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Der Verlauf der Vätergeschichte

und das Schema der Zwölfstämme.

Der Verlauf der Vätergeschichte gibt sich als Geschichte einer Familie, von der die 12 Stämme herkommen, die dann „Kinder Israels" heißen. Die Überlieferung will damit nachweisen, daß das Volk Israel in seiner Geschichte eine ununterbrochene Entwickelung darstellt. Die Geschichtsschreiber fanden in den Überlieferungen gewisser Orte feste Anhaltepunkte für die Zusammenhänge der Urgeschichte. Später ist die Herkunft von einem Stammvater religiöses Dogma geworden: ,,Ich rief ihn, als er noch einer war" Jes 51, 2, aber ein verhängnisvolles Dogma, das zum Partikularismus führte, und dem die Predigt des Täufers und die Predigt Jesu energisch entgegentrat1.

Die Familiengeschichte ist gewiß auch in ihrer Fortsetzung nicht freie Erfindung. Die Überlieferung mag Isaak und JakobIsrael mit gutem Recht für die markantesten Wanderscheichs der Urzeit angesehen haben, die als legitime Nachfolger Abrahams gelten konnten. Aber diese Familiengeschichte ist schematisch zur Grundlage der Urgeschichte Israels gemacht worden und zwar so, daß sie die für die Väterzeit feststehenden 215 Jahre ausfüllt. Auch Jakob war gewiß eine historische Persönlichkeit, ein religiöser Führer der Vorzeit 3. Schaddai, der Starke (eig. Stier) Jakobs hat einen Hirten zum Grundstein Israels gemacht" (1 Mos 49, 23 f.). Er wird auch ungefähr 5

1) Schon Jes 51, 1,,Abraham der Brunnen, aus dem ihr gehauen seid", hebt die religiöse Seite hervor, ebenso Ez 16, 13 vgl. 33, 24. Auch Jes 63, 16 ist so zu verstehen. Von einem ,,Kultus Abrahams“ ist weder hier (Duhm zu Jer 31, 15) noch sonst etwas zu spüren.

2) Klostermann S. 18.

3) Schwieriger liegt es bei Isaak. Sein Leben ist hie und da mit Schattenbildern der Abrahamsgeschichte ausgefüllt. 1 Mos 26, 1 ff. = 12, 1off. vgl. 20, 2 ff.; 26, 5 ff. vgl. 21, 25; 26, 26 ff. = 21, 22 ff.

*) So lesen wir mit Klostermann S. 19: □ (,,dadurch, daß er setzte“). 3) Die Zahl 12 stimmt nicht; sie ist dem Schema zulicbe zurechtgemacht, die Spaltung Josephs in Ephraim und Manasse ist ein deutliches Zeugnis dafür. Es scheint eine Überlieferung gegeben zu haben, nach der Jakob 3 Kinder hatte (Simeon und Levi, die Dina, ihre geschändete Schwester, rächen). An sich könnte auch die 12 geschichtlich sein. Die Geschichte baut Schemata: Kaiser Wilhelm hat 6 Söhne und 1 Tochter; die 7 Planeten mit Venus. Interessant ist auch die spätere Spintisierung, nach der Jakob 70 Söhne hatte. Midr. Schem. Rabba zu 2 Mos 1, 7 sagt: ,,Sie wimmelten. Manche sagen, es seien 12 auf einmal in die Welt gekommen, manche sagen, jede Frau gebar 60 auf einmal. Man sollte sich darüber nicht wundern, der Skorpion gebiert 70."

zwölf Söhne gehabt haben, deren Geschicke einen großen Teil der Gemeinschaft nach Ägypten brachten, mit dessen arabischen Nachbargebieten man ja längst in, lebhaftem Verkehre stand. Einzelne Berichte und Geschlechtsregister der späteren Zeit haben den Zweck, gewissen Stämmen oder sozialen Korporationen1 den Zusammenhang mit den Geschlechtern der Urzeit (1 Mos 30; 35, 25 ff.; I Mos 46, 8-27), die den Auszug erlebten, oder speziell mit Dina 2, oder mit der Familie des Nahor (1 Mos 35, 23 ff.) nachzuweisen. Jedem der ,,12 Stämme“, die übrigens eigentlich nie wirklich beisammen gewesen sind, wurde einer der ,,Stammväter" als Urvater beigegeben3. Die Traditionen einzelner Clane sind mit der Familiengeschichte der Söhne Jakobs verwoben worden.

