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welcher unzugänglichen Burg der Mensch wohnt, dem es nur immer Ernst um sich und um die Sache ist.“

Nimmt man die Xenien als bloße Erzeugnisse des Wizes und betrachtet sie nicht in dem grellen Lichte persönlicher Bosheit und Entrüstung, so erscheinen sie sehr schwach und man begreift nicht, wie sie eine solche Sensation haben machen können. Nur sehr wenige fibeln noch jezt unsern Gaumen, denn sie haben das echte Salz des Wizes. Manche andere machen auf Wiß gar keinen Anspruch, sind aber vortreffliche Aussprüche von ästhetischer Kritik und philosophischen Gedanken. Zwar ließ sich guter Geschmack nicht durch Angriffe auf den schlechten hervorbringen; indeß durfte man hoffen, daß solch eine Züchtigung an manchen Stellen empfindlich treffen würde, und in dieser Beziehung leisteten die Xenien Gutes.

In dieselbe Zeit fällt auch der Wilhelm Meister, den wir nun vom künstlerischen Gesichtspunkte prüfen wollen.

Zweiter Abschnitt.

Wilhelm Meister.

In Deutschland ist eine Art von philosophischer Kunstfritik sehr beliebt und auch in England zählt sie ihre Anhänger, die sich am Wilhelm Meister fast so erbarmungslos als am Faust versucht hat und sich bei der Erklärung Shakespeare's auf den Gipfel des Unfinns steigert. Gewiß giebt es in Deutschland viele vortreffliche Kritiker, und es sollte mir leid thun, wenn mein Spott gegen Pedanten und hochmüthige Thoren auf wirklich philosophische Köpfe - gemünzt zu sein schiene; aber im Namen der Kunst und des gesunden Menschenverstandes muß ich gegen den Grundirrthum und die Uebertreibungen einer Schule Verwahrung einlegen, die höchst tiefsinnig zu sein beansprucht und doch nichts ist als höchst abgeschmackt. Der Grundirrthum ist der, daß man die Kunst in Philosophie auflöst und dies dann Philosophie der Kunst nennt. Dem Kritiker liegt ein Kunstwerk vor; statt es an sich zu beurtheilen, sucht er, dahinter zu kommen, sich darunter zu schleichen, dem Schöpfer des Werks in die Tiefen der Seele zu dringen; nicht zufrieden mit dem was der Künstler gegeben, verlangt er

auch zu wissen was er gewollt hat, räth danach herum, und je weiter diese Absicht des Künstlers entfernt liegt auf seiner Gedankenwanderung, desto mehr ist er von seiner Entdeckung erbaut und verwirft zu ihren Gunsten jede einfache und natürliche Erklärung. So lagern sich kunstphilosophische Grillen wie ein Nebel um die Kunst und entziehen uns ihren klaren Anblick. Zwar hat von dieser angeblichen Absicht des Künstlers niemand vorher etwas gewußt, am allerwenigsten der Künstler selbst, aber das ist eben der Stolz des Kritikers; er kann sich rühmen in die Tiefen der Künstlerseele eingedrungen zu sein. Von allem was es für den Deutschen von dieser Schule Schreckliches giebt, ist das sogenannte Oberflächliche der schrecklichste der Schrecken.

Wilhelm Meister hat solcher Kunstbetrachtungen so viele veranlaßt, ist aus den Tiefen des sittlichen Bewußtseins so vielfach construirt worden, hat schon so wunderbaren und so widersprechenden Deutungen unterliegen müssen, daß der Dichter selbst sich gewiß über seinen unbewußten Tiefsinn verwundert haben würde. In dem leßten Theile dieses Romans ist offenbar manches symbolisch gemeint, und ich zweifle so wenig, daß dieses der deutschen Kunstrichtung zu Liebe geschah, wie ich zweifle, daß in Folge dessen ein Meisterstück verdorben ist. Der augenfällige Mangel an Einheit in diesem Kunstwerk hat der Einbildungskraft der Erklärer vollen Spielraum gelassen. Hildebrand hat es kühn ausgesprochen, die Idee des Wilhelm Meister sei genau die, daß er keine habe was denn freilich unser Verständniß nicht sehr fördert.

