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,,Tafeln der Sünden", die in den Ritualtafeln zerbrochen und ins Wasser geworfen werden; s. hierzu mein BNT Kap. V: Buch des Lebens.

Alle diese Tafeln und Bücher, die uns später in den Sibyllinen wieder begegnen, sind die irdischen Entsprechungen des himmlischen astralen Schicksalsbuches.

IX. Die irdischen Abbilder der himmlischen Welt. Die babylonische Lehre ruht, wie aus den früheren Ausführungen hervorgeht, auf der Vorstellung von einer prästabilierten Harmonie: Himmelsbild gleich Weltenbild.

In Wirklichkeit ist natürlich das Irdische an den Himmel versetzt. Aber die Theorie denkt es sich umgekehrt: das Vorbild ist am Himmel; s. S. 50 und vgl. Himmelf. Jes 7, 10 (Hennecke, Neut. Apokr. 298):,,So wie droben, ist es auch auf der Erde, denn das Abbild dessen, was in dem Firmament ist, ist hier auf Erden." Darum schildert auch der babylonische Schöpfungsbericht zuerst die Erschaffung der kosmischen Heiligtümer und dann erst die der irdischen. Das chinesische Weltbild zeigt die gleiche Grundlage. Die Erde ist Abbild des Himmels. Besonders deutlich tritt es in der Geomantie hervor, die durch die Lehre des Tschu-fu-tse (12. Jahrh. n. Chr.) neu belebt wurde und bis heute wirksam ist, und deren Hauptgrundsatz lautet: Alles was auf Erden ist, hat im Himmel sein Vorbild1, vgl. v. Orelli, Rel. Gesch. 85f. Die ägyptische Vorstellung geht scheinbar vom Irdischen aus; die himmlische Welt ist Spiegelbild Ägyptens. Aber auch hier ist die Theorie die umgekehrte. Der Gegensatz der platonischen und aristotelischen Anschauung beruht schließlich auf dem gleichen Unterschied: nomina ante rem oder nomina in re? Die aristotelische Anschauung ist die richtigere, die platonische ist die idealistische.

1. Die Länder.

Im Adapa-Mythus gibt Ea dem Urmenschen,,einen weiten Sinn, zu offenbaren die Gestaltungen des Landes", und in der OannesSage lehrt Oannes den Menschen das Vermessen des Landes.

Wie in der Zeit der Kalender, so spiegelt im Raum die Geographie das Himmelsbild wieder. Jedes Land ist ein Mikrokosmos. Die Veränderungen der politischen (historischen) Geographie ändern an dem Grundsatze nichts, denn die natürliche Einteilung kommt immer wieder zu ihrem Recht. Gelegentlich wird auch die Lehre der Politik zu Hilfe gekommen sein und wird bei Eroberungen die gottgewollte Zusammengehörigkeit mit Hilfe des Himmelsbildes nachgewiesen haben 2.

1) Der Grundsatz taucht im 4. Jahrhundert v. Chr. auf; damals machten sich indische Einflüsse geltend. Beim Hausbau muß der grüne Drache und der weiße Tiger (Herbst- und Westpunkt, Frühlings- und Ostpunkt, s. de Groot, Rel. Syst. in China 982 ff.) richtig liegen und die fünf Elemente (S. 17, Anm. 1; 58, Anm. 2) müssen richtig verteilt sein.

2) Winckler KAT3 158, 176ff. F. III, 360 ff. Geschichte Israels II, 289 f.

Wenn die Bibel das Israel-Juda gehörige Land (,,vom nahal Miṣraim bis zum Paß von Hamath") als gelobtes Land" ansieht, so liegt auch hier nur eine religiöse Vertiefung des altorientalischen Grundsatzes vor: jede Eroberung, jede politische Zusammenfassung von Landesteilen, jede Reichsgründung ist gottgewollt, sie geschieht nach Grundsätzen, die in der himmlischen Welt vorgezeichnet sind. Die religiöse Vertiefung vollzieht sich auch hier auf Grund der einzigartigen religiösen Erfahrung: ,,der uns aus Ägyptenland geführt hat",,,in das Land, das er den Vätern versprochen hat." Eine religiöse Persönlichkeit wie Amos kann sich vorstellen, daß auch bei andern Volkswanderungen und Eroberungen die gleiche göttliche Hand im Spiele ist:,,Seid ihr mir nicht wie die Kuschiten? spricht Jahwe; habe ich nicht Israel aus Ägypten geführt, wie die Philister von Kaphtor und die Aramäer aus Kir?"

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Abb. 21: Templum (Weltmittelpunkt) aus Ilios. 2. oder 3. vorchristliches Jahrtausend 2.

