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Das Elend, in dem er die Geliebte sieht, muß er wenn er anders die tiefe Natur ist, als die wir ihn kennen gelernt haben so sehr, ja weit mehr fühlen, als wenn es ihn in eigner Person getroffen hätte, und doppelt muß er es fühlen, weil er sich sagen muß, daß er die Schuld davon trägt. So leidet er in vollem Maße, und die oben von ihm angeführten Worte, der Wunsch, nie geboren zu sein, bekunden dieses Leiden.

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Auch in König Lear" und in Othello", um diese Beispiele festzuhalten, liegt das eigentlich Tragische nicht in deren eigenem Untergang, sondern in dem ungeheuren Seelenschmerz, den sie empfinden, daß sie ihr Kleinod selbst in den Staub getreten, daß sie ein hohes Gut unwiederbringlich vernichtet haben.

Dies eingehender zu verfolgen, würde uns hier zu weit führen, doch hoffen wir, daß diese Andeutungen genügen werden, unsre Ansicht von der Stellung Fausts zu diesem Abschnitt der Dichtung und von der Einheitlichkeit des Gesamtwerkes auch in dieser Beziehung zu begründen.

So stehen wir denn am Schlusse des ersten Teiles der Dichtung. Daß diese eine weitere Fortsegung forderte, bedarf kaum eines Beweises. Noch ist die Wette zwischen Faust und Mephisto nicht entschieden, so wenig wie die zwischen diesem und Gott. Wohl hat Mephisto Faust ein großes Stück seine Straße geführt und ihn in schwere Schuld verwickelt, nicht aber ist es ihm gelungen, Faust schon auf die Dauer zu fesseln, seinem Streben volles Genüge zu

schaffen; vielmehr hat sich dessen ideale Natur auch aus tiefer Erniedrigung immer aufs neue wieder erhoben. Die Liebe zu Gretchen hat sich aus rein sinnlichem Verlangen zu einer idealen Neigung gestaltet, die ihn nicht in dem Schlamm der Gemeinheit untergehen läßt, in den ihn Mephisto herabzuziehen versucht, die ihn nach den Abenteuern der Walpurgisnacht sehr gegen den Willen seines Genossen in den öden Kerfer der einzig Geliebten zieht. Und wenn er hier findet, was er nach dem Abschluß des Paktes mit dem Teufel in frevlem Mute gewünscht hatte: zu dem höchsten Glück, das er liebend einst genossen, „der Menschheit ganzen Jammer", so ist grade diese schwere Schule geeignet, seinem hochfliegenden Streben das zu geben, was ihm bisher fehlte, die rücksichtsvolle Scheu und das besonnene Maß; die Aufgabe des zweiten Teiles der Dichtung wird es nun sein, zu zeigen, wie das alte Trachten Fausts

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„Zum höchsten Dasein immer fort zu streben'

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sich mehr und mehr läutert und zu immer größerer Klarheit gelangt.

Wir fügen nur noch wenige Worte über die Darstellung des besprochenen Abschnitts der Dichtung auf der Bühne hinzu.

So streng der innere Zusammenhang der Handlung ist, wie wir erwiesen zu haben hoffen, so große Schwierigkeiten hat die Aufführung zu überwinden, weil der Schauplah der Scene beständig wechselt. Aehnlich wie im Göt von Berlichingen", zum Teil

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selbst noch im „Egmont“, führt uns der Dichter fast in jeder Scene ein in sich abgeschloßnes Bild vor, während die fortgeschrittnere Technik, welche die Scenen unter einander eng verbindet, sie womöglich ohne Wechsel des Schauplages auf einander folgen läßt, uns erst in den späteren Stücken des Dichters entgegentritt.

Wenn tros des hervorgehobnen Uebelstandes die Aufführung der Gretchentragödie stets eine große Wirkung erzielt, so ist dies nicht bloß ein Beweis für ihre hohe poetische Schönheit, sondern auch für ihre echt dramatische Natur. Indes lassen sich auch die äußeren Schwierigkeiten fast völlig überwinden, wenn man, wie dies bei den Aufführungen in Weimar zuerst geschehen ist, die altdeutsche Bühneneinrich tung mit ihren verschiednen Stockwerken zur Anwendung bringt.

Hier, wo die verschiedenen Schaupläße: *) Straße, Eingang des Domes, Garten der Nachbarin, Wohnung Gretchens, Brunnen u. s. f., unmittelbar neben und über einander gleichzeitig zur Anschauung kommen, kann die Aufführung fast ohne jede Verwandlung ununterbrochen fortschreiten, und der einheitliche Charakter der Handlung tritt uns viel deutlicher entgegen, als wenn nach jeder Scene der Vorhang fällt und eine störende Pause den Zusammenhang unterbricht.

*) Vgl. hierzu O. Devrient, Goethes Faust für die Aufführung als Mysterium in zwei Tagewerken eingerichtet, Karlsruhe, G. Braun, 1877; besonders S. 72.

Gegen den gewonnenen wichtigen Vorteil wird man manche kleine Unwahrscheinlichkeit gern mit in den Kauf nehmen, und so möchte ich glauben, daß der in Weimar für die Faustvorstellungen eingeschlagene Weg bald allgemein als der richtige anerkannt wer den wird.

Der Dichtung zweiter Teil.

Ueberblick.

Daß der erste Teil des Faust einer Fortsetzung bedurfte, ist schon im Vorausgehenden dargethan worden. Wir hatten erkannt, wie der Versuch Mephistos, Faust durch die Leidenschaft der sinnlichen Liebe an sich zu ketten, nur zum Teil gelungen war, insofern er ihn allerdings durch seine Versuchungen zum Fall bringt und ihn mit schwerer Schuld belastet, aber doch nicht vermag, seinen Idealismus abzustumpfen, ihn zu einem leichtfertigen, um die Folgen seiner Thaten unbekümmerten, nur im Genusse schwelgenden Sinnesmenschen zu machen.

Daraus ergiebt sich für Mephisto die Notwendigkeit, Faust in neue, größere Versuchungen zu bringen. Wenn er beim Verlassen der Zelle, als er im Begriff war, Faust in das Leben einzuführen, diesem (v. 1698) versprach:

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‚ Wir sehn die kleine, dann die große Welt“,

so ist es jezt Zeit, den zweiten Teil seines Programms wahr zu machen. Die kleine Welt mit ihren engen

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