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von „Entlehnung“ neigt (richtiger: Wanderung der Lehre). Er sagt 502: ,,Wenn sich Gleichungen in einer zusammenhängenden, stufenreichen und sinnvollen Reihenfolge von Schöpfungsakten einstellen, wenn Einzelheiten, die einem kunstvollen, willkürlichen Gedankengang entspringen, zusammenstimmen, so liegt die Annahme der Entlehnung nahe." Aus der sehr instruktiven Einleitung Golthers kann man lernen, daß die germanische Mythologie jenseits Jakob Grimm, ihn selbst teilweise mit eingeschlossen, auf der richtigen Fährte war, ehe das altorientalische Material vorlag. Mit noch viel größerer Vorsicht ist die Behauptung biblischer Beeinflussung aufzunehmen. Nur für Einzelzüge könnte das gelten. Nach Meyer 434 ff. ist die gesamte Kosmogonie eine Umdichtung der biblischen Schöpfungsgeschichte. Auch in der fränkisch-germanischen Mythologie finden wir die altorientalische Lehre. Wir haben das S. 79f. für die Göttertrias gezeigt, bei der Caesar und Tacitus nicht in Widerspruch stehen, und werden weitere Nachweise bei der Menschenschöpfung, beim Weltbaum bringen (s. das Register).

Das Wessobrunner Gebet (8. oder 9. Jahrh. n. Chr.) beginnt im Tone der Sibylle mit dem Fragment einer Kosmogonie:

,,Dies erfuhr ich als höchstes Wissen von den Lebenden. Als weder die Erde, noch der Himmel darüber, als weder Baum noch Berg war, die Sonne nicht schien, der Mond nicht leuchtete, als der vielberühmte See, als nichts der Enden und Grenzen vorhanden war, da war schon der eine allmächtige Gott, der Männer wildester, da waren mit ihm schon die Menge der göttlichen Geister."

Man wird nach dem hier beigebrachten Material, das eine durch die Welt gewanderte Lehre von der Weltentstehung bezeugt, kaum mehr geneigt sein, Wackernagel zuzustimmen, der das Gebet für den Anfang einer Übersetzung von 1 Mos 1 hielt, wenn es auch sicher im Sinne des Glaubens an den einen allmächtigen Gott und durch Vergleichung mit der biblischen Geschichte christianisiert ist. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß mittelalterliche Ausmalungen der Schöpfungsgeschichte, die wiederum vom Orient beeinflußt sein können, Stoff geliefert haben. Lucas 1. c. stellt das Gebet jedenfalls mit Recht mit den Kosmogonien der Edda zusammen, und Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde S. 68 wird mit seiner Vermutung recht haben, nach der das Gedicht in seiner verloren gegangenen Fortsetzung auch den Weltuntergang geschildert haben dürfte.

1) Zu den Quellen und zur Übersetzung s. Golther, Handb. der germ. Myth. 517. Es ist das also die nachsintflutliche Welt. Daß die Sintflut parallel ist zum Urchaos und aus ihr eine neue Welt entsteht, entspricht der Lehre. Näheres darüber im Kapitel Sintflut. In der oben nach Völuspa geschilderten Weltschöpfung sind die Äonen vermischt.

Viertes Kapitel.

Der biblische Schöpfungsbericht.

I Mos 1-2, 3.

Die aus der sog. Priesterschrift stammende Schöpfungsgeschichte des Himmels und der Erde umfaßt die folgenden Stücke:

1. Im Urzustand ist die Welt Tehom (Tohu und Bohu), d. i. das Urwasser.

2. Über Tehom war Finsternis, über majim ,,brütet" der Geist Gottes.

3. Die Schöpfung geht aus dem Urwasser hervor durch das Wort Gottes.

4. Die Schöpfung vollzieht sich nun nicht als Resultat dieses ,,Brütens", sondern in sieben bez. acht durch das Wort Gottes hervorgerufenen Schöpferakten, die sich auf sechs Tagewerke verteilen. Siebenmal sagt Gott dabei, daß es gut war, dreimal heißt es:,,er segnete":

a) Es wird Licht.

b) Es wird eine Raki'a geschaffen, die ,,das Urwasser" (Tehom) in,,obere Wasser" und ,,untere Wasser" scheidet;

c) aus dem unteren Wasser" tritt das Festland hervor und wird mit Gras, Pflanzen und Bäumen bekleidet;

d) an der Raki'a des Himmels werden Sonne, Mond und Sterne angebracht, die als Merkzeichen dienen und nach denen Zeiträume und Tage und Jahre bestimmt werden sollen.

e) Wasser und Luft werden mit Tieren belebt.

f) Das Festland wird mit Haustieren, Gewürm und wilden. Tieren bevölkert.

g) Die Menschen werden geschaffen nach Gottes Bild als Mann und Weib.

