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Ich habe gesagt, der Wilhelm Meister jei nicht eine moralische Erzählung, aber ich fühle mich verpflichtet zu erklären, daß ein tiefer und gesunder moralischer Sinn darin lebt und webt und in mancherlei Tönen zu jedem spricht, der Ohren hat zu hören. Aber darin muß „jeder Kranke sich selbst helfen“, und was einer daraus entnehmen kann, hängt von seiner eigenen Einsicht und Erfahrung ab. Bisweilen ergiebt sich dieser Sinn aus dem ganzen Verlauf der Erzählung; so z. B. liegt eine gesunde Moral in dem Nachweise, wie das Leben auf Wilhelm einwirkt, seinen Charakter formt, bestimmt und von dem bloßen Triebe zur Unterordnung unter die Vernunft, von träumerischer Weichheit zu männlichem Pflichtgefühl, von Selbstvergötterung zu thätiger Menschenliebe erhebt, aber diese Lehre wird nicht in der Weise eines Predigers, sondern eines Künstlers gelehrt und kann daher leicht von denen übersehen werden, die eine „Moral" nicht eher wahrnehmen, als bis man sie darauf stößt.

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Die Bekenntnisse einer schönen Seele", welche das sechste Buch füllen, werden in manchen Kreisen so andächtig verehrt, wie die Verderbtheit des sonstigen Inhalts verab scheut. Stolberg verbrannte das ganze übrige Werk und bewahrte dieses Buch wie einen Schat. In der That ist. dies Bild einer stillen Schwärmerin, die zugleich ein origi neller und fester Charakter ist, merkwürdig genug, und die Einwirkung religiöser Ueberzeugungen auf das Leben, die allmäligen Fortschritte und die endliche Herrschaft des Mysticismus in dem Geiste einer Frau, die in jeder Be

ziehung so für die Welt gemacht schien, sind mit großer Feinheit gezeichnet. So sehr ich indeß den Werth dieses Bildes zu schäßen weiß, bedaure ich doch, daß Goethe die Bekenntnisse nicht besonders herausgegeben hat; sie unterbrechen die Erzählung in einer höchst unkünstlerischen Weise und haben mit dem sonstigen Inhalt schlechterdings nichts zu thun.

Die Kritik von Shakespeare's Hamlet im Wilhelm Meister bleibt immer noch die beste, die wir über dies wunderbare Stück haben. Mit großer Kunst ist der Hamlet so in den Roman verflochten als sei er ein Theil desselben, und Rosenkranz rühmt diese Verslechtung nicht blos weil dadurch die Verwandtschaft zwischen Wilhelm und Hamlet hervortritt, die beide reflektirende schwankende Charaktere sind, sondern auch weil diese Tragödie für Wilhelm zu einem Prüfstein wird für sein Talent, zu einem Wendepunkt seines Schicksals.

Schiller's Kritik über dies Werk, wie er sie in seinen begeisterten Briefen an Geethe selbst gegeben hat, würde ich gern ganz mittheilen, wenn nur Plaz dazu wäre, aber ich muß es an einer Stelle genug sein lassen, die zu lesen ein wahrer Genuß ist. „Es gehört zu dem schönsten Glück meines Daseins, daß ich die Vollendung dieses Produktes erlebte, daß sie noch in die Periode meiner strebenden Kräfte fällt, daß ich aus dieser reinen Quelle noch schöpfen kann, und das schöne Verhältniß, das unter uns ist, macht es mir zu einer gewissen Religion, Ihre Sache hierin zu der meinigen zu machen, alles was in mir Realität ist zu dem

