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So also im hohen Norden. Aber auch bei den Naturvölkern des tropischen Südamerika sind die Hausgenossenschaften in derselben Entwickelung wie anderwärts. Auch hier, wo bei dem üppigen Wachstum der tropischen Urwälder Rodung und Anbau besonders schwierig ist und der Kräfte des einzelnen zu spotten scheint, tritt uns die Arbeit als Erwerbstitel der Gemeinschaft entgegen. Auch hier wohnen die Familien, die den Boden urbar gemacht und bepflanzt haben, in derselben Hütte zusammen, die ihnen gemeinsam gehört1). So wohnen bei manchen Stämmen der Tupis 40-60 Menschen in Häusern, die wie kleine Festungen (also wie bei den Pueblos durch die abzunehmenden Leitern, so hier) durch Pallisaden oder durch dichte Gehege von Bambus gegen den ersten Anlauf feindlicher Überfälle gesichert sind 2). Die Uaupes am Rio Negro hatten Gemeinschaftshäuser, die mitunter 115 Fuss lang, 75 Fuss breit und 30 Fuss hoch, etwa 12 Familien und gegen 100 Köpfe, bei Festen 300-400 Personen aufnehmen konnten3). Die Guaxcurustämme hatten lange Häuser, in denen sie zu hunderten in je 3 Abteilungen zusammenwohnten, der Häuptling in der Mitte1). Ebenso leben die Apiacas am Juruena in Brasilien, bei denen der Kannibalismus noch jetzt in voller Übung ist, zu mehreren hunderten in einem grossen Hause zusammen 5). Ähnliche Nachrichten haben wir von den Stämmen, die am Isthmus

Zwischenwände in mehrere Abteilungen geteilt. Eine aus einem ausgehöhlten Stein verfertigte Tranlampe diente zur Erleuchtung derselben. Da durch das Beisammensein so vieler Menschen und die immerdar brennende Lampe sich viele Wärme entwickelte, so pflegte man beinahe völlig nackt in der Wohnung sich aufzuhalten.<<

1) MARTIUS, Beiträge zur Ethnographie Amerikas, S. 83 ff., 93, 108, 110. 2) MARTIUS ebenda, S. 202.

3) MARTIUS ebenda, S. 597 ff.

4) WAITZ, Anthropologie, Bd. 3, S. 471 ff.

5) WAITZ, ebenda, S. 410.

zur Zeit seiner Entdeckung wohnten 1), und von den jetzigen Mosquitos in Mittelamerika, bei denen oft ein ganzes Dorf unter einem mit Palmblättern bedeckten Schuppen wohnt 2). Diese tropischen Naturvölker haben überhaupt noch voll entwickelten Hordenkommunismus, wie bei ihnen die Kriegsgefangenen noch vielfach nicht zu Sklaven des einzelnen, sondern der Gemeinde gemacht werden3). Hält man diese Nachrichten zusammen, so wird dadurch eine hohe Wahrscheinlichkeit begründet, dass die berühmten kommunistischen Niederlassungen der Jesuitenmissionen im südlichen Amerika nichts. anderes gewesen sind, als eine Anlehnung an die bei jenen Völkerschaften von den Missionären bereits vorgefundenen, von uralters her bestandenen Sitten.

Wie nun hat sich aus diesen Hausgenossenschaften, die bei allen möglichen Völkern der Erde an uns vorübergezogen sind und die als eine dem Hordenkommunismus folgende Stufe der Entwickelung angesprochen werden können, unser heutiges Privateigentum des einzelnen Menschen gebildet? Der Übergang wird sich auch hier sehr allmählich und langsam - dadurch vollzogen haben, dass dem uralten Gesamteigentum gegenüber die Möglichkeit einer Sonderhabe des einzelnen an gewissen Gegenständen, zuerst in sicherlich sehr beschränktem Umfang und in sehr fliessenden Grenzen, dann in immer ausgedehnterem Masse bis zu dem heutigen Standpunkt, wo nur noch Licht, Luft und Landstrasse allen gehören, anerkannt worden ist. Was für lange Wege muss aber die Entwickelung gegangen sein von dem einen zum anderen Punkt, zwischen denen eine unüberbrückbare Kluft zu liegen scheint! Und, da die Änderung fundamentaler, rechtlicher Auffassungen nicht in gewaltsamen Übergängen, sondern durch Generationen fassendes Auftauchen, Abklären und Erstarken neuer Ideen

