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so findet sie sich auch bei Anaximenes, Aischylos, Antimachus und, im einzelnen weiter ausgeführt, in einer Elegie des Mimnermos von Kolophon wieder, wenn auch die wissenschaftliche Welt anders dachte. Wie es mit der Ablehnung antiker Ideen und mit der Quellenkritik überhaupt stand, beweist die Tatsache, daß man kein Bedenken trug, die Aristotelische Elementenlehre als ein Werk des „Kosmographen Moses" zu erweisen (K. Kretschmer: Die phys. Erdk. i. christl. Mittelalter 1890 S. 41). Einer merkwürdigen Lehrmeinung begegnen wir bei dem Kappadokier PseudoCaesarius. Um nämlich das Unsichtbarwerden der Sonne zu erklären, läßt er die Erde im Norden zu einem mächtigen Gebirge anschwellen, das er in dem kappadokischen Bergland erkennen zu müssen glaubt. Hinter dem Rücken dieser Bodenerhebung, hinter Gebüschen und Gewässern (!), unsern Augen nicht mehr sichtbar, gelangt das Tagesgestirn wieder zu seinem Ausgangspunkt zurück1).

Sehr verschiedene Rollen spielen in den patristischen Schriften die schon bei Severian erwähnten oberhimmlischen Gewässer, wohl aus dem Grunde, weil sich die Verfasser selbst nicht viel Bestimmtes darunter zu denken vermochten. Dem Gabalensischen Bischof z. B. dienen diese Wassermassen zur Abkühlung des von der heißen Sonne verbrannten Firmaments, eine Ansicht, die auch andere wiederholen. Geistvoller legt der Kappadokier Gregor von Nyssa († 395) sich die Sache zurecht, indem er die Vorstellung massiver Himmelssphären gänzlich fallen läßt und die oberen Gewässer einfach mit den Wolken identifiziert. In ebenso verständiger Weise hält der Aristoteliker Joh. Philoponus zu Alexandria dafür, daß damit die wässerigen Bestandteile der Luft gemeint seien. Basilius der Große (330-379) befindet sich in einiger Verlegenheit der Frage gegenüber, ob denn das Wasser an der konvexen Kugelwölbung nicht abfließen müsse, und greift zu der gewagten Erklärung, daß die Himmelsveste über uns nur im Innern ein Halbkugelgewölbe bilde, von außen und oben aber eine viereckige Gestalt zeige. Der gefeierte Kirchenvater Augustinus führt auf die oberen Gewässer eine Verlangsamung des SaturnUmlaufs zurück.

Eigentlich sollte man erwarten, daß dieser Mann, der sich vermöge seiner glänzenden wissenschaftlichen Begabung weit über seine Zeitgenossen erhob, auch Licht in die Naturwissenschaft gebracht hätte. Aber nein, auch er klammert sich ängstlich an jedes Jota der Bibel und steht bei offenbaren Widersprüchen zwischen Bibelbericht und Wirklichkeit oft ratlos da. Allgemein bekannt sind ja die auf Josua bezüglichen Bibelstellen, in denen der Sonne Halt geboten wird. Dagegen ist es vielleicht weniger bekannt, welche Mühe sich Augustinus gibt, das Stehenbleiben der Sonne

1) Migne gr. t. 38, 964. Dial. I, qu. 99.

