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Von Eridu stammt auch die im Epos Enuma eliš verherrlichte Stellung des Marduk von Babylon als Demiurg, nicht, wie bisher allgemein, aber ohne Begründung angenommen wurde, vom Bel von Nippur. In dem eigentlichen Schöpfungsbericht (s. S. 129 ff.) ist Marduk von Eridu Schöpfer der Erde und der Menschen. Viele der Hymnen, die Marduk in der Rolle des Sohnes Eas verherrlichen, scheinen geradezu

auf den Stadtgott von Babylon umgedichtet worden zu sein, vor allem die von dem barmherzigen, großohrigen (S. 98) Gotte handelnden, der wohltuend umherzieht und die Menschen errettet.

5. Auch Nebo von Borsippa hat seinen alten Ruhm an Marduk von Babylon abgeben müssen. In den Zeiten vor der ersten Dynastie muß man für Nebo die Rolle voraussetzen, die später Marduk zufiel. Ihm müssen früher wie Anu und Bel die Schicksalstafeln zugesprochen sein, die beim TiâmatKampf an Marduk übergeben werden. Seit der Hammurabi - Zeit ist er zum ,,Schreiber der Geschicke" im Du-azag, dem Schicksalsgemach, degradiert. Das ist in der Kalenderreform, in dem Vorrücken der Präzession (s. oben S. 66) begründet. Die Sonne ist in den Stier gerückt, der dem Marduk-Jupiter gehört1. Dadurch bekam Marduk die Rolle des ,,Verkünders" und Retters, die ursprünglich Nebo zukam 2.

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Abb. 50: Quetzalcuatl. Nach Seler Cod. Vatic. 3773.

So wird Marduk von Babylon schließlich zum ,,Gott des Weltalls",,König der Götter",,,König Himmels und der Erde", ,,Herr der Herren, König der Könige". In einem der Hymnen, die diesen Marduk verherrlichen, versteigt sich der dichtende Priester bis zu dem Gedanken 3:

,,Ich will verkünden deine Größe den weiten Völkern."

1) Im mexikanischen Tonalamat entspricht Marduk der Gott des Ostens Quetzalcuatl s. Abb. 50.

2) Vgl. S. 82 f. Ich habe in meiner Monographie Nebo bei Roscher auf den ursprünglichen Vorrang Nebos hingewiesen, ohne die Zusammenhänge klar zu erkennen, wie sie jetzt durch Winckler, z. B. F. III, 277 ff. klargestellt worden sind. S. dann auch Zimmern, KAT S. 402 vgl. 399, der aber irrtümlich Marduk und Nabû für ,,möglicherweise ursprünglich identisch" hält.

3) King, Bab. Magic 18.

3

Der siebenstufige Tempel dieses Marduk in Babylon heißt E-temen-an-ki,,,Haus des Fundaments Himmels und der Erde". Von ihm heißt es bei Erneuerungsbauten wiederholt, man habe ,,seine Spitze bis an den Himmel reichen lassen". Er bildet den Prototyp für den biblischen,,Turmbau zu Babel" s. Kap. Turmbau. Zum Neujahrsfest s. S. 86f.

An die Gestalt des Marduk hat sich eine ausgebildete naturalistische Erlösungslehre angeknüpft. Marduk ist,,der Barmherzige, der es liebt, von den Toten zu erwecken, der Großohrige", der die Bitten der Menschen hört. Diese Erlöserlehre hat sich bis über die christliche Ära hinaus auf babylonischem Boden entwickelt. Sie lebt fort in der Religion der Mandäer, die noch heute in den Sumpfgegenden des Euphrat und Tigris und in den Grenzgebieten von Persien existiert und deren Erlösergott Mandâ de hajje oder Hibil Ziwâ identisch ist mit Marduk, dem Sieger über das Ungeheuer der Finsternis.

Zum Schluß sei noch ein Hymnus an Marduk von Babel im Auszug wiedergegeben, der wohl ursprünglich nach Eridu gehört und religiös interessante Gedanken enthält:

Marduk, dein Name ist überall im Munde der Menschen glückbringend! Marduk, großer Herr, auf dein erhabenes Gebet

möge ich gesund und heil sein und so deine Gottheit verehren; wie ich es wünsche, möge ich es erlangen!

Lege Wahrheit in meinen Mund;

laß gute Gedanken in meinem Herzen sein!
Trabant und Leibwächter 2 mögen Gutes künden!

