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die Amarna-Briefe bezeugen. Es ist gar nicht zu bezweifeln, daß sich damals die Hettiter auch in Palästina als Eroberer Besitzrechte geltend gemacht haben. Man sollte hier nicht einen künstlichen „Archaismus“ annehmen, sondern anerkennen, daß die zugrundeliegende Quellenschrift historisch gut unterrichtet war 2.

Wer sind die Habiri-Leute? Von Anfang an haben die Entzifferer der Briefe von Tell Amarna darauf hingewiesen, daß sich der Name lautlich mit dem der Hebräer deckt. Die Namen sind sicher identisch. Eine ganz andere Frage ist, in welchem Verhältnis die Habiri der Amarna-Briefe zu den biblischen,, Hebräern“ stehen. Sie bezeichnen hier die nichtansässige Bevölkerung, die den Stadtbewohnern gefährlich schien. In demselben Sinne heißt Abraham in Kanaan 1 Mos 14, 13,,Hebräer", womit man in der Abimelech-Geschichte das Verhältnis zu den Stadtbewohnern vergleiche, und Joseph heißt in Ägypten ,,Hebräer“ 3.

Die Sprache Kanaans“ in den Amarna-Briefen ist, wie gesagt, die babylonische als offizielle Amtssprache. Aber es ist nicht die eigentliche Landessprache. Als Landessprache findet man vielmehr eine lingua franca, babylonisch mit einheimischem Sprachgut vermischt. Aus Glossen, die hier und da dem babylonischen Texte zugefügt werden, kann man sich eine Vorstellung von der Beschaffenheit dieser Landessprache machen. Sie zeigt sich, wie zu erwarten ist, als so gut wie identisch mit dem Dialekt, den Jesaias 19, 18 die „,Sprache Kanaans" nennt und den wir hebräisch nennen 1.

1) So Holzinger in Martis Handkommentar z. St. mit Stade, Geschichte Israels I S. 143 Anm. 1, weil die Hettiter zur Zeit der biblischen Kodifizierung des sog. Priesterkodex verschollen gewesen seien.“

2) Der Verfasser von Ri 1, 10 nennt Kanaaniter als Besitzer Hebrons. Das ist kein Widerspruch, sondern es entspricht eben späteren Verhältnissen. Die Erzählung von der hettitischen Höhle Makpela (nach Sept. eine Doppelhöhle, von deren Durchforschung, die bisher verhindert wurde, wir viel erwarten dürfen; vgl. Gautier, Souvenirs de terre sainte 1898), hat übrigens der Priesterkodex allein. Der Priesterkodex verrät auch sonst alte Weisheit und alte Erinnerungen. Es mag bis zu einem gewissen Grade wahr sein, daß sein Abraham als eine Idealgestalt ohne Fleisch und Blut erscheint, der Abraham seiner uns verloren gegangenen Quellenvorlage wird schon Fleisch und Blut gehabt haben.

3) I Mos 40, 15; 41, 12, s. S. 387. Zu den Habiri in den AmarnaBriefen vgl. Winckler F. III, 90 ff. Zu den mit Habiri identischen SA-GAŠ Räuber" Gad (vgl. das Wortspiel 1 Mos 49, 19 iš gedûdîm, Ho ú, 9 ins Babylonische übertragen?) Erbt, Hebräer 41 f. *) Das Nähere s. bei Zimmern KAT3 651 ff.

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In neuster Zeit hat der Boden Kanaans selbst Zeugnisse aus vorisraelitischer Zeit zutage gefördert 1.

Bei einer Ausgrabung des englischen Palästinavereins in Tell Hesy 2, an der Ruinenstätte der Stadt Lakiš (s. zu 2 Kg 18, 14. 17), fand 1891 der Amerikaner Bliß eine Keilschrifttafel, die den Amarna-Tafeln gleicht und von einem Fürsten von Lakiš, namens Zimrida, spricht, der bereits aus den AmarnaTafeln bekannt war.

Der Briefschreiber berichtet an den „Großen“, d. i. an den ägyptischen Machthaber und Kornkammerverwalter Janhamu, dessen Stellung merkwürdig an die Josefs in Ägypten erinnert (S. 390ff.), daß ein gewisser Šipti-Addi den Zimrida von Lakis zum Abfall gebracht und in gleichem Sinne an ihn geschrieben; s. zuletzt KAT, 202 f.