mit dem Fortschreiten der Zeit in Einklang zu bringen. „Wenn die Sonne auf das Gebet jenes Mannes, der den Schlachtensieg erringen wollte, in ihrem Lauf innehielt, so schritt doch sicherlich die Zeit unterdessen fort, denn sie war ausreichend vorhanden, um jenen Kampf zu führen und zu vollenden. Hieraus ersehe ich, daß die Zeit eine bestimmte Ausdehnung ist.“ „Aber“, fügt dann der Kirchenvater in größter Beklemmung bei, ,,sehe ich auch richtig, oder scheint es mir nur so? Du, Licht und Wahrheit, wirst es mir zu erkennen geben." Somit lenkte die Sonne nach dem kurzen, durch Josua verursachten Halt wieder in ihre alte Bahn ein. Direkt komisch wirkt seine Verlegenheit, in die er durch die Stellungnahme zur Sphärizität des Himmels gebracht wird. Er bejaht sie nicht und verneint sie auch nicht; jedenfalls läßt er es dahingestellt, ob sie der biblischen Annahme einer gewölbeartigen Kuppel so unbedingt vorzuziehen sei. Ja, er gibt seinen ganzen Überdruß bei Behandlung dieses Punktes zu erkennen, indem er sagt: „Was geht es mich an, ob der Himmel die im Zentrum der Welt durch ihre eigene Masse im Gleichgewicht gehaltene Erde wie eine Kugel umschließt oder sich nur von einer Seite öffnet?" Aber der Annahme der Sphärizität stehen nach seiner Meinung die Worte des Psalmisten entgegen, daß der Himmel wie ein Fell ausgespannt sei, und doch sucht er schließlich beide Behauptungen zu vereinigen. Die Voraussetzung ist, daß das, was die Bibel sagt, auf alle Fälle richtig ist. Wenn sich daher einmal die Kugellehre als richtig erweisen sollte, so hätte man immer noch zu beweisen, daß sie auch der Schrift gegenüber standhält: Himmel = Kammer. Und nun schließt er etwa folgendermaßen: Die drei Bezeichnungen (Kugel, Kammer, Fell) lassen sich also nicht identifizieren. Der heidnischen Ansicht stehen die beiden biblischen gegenüber; aber auch die beiden biblischen lassen sich nicht in eins setzen, denn ein Fell ist keine Kammer. Da aber diese sich unter allen Umständen müssen zusammen bringen lassen auf Grund der unumstößlichen Autorität der Bibel, so dürfte es auch nichts Ungeheuerliches sein, sie mit der Lehre von der Kugel zu vereinigen. Ja, die biblischen Bezeichnungen lassen sich untereinander sogar ungleich schwerer identifizieren, als mit der heidnischen. Denn allenfalls könne man eine Kugel als eine nach allen Seiten hin gewölbte Kammer auffassen, während sich in Fell und Kammer nur sehr gezwungen eine Ähnlichkeit entdecken läßt. Es kann daher nach seiner Ansicht nur eine figürliche Bezeichnungsweise vorliegen1). Wir sehen, er treibt ein reines Versteckenspielen hinter unwichtigen Wörtern, das an Taschenspielerkunststückchen erinnert.

Über die Sternenwelt waren die Ansichten der Väter, soweit sie nicht grundsätzlich eine bestimmte Entscheidung ablehnten, geteilt. Nur 1) Migne 7. t. 34, 270f.

wenige schlossen sich der bekannten griechischen Sphärenlehre an, die meisten lassen sie frei im Weltenraum umherwandeln nach Art des Gehens der Menschen auf Erden“ und halten die Sterne für beseelte, erlösungsfähige und -bedürftige Wesen. Von dieser mystischen Anschauung war kein weiter Schritt zu der schon erwähnten bequemen Lehre, daß abkommandierte Engel den Lauf der Gestirne regulierten, eine Ansicht, der wir auch später bei den Scholastikern und selbst bei dem mathematisch geschulten Wilhelm von Conches im 12. Jhrh. noch begegnen. Auch diese Anschauung knüpft an die Antike an, nur nicht da, wo sie es hätte tun sollen, und zwar an Plato und die Platonisch-stoische Schule. Plato hatte. in seinem Timäus (38 E) beseelte göttliche Gestirne oder Himmelsbeweger statuiert. Epikur ist im Zweifel darüber, ob die Sonne nächtlicherweise die Erde umkreise, oder ob die Erscheinung von Tag und Nacht durch abwechselnde Anzündung und Wiederauslöschung der Himmelslichter verursacht würde. Plutarch erscheint gleichfalls der Belebung und Vergöttlichung der Sterne vorzugsweise zugetan. Die Folge einer solchen Auffassung war, daß man den Sternen geheime Kräfte zuschrieb und sie. als Beeinflusser irdischer Geschicke betrachtete, was schließlich auf astrologischen Aberglauben hinauslief. Erst gegen Ende der altchristlichen Zeit erlangte die mechanische Erklärung der Gestirnsbahnen, wie sie Aristoteles und Ptolemäus gelehrt, das Übergewicht. So legte u. a. Beda der Ehrwürdige im 8. Jhrh. das System des Ptolemäus ohne Bedenken seinen kosmographischen Schilderungen zugrunde. Der Gedanke an die Beseeltheit der Gestirne lebte daneben gleichwohl fort bis zu den Tagen eines Tycho Brahe und Kepler.