Die Zahlen des Schemas sind die des astralen Systems: 12 und 70 bezw. 72, je nach Mond- oder Sonnensystem. Die Tabelle 46, 8-27 ist nach beiden Zahlen konstruiert. Wie man 12 Stämme Israels zählt, so gibt es nach 25, 13 ff. 12 Ismael - Stämme und 1 Mos 25, 2 ff. nach dem ursprünglichen Texte 12 Söhne des Abraham und der Ketura. Daß der 12-Zahl die Vorstellung des Tierkreises zugrunde liegt, ist für den Alten Orient selbstverständlich. Zum Überfluß beweist es der Jakobssegen, der auf die Tierkreisbilder anspielt, s. S. 395 ff. Abulfaradsch, Hist. Dyn. 10 sagt, die Araber leiteten sich von 12 Stämmen ab, und jeder der 12 Stämme stand unter einem Tierkreiszeichen3.

Es ergibt sich nach den Spuren der biblischen Überlieferung folgender geschichtlicher Verlauf. Der Kern der um Abraham sich gruppierenden religiösen Gemeinschaft hatte sich in Süd-Kanaan niedergelassen, im Negeb, in der Nähe des peträischen Arabien, und ist von hier aus wiederholt mit den unter ägyptischen Unterkönigen (Pharaonen) stehenden Land

1) Klostermann S. 30.

2) I Mos 46, 15 s. Klostermann S. 30.

3) Die Abzweigungen der Moabiter und Ammoniter, die sich im Ostjordanlande und in der Gegend des toten Meeres niederlassen, ebenso die der Edomiter und arabischen Stämme, die durch Beschneidung und andere religiöse Kultelemente den Sippen Abrahams auch später nahestehen, beruhen wie die Geschlechtsregister auf „gelehrter Forschung", nicht auf Überlieferung.

4) Klostermann. 1 Mos 10 urspr. wohl auch 12 Söhne Joktans (Hommel, Aufs. u. Abh. 316, Anm. 6).

5) Jalkut Rubeni 171d sagt, die 12 Stämme entsprechen den 12 Tempeln (d. h. die Häuser S. 11) des Tierkreises. Zum System der 12 und 70 hat Steinschneider ZDMG 4 (1880), 145 ff.; 27 (1903), 474 ff. zahlreiche Beispiele beigebracht, die beliebig vermehrt werden können; vgl. auch Krauß ZATW 20, 38 ff.; Kampers, Alex. der Große S. 107 und f., oben S. 60 ff.

schaften in Verbindung getreten. Die südlichen Sitze sind der spätern Zeit religiös gekennzeichnet durch die (ursprünglich 7) Brunnen Isaaks und durch die von Jakob geweihten Heiligtümer Mispa Gilead, Pniel und Mahanaim. Dann wird sich die unter der religiösen Idee gesammelte Gemeinschaft weiter verbreitet haben. Ein großer Teil ist in Hungerzeiten nach den ägyptischen Grenzgebieten verschlagen worden1. Auch hier hat eine markante Persönlichkeit, die des Josef, der Tradition Anknüpfung geboten. Dann hat die religiöse Gemeinschaft neue und mächtige Impulse durch Moses empfangen. Sie ist erobernd vorgegangen, hat die versprengten Teile der alten. Gemeinschaft gesammelt. Am Sinai schloß sich die durch Jethro charakterisierte Gemeinschaft an, die den alten Kultort besaß, aus den Grenzgegenden des Negeb kamen Clane hinzu, die sich auf ihre religiöse Zugehörigkeit besannen, an die jene alten Kultstätten und ,,hebräische" Wanderzüge aus Ägypten wie 1 Mos 50 fortgehend erinnert hatten 2.

