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vergebens Eingang; die Sorge schleicht sich durch's Schlüssel-
loch ein.
Als Faust sie erblickt, heißt er sie sich ent-
fernen. Ich bin am rechten Ort", erwidert sie; „hast du
die Sorge nie gekannt?" Er habe immer rastlos gestrebt
und gewünscht, antwortet er, nur begehrt und nur vollbracht
und so sein Leben durchstürmt, erst groß und mächtig, nun
weise und bedächtig; den Erdkreis kenne er genug, nach
drüben sei die Aussicht verwehrt, und durchaus in Goethe's
eigenem Sinne schließt er:

Thor! wer dorthin die Augen blinzend richtet,
Sich über Wolken seines Gleichen dichtet!

Er stehe fest und sehe hier sich um;

Dem Tüchtigen ist diese Welt nicht stumm.
Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen!

Was er erkennt, läßt sich ergreifen.

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Als er die Macht der Sorge anzuerkennen sich weigert, haucht sie ihn an: er erblindet. Allein „ im Innern leuchtet helles Licht;" troß seiner Blindheit will er sein begonnenes Werk, einen großen Kanal, vollenden.

Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
Verpestet alles schon Errungne;
Den faulen Pfuhl auch abzuziehn,
Das Lette wär' das Höchsterrungne.

Eröffn' ich Räume vielen Millionen,
Nicht sicher zwar, doch thätig-frei zu wohnen.

Jal diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
Das ist der Weisheit lezter Schluß:

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,

Der täglich fie erobern muß.

Und so verbringt, umrungen von Gefahr,

Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
Solch ein Gewimmel möcht' ich sehn,

Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
Zum Augenblicke dürft' ich sagen:
Berweile doch, du bist so schön!

Es kann die Spur von meinen Erdetagen
Nicht in Aeonen untergehn.

Im Vorgefühl von solchem höhen Glück
Genieß' ich jezt den höchsten Augenblick.

So hat er das entscheidende Wort gesprochen;

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nun mag die Todtenglocke schallen, es ist die Zeit für ihn vorbei;" er sinkt todt zurück, das unruhige Leben ist zur Ruhe. Und so weit das Problem des Faust eine erschöpfendere Lösung finden kann, als ich sie am Schluß meiner Besprechung des ersten Theiles angedeutet habe, so weit ist sie nach meiner Ansicht in seiner leßten Rede gegeben: die ringende Seele, die sich in persönlicher. Anstrengung und persönlicher Befriedigung nach verschiedenen Richtungen versucht und keine Ruhe gefunden hat, gelangt endlich zur Erkenntniß der großen Wahrheit, daß der Mensch für den Menschen da ist und daß nur, wenn er für die Menschheit wirkt, sein Streben ihm dauerndes Glück schaffen kann. Fauft wird gerettet; Engel führen ihn aus den Händen Mephisto's und seiner Geister in die Regionen der Seligen. wo ihm Gretchen entgegenschwebt:

Wer immer strebend sich bemüht,
Den können sie erlösen.

Siebenter Abschnitt.

,,Sie rückt und weicht, der Tag ist überlebt."

Der Frühling des Jahres 1830 fand Goethe in seinem einundachtzigsten Jahre, mit dem Faust beschäftigt und voll regen Antheils an dem großen Streite, der in Paris zwischen Cuvier und Geoffroy St. Hilaire über die Frage der Einheit der organischen Bildung im Thierreiche entbrannt war. Diese Frage, eine der wichtigsten und tiefgehendsten in der Biologie und die eigentliche Grundlage der ganzen Entwicklungslehre hatte Goethe' schon seit vielen Jahren in demselben Sinne behandelt, den jetzt Geoffroy St. Hilaire vertrat; es begreift sich daher, daß er nun mit herzlicher Freude die wissenschaftliche Welt ernstlich um die Lösung derselben bemüht sah. Soret erzählt darüber eine sehr charakteristische Anekdote:

