ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

Von jeher hat man mit Recht die in den Keilinschriften häufige Bezeichnung Til-abûbi,,Sintfluthügel" verglichen. Jeder Trümmerhügel wurde von den Babyloniern als ein Rest von der Sintflut her angesehen. Krätzschmar, Ezechiel z. St. meint, Nebukadnezar werde die Judäer auf einem namenlosen til-abûb angesiedelt haben, damit sie die Gegend bewohnbar machten. Aus dem namenlosen Ort hätten dann die Hebräer ein til- abîb, ,,Ährenhügel" gemacht. Wahrscheinlich ist til-abîb nur Schreibfehler.

Ez 4, 1. Nimm dir einen Lehmziegel und lege ihn vor dich hin und ritze darauf eine Stadt ein. Babylonische Baupläne

[graphic]

Abb. 198 u. 199: Mythologische Ornamente aus Niniveh, auf der einen Seite
geflügelte Stiere mit Menschenköpfen darstellend.

liegen uns mehrfach in Ton geritzt vor, s. Abb. 207 f.1 Der Plan von Jerusalem soll auf einen babylonischen Lehmziegel mit einem Griffel (vgl. Abb. 208) eingeritzt werden. Den Israeliten war die babylonische Schreibweise bekannt2. Die Babylonier und die von ihnen abhängigen Kulturvölker (Ägypter und Kanaanäer zur Amarna-Zeit, Elamiter) gruben die Schrift in Stein oder ritzten sie in Ton, der ,,im feurigen Ofen" gedörrt oder gebrannt wurde. Auch als sie den Papyrus kannten, zog

1) Gudea-Statue (Kopf einer ähnlichen Statue s. S. 288 Abb. 84). Auf dem Schoße liegt der Plan, der in Abb. 207 besonders wiedergegeben ist. Eine andre Gudea-Statue hat auf dem Schoß den Maßstab und den Griffel, mit dem Schrift und Zeichnung eingeritzt ist (Abb. 206 ff.), vgl. zu Ez 40. 2) S. S. 296, 311.

man die steinerne Schreibtafel vor. Während die Holztafel der Griechen und Römer vom Zahne der Zeit vernichtet ist, hat sich die babylonische Tontafel erhalten. Nur in der tessera hospitalis1 finden wir bei den Römern etwas Ähnliches. Eherne Tafeln fanden wir I Mak 14, 18; 8, 22. In Rom sind sie vom 7. Jahrh. der Stadt an in Gebrauch 2. Bronzetafeln mit Inschriften (s. Abb. 64 auf S. 192) finden sich in Südarabien.

Ez 5, 5 Jerusalem und rings um F. her die Länder. Jerusalem der Mittelpunkt der Welt und der Nabel der Erde, babylonisch markas šamê u irșitim, ,,das Band zwischen Himmel und Erde". Das hat hier einen speziell religiösen Sinn,

[blocks in formation]

aber es entspricht der altorientalischen Weltanschauung 3. Wenn mittelalterliche Karten die Länder der Erde um Jerusalem gruppieren (s. Abb. 200), so entspricht das dem spezifisch religiösen Sinne unserer S Stelle.

Auch die Weltanschauung Muhammeds sah Jerusalem als Weltmittelpunkt und obersten Teil der Erde an, ehe er Mekka dafür einsetzte. Die Luftreise Muhammeds nach Jerusalem ist Himmelfahrt, Besuch des obersten Himmels. Daher heißt Jerusalem arabisch el-kuds (das Heiligtum, kodeš); s. v. Landau, MVAG 1904, S. 57.

Ez 5, 12 Pest, Hunger und Schwert sollen die Vertilgungsmittel sein S. S. 233, Z. 192 ff.

Ez 7, 2 Die 4 kanephot der Erde. Assyrisch kippât Himmels und der Erde, eig. die 4 Weltviertel. Hier die 4 Himmelsrichtungen *.