Mein Gott möge an meine Rechte treten;

meine Göttin möge an meine Linke treten;

ein Gott, der mich bewahrt, möge mir zur Seite stehen!

Nebo.

Nebo vertritt im astralen System des Stierzeitalters die westliche, winterliche Jahreshälfte. Sein Offenbarungsgestirn ist Merkur, der nach der Lehre von Babylon in Opposition zu Marduk-Jupiter den Westpunkt des Tierkreises beherrscht 3.

In früherer Zeit hat er, wie bereits bemerkt, die Rolle gespielt, die seit Babylons Vorherrschaft Marduk einnimmt. NeboMerkur ist der Morgenstern, der die neue Zeit verkündet, s. S. 67.

1) Hehn, Hymnen an Marduk Nr. 13 AB V. Zimmern, AO VII,
3, 16.
2) Wahrscheinlich zwei Götterkinder, wie Kettu und Mešaru, Recht

und Gerechtigkeit, die Šamaš zur Seite stehen. 3) Vgl. S. 26.

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In Gedichten über Elamiterkämpfe, die der Hammurabi-Zeit vorausgingen, heißt Nebo,,Hüter der Welt" 1. Die Assyrer heben in Zeiten, in denen sie den politischen Gegensatz zur MardukHierarchie von Babylon zu betonen Ursache haben, den Nebo auffällig hervor. So Adadnirâri III:,,Auf Nebo vertraue, auf einen andern Gott vertraue nicht", s. Abb. 51. Asurbanipal bevorzugt ihn auffällig2. Und in neubabylonischer Zeit (Nabopolassar, Nebukadnezar, Nabonid), in der man Archaismen liebt und ein neues Zeitalter markieren will, wird immer,,Nabû und Marduk" statt des früheren,,Marduk und Nabû" gesagt.

Die Urkunden verraten noch, daß Nebo ursprünglich die Schicksalstafeln hatte. In der Marduk-Zeit ist er nur der Schreiber der Geschicke 3. Er hat die Schreibkunst (,,Weisheit Nebos") den Menschen übermittelt und ist so nahe verwandt mit Ea-Oannes. Als Gott der winterlichen Hälfte ist Nebo auch Gott der Unterwelt und Geleitsmann der Toten. Er ist der babylonische Hermes. Die Wage deutet

1) Nabû pa-kid kiš-šat steht in dem von Pinches (Transact. of the Victoria Inst. 1897, p. 89) veröffentlichten Text Sp. 158 + Sp. II, 962 Rev. Z. 25. Vgl. Hommel, Altisr. Überl. 183. Die Zeit der Kämpfe ist sehr fraglich.

2) S. die S. 107 f. bereits erwähnte Liturgie auf Nebo bei Roscher, Lexikon der Mythologie III, Sp. 61 ff.

3) S. 123. Pesikta r. 96 a nennt ihn ,,Schreiber der Sonne" (E. Bischoff).

Abb. 51: Die sog. Nebo - Statue des Adad-nirari III.

Abb. 52: Gebet vor Nebo mit dem Schreibgriffel (?).+ Nach altbab. Siegelzylindern.

4) Vgl. Roscher III, Sp. 47 Zylinder mit dem gleichen Gottesbild und der Unterschrift: Nebo, der Schreiber von Esagila. Liebling des Marduk. Daß die Gestalt Adad ist, erscheint mir doch unwahrscheinlich trotz der wertvollen Studie Friedrichs BA V, 458 ff. Ein Schwert ist das Instrument nicht.

nicht auf die Herbsttagesgleiche, sonst müßte sie auch beim Frühlingspunkt erscheinen. Es ist die Totenwage.

Der Kultort des Nebo ist Borsippa, die Schwesterstadt Babylons (s. zu Jes 46, 1). Sein Tempel hieß Ezida, auch ,,Haus der Nacht" genannt, s. S. 29, mit dem Tempelturm E-urimin-an-ki, d. h.,,Tempel der sieben Befehlsvermittler Himmels und der Erde", dessen Trümmer von den Eingeborenen Birs, von den „Franken" Birs Nimrûd genannt werden.

Zu Nebo in außerbabyl. Kulten s. meinen Artikel Nebo in RPTh3.

Im Alten Testament begegnet uns Nebo außer Jes 46, 1, als göttlicher Schreiber Ez 9, 2f., im Bergnamen Nebo 5 Mos 32, 49 f.; 34, I und 5 und in der Priesterstadt Nob. Eine Stadt Nebo wohl auch 4 Mos 32, 3. 38; Jes 15, 2; Jer 48, 1. 22 moabitisch, eine andre (8) Esr 2, 29; 10, 43; Neh 7, 33.