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Montag, 2. Aug. 1830. Die Nachrichten von der begonnenen Juli- Revolution gelangten heute nach Weimar und setzten alles in Aufregung. Ich ging im Laufe des Nachmittags zu Goethe. Nun? rief er mir entgegen, was

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denken Sie von dieser großen Begebenheit? Der Vulfan ist zum Ausbruch gekommen; alles steht in Flammen, und es ist nicht ferner eine Verhandlung bei geschlossenen Thüren!" Eine, furchtbare Geschichte! erwiderte ich. Aber was ließ sich bei den bekannten Zuständen und bei einem solchen Ministerium anderes erwarten, als daß man mit der Vertreibung der bisherigen königlichen Familie endigen würde. „Wir scheinen uns nicht zu verstehen, mein Allerbester, erwiderte Goethe. Ich rede gar nicht von jenen Leuten; es handelt sich bei mir um ganz andere Dinge. Ich rede von dem in der Akademie zum öffentlichen Ausbruch gekommenen, für die Wissenschaft so höchst bedeutenden Streite zwischen Cuvier und Geoffroy de St. Hilaire." Diese Aeußerung Goethe's war mir so unerwartet, daß ich nicht wußte, was ich sagen sollte, und daß ich während einiger Minuten einen völligen Stillstand in meinen Gedanken verspürte. „Die Sache ist von der höchsten Bedeutung, fuhr Goethe fort, und Sie können sich keinen Begriff machen, was ich bei der Nachricht von der Sizung des 19. Juli empfinde. Wir haben jezt an Geoffroy de Saint Hilaire einen mächtigen Alliirten auf die Dauer. Ich sehe aber zugleich daraus, wie groß die Theilnahme der französischen wissenschaftlichen Welt in dieser Angelegenheit sein muß, indem troß der furchtbaren politischen Aufregung, die Sißung des 19. Juli dennoch bei einem gefüllten Hause stattfand. Das Beste aber ist, daß die von Geoffroy in Frankreich eingeführte syn= thetische Behandlungsweise der Natur jezt nicht mehr rückgängig zu machen ist. Die Angelegenheit ist durch die

freien Diskussionen in der Akademie, und zwar in Gegenwart eines großen Publikums, jetzt öffentlich geworden, fie läßt sich nicht mehr an geheime Ausschüsse verweisen und bei geschlossenen Thüren abthun und unterdrücken. Von nun an wird auch in Frankreich bei der Naturforschung der Geist herrschen und über die Materie Herr sein. Man wird Blicke in große Schöpfungsmaximen thun, in die geheimnißvolle Werkstatt Gottes! Was ist auch im Grunde aller Verkehr mit der Natur, wenn wir auf analytischem Wege bloß mit einzelnen materiellen Theilen uns zu schaffen machen, und nicht das Athmen des Geistes empfinden, der jedem Theile die Richtung vorschreibt und jede Abschweifung durch ein inwohnendes Gesetz bändigt oder sanktionirt! Ich habe mich seit funfzig Jahren in dieser großen Angelegenheit abgemüht; anfänglich einsam, dann unterstüßt, und zuletzt zu meiner großen Freude überragt durch verwandte Geister."

Auch begnügte sich Goethe nicht damit, die Bedeutung jener Verhandlung in der französischen Akademie gesprächsweise anzuerkennen; er begann sofort seine berühmte Abhandlung darüber niederzuschreiben, deren ersten Theil er im September beendete. Hartnäckiger, als er hier that, kann man sich nicht wohl gegen die Politik abschließen; in dem vorliegenden Falle ist zwar die Wichtigkeit der Frage und der besondere Reiz, den sie durch ihren Zusammenhang mit seiner ganzen Naturbetrachtung für Goethe's Dichtergeist haben mußte, noch einiger Grund zur Erklärung; aber er behielt auch Gemüthsruhe genug, grade damals die klassische Walpurgisnacht zu vollenden.

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