5. Gott ruht am siebenten Tage und heiligt den siebenten Tag.

Der Verfasser von 1 Mos I ist ein religiöser Reformator. Er kennt das altorientalische Weltbild.

1) Über die Veranlassung zu den Urgeschichten und über das Verhältnis von Mythologie und Geschichte s. bereits S. 74.

Denn dieses Weltbild entspricht der Wissenschaft der damaligen Zeit in demselben Sinne, in dem unsre heutige Wissenschaft von Tertiärzeit, Diluvialzeit etc. redet, nur daß jene Wissenschaft einheitlicher und stabiler war als die unsrige, und daß sie mit ihren kosmischen Spekulationen einen weiteren Horizont hatte, als die heutige rein tellurische Weltbetrachtung. Aber der biblische Erzähler bekümmert sich um die Spekulationen nicht näher, ja er miẞachtet sie und polemisiert wohl gelegentlich im stillen gegen die mythologische Gestaltung der Lehre, obwohl er als ein Kind seiner Zeit sie selbst nicht ganz vermeiden kann. Ihm kommt es auf Darstellung religiöser Gedanken an, und er erfüllt alte Formen mit neuem Inhalt1.

Für die einzelnen Punkte ist folgendes Material zur Vergleichung heranzuziehen:

=

Zu 1. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, und die Erde war tohu wa bohu. Diese „Erde", von der 1 Mos I, 2 spricht, kann nicht unsre „Erde“ sein, wie die spätere Entfaltung des Begriffes zeigt. Aus der Erde Tohu und Bohu entsteht ja hernach das dreigeteilte irdische All: der Lufthimmel, die Erde, das Meer. Dann wird also auch in dem Worte,,die Himmel" (im Anfang schuf Gott Himmel und Erde) das dreigeteilte himmlische All sich verbergen, wenn auch später die Trennung nicht aufrechterhalten wird. Es fehlen dem Erzähler die Worte, ebenso wie z. B. den Griechen, die Uranos und Gäa sagen, und damit die gesamte obere und die untere Welt bezeichnen. Die orientalischen Kosmogonien haben dafür künstliche mythologische Personifikationen, die die vereinfachte Darstellung nicht wiedergeben kann.

Das irdische All ist also chaotische Urflut. Die Lehre vom chaotischen Urwasser fanden wir in sämtlichen altorientalischen Kosmogonien. Aus dem Urmeer steigen die Welten empor, s. S. 6.

S.

1) Wir schicken diesen Grundgedanken, den ATAO in einem späteren Kapitel (S. 77 ff.) ausgeführt hatte, zum Verständnis voraus. jetzt auch Winckler F III, 386 f., der sich in gleichem Sinne ausspricht. Die Erzähler der Urgeschichten knüpfen an die Wissenschaft ihrer Zeit an, wie wenn etwa ein moderner Theologe, von der Darwinischen Weltentwickelung überzeugt, die Deszendenztheorie zur Grundlage eines Predigt-Vortrags über Weltschöpfung machen würde. Eine lyrisch-religiöse Weltbetrachtung, die sich wiederum an 1 Mos 1 anschließt, liegt bekanntlich Ps 104 vor.

Das Wort Tehom, der Name für die Urflut (ohne Artikel, also personifiziert gedacht), entspricht einerseits dem babylonischen Worte tâmtu,,Meer", das in dem S. 129 ff. besprochenen babylonischen Schöpfungsberichte die Urflut bezeichnet, die (vgl. 2 Pt 3, 5) die spätere himmlische und irdische Welt umfaßt; andrerseits dem mythologischen Begriff Tiâmat, dem drachenartigen Ungeheuer, dessen Besiegung durch den Lichtgott Marduk im babylonischen Epos Enuma eliš der Welt-Neuschöpfung vorausgeht. In dem Worte steckt ein Rest der Mythologisierung der Lehre, die dem Verfasser wohl bekannt ist, die er aber vermeiden will. Noch deutlicher zeigt sich die Mythologie in der Bezeichnung Tohu und Bohu. Wie Tohu Ti(h)âmat entspricht, so klingt Bohu an Behemot (behemat), an, den Namen eines andren Chaosungeheuers. Beim Kampfe Marduks stellen. zwei Ungeheuer das Chaos dar, Kingu und Tiâmat, s. S. 133. Ihnen entsprechen am Globus die Drachen am Nordhimmel und Südhimmel der Sternkarte 1.

Tohu und Bohu gehören der Urwelt an. Die phönizische Báu, die nach Philo die Mutter der Urmenschen ist, und die babylonische Muttergöttin Báu 2,,entsprechen“ Bohu, sie gehören aber dem gegenwärtigen Weltäon an.