Nergal.

Nergal ist in der uns bekannten Zeit als planetarische Gottheit mit dem Saturn verknüpft. Als solcher gebührt ihm der Mitternachts- und Winterpunkt, d. h. der südlichste Teil des Tierkreises, der unsichtbar, weil zugleich Unterweltspunkt ist. Daher ist Saturn der Unglücksplanet. Sein Name wird als Neuru-gal,,Herr der großen Wohnung", d. i. des Totenreiches, gedeutet. Als Totengott ist er auch Herr der Seuchen und der Pest. Sein Kultort ist Kutha, d. i. vielleicht die Totenstadt von Babylon. Die Lage der Stadt ist unbekannt 2; sie wird immer mit Babylon und Borsippa zusammen genannt. Die Unterwelt wird geradezu Kutha genannt. Die Eriškigal-Legende erzählt, wie Nergal König der Unterwelt wurde3. Außerdem ist Nergal, wie Ninib, mit dem er ja wechselt, Gott des Krieges und der Jagd.

Daß Nergal als planetarische Gottheit auch Sonnencharakter hat, ergibt sich aus dem System, s. S. 29. Man erwartet, daß

1) Später wechselt Saturn mit Mars, s. S. 24; die mandäischen Planetenlisten bezeichnen Mars mit und ; s. meinen Artikel Nergal in RPTh3, wo auch die außerbabylonischen Erwähnungen des Nergal besprochen sind.

2) Gewöhnlich nimmt man Tel Ibrahim an; s. Hommel, Geschichte und Geographie S. 340 f.

3) Vgl. zu Nergal als Höllengott mein Hölle und Paradies AO I, 32.

er die Wintersonnenwende repräsentiert. In dem mehrfach erwähnten Texte der Arsacidenzeit (S. 26 f.) heißt es auch wirklich:

Am 18. Tamuz steigt Nergal in die Unterwelt hinab, am 28. Kislev steigt er wieder herauf. Šamaš und Nergal sind eins.

Es ist also hier von der Sonne die Rede und gesagt, daß sie als die hinabsteigende, als Wintersonne, Nergal heißt.

In einer Beschwörung heißt es1:

Du leuchtest am strahlenden Himmel, dein Standort ist hoch;

groß bist du im Totenreich, hast keinen, der dir gleichkommt. Wenn Nergal auch der Gott der Sommersonne ist, so beruht das auf dem Wechsel mit Ninib, der in der Opposition, am Sommersonnenwendepunkt, die ihm im Weltall zugehörige Stelle hat. VR 46 sagt, Nergal werde im Westlande Šarrapu,,Verbrenner, Versenger" genannt. Das bezieht sich gewiß zunächst auf die Sonne und sekundär auf das Fieber. IV R 24, 54a wird er gradezu Gibil, der ,,Feuergott mit glühendem Munde“, genannt. Auch ist oft von seinem ,,Schreckensglanz" die Rede. Als Gott der Glutsonne erscheint Nergal unter dem Bilde des Löwen, wie Marduk unter dem Bilde des Stieres. In der Beschreibung der Göttertypen2 dürfte Nergal unter folgender Beschreibung gemeint sein:

,,Horn eines Stieres, ein Haarbüschel fällt auf seinen Rücken (?) herab; Menschenantlitz und letu eines .... Flügel .... seine Vorderfüße und einen Löwenleib, der auf vier Füßen [ruht].“

Das stimmt zu den Löwenkolossen, die an Torlaibungen aufgestellt wurden und die bei Sargon und Sanherib nir-(?)gallu heißen. Auch aus der sog. Dibarra-Legende, in der sich der Pestgott, d. i. Nergal, in einen Löwen verwandelt, sieht man, daß der Löwe Nergals Tier ist.

Ninib.

Ninib-Mars ist nach der Lehre von Babylon Mondplanet; ihm gehört der Nordpunkt der Ekliptik, wie S. 27f. gezeigt wurde. Da er im höchsten Bereich der Ekliptik steht, so ist er nach seinem solaren Charakter der eigentliche Vertreter der Glut- und Sommersonne; nach seinem Mondcharakter identisch mit Sin. Am Tierkreis ist sein Reich das Feuerreich, durch das man hindurch muß (Fegefeuer!), wenn man in den Himmel

1) Böllenrücher, Gebete an Nergal, Nr. 1.

2) CT IX, 121.

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