Ez 8, 1 ff. Das Kapitel gibt Zeugnis von den heidnischen Kulten, die in den Zeiten des babylonischen Vasallen Zedekia in Jerusalem aufgekommen waren (durchaus nicht nur Rück

1) Wohl den steinernen Gastfreundschaftsverträgen der Phönizier nachgeahmt.

2) S. R. v. Jhering, Vorgeschichte der Indoeuropäer S. 170 ff.

3) S. S. 49 f. China das „Reich der Mitte.“ Bagdad war der „Nabel“ der islamischen Welt. Delphi galt als uqaios, s. Pindar, Pythag. 4, 131. +) Haupt und Jensen, vgl. ZA VI, 1, 520 erklären kippatu nach dem Aramäischen als ,,Wölbung“.

blick auf die Zeit des Manasse, s. Krätzschmar, Ezechiel z. St.). Der Tempel ist eingerichtet gewesen wie ein heidnischer. Die Opposition dagegen ist nie ganz durchgedrungen.

[graphic][graphic][merged small][merged small][graphic][merged small]

Reliefs von der Ostseite des äußeren Stadttores in Sendschirli.

1. Am Nordtore1 des Tempels steht das ,,Eiferbild". Der Chronist (2 Chr 33, 7, 15) nimmt an, daß es identisch sei mit

1) Zur Bedeutung der Nordrichtung s. S. 587.

der von Manasse einst errichteten (2 Kg 21, 7), von Josia beseitigten (2 Kg 23, 6) Ašera. Es handelt sich um irgendein Bild, wie es in syrischen oder babylonischen Tempeln sich auch fand, den Chaosdrachen oder dergleichen darstellend.

2. Die Mysterien der 70 Ältesten, die in der finstern Kammer im Tor Bildern von Gewürm und Vich, die an die Wand gemalt sind, Räucheropfer darbringen. Man denkt an Darstellungen, wie die des Drachen (Abb. 58) und des rêmu (Abb. 28) oder an Tiergestalten, wie sie die Tore von Sendschirli zeigen, s. Abb. 201-203. Das Räucheropfer weist nicht notwendig auf ägyptischen Kultus. Auch die Babylonier kannten Räucheropfer1. Die Sargoninschriften reden von ,,massenhaftem Räucherwerk“. Schon im Gilgameš-Epos ist vom Räucheropfer vor Šamaš die Rede, und IV R 20 No. 1 heißt es: ,,Opfer werden reichlich. dargebracht, Räucherwerk wird aufgeschüttet." Am Schluß der „Höllenfahrt der Ištar" sollen die emporsteigenden Totengeister ,,Räucherwerk riechen". Der eigentliche südarabische Weihrauch (hebr.) ist beim babylonischen Opferkult in den uns bekannten Urkunden nicht nachweisbar. Die Mysterien, die immer zu nächtlicher Zeit (v. 12) stattfanden, sind babylonischen Ursprungs2.

3. Am Nordtor sitzen Weiber. Dasselbe bedeutet die Klage um Adad-Rimmôn Sach 12, 11f. Die Weiber weinen am Nordtor, weil der Nordpunkt der kritische Punkt des Tammuz ist: die Sommersonnenwende, die den Tod des Tammuz bringt. Sinn und Bedeutung dieser Kalenderfeier wurde S. 83ff. und 114ff. ausführlich besprochen. Die VI. Tafel des Gilgameš-Epos nennt Tammuz den Jugendgemahl der Ištar und sagt, Ištar ,,nötigt ihm alljährlich Weinen auf". Wie bei den Ägyptern die Gestalt des Osiris, so verkörpert er bei den Babyloniern die Auferstehungshoffnung und Erlösererwartung.

