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sie verunstaltet. Die ersten Christen waren die Freigesinnten unter den Ultras.“

Goethe's Freunde, die seine Liebe zu dem alten Herzog kannten, waren in großer Besorgniß, dieser Stoß werde ihn zu heftig erschüttern. Er war grade bei Tisch, als die Nachricht ankam. Einer flüsterte sie dem andern zu. Langsam und schonend theilte man sie endlich ihm mit. Die Gesellschaft war in athemloser Spannung. Aber sein Gesicht blieb ganz ruhig, und grade diese Ruhe verrieth die furchtbare Erschütterung in seinem Innern. „Ach, das ist sehr traurig, sagte er seufzend; sprechen wir von etwas anderm." Wohl mochte er den Trauerfall aus dem Gespräch verbannen, aber aus seinen Gedanken das war nicht möglich. Die Erschütterung ging um so tiefer, als er seinem Schmerz nicht einmal Worte geben konnte. „Nun ist alles vorbei!“ rief er aus. Am Abend ging Eckermann zu ihm, er fand ihn ganz zerschlagen. Ich hatte gedacht, klagte er, ich wollte vor ihm hingehen; aber Gott fügt es, wie er es für gut findet, und uns armen Sterblichen bleibt nichts als zu tragen und uns empor zu halten, so gut und so lange es gehen will." In der stillen Zurückgezogenheit des schön gelegenen herzoglichen Schlosses Dornburg an der Saale suchte der alte Mann durch Arbeit und Naturgenuß seines Schmerzes über den schweren Verlust Herr zu werden. Der neue Großherzog that das Seine, ihm mit wohlwollender Freundlichkeit entgegen zu kommen. Nach zehnwöchentlichem Aufenthalt kehrte er nach Weimar zurück, um sofort seine alte Thätigkeit wieder aufzunehmen. Im Jahre 1829 be

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endete er die Wanderjahre in der Form, wie sie nun vorliegen, arbeitete am zweiten Theile des Faust und nahm von einem jungen Franzosen Soret, dem Ueberseßer seiner Metamorphose der Pflanzen, unterstüßt, eine Durchsicht seiner naturwissenschaftlichen Papiere vor.

Im Februar 1830 fiel ein neuer Schatten auf seinen Lebensabend: die Großherzogin Louise starb. So sammelten sich die Wolken dichter und dichter; sie mahnten ihn, daß die Nacht auch für ihn hereinbreche die Nacht wo niemand wirken kann."

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Ehe wir zu diesen lezten Tagen seiner langen Laufbahn übergehen, wird es passend sein, den zweiten Theil des Faust zu besprechen, der zwar erst am 20. Juli 1831 beendet wurde, aber um eine Unterbrechung des Schlußakts zu vermeiden, besser gleich hier abzuhandeln ist.

Sechster Abschnitt.

Der zweite Theil des Faust.

Bei diesem Gedichte befinde ich mich in einer größern Berlegenheit als bei irgend einem andern Goethe'schen Werke. War es schon bisher eine schwierige Aufgabe, von dem Werke, das uns grade beschäftigte, eine entsprechende Anschauung zu geben und meine Kritik darüber auszusprechen, so steigert sich im gegenwärtigen Falle diese Schwierigkeit noch durch das Bewußtsein, daß ich mich mit einer ganzen Zahl von Goethefreunden in Widerspruch finde, und zwar mit Männern, die nicht etwa unwissend noch auch in Vorurtheilen befangen, sondern klare und kluge Köpfe find. Diese Goethefreunde halten den zweiten Theil des Faust für ein Werk, dessen Werth unser Fassungsvermögen übersteige; es soll alles überbieten, was Goethe sonst geschaffen, es soll ein Schatz sein von tiefer und mystischer Weisheit, ein Wunder an Ausführung. Andere dagegen, und die zu Goethe's treuesten Schülern gehören, sind der Ansicht, das Werk habe nur ein mäßiges Interesse, stehe sehr weit hinter dem ersten Theile zurück und sei nach Anlage und Ausführung ausgesucht verfehlt. Und zu diesen gehöre ich. Ich