Im Südwesten Palästinas entdeckten 1899 und 1900 Bliß und Macalister in vier Trümmerhügeln (Tell es Safi Gath?, Tell Zakarrijja Azekah?, Tell Sandahannah Mareschah,

Tell el Judeideh) Reste alter Burgen und Städte teilweise aus alter kanaanäischer Zeit 3. Und seit 1902 gräbt Macalister im Auftrage des englischen Palästinavereins auf dem Tell Abuschuscha, drei Stunden östlich von Jaffa, an der Stelle des biblischen Gezer, das Salomo vom Pharao als Mitgift erhielt 1 Kg 9, 16. Den wichtigsten Fund für unsre Frage bilden hier drei Siegel mit mythologischen Darstellungen, von denen die eine sicher babylonisch ist (Sternanbetung), und eine assyrische Stele in Tell es-Safi, je eine ägyptische StelenInschrift in Tell es-Safi und in Gezer, und ebenfalls in Gezer

1) Die teilweise Bloßlegung der davidisch-salomonischen Mauern durch die englische Grabung unter Warren (The recovery of Jerusalem 1871) und die Fortsetzung dieser Grabung durch den deutschen Palästinaverein unter H. Guthes Leitung (ZDPV V), ebenso die Fortsetzung der Arbeiten durch Bliß 1894-97 (Bliß and Dickie, Excavations at Jerusalem 1898), hauptsächlich die vorbyzantinische Mauer betreffend, übergehen wir hier.

2) Die Trümmer von sieben Städten wurden hier aufgeschichtet gefunden, vgl. Flinders Petrie, Tell el Hesy 1891; Bliß, A mound of many cities 1898. Abb. 117f. stammen aus Tell Hesy.

3) Bliß and Macalister, Excavations in Palestine, London 1902. *) Berichte in den Statements des Palestine Explor. Fund 1902 ff. Für den Fortgang vgl. künftig auch die Altertums - Berichte aus dem Kulturkreis des Mittelmeers, die OLZ seit Mai 1906 in jeder Nummer bringt. Zur folgenden Zusammenstellung vgl. Sellin, Der Ertrag der Ausgrabungen.

*) S. Bliß and Macalister, 1. c. 41 vgl. zu den Siegeln 153.
6) I. c. S. 43.

7) Pal. Explor. Fund 1903, S. 37

ägyptische Götterbilder (darunter Isis mit Kind), Vasen und Räucherschalen 1.

Besonders erfolgreich sind in den letzten Jahren die deutschen Arbeiten gewesen.

In dem nordpalästinensischen Ta'annek, an der Stelle des biblischen Taanah in der Ebene Jesreel unweit Megiddo, hat E. Sellin in den Jahren 1902 bis 1904 eine erfolgreiche Ausgrabung veranstaltet. Er legte dort eine Stadt bloß, die etwa 2000-600 v. Chr. existiert haben muß und an vier Stellen durch Burgen befestigt war. In einem der Bauwerke, aus unbehauenen, polygonalen, harten Kalksteinen gebaut, das vor allem auf Grund der stockwerkartigen Aufführung der Umfassungsmauern als altkanaanäisch erkannt wurde, fand Sellin eine Bibliothekskiste (vgl. Jer 32, 14) des Fürsten von Ta'annek, die leider nur noch zwei Tontafeln enthielt, Listen von Einwohnern enthaltend; in der Nähe fanden sich zwei Briefe und dann noch sechs Tontafeln, sämtlich in babylonischer Keilschrift geschrieben. Die eine der Listen zählt Familienväter auf, die einen, zwei oder drei Mann zu stellen haben. Der Zweck der andern ist fraglich. Da bei der Summierung einmal steht ,,20 Männer des Adad", ein andres Mal, wie es scheint, ,,20 Männer des Amon", SO ist an eine Priesterliste zu denken oder an eine Liste von Bürgern bez. Bauern, die von dem Tempel abhängig sind. Die beiden zuerst gefundenen Briefe lauten folgendermaßen 3:

Nr. 1.

An Ištarwašur: Guli-Addi. Lebe glücklich! Die Götter mögen begrüßen Dich, Dein Haus und Deine Söhne! Du hast mir betreffs des Geldes geschrieben, und siehe, ich will 50 Geldstücke geben, damit man es nicht tue. Warum hast Du von neuem Deinen Gruß hierher geschickt? Alles, was Du gehört hattest, habe ich von dort durch Belram erfahren. Wenn sich der Finger der Aširat zeigen wird, so möge man es sich einprägen und es befolgen! Und das Zeichen und die Sache berichte mir. Was Deine Tochter betrifft, so kennen wir diejenige, die in Rubute ist, Salmiša. Wenn sie groß geworden, dann gib sie zur Königsherrschaft: sie soll dem Herrn gehören!

1) Bli and Macalister, I. c. Pl. 24 ff., vgl. Bliß, A mound of many cities passim.

2) Sellin, Tell Ta'annek 1904; Nachlese auf dem Tell Ta'annek 1906; vgl. Sellin, Ertrag der Ausgrabungen im Orient, Leipzig 1905.

3) Die erste Übersetzung gab der Assyriologe Hrozný bei Sellin 1. c. 4) Rabbith Jos 19, 20?

Nr. 21.