Wir unsererseits wollen, statt uns um den Grundgebanken zu bemühen, fest an der historischen Kritik halten und nachsehen, wie weit der Ursprung und die Entstehung des Werkes über den Sinn Licht geben. Daß die ersten sechs Bücher ohne Zweifel die besten und bedeutendsten von allen vor der Reise nach Italien geschrieben sind, steht fest; Goethe schrieb sie, während er für das Theater thätig und Theaterdirektor, Theaterdichter und Schauspieler in einer Person war. Der Inhalt dieser Bücher läßt auf das klarste seine Absicht erkennen, die ganze Art, das Ziel und die Kunst des Schauspielers darzustellen, und in einem Briefe an Merd sagt er ausdrücklich, es sei seine Absicht, das Schauspielerleben zu zeichnen. Ob er das symbolisch meinte, kann nicht bestimmt entschieden werden. Vielleicht war das Symbolische eine Nebenabsicht, vielleicht auch nicht; der Grundgedanke jedenfalls ist durchaus klar. Auch hatte er sich damals noch nicht der Symbolik in der Kunst zugewandt. Er sang wie der Vogel singt, und sein Entzücken war eine gesunde Objektivität. Am Schauspielerwesen und an der Schauspielkunst nahm er einen ernsten Antheil. Das Leben eines Schauspielers schien ihm ein passender Rahmen für gewisse Bilder, und darum wählte er es zum Gegenstande eines Romans. Später kam ihm gewiß der Gedanke, jene Bilder zu symbolisiren, und der Schluß des Romans ist in diesem Sinne gearbeitet.

Gervinus spricht sich nachdrücklich gegen die Ansicht aus, als habe Goethe in der ersten Anlage den Wilhelm als zur Schauspielkunst nicht befähigt darstellen wollen, und ich

glauve, daß man ihm nach genauer Prüfung darin Rech geben muß. Statt in einer falschen Richtung befangen zu erscheinen (wie es Goethe in Bezug auf klassische Kunst selbst gewesen war), ` erscheint Wilhelm auch in der jetzigen Gestalt des Werkes, wo nach dem späteren Plane schon in den ersten Abschnitten manche neue Andeutungen eingestreut find, als ein Mensch von ächtem angebornem Schauspielertalent. dem zur Vollendung nur die Uebung fehlt. Mit der Aufführung des Hamlet tritt nach dieser Seite hin der äußerste Punkt ein, und nur bis dahin geht der erste Plan. Nachdem er soweit geschrieben, reiste Goethe nach Italien. Wie sich seine Anschauungen da änderten, haben wir ge= sehen. Nach einem Zwischenraume von zehn Jahren nahm er den Roman wieder auf, und da er in dieser Zeit selbst eine falsche Richtung durchlebt, die Fruchtlosigkeit der Ausbildung eines unvollkommenen Talents eingesehen hatte, so änderte er den ursprünglichen Plan, machte daraus eine symbolische Darstellung des vergeblichen Strebens der Jugend nach Bildung und sehte mit sehr ungeschickter Erfindung die langweilige Geschichte von der geheimnißvollen Gesellschaft hinein, die alle Schritte Wilhelm's überwacht und ihn in seinem Irrthum bestärkt, um ihn durch Irrthum zur Wahrheit zu führen. In seinen späteren Jahren erklärte er diesen Plan für den ursprünglichen. „Der Wilhelm Meister, schreibt er in den Tages- und Jahresheften, entsprang aus einem dunklen Vorgefühle der großen Wahrheit, daß der Mensch oft etwas versuchen möchte, wozu ihm Anlage von der Natur versagt ist, wozu ihm Fertigkeit nicht werden.

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