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Einzelgestalten anzunehmen. Sicher aber ist, daß die sagenhafte Ausschmückung der späteren Zeit systematisch arbeitet. Jedenfalls handelt es sich um eine epochemachende Entdeckung, die für das Verständnis der alttestamentlichen Sprechweise von weittragender Wichtigkeit ist. Verfasser hat deshalb mit vollem Bedacht dem ,,mythologischen Einschlag" in seiner Streitschrift ,,Im Kampf um Babel und Bibel" das Wort geredet, und es wird eine Aufgabe auch dieses Buches sein zu zeigen, wie das altbabylonische Weltbild und der Weltenmythus seine Spuren in der alttestamentlichen Erzählungskunst hinterlassen hat.

Die Erkenntnis vom Vorhandensein des mythologischen Einschlags als der Darstellungsform der alttestamentlichen Erzählung hat seit dem Erscheinen der 1. Auflage dieses Buches in weiteren Kreisen sich Bahn gebrochen, so daß seine Aufnahme in den festen Bestand der Bibelexegese seitens der Kundigen als gesichert gelten kann. Die wichtigste Frage ist dann die: inwieweit darf bei Auffindung mythologischer Anspielungen die Geschichtlichkeit der Begebenheiten noch festgehalten werden? Allgemeine Regeln werden sich nicht aufstellen lassen. Entscheidung wird von Fall zu Fall zu treffen sein.

Die

Sie

Folgende Leitsätze möchte ich zur Debatte stellen. liegen den Ausführungen des vorliegenden Buches, soweit es sich um mythologischen Einschlag handelt, zugrunde:

I. Mythologische Motive, die der Erzählung anhaften, beweisen an sich nichts gegen Geschichtlichkeit des gesamten Stoffes. Sargon I. wurde von Assyriologen für eine mythische Person gehalten, weil von ihm die Geschichte geheimnisvoller Geburt, Aussetzung im Korbe, Auffindung durch Ištar erzählt wird. Jetzt besitzen wir Abschriften von Annalen aus seiner und seines Sohnes Naramsin gewaltiger Regierung. Minos galt bis vor kurzem als unhistorisch wegen des mythologischen Charakters der Geschichten, die von ihm überliefert sind; abgesehen von seiner Person ist zum mindesten nachgewiesen, daß in der jüngst entdeckten kretischen Kultur die Voraussetzungen für eine Person wie Minos vorhanden sind. Midas von Phrygien ist trotz der Eselsohren, der mythischen Goldsucht und des gordischen Knotens durch die assyrischen Inschriften als historische Persönlichkeit beglaubigt. In diesem Zusammenhange ist sogar für eine Gestalt wie Simson, dessen Geschichte nur rein Mythisches enthalten soll und dessen bloßer Name als

1) Leipzig, J. C. Hinrichs, 4. Auflage 1903.

Beweis für seinen mythischen Charakter vorgeführt zu werden pflegt, historische Grundlage nicht ausgeschlossen. Von solchen Gesichtspunkten aus ist auch von Winckler für die Vätergeschichten, bei denen ein historischer Gehalt von der ,,historischkritischen Schule" als vollkommen ausgeschlossen angesehen wurde, ein historischer Gehalt angenommen worden.

Winckler hatte in der Geschichte Israels den naheliegenden Trugschluß, der mit dem Nachweis der mythologischen Züge die historische Tatsache eliminiert, nicht allenthalben vermieden, hat aber im Schlußkapitel bei der Zusammenfassung der Ergebnisse ausdrücklich betont (S. 298), daß sich die richtige Erkenntnis dieser Ausdrucks- und Auffassungsweise des Altertums ebensogut mit der vollkommensten Gläubigkeit wie mit der weitgehendsten Zweifelsucht in bezug auf die erzählten Tatsachen vereinigen läßt.

2. Es ist zu unterscheiden zwischen verschiedenen erzählenden Partieen des Alten Testaments. Die Urgeschichten der Bibel sind anders zu beurteilen wie die Vätergeschichten und die Erzählungen aus der vorkönigischen Zeit, und diese wiederum anders als die im hellen Lichte der Geschichte liegenden Erzählungen der Königszeit.