Einzelne Väter, die von dieser mystischen Anschauung unabhängig waren, wissen schon von physischen Einflüssen der Sterne auf animalische Wesen zu berichten, die wiederum teils phantastisch anmuten, die aber anderseits einen gewissen Kern von Wahrheit in sich schließen. So läßt Basilius die körperliche Beschaffenheit der Tiere mit der Veränderung des Mondes zusammenhängen. „Anders sind ihre Leiber beim Zunehmen des Mondes, anders beim Abnehmen beschaffen. Nimmt er ab, so sind sie dünn und leer, nimmt er zu, so werden sie voller, weil er eine mit Wärme vermischte Feuchtigkeit ihnen unbemerkt einflößt 1)." Im Vergleich hierzu sind seine Behauptungen von Einflüssen der Gestirne auf Temperamente, Affekte und Krankheiten des Menschen nicht als absurd von der Hand zu weisen. Mit jenen Krankheiten kann er offenbar wohl nur Mondsucht, Somnambulismus u. a. m. gemeint haben. Etwas Ähnliches bringt auch Anastasius (402), indem er sagt, daß die Pupille beim Affen sich erweitert oder verengt, je nachdem der Mond zu- oder abnimmt2).

1) Basil. ed. Garnier t. I Paris 1721 lib. VI, 11 p. 61.

2) Migne 89, 904.

Es war nicht Sache der Väter, sich mit mathematischen Berechnungen abzugeben. Daher erfahren wir von ihnen auch so gut wie nichts über die Zeitdauer, in der die Himmelskörper die Erde umkreisen sollen. In der Geschichte der Himmelskunde von Maedler Bd. I S. 98 findet sich eine Stelle, die besagt, daß Isidorus Hispalensis1), Bischof von Sevilla († 636), die Stillstände und Rückgänge der Planeten folgendermaßen erklärt haben soll: In tiefer Nacht und zu weit von der Sonne entfernt, können sie ihren Weg nicht sehen. Sie werden ungewiß, besinnen sich, gehen zurück, um ihn wieder zu suchen; endlich finden sie ihn, sehen sich noch einmal um, ob auch alles richtig sei und kommen dann wieder in ihr Geleise." An sich wären solche Absurditäten bei der Oberflächlichkeit und Unklarheit des westgotischen Bischofs nicht weiter zu verwundern, seine Bemerkungen über die Menschen- und Tierwelt enthüllen einen erschreckenden Tiefstand des Wissens, aber ich habe nirgendwo eine Bestätigung von Mädlers unverbürgter Angabe ausfindig machen können. Der erste der frommen Denker, der die Dauer der Umlaufszeiten, wie sie den Alten bekannt war, wiedergibt, ist erst gegen Ende der patristischen Zeit Beda Venerabilis. Er weiß von Saturns angeblich 30 jähriger, Jupiters 12jähriger und Mars 2 jähriger Periode zu erzählen, desgleichen vom Unterschiede des Sonnen- und Mondjahres.

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Eine hervorragende Stellung nimmt in den altchristlichen Kosmographien die Erde natürlicherweise ein. Die meisten Väter waren Anhänger der Scheibentheorie. Im hohen Norden dieser Scheibe erhob sich ein gewaltiges Gebirge, das Ephräm der Syrer (306-379), der unter den ostsyrischen Exegeten den größten Einfluß ausgeübt hat, sich aus Kristall zusammensetzen läßt. Wo sich diese Warzen der Erde" befinden, da tritt aus dem glühenden Innern des Erdkörpers ein mächtiger Feuerstrom an die Oberfläche hervor, um den eisigen Winter jener nördlichen Gegenden zu mildern. Ephräm bringt dann diesen Feuerstrom außer den Gebirgen noch in eine gewisse Beziehung zum Umlauf der Sonne um die nördliche Erdhälfte; es bleibt aber unklar, wie er sich dieses Verhältnis denkt. Er berührt damit gleich Pseudo-Cäsarius einen Gegenstand, der sowohl im Altertum als auch in den ersten christlichen Jahrhunderten bis ins Mittelalter hinein eine merkwürdige Rolle spielt, nämlich den Glauben an eine nördliche Erdanschwellung und die Existenz eines nördlichen Gebirges. Diese Fabel, die sich in dem Wort Rhipäengebirge verkörpert, läßt sich auf Hekataeus, auf den Arzt Hippocrates und auf den sonst gar nicht bekannten Damastes aus Sigeum zurückführen.

