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tigkeit gross ist und ihre Gutmüthigkeit, jener Grundzug des italiänischen Characters; wie ich denn dankbar rühmen muss, beide oft erfahren zu haben, so ist doch auch ihr Misstrauen leicht rege, da wo nur tiefere Einsichten es abzuwehren vermögen. Redliche Männer wird es auch unter ihnen geben, die sich die Heiligung ihres Lebens und die Würde ibres Amtes rechten Ernst seyn lassen. Ich bin nicht einseitig und befangen genug, dies zu verkennen; ja ich habe selbst auf meinen Reisen erfreuliche Erfahrungen der Art gemacht. Aber es sind die selteneren Fälle, ja ich muss es bekennen, die Ausnahmen. Denn die jungen katholischen Geistlichen Italiens halten mit unseren Candidaten der Theologie keinen Vergleich aus. Wie könnte es auch anders seyn, da ihnen strengwissenschaftliche Bildung und eine eigentliche Studienbahn fehlt, da ihre Musse grösser ist als ihre Arbeit, da sie sich so schwer an abstractes Denken gewöhnen, für welches selbst die italiänische Sprache noch wenig ausgebildet ist, da sich ihre Beschäftigungen so sehr vertheilen, und daher zumeist Stückwerk bleiben. Es ist eine Geschäftlosigkeit inmitten der Beschäftigung; die vaterländische Geschichte und allerhand Lieblingsbeschäfti

die

der langobardischen Handschriften beschäftiget, und es darin zu einem hohen Grade der Fertigkeit gebracht; mir versagte er nichts auf meine Bitten, als einen Brief Nicolai V. an den Grossultan, der einem Codex des Boccaccio angehängt ist, und höchst denkwürdige und interessante Concessionen enthalten soll. Uebrigens wird der weitere wissenschaftliche Bericht meiner Reise lehren, dass in dem reichen Monte Cassino von europäischer Berühmtheit die wissenschaftlichen Schätze nicht mehr sind, man wohl noch in der Ferne dort vermuthet; griechische Handschriften z. B. ausser einem unbedeutenden Codex von Homers Ilias, vermisst man dort gänzlich. Die inedita sind von den Bibliothekaren okkupiret und werden den Fremden vorenthalten; sie beschränken sich meist auf Bruchstücke der lateinischen Kirchenväter des Hieronymus, Cyprian, Augustin. Für die Geschichte des Klosters und des Benedictinerordens überhaupt ist ein unermesslicher, zum grossen Theile aber schon benutzter Schatz von Handschriften und Documenten vorräthig. Die weiten Corridors und Höfe zu Monte Cassino, das wie eine Festung auf dem Felsen lehnt, weiland ein Erholungsort der gelehrten Mönche nach ihren Lucubrationen, sind nun verödet, und dienen höchstens zur Ergötzøng und zum Spiel der Novizen.

versagen können. Ja die verschiedenartigsten Zeichen

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der Zeit beobachten wir in den beiden Ländern, deren Anblick und geistige Durchdringung mir gestattet war, tauchen in Piemont die Jesuiten und Barnabiten wieder auf und bilden eine rückgängige Bewegung zu dem alten Obskurantismes; so überschreitet in Frankreich die neue katholische Kirche zu Paris unter dem Abbé CHATEL weit die gallikanischen Kirchenfreiheiten und steht in der Mitte zwischen Rom und dem Evangelium; noch ist der rechte Stand und Haltpunkt nicht gefunden; aber das tiefere Bedürfniss regt sich hier und dort auch innerhalb der katholischen Welt, nur dass es damit noch nicht zum Durchbruche gekommen. Noch ist zu viel Weltliches in den Vorträgen der französischen Neologen; fast Alles geht in Polemik und Theismus auf, der höhere Ernst ist noch nicht hineingekommen. Traurig aber ist im Grossen und Ganzen die religiöse Verfassung unseres westlichen Nachbarlandes Frankreich! Es ist ein Zustand nicht der Unkirchlichkeit allein, nein, der Religionslosigkeit. Bedeutende Gelehrte spotten über alle Gegenstände der übersinnlichen Welt, von denen, wenn sie auch nichts Positives annehmen mögen, sie doch auch das Gegentheil nicht zu beweisen im Stande sind 18); warum hat man noch Kirchen, wenn sie Niemand besucht, ausser einigen abgelebten Frauen, muss man in einem andern Orte Verordnungen an die Thüren heften, die Kirchen nicht als blosse Durchgangspuncte für Marktwaaren mit Hunden zu benutzen 19); wird es anderwärts nicht bloss vermieden,

