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auf dieser primitiven Stufe ohne weiteres annehmen können. Bekannt ist im deutschen Recht, wie das tatsächliche Genussrecht der Gewere< ursprünglich völlig das Eigentumsrecht ersetzte1), zum Zeichen, dass es die bewehrte und gerüstete Hand war, die die Habe festhielt. Und selbst bei den Römern, die bekanntlich das Eigentumsrecht zur vollen Durchbildung gebracht haben, ist dies keineswegs ein Erzeugnis der ältesten Zeit. Noch in den Klageformularen der legis actiones findet sich statt des abstrakten Worts >Eigentum die Umschreibung >> diese Sache ist mein« (hanc rem meam esse). Und eine Parallele hierzu sehen wir im altindischen Recht; denn im Gesetzbuch des MANU 2) heisst es fast mit den nämlichen Worten: >>Wer sagt: »Dies gehört mir« (also der Vindikant), muss einem genauen Verhör unterworfen werden.<< Und ganz Ähnliches findet sich im altrussischen Recht3).

Das aber ist der ethisch wichtige Satz, den uns die Vorgeschichte des Eigentumsrechts lehrt, dass Arbeit der älteste Titel des Eigentums ist, sodass sie selbst die Mutter der Kultur, die wahre Göttin Ceres genannt werden kann1). Denn auch Kleider und Waffen verfertigte man sich in der Urzeit selbst; noch in den Erinnerungen einer sehr späten Zeit wob Penelope in nie endender Arbeit das Gewand und schmiedete Siegfried sich selbst sein Schwert; noch viel mehr muss dies von der

1) SCHRÖDER, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 261.

2) 8, 31; vergl. auch 8, 35.

3) EWERS, das älteste Recht der Russen, S. 264 ff.

4) So lässt SCHILLER mit Recht den Stauffacher auf dem Rütli sagen (TELL II, 2): »Wir haben diesen Boden uns erschaffen durch unsrer Hände Fleiss, den alten Wald, der sonst der Bären wilde Wohnung einem Sitz für Menschen umgewandelt; die Brut des

war,

zu

Drachen haben wir getötet, der aus den Sümpfen giftgeschwollen

stieg; die Nebeldecke haben wir zerrissen, Wildnis hing,

die ewig grau um diese

den harten Fels gesprengt, über den Abgrund dem

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Wandersmann den sichern Steg geleitet; Unser ist durch tausendjährigen Besitz

der Boden.«

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viel roheren und einfacheren Habe der ältesten Zeit gelten. Besonders klar aber lässt sich dieser Zusammenhang bei der Bebauung des Grundes und Bodens verfolgen. Das verderbliche Aufkommen des Latifundienbesitzes, der die ursächliche Kette zwischen der Mühe der Arbeit und den Erträgnissen der Ernte zerriss (Vergl. das für alle Zeiten mahnende Wort des PLINIUS1): Latifundia perdidere Italiam) ist ursprünglichen Zeiten unbekannt. Die Palme gehört dem, der sie pflanzt, das ist einer der gesündesten Grundsätze der Menschheit, auf dem sich ein guter Teil ihres Emporringens aufgebaut hat. Wir sehen die Befolgung dieses Prinzips schon durch die vorstehenden Betrachtungen durchweg bestätigt. So lange noch niemand der Scholle die Frucht durch mühsame Handhabung abzwang, also zu den Zeiten des Hordenkommunismus nomadisch umherstreifender Völker, gab es auch noch nicht einmal die ersten Anfänge des Eigentums. Wie heute nur noch die allgemeinsten Gaben der Natur, Licht und Luft, damals alles als Geschenk der Götter allen. goldene Zeit ohne Herren und Knechte, ohne Reiche und Arme. Sobald aber die Hausgenossenschaften der Ansiedler sich niederliessen und die Erde bearbeiteten, gehörten die gemeinsam gewonnenen Früchte diesen Gemeinschaften. Und nicht anders war es, als an die Stelle der gemeinsamen die Arbeit des einzelnen für sich selber trat; wie dort den Gemeinschaften, so brachte sie hier dem einzelnen als Lohn seines Schweisses die Frucht). So steht am Anfang der Kultur das goldene Wort: Ehre der Arbeit! Und dasselbe Wort steht auch über der Eingangspforte des Sondereigentums. So ist, um die Beispiele mit unsern Altvordern zu beginnen, nach altem deutschen Recht der Wald Eigentum der Gesamtheit; wer aber ein Stück Waldes rodet und es urbar macht, dem