Als Mikrokosmos hat jedes Land einen Weltberg (vgl. S. 53) als Sitz der Gottheit und des Paradieses, einen Weltmittelpunkt (Nabel), s. Abb. 21, einen heiligen Fluß, der dem himmlischen Flußlauf (Milchstraße?) entspricht, einen Eingang zur Unter

1) Spuren einer kosmischen Einteilung des Landes zeigen die hebräischen Bezeichnungen jamîn, kedem, 2 (Sam'al ist das Gebiet von Sendschirli im 'Amk, also der nördliche Teil des Westlandes Amurrû); Süden ist rechts, Norden links nach babylonischer Kibla. Namen wie Kirjat Arba, Kirjat Sepher, Beerseba, Gilgal haben kosmischen Sinn, s. BNT 63. Für das Verständnis der Vätergeschichten (Umdeutung der Örtlichkeiten bei J und E auf Nord- und Süd-Kanaan) ist die Erkenntnis von grundlegender Wichtigkeit, s. Winckler F. III, 264.

2) Vgl. hierzu Kap. III unter Etrusker.

3) Abana und Parphar bei Damaskus 2 Kg 5, 12, Choaspes in Persien, ,,aus dem nur die Könige trinken", Nil, Euphrat, Ganges, Achelous bei

Jeremias, A. Test. 2. Aufl.

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welt usw. Der Babylonier kennt einen himmlischen Euphrat und Tigris (wiederum vgl. Milchstraße), ein kosmisches Babylon ', Eridu, Nineveh. Und der gesamte Orient kennt diese Anschauung.

Für den Stadtbezirk von Sidon ist der Nachweis der Lokalisierung der Weltteile in einer Bauinschrift Bod-Astarts, des Enkels Ešmunazars, kürzlich in überraschender Weise geführt worden. Die Inschrift unterscheidet ein Meer-Sidon, Ebenen-Sidon, Unterwelts - Sidon. ClermontGanneau vermutete den mythologisch-kosmischen Sinn der Namen, ohne daß ihm die zugrunde liegende altorientalische Theorie bekannt war; s. v. Landau MVAG 1904, 321 ff. Auch die Flüsse Phöniziens haben mythologisch-kosmische Bedeutung, s. Winckler F. III, 25 f. Im Libanon heißen zwei Quellflüsse des Nahr-el-Kelb: Neba el-'Asal, Honigquell, Neba el-Leben, Milchquell, s. Baedeker, Palästina.

Auch bei Einteilung der Bevölkerung wird das himmlische System zugrunde gelegt. Daraus erklärt sich die Zwölfzahl der Stämme und die Siebzig (Var. 72, 73, s. S. 59) als Gesamtzahl der Staaten und Völker 2.

Die Anschauung von der Entsprechung zwischen Himmelsbild und Land ruht selbstverständlich auf der Idee, daß die gesamte Erde ein Abbild des Himmels ist. Die praktische Ausgestaltung dieser Lehre hängt natürlich von der größeren oder geringeren Kenntnis von der Ausdehnung der Erde ab. Die arabischen Geographen kennen die Einteilung der Erde in sieben Klimata nach den 7 Zonen der himmlischen Erde 3, die Einteilung des Erdballs in 12 ώρων κλίματα ist in Griechenland wie in Mexiko und Ostasien zu finden. Boll hat in seinen Texten, die er in seiner Sphaera behandelt, eine Einteilung des

den Griechen. Zum Gottessitz (Sinai-Horeb, Bethel-Gilgal-Mizpa, ZionMorija, der Idealberg Jes 2, Mi 4) vgl. Kap. V „Paradies“, zu 1 Mos 28; Ez 5,5 etc. 1) Der von Hommel Geogr. und Gesch. 323 ff. behandelte Text. Reisner, Hymnen S. 142, schildert das himmlische Babylon (H. Zimmern). 2) Zum Schema der Zwölfstämme s. später, zu den 12 Etruskerstaaten Kap. III u. Etrusker, zwölf Araberstämme zählt Abulfaradsch, Hist. Dynast. 101. Das Seleukidenreich wird als 72-teilig dargestellt. Ungarn hat im Mittelalter angeblich 73 Komitate, die mittelalterliche Kirche zählt 70 europäische Staaten mit je einem Schutzheiligen; vgl. BNT 93, Winckler, Ex or. lux II, 2, 44.

3) Hieran sieht man besonders deutlich, daß in der Lehre das Himmelsbild das Ursprüngliche ist und nicht etwa das Erdbild. Woher sollte man 7 Zonen der Erde kennen?

*) S. Ideler, Zeitrechnung der Chinesen 1839, 5 ff.

Globus in 12 Zonen gefunden (Dodekaoros), die dem ostasiatischen Tierzyklus von 12jährigen Perioden entsprechen, von denen je eine nach einem Tiere benannt ist. Die 12 Teile des Dodekaoros, die den Tierkreiszeichen entsprechen, sind die folgenden 1:

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Löwe

Jungfrau

Jonia

Libya
Italien

Bock

Wage

Stier

Habicht

Kreta
Syrien

Indien

Affe
Krokodil

Skorpion

Schütze

Steinbock
Fisch.