An Ištarwašur: Ahi-Jawi. Der Herr der Götter möge dein Leben behüten, denn ein Bruder bist Du, und die Liebe ist am Orte Deiner Eingeweide und in Deinem Herzen. Als ich in Gurra im Hinterhalte lag, da hat mir ein Werkmeister zwei Messer, eine Lanze und zwei Keulen umsonst gegeben. Und wenn schadhaft geworden ist die Lanze, so wird er sie ausbessern und durch Buritpi schicken. Gibt es noch Weinen für Deine

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Städte, oder hast Du Dich wieder in den Besitz derselben gesetzt? Über meinem Haupte ist jemand, der da ist über die Städte. Jetzt siehe doch, ob er Dir Gutes erweisen will. Wenn er das Angesicht zeigt, so werden sie zuschanden werden, und der Sieg wird gewaltig sein. Es möge hineingehn Ilurabi in Rahab3 und entweder meinen Vogt zu Dir schicken oder ihn beschützen.

Abb. 112: Siegelzylinder
gefunden in Ta' annek.

Die Schrift und Sprache der Urkunden, die von verschiedenen Schreibern verfaßt sind, ist babylonisch und bezeugt, daß die Kanaanäer des 15. Jahrhunderts (denn um diese Zeit wird wird es sich wie bei den Amarna-Funden handeln) nicht nur im diplomatischen Verkehr mit Ägypten, sondern auch untereinander babylonisch redeten und schrieben. Das setzt aber eine durch Jahrhunderte vorhergegangene Beeinflussung durch babylonische Kultur und Geisteswelt voraus. Der angesichts der Amarna-Briefe geltend gemachte Einwand, die Stadttyrannen würden sich wohl nur aus Ehrgeiz Schreiber zugelegt haben, die die babylonische Sprache wohl oder übel verstanden und zu schreiben wußten, kann. nach der Auffindung dieser Privaturkunden von Ta'annek nicht mehr aufrechterhalten werden.

Auf religiösem Gebiete sind noch folAbb. 113: Ištar von Ta'annek. gende Ta'annek-Funde zu nennen:

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1) S. zu diesem Brief S. 323 f.
3) Rechob Ri 1, 31.

2) Gur 2 Kg 9, 27.

1. Ein Steinaltar bei einem Kinderfriedhof aus altkanaanäischer Zeit (Sellin, Tell Ta'annek S. 34). Es ist eine Stufe hineingehauen (vgl. dagegen das Verbot 2 Mos 20, 25 f.).

2. Zwei Säulen auf der Hauptstraße, die sich durch Schalenlöcher als Opfersäulen ausweisen.

3. Säulenreihen unter der Nordburg (zwei Reihen zu je fünf), Säulen an Hauseingängen, die wohl mit Öl oder Blut bestrichen wurden. 4. Ištar - Bilder, und

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zwar 19 in bestimmtem sonst nicht nachweisbaren Typus (s. Abb. 113)', vier in abweichendem Typus. Näheres S. 321.

5. Ein Siegelzylinder trägt in altbabylonischer Keilschrift im Charakter der HammurabiZeit die Inschrift:,,Atanahili, Sohn des Habsi, Knecht des Gottes Nergal" und daneben ägyptische Hieroglyphen, die einen Segenswunsch ausdrücken (s. Abb. 112). Das entspricht ganz der Erwartung: Babylonien und Ägypten beherrschten geistig gemeinsam das alte Kanaan.

6. Ein Räucheraltar aus Ton, der als Altarhorn ein Widderhorn (nicht Stierhorn) hat. Er zeigt auf jeder Seite drei

Abb. 114: Lebensbaum mit Steinböcken am Räucheraltar von Ta'annek.

Gestalten mit bartlosem Gesicht, Tierleib und Flügeln, die gleichsam auf den vor dem Altar Stehenden zuschreiten. Zwischen ihnen liegen Löwen (im ganzen vier), deren Vordertatzen auf den Kopf des nächsten Mischwesens treten. Auf der linken Seite ist in die Körper hinein das Bild eines Knaben geschoben, der eine Schlange würgt, die sich mit offenem Rachen vor ihm aufgerichtet hat. Ein Reliefbild auf der Vorderwand zeigt den Lebensbaum mit zwei Steinböcken. Nach Sellin mag der Altar, dessen Maße zum Teil mit den 2 Mos 30, 2 vorgeschriebenen stimmen, und dessen Form sich nach oben eigenartig verjüngt, aus der klassisch-israelitischen Zeit, etwa aus dem 8. Jahrhundert, stammen, aber sein künstlerisches Vorbild ist gewiß älter und wird von dem Auslande stammen, gleich dem Altar 2 Kg 16, 11, den Ahas nach damaszenischem Muster bauen ließ. Der Altar ist tragbar gewesen und

1) Diese und die folgenden Abbildungen nach Sellin, Tell Ta'annek.

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