1) BANCROFT, the native races, Bd. 1, S. 757.

2) WAITZ a. a. O., Bd. 4, S. 290.

3) Zeitschrift, Bd. 13, S. 312. WILUTZKY, Vorgeschichte des Rechts II.

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geschieht

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wie viel Geschlechter müssen dahin gegangen sein, ehe zum erstenmal eine Nation den Gedanken des Privateigentums klar erfasste oder doch wenigstens ihn tatsächlich seinem Rechtsleben zu Grunde legte! Und, wenn wir später sehen werden, dass bereits in dem alten Babel ein das Privateigentum voraussetzendes stark entwickeltes Privatrecht bestand welche Zeiträume der Vorgeschichte müssen vorangegangen sein, ehe diese Kulturstufe möglich war; welche Völker, deren Namen uns nicht mehr bekannt sind, weil keine Schrift von ihnen zu melden weiss, 'haben schon vor den sumerischen Völkern, die für uns dem grauesten Altertum angehören, ihnen den Boden bereitet und sind ihre Lehrmeister gewesen! Die Möglichkeit der Forschung hört da auf, wo die Überlieferung versagt, und unsere Ahnen, denen wir alles verdanken, auf deren Taten und Gedanken unsere ganze Kultur wie auf einem in der Erde vergrabenen und dem Licht entzogenen Fundament ruht sie, die ältesten Gedankenhelden der Menschheit, werden uns ewig unbekannt bleiben! Nur ahnen können wir und aus bruchstückweisen Traditionen viel späterer Zeiten den Zusammenhang uns zu deuten suchen. Undurchdringlich wie das Dunkel der Zukunft ist das Dunkel der fernen Vergangenheit und den kurzen Lichtstreifen dazwischen nennen wir, wie wenn es zum Hohn wäre, die »Weltgeschichte«: als ob die unendliche und unfassbare Welt, in der die uns anscheinende Ewigkeit einer Sonne nur ein Stäubchen im All ist, ausgeschöpft wäre durch die knappe Spanne verhältnismässig weniger Menschengeschlechter, und wenn unser Geist sich auch mit dem All verschwistert fühlt, und unsere Hände sich nach den Erdtiefen unter uns und den Sternen über uns ausstrecken wir Überstolzen sind doch Kinder eines Augenblicks und gehen mit ihm dahin!

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Also innerhalb der Hausgenossenschaften bildeten sich die ersten Anfänge des Rechtsgedankens des Privateigentums. Wie sich diese Bildung vollzogen haben mag, sehen wir vielleicht am deutlichsten an der Gestaltung des Sondereigentums

beim römischen Haussohn, des sogenannten peculium. Es ist dies aber beileibe nicht eine römische Eigentümlichkeit, sondern wir finden Ähnliches auch sonst in der Welt vor. So kennt das altgriechische Recht von GORTYN auf Kreta 1) besonderes Eigentum des Sohnes an dem, was er selbst erworben oder geerbt hat. Und das Allod, das Sondereigentum des Feudalherrn, gehört im Grunde derselben Entwickelungsreihe an wiederum ein Belag dafür, wie die rechtlichen Vorstellungen der hohen Aristokratie auf Urväter-Anschauungen zurückgehen. Wo setzte nun diese Neubildung zuerst ein? Es lag jedenfalls am nächsten, ein gesondertes Eigentum des Menschen an den Gegenständen anzunehmen, die ihm am nächsten, gewissermassen am Leibe und untrennbar von seinen täglichen Bedürfnissen ansassen. Dies kann zunächst nur die Waffe des Mannes und der erste Zierrat der Frau, ihre Fibeln und Spangen der Urzeit, gewesen sein. So ist noch in spätem deutschen Recht) das Heergerät des Mannes, also seine Bewaffnung, und die Gerade der Frau, d. h. ihre Kleider und Schmucksachen, als Sondereigentum hervorgehoben. Aber dies ist nicht eine Erfindung des Mittelalters, sondern ein Gedanke aus ältester Zeit, den wir z. B. weitab noch heute bei den Naturvölkern Brasiliens gewahren. Auch bei ihnen, die sicherlich nie ein Wort von der Entwickelung unseres deutschen Rechts vernommen haben, besteht genau ebenso das Sondereigentum des Mannes an seinen Waffen und der Frau an ihrem Zierrat3), und bezeichnend genug wird die Hütte des Verstorbenen mit allem seinem Eigentum verbrannt, wenn die Kinder nicht die Waffen daraus in Anspruch nehmen 4). Es kann also, wie dies Beispiel uns ganz auffällig zeigt, nicht

1) Col. VI, 3 ff.

2) Vergl. Sachsenspiegel I. 22, § 4, I 24, § 3 und sogar noch im preussischen Allgemeinen Landrecht II, 1, §§ 502 ff.

3) MARTIUS, Beiträge zur Ethnographie, S. 90.

4) SPIX und MARTIUS, Reise in Brasilien, Bd. 3, S. 1188.

wahr sein, dass Heergerät und Gerade sich aus dem deutschen Eherecht herausgebildet habe; sondern die Wurzeln dieser Institute sind uralt und reichen zurück in die Zeit, als der Begriff des gesonderten Eigentums in den alten Hausgenossenschaften die erste Verwirklichung gewann. Sie sind ehrwürdige letzte Zeugen ältester Rechtsvorgänge der Menschheit.

Einer viel späteren Zeit, als die Absonderung von Waffen und Schmuck zum Einzeleigentum, muss die Zuteilung von Vieh gehört haben, obwohl wir gewohnt sind, wegen des Zusammenhangs der alten Worte für »Geld« mit den Wortbezeichnungen des Viehs (pecunia von pecus, im Gothischen bedeutet faihu, ebenso wie im Angelsächsischen feoh, zugleich Vieh und Vermögen)1) zunächst an dieses als den ersten Fundamentalbegriff des Vermögens zu denken. Aber gerade dies Wort >> Geld<< deutet auf eine viel spätere Periode; denn die Einführung des Geldes hat den bereits erheblich gesteigerten Verkehr einer verhältnismässig hochkultivierten Zeit zur notwendigen Voraussetzung. Noch bei hochgradiger Kultur wurde Erz zugewogen statt gemünzt. Man hielt im Wort nur das damals beliebteste Tauschmittel (man denke an das, was im ersten Bande bei Besprechung der Kaufehe gesagt ist an die aλpesíẞotat des HOMER, an die Rinder des TACITUS und die anderen dort aufgeführten Beispiele !) eines bereits reich entwickelten Tauschverkehrs fest. Immerhin handelt es sich hier noch um eine Periode, die der Aufteilung des Bodens vorausging; denn die Sonderhabe am Viehstand ist sehr wohl bei noch fortdauernder Gemeinschaft an Grund und Boden möglich. Wir brauchen uns hier bloss die deutschen Hut- und Weiderechte an der gemeinen Mark zu vergegenwärtigen, die bis in sehr neue Zeit hinein bestanden. Aber auch bei den Römern war durch den vorhin erwähnten ager publicus ein ganz ähnliches Verhältnis geschaffen; hier wurde das Vieh,

1) JHERING, Vorgeschichte der Indoeuropäer, S. 34.

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