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auch wegen Ansprüche, die dem Privatrecht unterstellt sind (Weidestreitigkeiten u. dergl.), geübt wurde. Erst das Einzelwie wir feststellten, ein Spross verhältnismässig

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eigentum später Zeiten hat allmählich zu seiner Verfolgung, wie zu seinem Schutz den Civilprozess geschaffen. Allmählich — denn so manche Zeichen weisen darauf hin, dass noch auf lange hinaus dem Einzeleigentümer es überlassen blieb, sein eigener Richter zu sein und durch seine eigene Kraft sein Recht durchzusetzen. Hierauf deutet vor allen Dingen, dass die Stellung der staatlichen Gerichte an ihrem Beginn vielfach eine sehr zurückhaltende war: sie sprachen bei so manchen alten Völkern zwar die Forderung zu; aber der obsiegende Kläger musste das ihm günstige Urteil selbst vollstrecken. So gestattete das altindische Gesetzbuch des MANU1) dem Gläubiger noch Selbsthilfe gegen den Schuldner in jeder Form: »mit Milde, nach dem allgemeinen Brauch, durch List, nach dem herkömmlichen Wege, und fünftens durch Gewalt«, und wird in Strafe genommen, »wer beim König einen Gläubiger verklagt, weil derselbe eigenmächtig ihn zur Rückzahlung eines Darlehns anhält<<").

Dies ist aber keine Besonderheit des indischen Rechts. Ganz Ähnliches finden wir bei den Griechen. Noch im ausgebildeten Recht der Athener sehen wir den obsiegenden Kläger mit seinen Freunden in das Haus des Schuldners eindringen, sich der beweglichen Güter, deren er habhaft werden kann, bemächtigen und sie forttragen, um sich an sie als an Pfandstücke zu halten ja, wegen bedeutender Forderungen den Schuldner aus seinem ganzen Besitztum an beweglicher und unbeweglicher Habe hinauswerfen 3).

1) Buch 8, V. 48, 49, 176.

2) JOLLY in dem Sitzungsbericht der K. bayerischen Akademie der Wissenschaften 1877, hist.-phil. Kl. S. 313 ff.; BERNHÖFT in Zeitschrift, Bd. 1, S. 13 ff., Bd. 2, S. 292.

3) HEFFTER, Athenäische Gerichtsverfassung, S. 454, 455. COLLINET, La saisie privée, Paris 1893, S. 12, 13.

Und ein gleiches, nach unseren Begriffen tumultuarisches Verfahren scheint im ältesten Rom bestanden zu haben. Nach den 12 Tafeln konnte der Gläubiger vor dem Magistrat Hand an den verurteilten Schuldner legen und ihn in die Schuldhaft abführen 1); und ebenso wissen wir, dass in einigen besonderen Fällen es zugelassen war, durch private Pfändung seinen Zugriff an die Habe des Schuldners zu nehmen, und dass die Sache möglicherweise überhaupt nicht vor die Obrigkeit kam, nämlich wenn der Schuldner die Rechtmässigkeit der Pfändung nicht bestritt oder das Pfand einlöste3). Es scheint sich hier um Reste älterer Rechtszustände zu handeln, in denen auch hier, gerade wie in Athen, Pfändung des Schuldners im Wege der Selbsthilfe gestattet war3).

Dies Pfändungsrecht des Gläubigers bestand mit gewissen Einschränkungen auch vielfach noch zur Zeit der deutschen Volksrechte. Die Ermächtigung wurde ihm durch einen gerichtlichen Zahlungsbefehl erteilt; die Vollziehung erfolgte durch den Gläubiger selbst 4), doch scheint schon früh eine Mit

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3) GAJUS 4, 26-29; SCHULIN, Römische Rechtsgeschichte, S. 537Die pignoris capio scheint altitalisches Recht gewesen zu sein. Vergl. FESTUS Sub vo Nancitor: Nancitor in XII nactus erit, prenderit. Item in födere Latino: »Pecuniam quis nancitor, habito.« et »si quid pignoris nasciscitur, sibi habeto«. Vergl. über die pignoris capio auch PERNICE in Zeitschrift der Savignystiftung, röm. Abt., Bd. V (1884), S. 127 ff.