Wir haben gezeigt, daß das Milieu der Vätergeschichten in allen Einzelheiten zu den altorientalischen Kulturverhältnissen stimmt, die uns die Denkmäler für die in Betracht kommende Zeit bezeugen. Die Existenz Abrahams ist damit nicht geschichtlich erwiesen. Man könnte einwenden: sie ist in das Gemälde hineingezeichnet. Jedenfalls aber muß man zugeben, daß die Überlieferung alt ist. Sie kann unmöglich Tendenzdichtung einer späteren Zeit sein. Wir können angesichts der geschilderten Zustände sagen: die Geschichte könnte eher ein geistvoller Mann des 20. nachchristlichen Jahrhunderts, der die orientalischen Altertümer auf Grund der Ausgrabungen kennt, erdichtet haben, als etwa ein Zeitgenosse des Hiskia, der die Kulturverhältnisse seiner Zeit zur Schilderung benutzt haben und gewiß keine Antiquitäten ausgegraben haben würde. Wellhausen ist von der Ansicht ausgegangen, daß die Vätergeschichten historisch unmöglich sind. Jetzt zeigt sich, daß sie möglich sind. Wenn Abraham

1) Ähnliche Vorgänge setzen die Amarna - Briefe wiederholt voraus, s. S. 391 f. u. 393.

2) 2 Mos 21, I und 1 Sa 14, 21 reden von „Hebräern“, die auch nach der Eroberung des Landes politisch nicht mit den Kindern Israel in Zusammenhang stehen, mit denen sich jedoch die Israeliten verwandt fühlen. Wir dürfen in ihnen vielleicht Nachkommen der religiösen Gemeinschaft der Väterzeit erkennen.

gelebt hat, so kann er nur in einer Umgebung und unter Voraussetzungen gelebt haben, wie sie die Bibel schildert. Das muß der Geschichtsforschung genügen. Und man darf Wellhausen an sein eignes Wort erinnern (Komposition des Hexateuch 346):,,Wenn sie (die israelitische Tradition) auch nur möglich ist, so wäre es Torheit, ihr eine andre Möglichkeit vorzuziehen."

Sechzehntes Kapitel.

Weitere Glossen zu den Vätergeschichten.

I Mos 19, 37. Die Moabiter. Der Stamm der Moabiter, der allmählich durch Angliederung verwandter Elemente zum Volke sich entwickelt hat, ist gleich den Stämmen der Israeliten erobernd im Ostjordanlande cingezogen. Nach der biblischen Überlieferung saßen die Moabiter bereits im Lande, als die Israeliten ansässig wurden, und es bestanden freundliche Beziehungen zwischen Moab und Israel (5 Mos 2, 18ff.). Dagegen spricht, daß daß sie in den bekannten vorisraelitischkanaanäischen Urkunden nicht erwähnt werden, auch spricht die Lage ihrer Wohnsitze nächst der Wüste dafür, daß sie erst eingezogen sind, als Israel bereits feste Wohnsitze innehatte '.

uns

1 Mos 19, 38. Die Ammoniter, keilinschriftlich Ammânu2, sind Grenzvolk der Israeliten, nur zum Teil in der Steppe als Nomaden lebend, im übrigen der Bibel seit den ältesten Zeiten

') H. Winckler, Gesch. Isr. I, 189 ff. nimmt deshalb an, daß in Ri 3, 15 ff. eine Erinnerung an die erste Machtentfaltung der Moabiter vorliegt, und daß die Moabiter in den Bileamgeschichten (vgl. 4 Mos 22, 4, wo,,Vornehmster der Midianiter" steht!) auf einer Verwechslung mit den später verdrängten Midianitern beruhen. Weiter über die Geschichte der Moabiter s. zu 2 Kg 3.

2) Die Keilinschriften nennen unter Salmanassar II. Baesa ben Rehob, den Ammoniter (mat A-ma-na-ai) mit 1000 Leuten neben Ahab von Israel (mit 10000 Leuten) unter den Vasallen von Damaskus, die bei Karkar geschlagen wurden (KT 16). Unter Sanherib huldigt 701 Pudu-ilu von Ammon (bît Am-ma-na-ai) und Asarhaddon nennt denselben Puduilu als Zeitgenossen des Manasse unter den Vasallen, die mit Korb und Tragbrett Frondienste leisten müssen beim Bau des Zeughauses in Niniveh (KT 44. 52). Zum Frohndienst vgl. S. 400 f. und Abb. 127 f.

