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Er fällt ihr in die Arme; die Prinzessin stößt ihn von fich und eilt hinweg; Antonio tritt zu Tasso, der wie von Sinnen seinen Fürsten als Tyrannen verwünscht und auf den verständigen Zuspruch des Weltmannes mit gesteigerter Wuth antwortet; er sieht den Staub des Wagens aufwirbeln, der die Prinzessin für immer von ihm entfernt, und sinkt ermattet zusammen. Ermanne Dich! Du giebst zu viel Dir nach“, ruft ihm Antonio zu; „vergleiche Dich; erkenne was Du bist." So zur rechten Zeit erinnert" kommt Tasso zu sich und erkennt, daß Eines ihm bleibt:

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Die Thräne hat uns die Natur verliehen,

Den Schrei des Schmerzens, wenn der Mann zuleßt
Es nicht mehr trägt. Und mir noch über Alles
Sie ließ im Schmerz mir Melodie und Nedé,
Die tiefste Fülle meiner Noth zu klagen:

Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt,
Gab mir ein Gott, zu sagen wie ich leide.

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Dem Walten der mächtigen Natur" sich fügend, die dem Felsen seine Festigkeit, der Welle die Beweglichkeit gegeben und bald in ihr die Sonne sich spiegeln, an ihrer Brustv die Gestirne ruhen, bald sie in wildem Sturme überschäumen Lasse, gesteht er dem Antonio seine Schwäche und richtet sich in diesem Bekenntniß auf an der Stärke des besonnenverständigen Freundes.

Selbst aus dieser wenig erschöpfenden Darstellung wird der Leser entneh...en können, daß Frau von Staël Grund hatte zu der Bemerkung, die Farben des Südens träten in Goethe's Tasso nicht genug hervor (ies couleurs du

midi ne sont pas assez prononcées). Das Stück ist in der That durchaus deutsch und wie viel wirkliche Geschichte der Dichter auch hinein verwebt haben mag, es weht ein ganz anderer Geist darin, als der Italiens zu Tasso's Zeit. Die Prinzessin ist eine wahre Deutsche, die über ihre Gefühle mehr reflektirt als sich ihnen hingiebt, und über diesen schwankenden Träumer Tasso würde sich niemand mehr verwundert haben, als der wirkliche Torquato mit seinem leichtfertigen, leidenschaftlichen, stürmischen Wesen. Auch daß sein deutscher Namensvetter in der Poesie gleichsam die Aschenurne vergangener Leiden, die Vertraute stiller Schmerzen sah, würde der Italiener nicht verstanden haben.

Wie überwiegend vielmehr auch in diesem Drama persönliche Erlebnisse und Empfindungen des Dichters niedergelegt sind, machen nicht nur die sich unmittelbar aufdrängenden Beziehungen wahrscheinlich, die von Ferrara nach Weimar hinüberdeuten, sondern Goethe selbst hat es ausdrücklich bezeugt. An seine bereits früher angeführte ovidische Klage um den Abschied von Rom anknüpfend, sagt er am Schluß seiner italienischen Reise, jenen fremden Ausdruck eigener Empfindung habe er sich nicht lange wiederholen können, als er sich genöthigt gefühlt, ihn seiner Persönlichkeit, seiner Lage im besondersten anzueignen. Zuerst ganz der süßen Qual sich hingebend und besorgt, der zarte Duft inniger Schmerzen möchte bei dem Versuch einer Darstellung verschwinden, habe er sich bald zu einer freieren. poetischen Thätigkeit ermannt und den Tasso wieder auf

genommen. „Wie mit Ovid dem Lokal nach, so konnte ich mich mit Tasso dem Schicksal nach vergleichen. Der schmerzliche Zug einer leidenschaftlichen Seele, die unwiderstehlich zu einer unwiderruflichen Verbannung hingezoger wird, geht durch das ganze Stück.“

Zehnter Abschnitt.

Goethe als Naturforscher.

Nachdem er mit Frau von Stein gebrochen und den Tasso beendet hatte, fing Goethe an, Kant zu studiren. Die Kritik der reinen Vernunft ist in einer philosophischen Schulsprache geschrieben, die er zu fassen völlig außer Stande war, und hätte er auch folgen können, so war doch der Inhalt mehr metaphysisch als ihm zusagte; indeß las er in dem Buche wie er im Spinoza las, und die Kritik der Urtheilskraft interessirte ihn höchlich, namentlich in ihren ästhetischen Abschnitten. Durch das Studium Kant's trat er Schiller etwas näher, obgleich dieser den Abstand zwischen ihnen beiden noch so groß ansah, daß er an Körner schrieb: Seine Philosophie mag ich nicht ganz: sie holt zu viel aus der Sinnenwelt, wo ich aus der Seele hole. Ueberhaupt ist seine Vorstellungsart zu sinnlich und betastet mir zu viel. Aber sein Geist wirkt und forscht nach allen Direktionen und strebt, sich ein Ganzes zu erbauen und das macht mir ihn zum großen Mann.“ Die Vielseitigkeit seiner Thätigkeit war in der That staunenswerth. Gleich nach dem Tasso machte er die

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Beschreibung des römischen Carnevals, schrieb über Nachahmung der Natur und studirte mit wunderbarem Eifer die Geheimnisse der Botanik und Optik. Für seine poetische Produktivität genügt es an die römischen Elegien zu erinnern, und seine Thätigkeit auf naturwissenschaftlichem Gebiete übertraf noch alle andern. Er war gesellschaftlich in einer unangenehmen Lage und wie er nachher gestand würde er es nicht haben aushalten können, wenn ihn nicht seine Kunst- und Natur-Studien aufrecht erhalten hätten. Sie waren ihm zu allen Zeiten Zuflucht und Trost.

Ueber Kunst hörte ihn die Welt mit Aufmerksamkeit an; über Naturwissenschaften wollte sie nichts von ihm hören, sondern wandte sich schweigend, ja selbst mit spöttischem Lachen ab. Auf beiden Gebieten war er nur Dilettant. Wenn er über Malerei oder Bildhauerkunft sprach, so verlieh zwar keine praktische Befähigung seinem Urtheil Nachdruck, und doch lauschte die Welt seinen Worten mit Ehrfurcht, oft mit Begeisterung. *) Aber während die Künstler und das Publikum dem Urtheile eines Mannes von Genie, obwohl er praktisch ein bloßer Dilettant war, Gewicht und Bedeutung zuerkannten, waren die Männer der Wissenschaft nicht geneigt, ihn auf ihrem Gebiete als Autorität gelten zu lassen, weil er nicht in ihrer Schule gebildet war und nicht ihre Examinà durchgemacht hatte. Bis auf

*) Rauch in Berlin sagte dem Verfasser, die Begeisterung, welche Goethe's Bemerkungen über Kunst in ihm erregt hätten, sei für sein ganzes Leben von Einfluß gewesen.

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