18) Im Ganzen herrscht unter ihnen die Ansicht, es sey am besten, nichts zu glauben. Ein berühmter turinischer Gelehrter, zugleich Geistlicher, kam nach Paris, und unterhielt einen gefeierten Archäologen lange über die Mittel und Wege, die gallikanischen Kirchenfreiheiten mit den Ansprüchen der römischen Curie in Einklang zu bringen. Dieser, im hohen Grade ungeduldig, brach zuletzt in die Worte aus: qu'est ce que vous nous chantez là? Est-ce-que vous croyez que nous sommes de bons catholiques? Nous ne sommes rien du tout catholiques, nous sommes protestans, ou plutôt nous ne sommes rien du tout, oder setzte er etwas besänftigend hinzu, au moins les plusieurs.

19) Dies bemerkte ich selbst in der Kirche St. Eustache, dasselbe soll auch in anderen zu lesen seyn.

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sondern selbst für unschicklich und dem Gesellschaftstone zuwider gehalten, von Religion nur von Weitem zu sprechen, verbergen sich nicht die Geistlichen auf den Strafsen von Paris 20), spotten nicht selbst gebildete Frauen über das Höhere und die Hoffnung nach diesem Leben 21), und tragen die grossen politischen Verhandlungen des öffentlichen Lebens nur je eine Spur von religiöser Beziehung und Weihe 22)? Ja wir dürfen es mit Selbstgefühl aussprechen, dass wie Deutschland das Land wahrer Wissenschaft sey, so sey es auch das Land wahrer Religion; denn nichts reicht an die Ausdauer und die Tiefe des Gemüthes der Deutschen. Zwar wird jeder Freund des Besseren dem schönen Frankreich, das so viele talentvolle Söhne zählt, eine glückliche Zukunft wünschen; nichts aber kann im Staatsleben bleibend gedeihen und tüchtig werden ohne tieferen sittlichen Grund und religiöse Befestigung. Und wer kennt dort den Ausweg aus so grosser Verwirrung, wer das Ende der Stürme, wer den Anfang besserer, durch wirkliche Vaterlandsliebe und durch den Sinn für gesetzmässige Freiheit gesicherter Zeiten? - Darum erkennen und preisen wir, was an Deutschland Gutes war, und ist, nachdem wir das Fremde gewürdiget, und den Massstab stets genommen in dem Einen, welcher Grund ist alles geistigen und geistlichen Lebens, Christus. Aber glauben wir nicht, uns selbst täuschend, dass unser Tagewerk vollendet sey, und dass wir auf unsern Lorbeeren

20) Wie einst unter den Albigensern des südlichen Frankreichs die verachtete Geistlichkeit thun musste. S. FUESSLIN Kirchen- und Ketzergesch. d. mittl. Zeit. I. 360.

21) Von einem glaubwürdigen Manne wurde mir erzählt, dass gebildete Frauen über andere, welche die Fasten streng und gewissenhaft halten, zu urtheilen pflegen: sie kämen ihnen vor, wie Leute, die kein Frühstück (auf der Erde) genössen, um desto bessere Mittagstafel (im Himmel) halten zu können. Aber, setzen sie ironisch hinzu, es ist Schade, dass der Mittagstisch nicht so ganz gewiss ist. (C'est dommage, que le diner n'est pas bien sûr).

22) Die deutschen Kammern beginnen ihr Werk mit religiösem Sinne and Gebet. Davon kann in Frankreich nicht die Rede seyn.

FLECK theol, Reisefrüchte.