Ihre

als ein unter Königen stehender Kulturstaat bekannt. Hauptstadt Rabba liegt unter den Trümmern des heutigen 'Ammân, dessen zutage liegende prachtvolle Ruinen zumeist aber aus römischer Zeit stammen 2.

Saul verdankte seinen Ruhm dem Kampfe gegen die Ammoniter (1 Sa 11 vgl. 14, 47). Er entsetzte die vom König Nahas belagerte gileaditische Stadt Jabes. Unter der Beute befand sich die Krone des Königs (2 Sa 12, 30, Luther hat die richtige Übersetzung) und ließ sich ein Diadem daraus fertigen. Noch unter Salomo, zu dessen Zeit die kultischen Stücke (,, Scheusal der Moabiter" wie das Kamoš-Bild von Moab, s. zu 2 Kg 3) zu Götzendienst gemißbraucht wurden, waren die Ammoniter tributpflichtig; er hatte ammonitische Weiber, unter ihnen Rehabeams Mutter, in seinem Harem. Nach 2 Chr 20, I unterstützten später die Ammoniter den König Mesa gegen Israel-Juda und fielen in Juda ein. Die Nachricht beruht nicht auf Erfindung, ist nicht als,,Midrasch“ zu beurteilen, entspricht vielmehr duschaus der zu 2 Kg 3 zu schildernden Situation; nur erscheint hier der Zug Josaphaths als ein selbständiger, während er unter Jorams Gefolgschaft zu denken ist. Am 1, 13 ff. zeigt, daß später die Ammoniter schlimme Feinde Israels geblieben sind.

Wie der Baal von Ammon hieß, wissen wir nicht. Der Name Pudu-ilu enthält den Gottesnamen Ilu El. Der Name Milkom ist vielleicht frühes Mißverständnis von 2 Sa 12, 30. Erbt, Hebräer 235 erklärt das Scheusal (2 Kg 23, 13 tô'ebâ) der Ammoniter ,,Milkom" als malkâmilkâ (Ašera als Himmelskönigin). Hommel, Aufs. und Abh. 155 vergleicht mit dem Namen benê Ammôn die Bezeichnung der Katabanen als walad 'Amm, d. i. ‘Amm-Kinder und erklärt ihn als 'Amm-Verehrer. 'Amm bedeutet „Oheim“ und erscheint in babylonischen Namen ebenso wie Ab „Vater“, Aḥ „Bruder“ als Bezeichnung der Gottheit, und zwar ist 'Amm (ammu, hammu z. B. in Hammu-rabi) nicht einheimisch babylonisch, sondern,,westsemitisches“ Fremdwort (s. KAT3 480). Nach Hommel, Grundriß S. 85 soll ‘Amm den Mondgott bezeichnen, vgl. den Namen 'Amm-nêr,,Amm ist Leuchte“, 1. c. S. 93. Aber die von Hommel für den Mondkult reklamierten arabischen Götternamen dürften ebenso wie Ah zunächst vielmehr Tammuz - Charakter (Kreislauf mit Betonung der Mond-Motive) haben. Ob die Tammuz-Erscheinung Sonnen- oder Mondcharakter hat, kommt auf die jeweilige Ausprägung des Kultus an, s. S. 79. 114. Daher die Zwiespältigkeit ihres Wesens. Das Epitheton der Katabanen als walad 'Amm könnte wie bei benê Ammon den Stammvater bezeichnen.

I Mos 20 (Sarah und Abimelech) s. S. 342. 1 Mos 21, 9 ff. (Hagar und Ismael) s. S. 355 ff. 1 Mos 21, 23 (El 'olam) s. S. 336.

Die Opferung Isaaks.

I Mos 22. Die Opferung hat nur die elohistische Quelle. Es ist auch das einzige, was aus ihr über Isaak aufgenommen.

1) Rabbat Ammon am oberen Jabbok, dem jetzigen Wadi 'Ammân, gelegen.

2) S. Guthe, Bibelwörterb. 533. Die „Mekkabahn“ führt jetzt an den Trümmern vorüber.

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