1) Nat. Histor. 18, 6 (7), § 35.

so gehörte Dies war die

2) BASTIAN, Allgemeine Grundzüge der Ethnologie, S. 32 ff.; Kohler in Zeitschrift, Bd. 6, S. 408.

gehört es zum Sondereigentum. Wörtlich bestimmt so das alte Volksrecht der Burgunder (Lex Burgundionum tit. 13 über die Rodungen - de exartis1)), und dies war durchweg das Gewohnheitsrecht der Deutschen 2). Liess aber der Eigentümer das von ihm gewonnene Feld wieder verwildern, so fiel es an die gemeine Mark zurück; ganz logisch, denn, wer nicht besonders arbeitete, konnte auch kein besonderes Eigentum haben. So sagen die alten Weistümer in ihrer bilderreichen Sprache: Wenn jemand seine eigenen Güter verwachsen lassen wollte, Hecken und Bäume so gross waren, dass zween Ochsen sich darin verbergen könnten, soll solches Gut zur gemeinen Mark gezogen und gehalten werden. Und ebenso der Wetterauer Spruch: Wenn der Busch reicht dem Reiter an die Sporen, so hat der Untertan sein Recht verloren3). Und gerade, wie hier, das Sondereigentum notwendig an die fortgesetzte Arbeit geknüpft war, genau so sahen wir es vorhin auch bei der Beteiligung an der gemeinen Mark selber; nur wer selbst seinen eigenen Rauch in der Mark hatte, also dort selbst wirtschaftete, hatte Anteil und Geltung als Genosse. Ähnliches finden wir auch bei den Russen'), und auch bei unsern indogermanischen Stammesgenossen im fernen Indien hat sich aus ältester Zeit der Satz von der Arbeit als dem Ursprung des Eigentumserwerbs erhalten. So sagt das alt

1) Über die Bedeutung des Wortes hospes an dieser Stelle vergl. DUCANGE, in der Pariser Ausgabe von 1844, Bd. 3, S. 700.

2) GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 524 fl., Weistümer, Bd. 3, S. 658; dass man die Arbeit direkt als den Erwerbstitel betrachtete, geht z. B. aus der Urkunde des 13. Jahrhunderts bei BLUNTSCHLI, Züricher Staatsund Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 88 hervor: Proprietatem meam, quam labore proprio de incultis silvis exstirpavi . . . quidquid meo sudore adquisivi. Vergl. auch GIERKE, Genossenschafts-Recht, Bd. 2, S. 147, Anm. 24. 3) GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 92, 82. Vergl. auch HILLEBRAND, Deutsche Rechtssprichwörter, S. 60, No. 85: »Holz und Unkraut wächst für alle Menschen.«

4) DARGUN in Zeitschrift, Bd. 5, S. 75, Anm. 27.

indische Gesetzbuch des MANU1), dass das Feld dem gehört, der die Baumstümpfe abhaut, also genau was das Volksrecht der Burgunden über die Rodungen bestimmte. Und noch heutigen Tages erwirbt im Pendschab der Brunnengräber in dem wasserarmen Lande ein Recht auf den Boden, soweit er durch die Quelle bewässert wird). Und der Ansiedler, der das Land urbar macht, wird in jenen Gegenden aus einem abgabepflichtigen Untereigentümer zu einem freien Obereigentümer 3).