reinsten Spiegel des Geistes auszubilden, der in diefer Hülle lebt, und so, in einem höheren Sinne des Worts, den Namen Ihres Freundes zu verdienen. Wie lebhaft habe ich bei dieser Gelegenheit erfahren, daß das Vortreffliche eine Macht ist, daß es auf selbstsüchtige Gemüther auch nur als eine Macht wirken kann, daß es dem Vortrefflichen gegenüber keine Freiheit giebt als die Liebe. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie sehr mich die Wahrheit, Das schöne Leben, die einfache Fülle dieses Werks bewegte. Die Bewegung ist zwar noch unruhiger als sie sein wird, wenn ich mich desselben ganz bemächtigt habe, und das wird dann eine wichtige Krise meines Geistes sein; sie ist aber doch der Effekt des Schönen, nur des Schönen, und die Unruhe rührt blos davon her, weil der Verstand die Empfindung noch nicht hat einholen können. Ich verstehe Sie nun ganz, wenn Sie sagten, daß es eigentlich das Schöne, das Wahre sei, was Sie, oft bis zu Thränen, rühren könne. Ruhig und tief, klar und doch unbegreiflich wie die Natur, so wirkt es und so steht es da, und alles, auch das kleinste Nebenwerk, zeigt die schöne Klarheit, Gleichheit des Gemüths, aus welchem alles geflossen ist.“

Dritter Abschnitt.

Die romantische Schule.

„Nach dem tollen Wagestücke mit den Xenien müssen wir uns blos großer und würdiger Kunstwerke befleißigen und unsre poetische Natur, zur Beschämung aller Gegner, in die Gestalten des Edlen und Guten umwandeln." Diefer Mahnruf fand Schiller gerüstet. Mit allem Ernst gingen die beiden ernsten Männer ans Werk und brachten ihre unvergleichlichen Balladen und ihre großen Gedichte Hermaun und Dorothea und Wallenstein hervor. Ihr Einfluß auf einander war sehr eigenthümlich; im Gegensatz zu ihrer natürlichen Tendenz machte er Goethe spekulativ und theoretisch, Schiller realistisch. Vor Allem wurde er für Goethe ein Antrieb zu thätigem Schaffen. Sie haben mir, schrieb er au Schiller, eine zweite Jugend gegeben und mich wieder zum Dichter gemacht, welches zu sein ich so gut wie aufgehört hatte." Beide waren damals viel mit Philosophie geplagt; Schiller beschäftigte sich mit Kant und Spinoza, Goethe mit Kant und naturwissenschaftlichen Theorieen. Beide auch erfüllten sich mehr und mehr mit dem Geist der alten Kunst und waren entschlossen, die Grundsäße derfelben

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wieder geltend zu machen. Da sie Männer von Genie waren, so schadeten diese beiden falschen Richtungen die reflektirende und die nachahmende ihren Schriften weniger, als der Bildung der Nation. Ihr Genie rettete fie troß ihrer Irrthümer, aber die Nation führten diese fehl. Wie Gervinus bemerkt, zeigt schon ein bloßer statistischer Nachweis der literarischen Erscheinungen den Verfall der Poesie in Deutschland während der letzten funfzig Jahre, in denen die Philosophie herrschte. Die Philosophie hat die Sucht zu theoretisiren aufgebracht und die großen Meister der Dichtkunst zu Kritikern herabgezogen; zugleich mit der nachahmenden Richtung hat sie jenen glänzenden Irrthum hervorgebracht, der unter dem Namen der romantischen Schule bekannt ist.

Einige wenige Worte über diese vielbesprochene Schule find wohl am Plaße. Gleich ihrem Nachkömmling, der romantischen Schule in Frankreich, hatte sie in der Kritik eine Richtung, die gut war, und eine Neigung nach_rückwärts, die vom Uebel war. Beide empörten sich gegen die Regeln einer beschränkten Kritik, beide stellten die mittelalterliche Kunst als die höchste hin, beide erklärten den Katholicismus und die Volkssagen für tiefsinniger, als die Literatur des Tages. In anderer Beziehung waren sie sehr von einander verschieden; die Schlegel, Tieck, Novalis und Werner hatten nicht gegen einen strengen feststehenden nationalen .. Geschmack anzukämpfen, wie Victor Hugo, Dumas, Alfred de Vigny; im Gegentheil wurden sie von einem großen Theile der Nation unterstüßt, da sie nur

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