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flicken mögen." Je klarer er sich über die wahre Aufgabe seines Lebens wird, desto glücklicher wird er. Man kann sich denken, mit wie eigener Empfindung er in solcher Stimmung den Werther net herauszugeben unternahm und nach zehn Jahren zum ersten Male wieder dies Jugendwerk las. Einiges änderte er darin, namentlich in dem Verhältnisse von Albert zu Lotte; auch schaltete er damals die Erzählung von dem Bauernknechte ein, der aus Eifersucht einen Todtschlag begeht. Bemerkenswerth ist bei dieser Bearbeitung noch ein Umstand, den Schöll in seinen vortrefflichen Anmerkungen zu den Briefen an die Stein hervorgehoben hat. Herder, den Goethe zu Rathe zog, machte ihn auf einen angeblichen Fehler in der Composition aufmerksam, und zwar auf denselben, den zwei und zwanzig Jahre nachher Napoleon tadelte, daß nämlich Werthers Selbstmord ́theils die Folge vergeblichen Ehrgeizes, theils unerwiederter Liebe. sei ein Fehler übrigens, den ich trotz Herder und Napoleon, trot Goethe's eigener Zustimmung nicht für einen Fehler zu halten mir erlaube, wie ich bei Gelegenheit der Zusammenkunft Goethe's mit Napoleon (Buch 7, Abschn. 4) genauer darthun werde.

Vierter Abschnitt.

Vorbereitungen auf Italien.

Mit dem Jahre 1783 treten ernste Arbeiten immer mehr in den Vordergrund. Goethe hatte aufgehört, der Großmeister der Affen" bei Hofe zu sein; er vertiefte sich in alte Bücher und Akten. Die Geburt eines Erbprinzen, die ganz Weimar mit Freude erfüllte, stimmte den Herzog zu plößlichem Ernst. Die Taufe, welche am 5. Februar stattfand, war für Stadt und Land ein wahres Ereigniß. Herder predigte,,wie ein Gott“, sagte Wieland, von dem selbst eine Cantate bei dieser Gelegenheit gesungen wurde. In Fackelzügen, Festlichkeiten aller Art, Gedichten von allen Poeten, außer von Goethe, gab sich die allgemeine Freude kund. Goethe's Schweigen hatte ein edles Motiv. Daß man nicht Mangel an freundlicher Theilnahme darin sehen würde, konnte er sicher sein. Aber, so bereit er immer gewesen war, die Geburtstage der beiden Herzoginnen durch Singspiele, Maskenaufzüge oder sonstige poetische Gaben zu ehren, so wenig, das mußte er fühlen, durfte er jetzt, wo alle Weimarschen Dichter und Dichterlinge ihre Verse strömen ließen, das Gewicht seines Namens und seiner Kunst gegen

sie in die Wagschale legen. Wäre unter allen Festgedichten : seines das schlechteste gewesen, es wäre doch am höchsten geschätzt worden, weil es eben seins war.

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Der Herzog war ganz stolz auf seine Vaterschaft; an Nerd, der ihm gratulirt hatte, erwiederte er: „Sie haben Recht, daß Sie sich mit mir freuen; denn wenn je gute Anlagen in meinem Wesen waren, so konnte sich Verhält= niffe halber bis jetzt kein sicherer Punkt finden, wo sie zu verbinden waren; nun aber ist ein fester Haken eingeschlagen, an welchem ich meine Bilder aufhängen kann. Mit Hülfe Goethens und des guten Glücks will ich sie so ausmalen, daß wo möglich die Nachkommenschaft sagen soll: auch Er war ein Maler!" Und von da ab scheint ein entschiedener Wechsel in ihm vorgegangen zu sein, obgleich er wohl noch über die Taciturnität seines Herrn Kammerpräsidenten " sich beklagt, die „gelegentlich zu entrunzeln" ihm nur durch das Geschenk eines Kupferstiches gelinge. In Wahrheit ist aber dieser Kammerpräsident mit Arbeiten schwer überhäuft und lebt glücklich in seiner Liebe, fleißig in seinen Studien, in tiefer Abgeschlossenheit. Die amtlichen Geschäfte, die er früher so leicht und heiter übernahm ein Stück des Reichs nach dem anderen, hatte er gegen Merck gescherzt, lasse er sich beim Spazierengehen übertragen werden ihm jezt sichtlich zur Last; „vom Rade Irions" datirt er nicht lange nach dieser Zeit einen Brief an die Herder. Die klarere Einsicht in seinen hohen Beruf vermehrt den Widerwillen. Die alte Sehnsucht nach Italien beginnt ihn zu quälen. „Das glücklichste ist (schreibt er im October 1783 an die Stein),