1) Er war ein Sammler ersten Ranges, ähnlich wie Plinius und verfaßte um 600 ein weitschichtiges Werk in 20 Büchern, die Etymologiae oder Origines ed. Arevalo, Rom 1801, die auch in kulturhistorischer Beziehung von größter Wichtigkeit geworden sind. Ein besonders astron. Dinge behandelndes Werkchen ist: Liber de natura rerum ed. G. Becker, Berlin 1857.

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XIII 1.

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Obgleich schon von den Griechen die Kugellehre, wie wir gesehen, zur Evidenz bewiesen war, gab es doch nur wenige unter den Kirchenvätern, die den Mut fanden, sich offen zu den Ansichten der Hellenen zu bekennen. Übrigens hat es selbst vor noch nicht allzu langer Zeit unklare Köpfe gegeben, die an eine Wiederaufnahme jener Theorie dachten. Im Jahre 1876 vertrat der Redakteur John Hampdon in einer in England erschienenen Zeitschrift: Monthly, the truth seekers oracle and scriptural science review die Ansicht, daß die Erde eine Scheibe mit dem Nordpol als Zentrum sei, und daß die Sonne in einer Höhe von 1000 englischen Meilen dieselbe umkreise. Wie weit die Furcht ging, sich mit der biblischen Überlieferung in Widerspruch zu setzen, zeigt Eusebius von Caesarea (270-340). In seinem Kommentar zu den Psalmen wagt er zu sagen, daß die Erde rund sei, dann aber, erschrocken über soviel Kühnheit, beeilt er sich hinzuzufügen, das sei wenigstens die Ansicht einiger; dabei läßt er durchblicken, daß es die seinige ist, wagt aber nicht, es offen einzugestehen. Einen höheren Standpunkt nehmen ein Basilius der Große und Gregor von Nyssa, beide Brüder, die sich durch Verständnis für Naturerscheinungen und durch wissenschaftlichen Sinn auszeichnen. Sie sind mit der Aristotelischen Doktrin vertraut, und Gregor war sogar kühnerweise bestrebt, die Entstehung der Welt aus dem Chaos durch ein Experiment klar zu machen, indem er Quecksilber, Wasser und Öl in einem Gefäß durcheinander schüttelte und nun die Ablagerung der drei verschiedenen Substanzen in parallelen Schichten beobachtete. Seine Theorie baut sich zwar auf Aristotelischen Lehrsätzen auf, ist aber durchaus originell und erinnert an moderne evolutionistische Lehren1). Durch sie wurde er notwendig auf die Kugelgestalt hingewiesen. Auch der bereits genannte Monophysit Joh. Philoponus zeichnete sich durch Kenntnisse in der Mathematik und Physik aus. Daraus erklärt sich seine Folgerung: „Nur wenn alle schweren Teile dem Zentrum des Ganzen zustreben, kann der Erde Stabilität und Unbeweglichkeit zugesprochen werden." Dann versucht er freilich die Übereinstimmung der Bibel mit dieser Tatsache nachzuweisen. Sehr treffend weist er auf eine Verwechselung von Begriffen hin, die eine rechte Vorstellung von der Kugellehre unmöglich machten. „Es könne von einem Oben und Unten keine Rede sein, sondern nur von der Mitte und ringsum." Als einen Beweis für die Erde als Zentrum des Weltalls führt er die Tatsache an, daß schwere Gegenstände überall unter gleichem Winkel zum Zentrum gezogen werden. „I Deshalb meinen

1) Auf Gregors kosmogonische Hypothese haben zuerst aufmerksam gemacht: H. Weiß, Die großen Kappadokier. Braunsberg 1872, S. 27 und Zöckler, Bezieh. zwisch. Theol. und Naturwiss. Gütersloh 1877 Bd. I, S. 200, der sich überhaupt höchst ausführlich über diese Episode der Literaturgeschichte verbreitet. Reiches Material enthält auch das zitierte Werk von K. Kretschmer.

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