Die Urgeschichten sind Einleitungen zu israelitischen Geschichtswerken bez. Gesetzeswerken, die später redaktionell überarbeitet bez. zusammengefaßt worden sind. Sie nehmen ihren Stoff aus der alt orientalischen Lehre über Weltentstehung und Weltentwicklung im Sinne der Wissenschaft ihrer Zeit (vgl. hierzu Kap. IV). Sie sind weder Sagen noch verblaßte Mythen 1, sondern religiös angewendete Weltanschauung. Das System, dessen Konturen sie möglichst zurücktreten lassen, ist ihnen das Gefäß für schöpferische religiöse Ideen. Wie weit es sich z. B. bei der Sintflut um Überlieferung realer Tatsachen handelt, läßt sich mit den heutigen Mitteln der Kritik nicht entscheiden.

Die Vätergeschichten sind von neuem auf ihre historische Glaubwürdigkeit zu prüfen. Daß sie eine rückwärts projizierte Idealgeschichte darstellen, ist ausgeschlossen. Das Milieu wird sich als historisch bis in die kleinsten Züge erweisen. So werden

1) Nur verblaßte mythologische Anklänge sind zu konstatieren, wie z. B. bei tohu und bohu. Die Mythologie ist Popularisierung und Substantiierung der Lehre. Schwierige Begriffe werden auch in den biblischen Urgeschichten unwillkürlich durch ihre mythologischen Bilder und Symbole ersetzt. Die gleiche Erscheinung zeigt jede Religionslehre.

auch die Gestalten historisch sein. Selbst die Existenz schriftlicher Quellen halten wir für die Urzeit Israels nicht für ausgeschlossen. Die Historizität einzelner Züge kann ebenfalls mit den Mitteln der Literarkritik nicht festgestellt werden. Jedenfalls darf einer Erzählung die Geschichtlichkeit im Sinne des Berichterstatters nicht deshalb abgesprochen werden, weil etwa eine Legende hindurchschimmert, die sonst als Einkleidung eines kosmischen Vorgangs bekannt ist, wie z. B. im Jakobstraum, bei Jakobs Kampf an der Furt des Jabbok usw. An Fragen aber, ob man dem mythologischen Motiv zuliebe der Geschichte leise Verschiebungen gegeben habe, oder ob in andern Fällen das Motiv in einem ausschmückenden Nebenzug liegt, in Hervorhebung eines Wortspiels, in Unterstreichung einer an sich nebensächlichen Tatsache, in Erfindung von bedeutungsvollen Namen usw., wird in Zukunft die alttestamentliche Wissenschaft nicht vorübergehen können.

In den eigentlichen Geschichtsbüchern1 bilden die mythologischen Motive das künstliche Beiwerk. Die Bearbeiter der uns vorliegenden Geschichtsbücher, die die eigentlichen uns verloren gegangenen Annalen nur auszugsweise benutzen, kannten den Sinn der mythologischen Motive und haben sie als Mittel wissenschaftlicher Darstellung im Sinne ihrer Zeit weiter ausgebildet 2. Mythologische Umrankungen der Geschichte und beigefügte mythologische Anekdoten sind leicht als solche erkennbar. Eine Reihe von Geschichten, bei denen konservative Exegeten zu bemerken pflegen, man werde hier die Spuren der dichtenden Sage anerkennen müssen, werden so ihre Erklärung finden. Wir erinnern an die Geschichte vom Riesen Goliath 3 und an die Angaben über Davids Helden 2 Sa 21, 15 ff., vgl. 1 Chr 21 [20], 1 ff., an die Ausschmückung der Geschichten von Nabal und Abigail 1 Sa 25 und von Amnon und Thamar 2 Sa 13, an das Anzünden des Feldes Joabs in der Absalomgeschichte 2 Sa 14, 30 ff., an die Ausschmückung der dreifachen Zweikämpfe bei Gibeon 2 Sa 2, 12 ff.

1) Von den besonderen Problemen der Quellen für die Josua- und Richterzeit wird an anderer Stelle die Rede sein.

2) Beispiele bei Winckler, Gesch. Isr. II, 31. 218 vgl. 277.
3) S. 86, Anm. 1.

Zweites Kapitel.

Die babylonische Religion.