habe versucht, das Werk verstehen zu lernen, mich auf den rechten Standpunkt zu stellen, von dem aus ich es am besten genießen könnte, aber statt mir die Dunkelheiten aufzuklären und meinen Genuß zu erhöhen, wie bei den andern Werken des Dichters, haben diese wiederholten Versuche nur den ersten Eindruck mehr und mehr bestätigt. Nun kann das zwar lediglich meine eigene Schuld sein, da, wie Goethe sagt, in der Dämmerung auch die leserlichste Handschrift unleserlich wird“, und die Erfahrungen, die ich und andere beim ersten Theile des Faust gemacht haben, sollten mich warnen, nicht so vorschnell im Urtheil zu sein, indeß auf die Möglichkeit hin, daß künftige Erleuchtung mich zu andern Ansichten bringen werde, darf ich doch nicht zurückhalten, was jetzt meine Ueberzeugung ist. Nicht für die Richtigkeit, nur für die Aufrichtigkeit unserer Ansichten müssen wir einstehen.

Es kommt hinzu, daß zwar der erste Eindruck so gut beim ersten wie beim zweiten Theile des Faust ein Gefühl von Enttäuschung ist, aber die Bedenken, die uns bei‘jenem aufstoßen, ganz anderer Art sind als bei diesem. Der erste Theil kann uns, so lange wir nicht näher mit ihm vertraut sind, wohl lückenhaft, ungleichartig, irreligiös, nicht philosophisch genug scheinen und dergleichen mehr, aber selbst ein einmaliges Lesen genügt, uns eine Vorstellung von dem Reichthum seines Inhalts, seinem Pathos, seiner poetischen Schönheit, seiner scharfen Charakterzeichnung zu geben. Mit andern Worten: der Kern des Gedichts ergreift und fesselt uns, und nur gegen Einzelheiten in der Aus

führung richtet sich unsere Kritik. Beim zweiten Theile ist es grade umgekehrt. Nicht an den Einzelheiten nehmen wir Anstoß, sondern an dem Gedichte als Ganzem; nicht an der Ausführung, sondern an der ganzen Anlage, an dem Plane und der Auffassung. Und was ist die Folge? Beim ersten Theile beseitigt nähere Bekanntschaft unsere Einwendungen und steigert unsere Bewunderung, beim zweiten verstärkt sie unser Mißfallen und lehrt uns die Gründe desselben kennen.

Wenn wir uns erinnern, daß Goethe's Werke Beiträge zur Kenntniß seines Lebens, ja, Theile seines Lebens, Ausdrücke seiner eigenen Erlebnisse, Bilder der verschiedenen Stadien seiner Entwicklung sind, so erhält eine Prüfung dieses Erzeugnisses seiner späteren Jahre ihr besonderes Interesse, und zugleich wird der Leser danach einsehen, warum ich meine Bemerkungen über den zweiten Theil für diesen besondern Abschnitt zurückbehalten habe, statt sie der Besprechung des ersten Theiles anzuhängen: die beiden Theile des Faust sind zwei Gedichte, nicht zwei Theile eines Gedichts; der Abstand zwischen ihnen in Auffassung und Behandlung ist so groß wie der der Jahre zwischen ihrer Abfassung. Nehmen wir die beiden Werke von ihrer biographischen Seite. In früheren Abschnitten haben wir beobachtet, wie Goethe's Hinneigung zum Mysticismus und zur Reflexion sich allmälig entwickelte; als Keim schon in frühen Jahren bemerkbar, ist sie mit ihm herangewachsen, hat im späteren Alter seine besseren Kräfte überwuchert und den klarsten und naivsten aller Dichter dahin gebracht, daß

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