Dies bei den Indern. Wir können aber aus Asien eine ganze Musterkarte von Völkern aufführen, bei denen wir ganz gleiche Anschauungen antreffen: die Tscherkessen, die Kabardiner im Kaukasus, die Völker am oberen Euphrat, die alten und neuen Perser, die Bewohner Malaccas, die Tawai in Hinterindien, die Redjang auf Sumatra1). Und dies sind nur Beispiele. In vielen Provinzen Javas wird, wer einen Teil des Gemeindelands anrodet, ebenfalls genau wie im alten Deutschland dadurch Eigentümer 5). Und ebenso ist es auf den Philippinen das Recht der Eingeborenen, dass sie das, zu ihrer Wohnung und zum Feldbau benötigte, unbenützte Land durch Besitznahme und Urbarmachung zu ihrem vererblichen Eigentum umschaffen, es aber verlieren, wenn sie es zwei Jahre hindurch nicht bearbeiten"). In dieser Frist mag in dem üppigen Klima die verwilderte Hecke schon so hoch schiessen, dass sie, wie in den deutschen Weistümern, zwei Ochsen verbergen kann.

1) Buch 9, V. 44.

2) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 183.

3) KOHLER ebenda, Bd. 7, S. 175 ff.; vergl. auch POST, Geschlechtsgenossenschaft, S. 126.

4) Post a. a. O., S. 116 ff., 126 ff.; ROSCHER, System der Volkswirtschaft, 18. Aufl., Bd. 1, S. 195 ff., 210 ff. Nicht anders war es im alten Babylon; vergl. die interessanten Bestimmungen über den Verlust vom Besitzer vernachlässigter Lehnsgüter in dem Gesetzbuch des Königs HAMMURABI um 2250 v. Chr. §§ 30, 31.

5) LAVELEYE, Ureigentum, S. 48 ff.

6) LAVELEYE ebenda, S. 278.

Dies ist sicherlich auch altarabisches Recht. Denn MoHAMMED sagt seinen Gläubigen im Koran das beherzigenswerte Wort: »Der Mensch hat alles von den Früchten seiner Arbeit zu erwarten.<< Dadurch ist aber die rechtliche Bedeutung der Arbeit, da Recht und Religion bei den Mohammedanern noch eins sind, in einer bei den westlichen Völkern heute unbekannten Weise gesteigert worden. So ist es allgemein islamitisches Gesetz geworden, dass das, was jemand durch seine Arbeit erworben und geschaffen hat, auch sein Eigentum sei1). Und der arabische Rechtslehrer SIDI KHELIL, dessen Ausführungen in ganz Nordafrika, auch in Algier, fast Gesetzeskraft besitzen, schreibt: »Den toten Boden erwirbt, wer ihn belebt. Sind die Spuren der früheren Besitzergreifung verwischt, so erwirbt den Boden, wer ihn wieder belebt.< So ist die Rodung auch jetzt noch im türkischen Reiche weitverbreiteter, vollgültiger Erwerbstitel. Und umgekehrt wird das Eigentum an Grundstücken durch Unterlassung der Bebauung regelmässig verwirkt 2). Wir sehen, wie universal dieser Rechtsgedanke ist, und wie er in jedem Erdteil und unter allen Menschen zu Hause ist. So tritt er uns in Afrika nicht bloss in mohaminedanischen Bezirken, sondern auch als ganz allgemeines Negerrecht entgegen. Und bezeichnend genug gelangt er in diesen Gebieten, in denen noch der alte Kommunismus an Grund und Boden herrscht, nur in der Weise in Geltung, dass der einzelne Ansiedler, der den Boden urbar macht, nicht Einzeleigentum denn dieses kennt der Kommunismus überhaupt noch nicht vielmehr lediglich Besitz erwirbt und ihn so lange behält, als er den Boden bebaut 3).

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1) JOVANOVIC in Zeitschrift, Bd. 15, S. 294; POST, Geschlechtsgenossenschaft, S. 127.

2) JOVANOVIC ebenda, S. 285, 286, 295; wegen des modernen Ägyptens LAVELEYE a. a. O., S. 488.

3) LAVELEYE, das Ureigentum, S. 273 ff.; Posт, Geschlechtsgenossenschaft, S. 126 ff.; Derselbe, Anfänge, S. 284 ff.; Zeitschrift, Bd. 10, S. 44.

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