'àïotóσειαν Ολύμπια δώματ' ἔχοντες γέ μ' ευπλόκαμος βάλοι "Αρτεμις. Die Harpyien (óɛkka 63) bringen hier also nicht Tod, sondern entraffen Lebende (αναρπάξασα οἴχοιτο 63 f., ἅρπυιαι ανηρείψαντο 77 = ἀνέλοντο θύελλα: 66 und tragen sie κατ' ήερόεντα κέλευθα 64 zu den προχοαὶ ἀφορ ρέου Ωκεανοίο 65 ἔδεσαν στυγερῇσιν Ἐρινύσιν ἀμφιπολεύειν 78). An der „Einmündung des Okeanos" (in's Meer) ist der Eingang in's Todtenreich: % 508 ff. λ 13 ff. Entführung durch die Sturmgeister, als Wunsch, sprichwortlich: Il. 6, 345 f. ὡς μ' ὄφελ ̓ ἤματι τῷ ὅτε με πρώτον τέκε μήτηρ οἴχεσθαι προφέρουσα κακὴ ἀνέμοιο θύελλα εἰς ὄρος ἤ εἰς κῦμα πολυφλοίσβοιο dalásons (d. h. in die Einöde. Orph. hymn. 19, 19; 36, 16; 71, 11). Solche Entführung durch die Luft wird auch sonst dem Tode und Hadesaufenthalt entgegengesetzt, ebenso wie in dem Wunsche der Penelope (den Roscher, Kynanthropie [Abh. d. sächs. Ges. d. Wiss. XVII] p. 67 eigenthümlich, aber schwerlich richtig deutet): Soph. Trach. 953 ff., Ai 1193 ff. (Phil. 1092 ff. ?). Vgl. Eurip. Hippol. 1279 ff., Jon. 805 f., Suppl. 833–36. Eine tiefeingeprägte altvolksthümliche Vorstellung liegt überall zugrunde. ὑπὸ πνευμάτων συναρπαγέντα ἄφαντον γενέσθαι giebt Anlass zu τιμαί ádávato: noch in der nur halb rationalisirten Erzählung von Hesperos bei Diodor 3, 60, 3.

verhassten Erinyen zum Dienste gegeben worden seien1. Diese volksthümliche Erzählung lässt, deutlicher als sonst die homerische Kunstdichtung, den Glauben erkennen, dass der Mensch, auch ohne zu sterben, dauernd dem Bereiche der lebenden Menschen entführt werden und an anderem Wohnplatze weiter leben könne. Denn lebendig werden die Töchter des Pandareos entrückt freilich in das Reich der Todten, denn dorthin gelangen sie, geistern, dienen müssen 2.

wenn sie den Erinyen, den HöllenDorthin wünscht auch Penelope,

ohne doch zu sterben, entrückt zu werden aus dem Lande der Lebendigen, das ihr unleidlich geworden ist. Die solche Entführung bewirken, sind die „Harpyien" oder der „Sturmwind", das ist dasselbe; denn nichts anderes als Windgeister einer besonders unheimlichen Art sind die Harpyien, der Teufelsbraut oder Windsbraut" vergleichbar, die nach deutschem Volksglauben im Wirbelwind daherfährt, auch wohl Menschen mit sich entführt. Die Harpyien und was hier von ihnen

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1 Man möchte mehr von diesem eigenthümlichen Märchen erfahren; aber was uns sonst von Pandareos und seinen Töchtern berichtet wird (Schol. 66. 67; 518; Anton. Lib. 36) trägt zur Aufklärung der homerischen Erzählung nichts bei und gehört wohl z. Th. in ganz andere Zusammenhänge. Pandareos, Vater der Aëdon (t 518 ff.), scheint ein anderer zu sein. Auch die eigenthümliche Darstellung der zwei Pandareostöchter auf Polygnots Unterweltgemälde (Paus. 10, 30, 2) hellt die Fabel nicht auf. (Vgl. Roscher, Kynanthropie 4 ff. 65 f.)

2 Die Erinyen haben ihren dauernden Aufenthalt im Erebos: wie namentlich aus Il. 9, 571 f.; 19, 259 erhellt. Wenn sie freilich auch Vergehungen Einzelner gegen Familienrecht schon im Leben bestrafen: z. B. Il. 9, 454; Od. 11, 278, so muss man sie da eine Wirkung in die Ferne unglaublich ist sich wohl auch gelegentlich als auf Erden umgehend denken, wie bei Hesiod. W. u. T. 803 f. Ἐρινύσιν ἀμφιπο

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heósty (78) kann nichts anders als: den Erinyen dienen, ihnen zu àμpiñoño: werden, bedeuten. Im Gefolge der E. herumschweifen" (wie, nach Anleitung des Eustathius, Roscher, Kynanthr. 65, 183 versteht) so die Worte zu deuten, verbietet der mit à. verbundene einfache Dativ 'Epevós: (Deais àμpinokov Soph. O. C. 680 ist anders).

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3 Wenn die Windsbraut daher fährt, soll man sich auf den Boden legen, wie beim Muodisheere (vgl. hierüber Grimm, D. M.1 789), weil sie sonst einen mitnimmt." Birlinger, Volksthüml. a. Schwaben 1, 192.

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