3) BERNHÖFT in Zeitschrift, Bd. 1, S. 16 ff.

4) L. Bajuvar. 13, § 1. Pignorare nemini liceat nisi per jussionem judicis. Und noch aus einer viel späteren Zeit die const. pacis Kaiser Friedrichs II. vom 15. August 1235, C. 14: Nullus aliquem sine auctoritate judicis provinciae pignorare praesumat, quod qui fecerit tamquam praedo puniatur. SOHм, der Prozess der lex Salica, S. 5. In den französischen Gewohnheitsrechten war das Privatpfändungsrecht des Gläubigers noch im 12. und 13. Jahrhundert allgemein üblich (PAUL COLLINET, Études sur la saisie privée, Paris 1893, S. 89 ft., insbesondere die dort S. 98 mitgeteilte Ordonnanz Ludwigs VI. von 1134, welche dieses Recht für Paris gesetzlich

wirkung des Gerichts stattgefunden zu haben 1). Nach dem Recht der alten Friesen durfte bei der Pfändung zwar das Haus des Schuldners betreten werden; aber nicht den gewöhnlichen Weg durch die Türe und über die Schwelle durfte der Gläubiger wählen, sondern es musste die Wand eingestossen und so der Zutritt genommen werden?) für so geheiligt galt das Hausrecht. Und so finden wir auch hier die Regel bestätigt, die wir so oft erwähnten, dass heilig gehaltene Gebote der Vorzeit nicht direkt aufgehoben, sondern auf seltsamen Umwegen umgangen werden; so musste der zwangsweise Weg in das Heim nicht durch den offenen Eingang, sondern von der Seite her und mit den Zeichen der Gewalt erfolgen.

Und diese Zeichen trug der alte Prozess noch offen an sich. Er verleugnete zunächst gar nicht seine Entstehung aus dem Fehdegang der alten Hausgenossenschaften. So beob. achten wir bei Naturvölkern vielfach, dass civilrechtliche Streitigkeiten mit den Waffen in der Hand entschieden werden, und nur zwischen Angehörigen desselben Stamms oder derselben Familie die Schlichtung in ungeregeltem Verfahren dem Häuptling zukam3). Bei einzelnen Völkern, wie im alten Wales und auch bei slavischen Stämmen, lässt sich in vergangenen

feststellt und nicht einmal einen vorgängigen Richterspruch erfordert); über ähnliche Rechtsgewohnheiten im alten keltischen Irland, vergl. ebenda, S. 21 ff. Der letzte Ausläufer dieser Rechte ist die Selbsthilfe gegen Landesfremde, aber mit alten Einschränkungen zu Gunsten des Marktfriedens (vergl. COLLINET, S. 146 ff.)

1) SCHRÖDER, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 87.

2) GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 867. Vergl. hierzu auch die auffallende Parallele in 5. MOSE 24, 10, 11. Wenn du deinem Nächsten irgend eine Schuld borgest, so sollst du nicht in sein Haus gehen und ihm ein Pfand nehmen; sondern du sollst draussen stehen, und er, dem du borgest, soll sein Pfand zu dir herausbringen.<

3) Zeitschrift, Bd. 13, S. 289, 316. Die Familiengerichte, die über schwerere Ehestreitigkeiten entschieden, haben in Rom bis in die Kaiserzeit hinein bestanden (DIONYS 2, 25).

Zeiten der Kampf vor Gericht als gesetzliche Form des Prozesses1) nachweisen. Und wir werden alsbald bei der Besprechung der Gottesurteile sehen, dass der gerichtliche Zweikampf - wenn auch keineswegs in so verbreiteter Übung, wie man sich dies häufig vorstellt als Entscheidungsmittel vorkam. Musste doch in England diese Form des Gottesurteils im Jahre 1819 durch besondere Parlamentsakte aufgehoben werden, als in einem Prozess (casus Thorton) die eine Partei, auf altes Recht sich berufend, auf gerichtlichen Zweikampf antrug). So sehen wir bis in unsere Zeiten den >kampflichen Gruss«, der in den Volksrechten der Deutschen eine grosse Rolle zur Vermeidung des Zeugenbeweises spielt3), hineinragen.