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ruhen können. Auch in unsern deutschen Lehranstalten ist die Wissenschaft noch nicht vollendet, wenn sie gleich nach Inhalt und Methode Riesenschritte vorwärts gethan hat, wenn gleich wie in den messianischen Zeiten vom Abend und Morgen man gekommen ist, und kommt, unsere Lehranstalten zu besichtigen und zu Mustern zu wählen. Doch diesen Gegenstand in seinem vollen Umfange zu beleuchten, kann hier der Ort nicht seyn, und nur Weniges sey vergönnt zu sagen. Wohl ist es gegründet, dass die Kunde des biblischen Christenthumes weiter und allgemeiner verbreitet ist, als in den Nachbarländern fremder Zungen, dass theologischer Forschungsgeist sich überall regt, gar erfreuliche Früchte getragen hat, und noch hoffen lässt auf deutschem Boden; dass die Kirche Christi unter uns feste Wurzeln geschlagen hat, und nicht mehr ausgetilgt werden kann durch Böswillige und Lichtscheue des Tages; dass nicht Leichtsinn und Ruhmsucht, sondern wirklicher Ernst in deutscher Wissenschaft zu Hause sey. Aber noch fehlt bisweilen die Liebe, welche auch in abweichenden Ansichten eine höhere Verständigung sucht und findet, noch ahnen Viele nicht das eigentlich fortschreitende Moment im Christenthume, welches über den Gegensätzen schwebt, noch immer bekämpfen sich die Denkarten des Supranaturalismus und Rationalismus, ohne die höhere Einheit zu ahnen, zu welcher in beiden Ansichten etwas vorliegt, ohne zu begreifen, dass die eine die andere nicht ausschliesse, vielmehr dass wahrhaft ausgebildet und zugleich geschichtlich aufgefasst, der Supranaturalismus den Rationalismus mit in sich schliesse und die vollständige Anschauung und Durchbildung der christlichen Lehre geben müsse, dass mithin jede wahre Kenntniss des Christenthums im rationalen Supranaturalismus endigen müsse. Der wahre Glaube kann mit der wahren Geschichte nicht im Streite seyn. Wir müssen es zuletzt bekennen, dass viele, in einseitigem Partheigeiste befangen, die Wahrheit nur nicht sehen wollen, die so nahe liegt, während sie wohl wissen, was das Wesentliche sey, und worin man sich vereinigen könne, denn der Gegensatz des Rationalismus und Supranaturalismus ist

kein contradictorischer, nicht in der Benennung, nicht in der Sache; zwei werthe und nothwendige Geschenke der Gottheit, Vernunft und Offenbarung, können sich nicht widersprechen. Aber auch hier treibt der Egoismus sein böses Spiel, man will lieber sein eigenes Gut, als das Gemeingut der Wahrheit. Vorgreifen können und mögen wir hier der Auseinandersetzung nicht, da diese erst durch die Vorlesungen selbst gegeben ist. Wir können nicht in eine Entwickelung der sich entgegenstehenden Richtungen eingehen, ohne die Kritik des Einzelnen anzufangen, und somit in den Inhalt der Vorlesungen selbst einzutreten. Die streitenden Gegensätze aber unter einer höheren Einheit zu subsumiren und zu versöhnen, wird Hauptzweck derselben seyn. Wir halten auch den Kampf selbst für kein Unglück, wenn aus ihm, wie wir hoffen, sich die Wahrheit immer bleibender und dauernder entwickelt.

Die Schwierigkeiten im Einzelnen zu lösen, oder sie wenigstens als unauflöslich, da wo sie es sind, hinzustellen, dieses gerade ist die Aufgabe der wissenschaftlichen Theologie und namentlich der Dogmatik. Der praktische Theolog aber muss zu seiner Ansicht, wie sie sich auch später durch das Leben und durch ferneres Studium gestalten möge, auf dem wissenschaftlichen Wege gelangt seyn. Ein ernster, auf das Himmlische gerichteter Sinn ist wesentliches Erforderniss zum Studium der Theologie. Der Theolog muss es dahin zu bringen suchen, dass er das höchste Vergnügen in der Pflicht finde, in dem Thun des Guten von selbst, aus Liebe zum Guten. Sodann was das Zuwachsen oder die Perfektibilität des Christenthumes anlangt, so ist dieses nicht von einer Aenderung der Principien oder der Grundlage zu verstehen, sondern vom Wachsen des innerlichen Menschen in der christlichen Welt, so dass er von sich sagen könne, wie der grosse Apostel: Christus lebt wahrhaftig in mir und hat Gestalt gewonnen. Endlich giebt es etwas dem Menschen unmittelbar Gewisses, was im ersten und höchsten Denken liegt. Dieses wird als Leitstern bei den Kämpfen der Gegensätze dienen, und was das Leben anlangt, so ist das unmittelbare Leben aus Christo und in

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