daß ich nun sagen kann, ich bin auf dem rechten Wege, und es geht mir von nun an nichts verloren."

Was er bei der Geburt des prinzlichen Knaben versäumt, holte er zum Geburtstage des Vaters mit dem Gedichte,,Ilmenau" nach. Mit lebhaften Farben schildert er darin den Charakter des Herzogs und die Gewißheit seiner Umwandlung, und auch was er an seinem Fürsten auszusehen hatte verschweigt er nicht; mit Freuden erkennt man, daß er die vorhin mitgetheilten Bemerkungen an die Stein nicht etwa nur hinter dem Rücken gemacht hat.,,Das Ilmenauer Gedicht (äußerte er später gegen Eckermann) enthält als Episode eine Epoche, die im Jahre 1783, als ich es schrieb, bereits mehrere Jahre hinter uns lag, so daß ich mich selber darin als eine historische Figur zeichnen und mit meinem eigenen Ich früherer Jahre eine Unterhaltung führen konnte. Es ist darin, wie Sie wissen, eine nächtliche Scene vorgeführt, etwa nach einer unserer halsbrechenden Jagden im Gebirge. Wir hatten uns am Fuße eines Felsen kleine Hütten gebaut und mit Tannenreisern gedeckt, um darin auf trockenem Boden zu übernachten. Vor den Hütten brannten mehrere Feuer und wir kochten und brieten, was die Jagd gegeben hatte. Knebel, dem schon - damals die Tabackspfeife nicht kalt wurde, saß dem Feuer zunächst und ergößte die Gesellschaft mit allerlei trockenen Späßen, während die Weinflasche von Hand zu Hand ging. Sedendorf, der schlanke mit den langen feinen Gliebern, hatte sich behaglich am Stamm eines Baumes hingestreckt und summte allerlei Poetisches. Abseits, in einer

ähnlichen kleinen Hütte, lag der Herzog im tiefen Schlaf. Ich selber saß davor, bei glimmenden Kohlen, in allerlei schweren Gedanken, auch in Anwandlungen von Bedauern über mancherlei Unheil, das meine Schriften angerichtet. Knebel und Seckendorf erscheinen mir noch jezt (1828) gar nicht schlecht gezeichnet, und auch der junge Fürst nicht, in dem düstern Ungestüm seines zwanzigsten Jahrs.“ Zeichnung verdient hier eine Stelle:

Ein edles Herz, vom Wege der Natur
Durch enges Schicksal abgeleitet,

Das ahnungsvoll, nun auf der rechten Spur,

Bald mit sich selbst und bald mit Zauberschatten streitet,
Und was ihm das Geschick durch die Geburt geschenkt
Mit Müh' und Schweiß erst zu erringen denkt;
Kein liebevolles Wort kann seinen Geist enthüllen
Und kein Gesang die hohen Wogen stillen.

Diese

Indeß, wie der Schmetterlingspuppe die zarte Schale zu durchbrechen mit der Zeit gelingt, so hofft der Dichter auch für seinen Fürsten:

Gewiß, ihm geben auch die Jahre

Die rechte Wirkung seiner Kraft.

Noch ist bei tiefer Neigung für das Wahre

Ihm Irrthum eine Leidenschaft.

Der Vorwitz lockt ihn in die Weite,

Kein Fels ist ihm zu schroff, kein Steg zu schmal;

Der Unfall lauert an der Seite

Und stürzt ihn in den Arm der Qual.

Dann treibt die schmerzlich überspannte Regung
Gewaltsam ihn balb da bald dort hinaus,

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