Ez 8, 12 vgl. 9, 9. Fahve hat das Land verlassen und Fahve siehet uns nicht. Das ist die heidnisch-orientalische Vorstellung im Volksmunde. Die Bundeslade ist fort. Jahve ist aus dem Lande gezogen, wie wenn in Babylonien die Götterstatue ins Feindesland geschleppt worden und dadurch die Herrschaft der Gottheit über das Land vernichtet ist 3.

1) kutrinnu, zum Weihrauch vgl. S. 429.

2) S. meine Monotheistischen Strömungen innerhalb der babylonischen Religion Leipzig, Hinrichs 1904, vgl. oben S. 78.

3) Vgl. hierzu S. 533. Man wird aus dergleichen Redensarten nur mit aller Vorsicht religionsgeschichtliche Schlüsse ziehen dürfen. Zu

Ez 8, 14, s. S. 91.

Ez 8, 16f. Sonnenkult, von 20 Männern 1, die nach Osten sich wenden, im inneren Vorhof zwischen Brandopferaltar und der Vorhalle zum Tempelhause ausgeübt. Sonnenkult war in Kanaan zu allen Zeiten heimisch. In der Amarna-Zeit wird er in der besonderen ägyptischen Ausprägung sich eingebürgert haben (s. S. 322). Der eigentliche kanaanäische Sonnenkult feiert den Zwiespalt des Naturlebens in den Hälften des Sonnenkreislaufs (Oberwelt und Unterwelt, Sommer und Winter, Leben und Tod, Baal-Moloch, s. S. 321)2. Sonnenkult in spezifisch assyrischer Ausprägung ist durch Manasse als natürliche Folge politischer Beziehungen eingeführt worden, 2 Kg 23, 5. 11, s. S. 547 ff. Sie halten Reiserbüschel an die Nase, d. h. sie riechen an Zweigen einer Pflanze, die als Lebenskraut gilt, s. S. 199.

Ez 8, 17 fügt hinzu es ward auch heidnischer Kult im ganzen Lande betrieben: „Fürwahr da lassen sie ihren [Opfer-] Gestank zu meiner Nase emporsteigen“, vgl. hierzu 6, 13 und s. S. 246.

Ez 9, 2. Und siche, da kamen sechs Männer von der Richtung des oberen Tores her, das nach Norden zu gewandt ist, und ein jeder hatte sein Zerschmetterungsgerät in seiner Hand; und ein Mann in ihrer Mitte, in ein linnenes Gewand gekleidet und ein Schreibzeug an seinen Hüften. Sieben Boten Gottes von Norden her gesendet! Vom Norden kommt das Verderben Nebukadnezars (vgl. 26, 7), aber im Norden wohnen auch die

weilen wird das vorliegen, was wir volkstümlichen Aberglauben nennen. Oft aber handelt es sich nur um eine mythologische Ausdrucksweise für einen tieferen religiösen Gedanken, vgl. S. 177f. Bei der Einweihung einer großen renovierten evangelischen Kirche, der ich kürzlich beiwohnte, sagte der Geistliche im Weihegebet: „Herr, nun kehre wieder ein in deiner heiligen Stätte, segne von neuem den Altar usw.“ So konnte auch der Babylonier sprechen, wenn die Götterstatue zurückgebracht wurde. Und jener Prediger hat gewiß nichts Babylonisches sagen wollen. Unsre Kanzelsprache steckt voll von mythologischen Redewendungen. Jede feierliche Sprache ist,,mythologisch“. Der alte Homer sagte mythos im Sinne von logos, Sprache.

1) Nicht 25, Sept. hat richtig 20, d. i. die babylonische Zahl, mit der der Sonnengott bezeichnet wird.

2) Da der Kreislauf auf Ausgleich von Sonnen- und Mondlauf beruht, so ist auch bei Hervorhebung des Sonnenkultus der Mond immer von Bedeutung. Und da es sich um den Naturkreislauf handelt, so kann der Mythus jederzeit Tammuz, bez. Tammuz-Ištar in ihrem Wechselverhältnis an die Stelle der Sonne setzen.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »