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beim römischen Haussohn, des sogenannten peculium. Es ist dies aber beileibe nicht eine römische Eigentümlichkeit, sondern wir finden Ähnliches auch sonst in der Welt vor. So kennt das altgriechische Recht von GORTYN auf Kreta 1) besonderes Eigentum des Sohnes an dem, was er selbst erworben oder geerbt hat. Und das Allod, das Sondereigentum des Feudalherrn, gehört im Grunde derselben Entwickelungsreihe an wiederum ein Belag dafür, wie die rechtlichen Vorstellungen der hohen Aristokratie auf Urväter-Anschauungen zurückgehen. Wo setzte nun diese Neubildung zuerst ein? Es lag jedenfalls am nächsten, ein gesondertes Eigentum des Menschen an den. Gegenständen anzunehmen, die ihm am nächsten, gewissermassen am Leibe und untrennbar von seinen täglichen Bedürfnissen ansassen. Dies kann zunächst nur die Waffe des Mannes und der erste Zierrat der Frau, ihre Fibeln und Spangen der Urzeit, gewesen sein. So ist noch in spätem deutschen Recht 2) das Heergerät des Mannes, also seine Bewaffnung, und die Gerade der Frau, d. h. ihre Kleider und Schmucksachen, als Sondereigentum hervorgehoben. Aber dies ist nicht eine Erfindung des Mittelalters, sondern ein Gedanke aus ältester Zeit, den wir z. B. weitab noch heute bei den Naturvölkern Brasiliens gewahren. Auch bei ihnen, die sicherlich nie ein Wort von der Entwickelung unseres deutschen Rechts vernommen haben, besteht genau ebenso das Sondereigentum des Mannes an seinen Waffen und der Frau an ihrem Zierrat3), und bezeichnend genug wird die Hütte des Verstorbenen mit allem seinem Eigentum verbrannt, wenn die Kinder nicht die Waffen daraus in Anspruch nehmen1). Es kann also, wie dies Beispiel uns ganz auffällig zeigt, nicht

1) Col. VI, 3 ff.

2) Vergl. Sachsenspiegel I. 22, § 4, I 24, § 3 und sogar noch im preussischen Allgemeinen Landrecht II, 1, §§ 502 ff.

3) MARTIUS, Beiträge zur Ethnographie, S. 90.

4) SPIX und MARTIUS, Reise in Brasilien, Bd. 3, S. 1188.

wahr sein, dass Heergerät und Gerade sich aus dem deutschen Eherecht herausgebildet habe; sondern die Wurzeln dieser Institute sind uralt und reichen zurück in die Zeit, als der Begriff des gesonderten Eigentums in den alten Hausgenossenschaften die erste Verwirklichung gewann. Sie sind ehrwürdige letzte Zeugen ältester Rechtsvorgänge der Menschheit.

Einer viel späteren Zeit, als die Absonderung von Waffen und Schmuck zum Einzeleigentum, muss die Zuteilung von Vieh gehört haben, obwohl wir gewohnt sind, wegen des Zusammenhangs der alten Worte für »Geld« mit den Wortbezeichnungen des Viehs (pecunia von pecus, im Gothischen bedeutet faihu, ebenso wie im Angelsächsischen feoh, zugleich Vieh und Vermögen)1) zunächst an dieses als den ersten Fundamentalbegriff des Vermögens zu denken. Aber gerade dies Wort >Geld deutet auf eine viel spätere Periode; denn die Einführung des Geldes hat den bereits erheblich gesteigerten Verkehr einer verhältnismässig hochkultivierten Zeit zur notwendigen Voraussetzung. Noch bei hochgradiger Kultur wurde Erz zugewogen statt gemünzt. Man hielt im Wort nur das damals beliebteste Tauschmittel (man denke an das, was im ersten Bande bei Besprechung der Kaufehe gesagt ist an die aλpssíßotat des HOMER, an die Rinder des TACITUS und die anderen dort aufgeführten Beispiele!) eines bereits reich entwickelten Tauschverkehrs fest. Immerhin handelt es sich hier noch um eine Periode, die der Aufteilung des Bodens vorausging; denn die Sonderhabe am Viehstand ist sehr wohl bei noch fortdauernder Gemeinschaft an Grund und Boden möglich. Wir brauchen uns hier bloss die deutschen Hut- und Weiderechte an der gemeinen Mark zu vergegenwärtigen, die bis in sehr neue Zeit hinein bestanden. Aber auch bei den Römern war durch den vorhin erwähnten ager publicus ein ganz ähnliches Verhältnis geschaffen; hier wurde das Vieh,

JHERING, Vorgeschichte der Indoeuropäer, S. 34.

das auf die gemeinschaftliche Weide getrieben wurde, gezeichnet, indem jedem Stück nicht nur das Zeichen der Hutgenossenschaft, sondern auch des einzelnen Eigentümers aufgebrannt wurde1), - ein primitives Mittel der Kennzeichnung, das in dieser Weise auch anderwärts angewandt sein wird. Dagegen ist die Nachricht der römischen Sage, dass Romulus das Privateigentum an Ackerland eingeführt habe, wohl nur dahin zu verstehen, dass hier die Zuweisung von Land an die in Hausgenossenschaften zusammen lebenden Geschlechterverbände in der ältesten Zeit der Niederlassung gemeint ist. Hierauf weist auch zurück, dass das alte Wort für Grundeigentümer heres (Erbe) ist, wodurch die Verfügungsbeschränkung des Hausvorstands, der nicht in eigenem Namen, sondern kraft seines Geschlechts verwaltete, zum Ausdruck gehracht zu sein scheint. Freilich mehr als Vermutungen kann man über diese Vorgänge einer Urzeit nicht haben. Die Zeugen jener Zeit schlafen den ewigen Schlaf, den auch wir bald schlafen werden auch dem Unruhigen ist endlich Ruhe beschieden, und die grosse Mutter weiss, wie sie ihre Kinder am besten bettet. Nachrichten aber, wie sie von uns durch die unzähligen Stösse bedruckten und beschriebenen Papiers auf die Nachwelt kommen werden, konnten sie uns nicht hinterlassen.

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Wie ohne Sesshaftwerden, Rodung, Acker- und Feldwirtschaft wir uns Hausgenossenschaften nicht vorstellen können, so wird dies alles auch die regelmässige Voraussetzung der Sonderhabe gewesen sein, so dass der Ackerbau der Pionier auch des Privateigentums war. Mit Recht nannten die Alten Ceres, die Mutter der Kultur, sie »die Bezähmerin wilder Sitten, die den Menschen zum Menschen gesellt, und in friedliche, feste Hüttenwandelte das bewegliche) Zelt.<

1) VIRGIL, Georgica 3, 158; vergl. JHERING a. a. O., S. 30. 2) Einen eigentümlichen Belag findet dieses SCHILLER'sche Epitheton in der Auffassung der heutigen Amaxosa-Kaffern, die in ihrem von den Engländern gegebenen Gesetzbuch dadurch zum Ausdruck gelangt, dass

Aber noch lange, ehe an die Aufteilung des Bodens unter die einzelnen gedacht wurde, werden tatsächliche Besitzverhältnisse am Baum wie an der Feldfrucht vorangegangen sein, die von einem einzelnen gepflegt, diesem einzelnen auch zufallen mochten. Die Abscheidung vom Gemeineigentum wird sich zögernd und in sehr langen Zeiträumen vollzogen haben; aber das dürfen wir wohl als sicher betrachten, dass die Frucht der Scholle vorausging.

So werden wir uns die regelmässige Ausgestaltung der Dinge zu denken haben: Ackerbau und Viehzucht als Vorfrucht unseres heutigen Eigentumsbegriffs. Es lässt sich aber nicht verkennen, dass der Verlauf zuweilen unter besonderen Umständen auch ein anderer gewesen sein kann, wie ja überhaupt die gewisseste Regel die Ausnahme ist. Es lässt sich sehr wohl vorstellen, dass auch Jägervölker, durch die Sorge um Nahrung und durch andauernde Streitigkeiten mit ihresgleichen gezwungen, unter einander ihre Jagdbezirke sich abgrenzten, wenn auch mit wenig festen und von keinem Feldmesser gezogenen Grenzen; und wir haben auch Beispiele, dass man auf diesem Wege zu noch weiter gehender Sonderung gelangte. So kennen z. B. die wilden Miri am nördlichen Bramaputra Jagdbezirke einzelner Personen 1), und die australischen Eingeborenen begrenzen sogar die Distrikte, in denen sie dem Wurzel- und Insektensuchen nachgehen2). Was die Feldfrucht dem Ackerbauer, ist dem Jägervolk die Jagdbeute und so mag hier vereinzelt sich der Entwickelungsgang in einer parallelen Richtung vollzogen haben. Aber immer konnte es sich nur

auch die Wohnungen der Eingeborenen für bewegliche Sachen erklärt werden. (POST in Zeitschrift, Bd. 11, S. 222).

1) Ausland 1879, S. 677.

2) LUBBOCK, Entstehung der Civilisation, S. 382; PRITCHARD, Naturgeschichte des Menschengeschlechts, übersetzt von WAGENER und WILL, Bd. 4, S. 282; PESCHEL, Völkerkunde, S. 251; SCHURTZ, Urgeschichte der Kultur, S. 172.

um roheste Anfänge und Keime einer Idee handeln, die erst bei höherer Gesittung, wie sie nur die feste Ansiedelung mit sich bringt, auszureifen vermochte.

Wenn ich vorhin das Wort »Sonderhabe« gebraucht habe, so geschah dies hauptsächlich, um einen möglichst farblosen Ausdruck zu gewinnen. Denn, wie schon gedacht, zwischen dem ältesten gesonderten Haben und dem, was wir heute unter Eigentum verstehen, liegt ein Werdegang und eine Gedankenarbeit, die wir uns nicht gross genug vorstellen können. Wir sind gewohnt, abstrakt zu denken und aus abstrakten Prämissen abstrakte Folgerungen zu ziehen. Ja, vielleicht hat unser Recht etwas an Volkstümlichkeit auch dadurch verloren, dass ihm die ursprüngliche Bodenfrische, der Erdgeruch fehlt, der den früheren Rechtsstufen anhaftet. Aber, bis man zu diesen Abstraktionen gelangte, also bis die erste von den Einzelerscheinungen ab. gezogene Idee im Recht erschien was für ein unendlich weiter Weg! Was Schiller von der Sprache sagt, dass sie >>für dich dichtet und denkt«, gilt ebenso gut von unserem heutigen hochgebildeten Recht. Aber die erste Stufe war die schwierigste, gerade wie das Einmaleins die schwerste Stufe der Arithmetik war, die, einmal erstiegen, den Tempel erschloss. So können wir es auch als sicher voraussetzen, dass der Begriff des Eigentums erst spät, sehr spät entstand, und dass ihm der Begriff und vorher das Gefühl des einfachen Habens ich gebrauche absichtlich nicht das Wort »Gewahrsam«, das sofort uns in das Fahrwasser der abstrakten Gedanken hineinbringt

lange, sehr lange vorausgegangen ist. So hat die vergleichende Sprachwissenschaft nachgewiesen, dass das indogermanische Urvolk kein Wort für »Eigentum« und »Eigentümer< gehabt haben kann1) - nicht gerade eine erstaunliche Entdeckung; denn, auch wenn die Sprachwissenschaft es nicht ausdrücklich bestätigte, würden wir das Fehlen solcher Begriffe

1) BERNHÖFT in Zeitschrift, Bd. 1, S. 18.

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