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Wir haben in diesen Blättern Goethe und Shakespeare schon so oft mit einander verglichen, daß es sich wohl rechtfertigt, hier eine Stelle ähnlichen Inhalts aus dem Coriolan heranzuziehen, damit die charakteristischen Unterschiede in dem Stil beider Dichter deutlich hervortreten:

Von ihm spricht jeder Mund; das blöde Auge
Trägt Brillen ihn zu sehen. Die Amme läßt
In einen Krampf sich schreien ihren Säugling,
Derweil sie ihm zujauchzt. Die Küchenmagd
Knüpft um den rauch'gen Hals ihr bestes Leinen,
Die Wand erkletternd; Buden, Bänke, Fenster
Gefüllt, das Dach besetzt, auf Giebeln rittlings
Hockt vielerlei Gestaltung, alle einig
In Gier, nur ihn zu schauen. Es drängen sich
Fast nie gesehne Priester durch den Schwarm
Und stoßen, um im Volke Platz zu finden;
Verhüllte Frau'n ergeben Weiß und Roth
Auf zartgeschonter Wang' dem wilden Raub
Von Phöbus' Feuerküssen. Solch ein Wirrwarr
Als wenn ein fremder Gott, der mit ihm ist,
Sich still in seine Menschenart geschlichen
Und ihm der Anmuth Zauber mitgetheilt.

Welch ein Abstand zwischen jener einfachen objektiven Schreibart Goethe's und dieser drastischen bilderreichen Shakespeare's!

Nach der Scene mit den Bürgern, von der Clärchen mit gebrochener Hoffnung sich von Brackenburg nach Hause geleiten läßt, führt uns der Dichter in raschem Scenenwechsel erst in den Kerker zu Egmont, der über sein Ver

hängniß Betrachtungen anstellt, dann in Clärchens Haus, die auf die Nachricht Brackenburgs, ihr Geliebter müsse sterben, Gift nimmt, endlich wieder ins Gefängniß, wo der Held sein Schicksal erfährt. Diese Schlußscene ist sehr lang und dramatisch schwach. Egmont bittet Alba's Sohn, der Abschied von ihm zu nehmen gekommen ist, ihm zur Flucht zu helfen, aber Flucht ist unmöglich; dann überläßt er sich dem Schlaf; im Traum erscheint ihm Clärchen als Genius der Freiheit und winkt ihm mit dem Lorbeerkranze die Hoffnung des Sieges zu; er erwacht und - vor ihm stehen die Soldaten, die ihn zur Hinrichtung führen.

Der Egmont ist sehr ungleich gearbeitet, und auch der Stil ist nicht durchgängig derselbe. Goethe schrieb das Stück in drei verschiedenen Lebenszeiten, und bei so stückweisem Schaffen bleibt der Fortschritt der geistigen Entwicklung an der Verschiedenartigkeit der einzelnen Theile immer bemerkbar. Entworfen wurde Egmont zu der Zeit, wo Goethe unter Shakespeare's Einfluß stand; ausgeführt wurde er der Hauptsache nach als der Dichter in seine classische Richtung eingetreten war. So hat das Stück weder das frisch bewegte Leben des Göß noch die ruhige Schönheit der Iphigenie. Den Schluß tadelte Schiller als einen Operneffekt, und Gervinus meint, an dem ganzen Stücke merke man den Einfluß der (durch die Bekanntschaft mit dem Musiker Kayser veranlaßten) Beschäftigung mit dem Singspiel. Das kann ich meinerseits nicht finden, aber einen entschiedenen Mangel an dramatischer Gestaltung bezeugt mir der Egmont so gut wie alle späteren Stücke, und

daß Goethe wirklich nicht wußte, das Drama müsse nicht blos ein Gedicht, sondern eben ein Drama sein, werde ich bei Gelegenheit später zeigen. Troß alledem aber schließe ich wie ich begonnen: was man auch am Egmont ausseßen mag, er bleibt immer einer jener allgemeinen Lieblinge, gegen welche die Kritik machtlos ist.

Siebenter Abschnitt.

Heimkehr.

Sehr bereichert zwar, aber keinesweges befriedigt kam Goethe aus Italien zurück. Die Größe der Schäße, die er angesammelt, feßte ihn in Verlegenheit; seine neue Erfahrung brachte auch neue Räthsel mit sich, erweiterte seinen Horizont zu neuen bisher ungeahnten Fernen. In Rom hatte er erkannt, daß das Studium eines ganzen Lebens faum ausreichen würde, seinen Heißhunger nach Wissen zu stillen, und mit tiefem Schmerz war er von Italien geschieden. Die Hauptstadt der Welt ohne Hoffnung der Rückkehr zu verlassen, gab ihm ein Gefühl, das er durch Worte wiederzugeben verzweifelte. Die Verse, in denen Ovid sein ähnliches Schicksal besungen, wälzten sich zwischen seinen Empfindungen immer auf und ab:

Wandelt von jener Nacht mir das traurige Bild vor die Seele,

Welche die letzte für mich ward in der römischen Stadt, Wiederhol' ich die Nacht, wo des Theuren so viel mir zurückblieb Gleitet vom Auge mir noch jetzt eine Thräne herab.

War so die Heimkehr an sich tief schmerzlich, die Ankunft zu Haus war noch peinlicher. Wer je längere Zeit von

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dem Kreise alter Gewohnheiten, alter Bekanntschaften entfernt gewesen, in einer neuen Welt ein höheres Dasein, seiner Natur und seinen Strebungen entsprechend, gelebt hat, dann wieder in den gewohnten Kreis zurückkehrt, dort alles unverändert findet, alles die altgewohnten Pfade fort wandeln sieht, dieselben alten Triebe wirksam, dieselben alten Ansichten maßgebend wer da ein Fremder in der eigenen Heimath sich gefühlt, der wird es verstehen, was es für Goethe hieß, aus Italien nach Weimar zurückzukehren. Selbst in einer großen, an Interessen reichen Stadt fühlen wir uns nach langer Abwesenheit unbehaglich: die nämlichen Fragen beschäftigen unsere Freunde, wie da wir gingen, die nämlichen Bücher werden noch besprochen, die Straßen sind immer noch die alten, die Geschäfte die alten, die Anzeigen die alten, die Welt der Heimath scheint still gestanden zu sein während wir so vieles durchlebten. Was muß erst Goethe empfunden haben, als er, mit neuen Anschauurgen und neuen Gedanken den Geist erfüllt, von Italien in das ruhige alte Weimar wiederkehrte? Niemand schien ihn zu verstehen, niemand theilte die Begeisterung noch die Schmerzen seiner Erinnerungen. Er sei verändert, klagten die Freunde, und was war's? — sie selbst bewegten sich in dem alten ausgetretenen Kreis herum, wie blinde Gäule in einer Mühle.

Beachten wir zunächst, daß er mit dem Entschlusse heimtehrte, sein Leben hinfort ganz der Kunst und Wissenschaft zu widmen und nicht länger mit Amtsgeschäften nuglos sich abzumüthen. Schon von Rom hatte er in diesem Sinne an

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