Der staatlichen Handhabung des Prozesses geht zuweilen ein Tappen und Suchen voraus, das, was noch fehlt und doch als notwendig gefühlt wird, durch geheimnisvolle Vereinigungen zu ersetzen, die, von einem inneren Bedürfnis geschaffen, als Stimme des Volksverbands sich äussern. Dies ist die Bedeutung der Geheimbünde (duck-duck), die der offenen Macht entbehrend, in gespenstischen Vermummungen erscheinen und nach einem ungeschriebenen Volksrecht eine Art von Lynchjustiz üben. Wir begegnen ihnen bei Völkern, die am Anfang ihrer Entwickelung stehen), aber auch, wo die Staatsgewalt für die Bedürfnisse der Rechtspflege nicht stark genug ist, oder das Recht und die Volksüberzeugung auseinandergehen.

1) WALTER, Das alte Wales, S. 137, 467.

2) POST, Anfänge, S. 262; vergl. auch BERNHÖFT in Zeitschrift, Bd. 2, S. 299.

3) Vergl. z. B. L. RIB, 57, 2; L. ALAM, 44, I. L. BAJUV, 12, 8, GIERKE, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, S. 519 a., S. 146.

4) Für Afrika die Nachweise bei KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 452, für Neu-Britannien und Neu-Irland POWELL, Wanderings in a wild country. London 1884, S. 61 ff. Vergl. auch SCHURTZ, Urgeschichte der Kultur, S. 116 ff. derselbe, Altersklassen und Männerbünde, S. 318 ff.

So sind Vehme wie Haberfeldtreiben, Erscheinungen einer viel späteren Zeit, aus demselben Bedürfnis geboren, das zu den Geheimbünden primitiver Völker führt.

Es scheint, dass die ältesten Richter, in deren Hand man die Entscheidung legte, Schiedsrichter waren. So hören wir es heutigen Tags noch von Stämmen Südamerikas berichtet, dass in den dort selten vorkommenden Streitigkeiten über Mein und Dein die Ratsversammlung der Männer (Palavar) unter dem Vorsitz des Häuptlings entscheidet, und dass die streitenden Parteien sich dem Ausspruch freiwillig unterwerfen 1). Dies scheint vielfach der Anfang der Gerichtshöfe gewesen zu sein. Auch bei den alten Hellenen deutet die berühmte Gerichtsscene, die auf dem Schild des Achill dargestellt wird2), auf Ähnliches hin. Denn auch hier sind es Schiedsrichter (otopes Kundige), vor welche die Entscheidung des Rechtsstreits gebracht wird3).

Im alten Rom werden Schiedsrichter in wichtigen Angelegenheiten häufig erwähnt. So wird aus sagenhafter Vergangenheit hervorgehoben, dass zu Numa's Zeiten die angrenzenden Völker, bei einem etwa unter ihnen entstehenden Kriege, die Römer zu Friedensstiftern machten und die Beilegung der Feindseligkeiten dem Ausspruch Numa's überliessen1). Und, als Tarquinius Superbus eine Versammlung der Latiner bis Sonnenuntergang auf sich warten liess, gab er vor, dass ihm die Schlichtung eines schwierigen Streits zwischen Vater und Sohn übertragen worden sei5). Nach der Vertreibung der Tarquinier wurde Porsena Schiedsrichter zwischen ihnen und den

1) SCHOMBURGK, Reisen in Britisch-Guajana, Bd. 2, S. 321.

2) Ilias. 18, 501 ff.; vergl. ebenda 23, 485 ff.

3) SCHÖMANN, Griechische Altertümer, 4. Aufl., Bd. 1, S. 29.

4) DIONYS 2, 76.

5) LIVIUS 1, 50. Die Antwort des Latiners ist charakteristisch: eine solche Schlichtung bedürfe weniger Worte, da der Sohn dem Vater unbedingt zu gehorchen habe.

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