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die Welt lebe und wachse und gewinne, was sie mir mit Feuer und Schwert nicht nehmen können." Er krystallisirte fich allmälig, gewann allmälig die volle Herrschaft über sich selbst.,,Ich will Herr über mich selbst sein; Niemand als wer sich selbst verleugnet, ist werth zu herrschen und kann herrschen." Aber bei der leichten freien Sinnesart, die ihm die Natur mitgegeben, war das nichts Leichtes; Wein und Weiberthränen, fühlte er, gehörten zu seinen Schwächen:

Ich könnte viel glücklicher sein,
Gäb's nur keinen Wein

Und keine Weiberthränen.

Weder vom einen noch vom andern konnte er sich ganz frei machen. Als Rheinländer war er von Jugend auf an den Reiz des Weines gewöhnt, als Dichter war er nie fest gegen die Zauberei der Weiber. Aber ebensowenig wie er jemals beim Wein den Kopf verlor, ebensowenig gab er sich jemals einer Frau ganz hin: nie wurde der Reiz zum Rausch.

So sehen wir seine Leidenschaft für Frau von Stein fortdauern, aber sie kühlt sich etwas ab. Zu lieben war ihm Bedürfniß, aber hier liebte er vergebens, und allmälig beruhigte er sich zu stiller Neigung. Auch kam er nun mit Corona Schröter in ein immer näheres Verhältniß, und seine eifrige Betheiligung an theatralischen Aufführungen war nicht nur eine angenehme Erholung von dem schweren. Druckt seiner Amtsgeschäfte, sondern er machte dabei auch Borstudien zum Wilhelm Meister, dessen erste Keime sich damals bildeten. Das Theatralische, meinte er, sei noch

eins von den wenigen Dingen, an denen er noch Kinderund Künstlerfreude habe.

Als eine Folge seiner veränderten, ernsteren Haltung darf es auch angesehen werden, daß Herder, der sich bis dahin kalt zurückgehalten hatte, ihm nun näher trat. Diese erneuerte Freundschaft mit Herder regte in Goethe das Verlangen an, Lessing, dessen Bekanntschaft er in Leipzig versäumt hatte, zu besuchen; schon war die Reise nach Wolfenbüttel angefeßt, als die Trauerkunde kam, der große Kämpfer sei zur Ruhe gegangen: Lessing war todt.

Von wesentlicher Bedeutung für die damalige Wandlung Goethe's ist es, daß zu gleicher Zeit der leidenschaftliche Betrieb seiner wissenschaftlichen Studien eintrat. Schon früher hatte er sich zu wiederholten Malen, aber fahrig und ohne Ausdauer ihnen zugewandt, doch jetzt nahm er sie mit einem Ernst auf, der sie für den Rest seines Lebens zu einer bewußten und steten Thätigkeit erhob. Er suchte

nach einer sicheren Grundlage für seine Ziele, es war natürlich, daß ihn nach einer sicheren Grundlage für seinen Geist verlangte, und die konnte ein Geist wie der seine nur im Studium der Natur finden. Als Dichter und als Denker war die Natur Ausgangs- und Endpunkt seiner Strebungen. Ein bloßer Dichter konnte er nicht sein, denn er war ein Deutscher und zwar ein Deutscher des acht= zehnten Jahrhunderts, und wie Schiller die Ergänzung seiner dichterischen Thätigkeit in der Philosophie, so suchte fie Goethe in den Naturwissenschaften. Wenn es wahr ist, wie Männer der Wissenschaft wohl mit verächtlichem Spott

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erklären, daß Goethe in der Wissenschaft ein Dichter ge= wesen - was übrigens gegen die Thatsache, daß er in der Wissenschaft groß war und große Entdeckungen machte, nicht das mindeste beweist so ist es auch nicht minder wahr, daß er ein wissenschaftlicher Dichter ist. Seine Stellung in der Wissenschaft genau darzulegen, bleibe einem späteren (dem zehnten) Abschnitt vorbehalten; hier deuten wir nur den äußern Fortgang seiner Studien an. Büffon's wundervolles Werk, die Epochen der Natur", heute zwar durch die Fortschritte der Geologie veraltet, aber an Stil und hohem Gedankengehalt immer noch anziehend, machte auf Goethe den tiefsten Eindruck. Bei Büffon wie bei Spinoza und später bei Geoffroy St. Hilaire fand er eine Weise der Naturbetrachtung, die der feinigen völlig ent= sprach die nämlich, das Einzelne zu poetischer Synthese zusammenzufassen. Sauffüre, den er auf seiner legten Reise in Genf kennen gelernt hatte, veranlaßte ihn zum Studium der Mineralogie, und da seine Amtsgeschäfte ihn oft in Verkehr mit Bergleuten brachten, so knüpfte sich ein praktisches Interesse daran und dies Studium wurde bald zu einer wahren Leidenschaft, sehr zu Herders Aerger, der in jeinem Schriftsteller-Eifer ihn fortwährend aufzog, daß er sich an dem tauben Gestein abquäle. Außerdem trieb er Anatomie und besonders Osteologie, die ihn schon in früherer Zeit angezogen hatten, als er für Lavaters Physiognomik die Thierköpfe zeichnete; jest studirte er sie in Jena, wohin er zeitweise ging, unter Professor Loder systematisch. Bei diesen Studien mußte er auch sein Zeichentalent oder viel

