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von Tatsachen durch die Sippe oder die Markgenossen zu suchen sein1). Jedenfalls treten die Zeugen, die rein zufällig gesehen oder gehört haben ohne die im heutigen Straf

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prozess garnicht auszukommen wäre uns viel später entgegen, als die Gemeindegenossen und die bei einem Rechtsgeschäft feierlich zugezogenen Zeugen, von denen wir früher schon gesprochen haben). Und zunächst wird auch der zufällige Zeuge der Tat, gerade wie die schwörende Partei oder ihr Eideshelfer, den Regeln des Gottesurteils unterstellt; so sagt das altindische Gesetzbuch des MANU3) ausdrücklich: » der Zeuge, dem binnen sieben Tagen nach Abgabe seines Zeugnisses eine Krankheit oder eine Feuersbrunst oder der Tod eines Verwandten widerfährt, soll zur Bezahlung der Schuld und einer Busse angehalten werden«. Also auch hier wird das Gericht Gottes über die Wahrheit der Aussage abgewartet. Überhaupt liefert dieses alt ehrwürdige Gesetzbuch uns ein sehr anschauliches Bild des damaligen Zeugenbeweises. Der Schuldner, der seine Schuld vor Gericht ableugnet, muss durch mindesten drei klassische Zeugen überführt werden1). Ausführlich beschrieben wird uns ihre Vernehmung bei Grenzstreitigkeiten; sie müssen mit roten Blumen bekränzt und mit roten Gewändern bekleidet sein (um sich ein schreckliches

Bd. 2,

1) GRIMM, Rechtsalterümer, S. 858.

2) Oben, Bd. 2, S. 143 ff. Vergl. BRUNNER, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 391 ff.

3) Buch 8, V. 108.

4) Ebenda, V. 60 ff. Die ausführlichen Bestimmungen, welche Aus

nahme auf Ausnahme häufen und die Zuziehung von Zeugen sehr erschwert haben müssen, erinnern an das, was DARESTE von den Völkern des Kaukasus erzählt, dass bei ihnen soviele Erfordernisse an die Zeugen gestellt werden, dass dadurch ein Zeugenbeweis in der Regel unmöglich gemacht wird (Études d'histoire de droit, S. 130). Auch dies ist eine Bestätigung des Satzes, dass das alte Recht der Berufung auf zufällig zugegen gewesene Zeugen nicht günstig ist.

WILUTZKY, Vorgeschichte des Rechts III

II

Aussehen zu geben, wie ein alter indischer Kommentar erläutert), sie müssen sich Erde auf das Haupt streuen und schwören: >Mögen unsere guten Taten uns keine Frucht tragen, wenn wir lügen« 1). Falschen Zeugen sind ewige Strafen im Jenseits angedroht: »Ein Zeuge, der in der Versammlung ehrenwerter Männer (d. h. in der Gerichtsversammlung) fälschlich etwas anderes angibt, als er gesehen oder gehört hat, stürzt nach seinem Tode kopfüber in die Hölle hinab und geht des Paradieses verlustig<"). Und weiter heisst es: »Diejenigen Plätze im Jenseits, welche für einen Brahmanenmörder, die, welche für den Mörder einer Frau oder eines Kindes, für einen falschen Freund oder für einen Undankbaren bestimmt sind, die sind auch einem Zeugen vorbehalten, der falsch redet<< 3). Lange Vorhaltungen sind gesetzlich vorgeschrieben, die der Richter dem Zeugen vor seiner Vernehinung zu machen hat1), und seien hieraus nur die wunderschönen Verse 5) mitgeteilt: >>Wenn du, bester Mann, auch denkst: »Ich bin allein«<, so ist doch der Weise, der Gutes und Böses sieht, stets in deinem Herzen gegenwärtig. Jener in deinem Herzen wohnende (Geist) ist der Gott Yama [der Totenrichter], Vivasvant's Sohn; wenn du mit ihm nicht in Zwiespalt bist, so brauchst du nicht zum Ganges, nicht zu den Kuru [einem NationalHeiligtum] zu wallfahrten<<. Aber auch im Diesseits droht dem Meineidigen Pein: »Nackt und kahl geschoren, mit der Bettlerschale in der Hand, von Hunger und Durst gequält und blind, soll nach dem Hause seines Feindes betteln gehen, wer falsches Zeugnis redet«< 6).

1) Buch 8, V. 256. JOLLY, Anm. 2 und 3 hierzu in Zeitschrift Bd. 3, S. 276.

2) Ebenda, V. 75.

3) Ebenda, V. 89.

4) Ebenda, V. 79 ff.

5) Ebenda, V. 91, 92.
6) Ebenda, V. 93.

So weit das altindische Recht, das uns bereits eine verhältnismässig hohe Kulturstufe und ein ausgebildetes Verfahren zeigt. So haben wir in den vorstehenden Blättern das Strafrecht und die Formen des Prozesses von den ersten uns erkennbaren Spuren an verfolgt und gesagt, was wir über diese Dinge zu sagen wissen. Auch hier, wie durchweg, hat die Menschheit für ihre Bedürfnisse auf ähnlichen Wegen gesorgt. Die Strafe war überall zunächst Rache, und die älteste Verfolgung des Eigentums der Kampf um die Sache. Langsam steigen von hier die Wege auf und führen im Einzelnen auseinander; aber der Punkt, von dem sie ausgingen, ist — das dürfen wir aussprechen überall der nämliche für die Völker diesseits und jenseits des Oceans. Dieselben grossen Linien ursprünglicher Entwickelung hüben und drüben - und hier wie dort die Grundlagen all unserer Kultur und damit unseres Rechts der grübelnde Menschenverstand und das klopfende Menschenherz.

VII. Buch

Berührung der Völker und Sklaverei

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