Auch in der chinesischen Mythengeschichte erscheint das Land als Bild des Kosmos. Jao (um 2350 v. Chr.) befreite das Land von den Folgen der sintflutartigen Überschwemmung,,,die Hügel begrub, Berge verschwinden ließ und den Himmel bedrohte", wie der Schu-king sagt. ..Unter seinem Nachfolger wurde das Land nach den vier Weltgegenden eingeteilt und nach den vier Bergen, über deren jeden ein Oberhaupt gesetzt wurde; zwölf Mandarinen, die das Volk regierten, sechs Aufseher über den Ackerbau, über das häusliche Leben, zum Schutze, über die Handwerke und Nahrung, endlich Musik und Erziehung. Etwas später wurde das Ganze in neun Provinzen geteilt, jede ihrem eigenen Regenten untergeben, die Provinz Ki in der Mitte vom Kaiser selbst regiert. Im Zentrum befand sich der Hof, umgeben von seinen Äckern, dann im Kreise herum die Äcker des Volkes, im zweiten Kreise die Viehweiden, im dritten die Wälder und Jagdreviere. Die Provinzen stießen daher in den Wäldern aneinander, und ein Weg führte von einer Hauptstadt zur andern. Der Kaiser war Oberpriester, er ordnete die Feste, und er allein opferte im ganzen Volke dem Tien, dem Herrn des Himmels." S. Görres, Mythengeschichte S. 17.

2. Die Tempel.

Dem Walten der Götter am Himmel entspricht ihr Walten. auf Erden. Und wie jede Gottheit ihren Wirkungskreis, ihre Offenbarungsstätte am Himmel hat (,,Häuser" am Himmel, s. S. 26, téμevos, templum), so hat er auch seine Wirkungsstätte

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Krit.

1) Boll, Sphaera 296 und dazu Winckler OLZ 1904, 96 Schr. III, 96 mit der Erklärung des Steinbocks auf Syrien. Tierkreis und Dodekaoros zusammen zeigt auch der ägyptische Globus bei Kircher, Oedipus Aegyptiacus II, 2, 206 f. Zur Bezeichnung der Ekliptik, und zwar so, daß das erste Tier dem Widder entspricht, dienen die Figuren des Tierzyklus auch in Japan, s. Stern, Gött. Gel. Anz. 1840, 2013 f.

auf Erden. In diesem Sinne ist die Gottheit der Herr des Landes (kanaanäisch ba'al, babylonisch bêlu). Darum schleppt der Eroberer die Gottesstatue fort, wenn er Rechtsansprüche auf das Land erhebt, und richtet die Statue des Gottes auf, in dessen Stellvertretung er regiert. Und wenn die Gottheit das Land verlassen hat, ist das Land herrenlos1. Im Krieg gegen Judäa spielte für den babylonischen König die Bundeslade die Rolle der Gottesstatue. Und die Leute redeten aus dieser Anschauung heraus, wenn sie sagten: „Jahve sichet uns nicht; Jahve hat das Land verlassen." Nach Ezechiels Vision wohnte Jahve während des Exils in Babylon, die Merkaba ist der Wagen, auf dem er einherfährt: Ez 9, 3; 10, 4 besucht er seinen Gottessitz in Jerusalem.

Wie das gesamte Land, so ist insbesondere der Tempelbezirk Abbild der himmlischen Welt. Wie jedes himmlische Götterhaus sein Abbild im irdischen Kultort hat, so wird dieser siebenstufige Planetenhimmel (die Auftürmung des Tierkreises) in den siebenstufigen Tempeltürmen abgebildet, von denen jede Stufe einem Planeten geweiht ist und dem entsprechend eine der sieben Planetenfarben zeigt (s. Kap. XII). Schon Gudea redet von dem Tempel der sieben tubkâti, dessen Besteigen das Aufsteigen zum Himmel bedeutet und darum ein gottwohlgefälliges Werk ist: Ningirsu bestimmt dem ein gutes Geschick, der bis zur Spitze steigt. Hammurabi sagt 3, er habe den Tempel Bar, den Sonnentempel von Sippar, groß gemacht; er sei,,wie die Wohnung (šubat) des Himmels“.

Die Tempelstufen entsprechen den Stufen des Tierkreises+, die Tempelsäulen den kritischen Weltpunkten (Ost und West oder Nord und Süd, je nach der Kibla). Im einzelnen stellt das advtor wiederum den Gottessitz dar, Stufen führen hinauf zur Statue der Gottheit.

Wenn aber der Tempel als Mittelpunkt einer Welt gilt, so ist jeder Tempelbezirk ein Mikrokosmos, in den die Mythen von der Weltentstehung, vom Kampf und Sieg gegen die finstern Mächte und alle sonstigen Erscheinungen der Götterwelt sich wiederholen. Darum begegnen uns die Mythen in tausendfältigen Variationen, die immer wieder auf dieselben Grundideen alt

1) S. Winckler in KAT 158 und zum Folgenden Gesch. Isr. II, 2;

F. III, 383.

2) Cyl. G, col. I.

4) Vgl. S. 6 und die

3) Cod. III, 29 ff.

Himmelsleiter" in Jakobs Traum.

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