mehr dies ihm fehlende Talent wieder üben. Und so wußte er mitten unter ernsten Geschäften und vielfachen Zerstreuungen, Hoffestlichkeiten, Bällen, Maskeraden und Aufführungen, doch Zeit zu finden zu den umfassendsten Studien. Wie er das fertig brachte, ist ein Räthsel. Er war wie Napoleon ein Riesenarbeiter und nie glücklicher als bei der Arbeit. Noch in späteren Jahren sagte sein Secretär Kräuter von ihm, er sei der fleißigste Mensch unter der Sonne."

Damals entwarf er auch den Plan zum Tasso und fing an, ihn in Prosa auszuarbeiten; Wilhelm Meister rückte langsam vor; kleinere Sachen entstanden in großer Zahl. Aber veröffentlicht wurde nichts. Goethe lebte nur für sich und einen kleinen Kreis von Freunden, ohne das Publikum zu bedenken. Auch kümmerte sich das Publikum damals weniger um ihn; es war mit Schillers Räubern beschäftigt, die man in den Bierkneipen bejubelte, in den Salons_ver= dammte, und ein gewisser Küttner konnte 1781 in seinen „Charakteren deutscher Dichter und Prosaisten" nicht mit Unrecht sagen, daß die Lobpreisungen, welche trunkene Bewunderer einst für Goethe erhoben hätten, verstummt seien.*) Inzwischen wuchs auch Egmont heran und nahm eine von der ursprünglichen Anlage ganz verschiedene Gestalt an.

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In alle Einzelheiten seines damaligen Lebens, wie sie in den Briefen, namentlich an die Stein, so reichlich vorliegen, ist es nicht nöthig einzugehen. Nur vielen Raum würden sie wegnehmen, das nähere Verständniß des Mannes wenig

* Schäfer I, 319.

fördern. Ein langsamer Fortschritt zu einem ernsteren und entschiedeneren Lebensplan ist in allen gleichmäßig zu er kennen. Am 27. Mai 1782 starb sein Vater; nicht eben betrauert; der Herzog z. B. meldete den Todesfall an Merc mit den Worten, der alte Goethe sei,,ja nun abgestrichen und die Mutter könne endlich Luft schöpfen.“ Auch dém Dichter kam die Erbschaft aus des Vaters Nachlaß zu Statten. Am 1. Juni vertauschte er nach langem Wiederstreben und mit tiefem Bedauern sein Gartenhaus, sein liebes Gartenhaus, das freilich für glücklich einsame Stunden immer sein Zufluchtsort blieb, mit einer städtischen Wohnung, die zu seiner Stellung und seinen Berufsgeschäf= ten besser paßte. Die Herzogin Amalie schenkte ihm einen Theil der Möbeln. Bald darauf wurde er durch ein kaiserliches Diplom geadelt, und von nun an ist er Herr von Goethe. Lange hatte er sich gegen die Erhebung in den Adelsstand gewehrt, aber die Herzogin Mutter hatte ihn zu bereden verstanden; als das Diplom ankam, war es für Niemanden eine Ueberraschung, und der Dichter selbst,,nahm es so hin." Mehr Aufsehen machte die plötzliche Entlassung des Kammerpräsidenten von Kalb, dessen Geschäftsführung nicht ganz in Ordnung befunden worden, und die, wie es hieß, einstweilige Uebertragung seines Postens an Goethe, der indeß seine Stelle im geheimen Rath zugleich beibehielt.

Für uns ist sein Verhältniß zum Herzog und zu Frau von Stein von größerer Wichtigkeit. In den Briefen an diese aus den Jahren 1781 und 1782 zeigt sich ein be

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