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Noch einmal dringt Pylades mit seiner verständigen Weltklugheit in fie:

Das Leben lehrt uns, weniger mit uns
Und andern strenge sein; du lernst es auch.
So wunderbar ist dies Geschlecht gebildet,
So vielfach ist's verschlungen und verknüpft,
Daß keiner in sich selbst noch mit den andern
Sich rein und unverworren halten kann.

Da also liegt der tragische Conflikt. Wird die reine Seele dieser Iphigenie ihrem hohen Triebe untreu werden, selbst zur Rettung eines Bruders? Die Wahl ist furchtbar, und der Dichter zeigt uns die Versuchung in ihrer ganzen Stärke, die menschliche Schwäche in all ihrer Weichheit, und endlich auch menschliche Größe, weibliche Größe in dem schönen Ausbruche des gepreßten Herzens: Den Göttern allein

leg' ich's auf die Kniee! Wenn

Ihr wahrhaft seid, wie ihr gepriesen werdet,
So zeigt's durch euern Beistand und verherrlicht
Durch mich die Wahrheit! Ja, vernimm, o König,
Es wird ein heimlicher Betrug geschmiedet;
Vergebens fragst du den Gefangnen nach;
Sie sind hinweg und suchen ihre Freunde,
Die mit dem Schiff am Ufer warten, auf.
Der Aeltste, den das Uebel hier ergriffen
Und nun verlassen hat es ist Orest,

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Mein Bruder, und der Andre sein Vertrauter,

Sein Jugendfreund, mit Namen Pylades.

Apoll schickt sie von Delphi diesem Ufer
Mit göttlichen Befehlen zu, das Bild
Dianens wegzurauben und zu ihm
Die Schwester hinzubringen, und dafür
Verspricht er dem von Furien Verfolgten,
Des Mutterblutes Schuldigen Befreiung.
Uns beide hab' ich nun, die Ueberbliebenen
Von Tantals Haus, in deine Hand gelegt:
Verdirb uns wenn du darfst.

Nach einer Stelle wie diese durchsuchen wir das ganze griechische Drama vergebens; so groß ist sie gedacht, daß fie auf der Bühne, käme der Vertrag an Tiefe und Würde nur annähernd gleich, von überwältigender Wirkung sein würde.

Die schließliche Lösung des Conflikts entspricht dem sanften Gange des Stücks. Thoas ist so wenig ein wilder Skythe, hat uns von seiner Hochherzigkeit schon so überzeugenden Beweis gegeben, daß wir an den Zorn nicht recht glauben, in den er zunächst ausbricht. Schon hat er fast nachgegeben, als Orest mit gezogenem Schwert hereinstürzt, um Iphigenie zur Eile zu treiben, da ihr Plan verrathen sei. Thoas ist entschlossen, das Bild der Diana nicht wegführen zu lassen, und da Orest seinerseits darauf besteht, so scheint nur die Entscheidung der Waffen übrig. Doch nun erkennt Orest seinen Irrthum; den Orakelspruch Apollo's, er solle die Schwester" von Tauris nach GriechenLand zurückbringen, hat er bisher fälschlich auf das heilige Bild Diana's gedeutet; aber auf die eigene Schwester, auf

"

Iphigenie ging das Wort des Gottes, in deren Armen er schon die Befreiung von den Furien gefunden. Diese Deutung löst den Knoten. Iphigenie erinnert den Thoas an jenes Versprechen, sie ziehen zu lassen, wenn zu den Ihrigen „je ihr Rückkehr zubereitet wäre"; widerstrebend willigt er ein: So geht"; aber Iphigenie will freundlicheren Abschied und wie in schöner Harmonie klingen die leßten Worte: Nicht so, mein König! Ohne Segen,

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In Widerwillen, scheid' ich nicht von dir.

Verbann' uns nicht! Ein freundlich Gastrecht walte
Von dir zu uns: so sind wir nicht auf ewig
Getrennt und abgeschieden. Werth und theuer,
Wie mir mein Vater war, so bist du's mir,
Und dieser Eindruck bleibt in meiner Seele.
Bringt der Geringste deines Volles je
Den Ton der Stimme mir ins Ohr zurück,
Den ich an euch gewohnt zu hören bin,
Und seh' ich an dem Aermsten eure Tracht;
Empfangen will ich ihn wie einen Gott,
Ich will ihm selbst ein Lager zubereiten,
Auf einen Stuhl ihn an das Feuer laden,
Und nur nach dir und deinem Schicksal fragen.
O, geben dir die Götter deiner Thaten
Und deiner Milde wohlverdienten Lohn!
Leb' wohl! Owende dich zu uns und gieb
Ein heldes Wort des Abschieds mir zurück!
Dann schwellt der Wind die Segel sanfter an,
Und Thränen fließen lindernder vom Auge
Des Scheidenden. Leb' wohl! und reiche mir
Zum Pfand der alten Freundschaft deine Rechte.

Lebt wohl!

Thoas.

Das ist ein rührend edler Abschluß und in vollem Einklang mit dem ganzen Drama.

Meine Bemerkungen über dies Meisterstück unseres Dichters sind bereits zu solcher Ausdehnung angewachseni, daß ich es mir versagen muß, in eine Prüfung der Beurtheilungen deutscher Kritiker einzugehen. Nur noch für den Unterschied antiker und moderner Kunst deute ich einige charakteristische Punkte an: beim Euripides sind die Furien furchtbare Erscheinungen, wirkliche Wesen, die von besondern Schauspielern dargestellt wurden, bei Goethe sind sie geistige Gebilde, nur dem inneren Auge sichtbar, nur ein leidendes Gemüth die Schaubühne, auf der sie auftreten; in gleicher Weise ist die Lösung in dem griechischen Stücke das Werk der wirklichen Dazwischenkunft der Göttin in Person, in dem Goetheschen die Wirkung einer tieferen Einficht in die Absicht des Orakels, eine sittliche Lösung, deren Sinn Goethe in dem kurzen, schönen Worte ausgesprochen hat: Alle menschlichen Gebrechen

Sühnet reine Menschlichkeit.

Dritter Abschnitt.

Fortschritt.

Zu dem historischen Lauf unserer Erzählung zurückkehrend, finden wir Goethe zu Anfang des Jahres 1779 sehr thätig in seiner neuen amtlichen Wirksamkeit. Er hat die Leitung des Kriegswesens übernommen, das in Folge von Vorbereitungen zu einem Kriege (dem bairischen Erbfolgekriege) plötzlich eine vermehrte Bedeutung erhielt. Er ist viel zu Pferde, im Lande herum, und bemüht sich aus allen Kräften, die Lage des Volkes zu verbessern. „Das Elend (schreibt er in seinem Tagebuche) wird mir nach und nach so prosaisch, wie ein Kaminfeuer; aber ich laffe doch nicht ab von meinen Gedanken und ringe mit dem unerkannten Engel, und sollt' ich mir die Hüfte ausrenken. Es weiß kein Mensch, was ich thue, und mit wie viel Feinden ich kämpfe, um das Wenige hervorzubringen.“

Unter diesem Wenigen verdient die Verbesserung der Löschanstalten Erwähnung, die bei den vielen Bränden im Lande und dem großen Schaden, den sie bei gänzlich mangelnder Ordnung anrichteten, sehr dringendes Bedürfnig war. Schon in seiner leßten Frankfurter Zeit hatte

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