I. Die Mysterien.

Da die altorientalische Lehre, die die Welt nach ihrem Ursprung, Zweck oder Ziel darstellt, göttliches Wissen darstellt, also mit,,Wissenschaft" identisch ist, so kann sie ebensowenig Gemeingut des Volkes gewesen sein, wie heutzutage unsre Wissenschaft. Dem Volke wurde die Lehre durch die Mythologie (iɛgós óyos heißen in hellenistischer Zeit die orientalischen Mythen) popularisiert und durch Festspiele dramatisch dargestellt. Die priesterliche Lehre wurde als Arkan-Disziplin, als Mysterium (nişirtu) vererbt. Von Enmeduranki, einem der 7 Urkönige, erfuhren wir, er habe das Geheimnis Anus [Bels und Eas], die Tafel der Götter, die Omentafel (?), das Mysterium von Himmel [und Erde] empfangen und seinen Sohn gelehrt. Ferner heißt es, daß der Weise, der Wissende (mudû) das Mysterium der großen Götter bewahrt und seinen Sohn auf Tafel und Tafelstift schwören läßt1. Diese ,,Schreibtafel des Geheimnisses von Himmel und Erde" stellt ebenso wie die ,,Bücher der Urzeit" bei Berosus das in die Sage übertragene Offenbarungsbuch des gestirnten Himmels dar. Auch sonst ist von Tradition einer Geheimlehre die Rede. Am Schluß des Epos Enuma eliš, das Marduk als Drachenkämpfer, Weltbildner und Herrn der Geschicke verherrlicht, heißt es von den 50 Ehrennamen, in die der Weltlauf hineingeheimnist ist: „Sie sollen bewahrt werden, und der „,Erste" soll sie lehren, der Weise und Gelehrte sollen sie miteinander überdenken, es soll sie überliefern der Vater, sie seinem Sohne lehren." Auch die Tafelunterschriften der Bibliothek Asurbanipals kennen den Unterschied von Wissenden und Nichtwissenden (z. B. V R 64): ,,Der Wissende soll es dem Wissenden zeigen; der Nichtwissende soll es nicht sehen2." Die „Überlieferung der Gelehrten Baby

1) S. 47. Ihm entspricht bei den Persern der Gründer der MagierSekte Manuschir.

2) In den Berichten über die Mosaische Zeit erscheinen die 70 Ältesten als Träger einer Geheim-Tradition. Jesus redet von denen, die ,,den Schlüssel der Erkenntnis haben", den Heiden gegenüber wurden dann wieder die Hauptstücke der christlichen Lehre (Bekenntnis und Sakrament) als Mysterien behandelt.

lons" beschäftigt Mani nach der Legende 12 Jahre, nachdem er vom Engel El tâum (Gottgenosse) Befehl bekommen hat, sich von seiner Umgebung abzusondern 1.

Monumentale Zeugnisse über babylonische Arkan-Disziplin werden wir der Natur der Sache nach nicht erwarten dürfen. Aber wir können aus dem Wesen der orientalischen Lehre und nach Analogie späterer Mysterien-Kulte, die der altorientalischen Lehre entsprechen (insbesondere Isis- und Attis- und Mithrasmysterien), den Schluß ziehen, daß es sich für die Mysterien um dreierlei handelte:

1. Um Betrachtung und Verständnis der Natur, abzielend auf die Erkenntnis, daß die Erscheinungen des gestirnten Himmels und des Naturlebens Offenbarung einer einheitlichen göttlichen Macht sind.

2. Um Einführung in die Erfahrung, daß im Kreislauf des Lebens aus Leben Tod und aus Tod Leben hervorgeht, das Geheimnis der Unsterblichkeit 2.

3. Um das Geheimnis der Gemeinschaft mit der Gottheit. Dieser Gedanke ist später reich ausgebildet, wohl auch unter nicht-orientalischem Einfluß, und wird insbesondere mit dem Verlangen noch einem bevorzugten Geschick im Jenseits verbunden (Himmelsreise der Seele; die physikalischen Mysterien werden mit ethischen verknüpft). Daß aber Spuren davon auch in Babylonien vorhanden sind, beweist meines Erachtens

a) die gottwohlgefällige Handlung des Emporsteigens auf dem Planetenturm, s. S. 52,

b) die mystische Verbindung der Totenfeier mit der Feier des sterbenden und auferstehenden Jahrgotts, wie sie z. B. in der Höllenfahrt der Ištar bezeugt ist.

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II. Latenter Monotheismus und göttliche Trias.

,Wie Sonne und Mond, Himmel, Erde und Meer allen Menschen gemein sind und nur bei andern Völkern anders genannt werden, so gibt es nach Verschiedenheit der Völker verschiedene Benennungen und Verehrungen jenes einzigen Wesens, das alle Dinge in Ordnung hält." Mit diesem Ausspruch formuliert Plutarch, dem wir mancherlei Kenntnis über die antiken Mysterien verdanken 3, die Einheit der antiken Re

1) S. Bischoff, Im Reiche der Gnosis S. 53.

2) Näheres zu 1 und 2 s. in meinen Monotheist. Strömungen S. 10 ff. 3) Er war delphischer Priesterbeamter und Dionysos-Myste.

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