Zu 2. In dem Bilde,,der Geist Gottes brütet" verbirgt sich ebenfalls ein Stück altorientalischer Lehre in mythologischer Gestalt. Der weltschaffende ,,Geist Gottes" ist im höheren Sinne das, was in der babylonischen Lehre Mummu (nach Damascius Movus,,,die intelligible Welt" ist, s. S. 6f. 83. Es ist die Sophia, die nach Spr 8, 22 ff. (S. 173) in der Urflut wohnt und die bei der Weltschöpfung wirksam ist. Das Brüten ist der formale Rest einer mythologischen Aussage. Nach einem ägyptischen Mythus (s. Brugsch, Religion 161) soll der Bildner Chnum auf der Töpferscheibe das Ei3 modellieren, welches das Licht in sich trägt.

1) S. Lepsius, Reich Christi 1903, 227 der für Bohu = behemot, ägypt. p-ehe-mau auf den ägyptischen Himmelsglobus weist, der an Stelle des nördlichen Drachens unsers Globus das Nilpferd zeigt. Daß der Verfasser von 1 Mos die Chaosungeheuer kennt, zeigt die Erwähnung der Tanninim bei den Wassertieren, s. unten S. 166.

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2) Wenn Hommels Gleichung der Göttin Gur Bau (Semiten 364 und 379) sich doch bewährt, so ist II R 54, Nr. 3, 18 von Bedeutung, wo ilu Gur = Am-utu-an-ki,,Mutter, die Himmel und Erde geboren“

(s. Stucken, Astralmythen S. 71) sich findet.

3) Vgl. S. 167. Zum Weltei der phönizischen Kosmogonie s. oben S. 142. Zum indischen und chinesischen Weltei etc. S. 153, zum indischen Jeremias, A. Test. 2. Aufl.

II

Zu 3. In einer mythologischen Darstellung würde die entstehende Welt als Resultat des ,,Brütens des Geistes" dargestellt sein. Aber der religiöse Gedanke durchbricht die Form. Die Welt entsteht durch das Wort des unabhängig von der Welt und erhaben über der Welt waltenden Gottes. Hier ist nichts von Theogonie zu finden. Die Sicherheit, mit der hier,,Gott" gesagt wird, hebt die biblische Schöpfungslehre hoch empor über jede orientalische Kosmogonie.

Daß auch im Babylonischen der Gedanke eines Schöpferwerkes durch das Wort der Gottheit auftauchen konnte, mag andererseits als Beweis für das hohe geistige Niveau der babylonischen Religion gelten. Als Marduk in der Götterversammlung zum Rächer an Tiâmat und zum Himmelsherrn bestimmt ist, dem,,die Königsherrschaft über das ganze All insgesamt zukommen soll", soll er durch ein Wunderzeichen seine Herrschaft inaugurieren:

,,Sie stellten in ihren Kreis ein „Gewand“, sprachen zu Marduk, ihrem Erstgebornen:

deine Schicksals(bestimmung), o Herr, stehe vor (der) der Götter! Vernichten und schaffen befiehl, so soll es werden!

Wenn dein Mund sich auftut, soll das Gewand vergehen! Befiehl ihm wieder, so soll das Gewand (wieder) unversehrt sein! Da befahl er mit seinem Munde, da war das Gewand vernichtet, er befahl ihm wieder, da war das Gewand (wieder) geschaffen. Wie die Götter, seine Väter, sahen, was aus seinem Munde ausging, freuten sie sich, huldigten: Marduk ist König!“

Die Sache klingt kindisch, aber es liegt ihr ein tieferer Sinn zugrunde. Die Stelle gehört zu denen, in welchen der Rezitator Dinge, die den Hörern bekannt sind oder die umgekehrt vielleicht als Mysterium gelten, nur andeutet. Das ,,Gewand“ kann nicht ein einfaches Kleid sein. Dazu paßt das folgende,,unversehrt sein" nicht. Es wird sich um ein kosmisches Kleid handeln, das der Schicksalsbestimmung dient. Marduks Kleid Abb. 20 zeigt kosmische Figuren, die jedenfalls die Herrschaft über die Weltgeschicke darstellen. Wir werden bei Besprechung des biblischen Ephod und des hohenpriesterlichen Kleides mit seinen kosmischen Verzierungen (s. zu 2 Mos 28, 31 ff.) die gleiche Vorstellung finden. Die Krönungsmäntel, die sich einige der deutschen mittelalterlichen Kaiser,,mit Darstellungen aus der Apokalypse" in Byzanz anfertigen ließen, werden ebenfalls die Weltherrschaft bedeutet haben.

speziell die höchst interessanten Bilder aus Niklas Müller, Glauben, Wissen und Kunst der Hindu, Mainz 1822.

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