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floh, er für die Zeit der Abwesenheit des Sklaven Zinsen von seiner Schuld zahlen, also den Gläubiger schadlos halten musste 1). Derselben Anschauung entspringt der weitverbreitete Rechtssatz, dass für die Schadenzufügung unbedingt der haftet, durch dessen Hand der Schaden geschah, selbst wenn er ihn unwillkürlich anrichtete 2).

So also machten sich in der Ausgestaltung des Obligationenrechts uralte Anschauungen, insbesondere auch Nachwirkungen der einstigen genossenchaftlichen Haus- und Geschlechterversuchen hat. Wie hier der Sklave, so war es in den vorhin von uns angestellten Betrachtungen der Schuldner selbst, der mit seinem Leibe bis zur Tilgung der Schuld Nutzpfand des Gläubigers war. Schon das ehrwürdige Gesetzbuch des MANU unterscheidet zwischen Ffändern, die zur Aufbewahrung, und solchen, die zur Benutzung übergeben sind, und sagt von diesen Folgendes (8, 143): »Aber bei einem Pfande, das ihm zur Benutzung übergeben worden ist, darf er keinen Zinsgenuss beanspruchen, und selbst wenn (ein solches) Pfand sich lange Zeit in seinem Besitz befunden hat, darf er es weder verschenken noch veräussern«. Über Altbabylon, vergl. Gesetzbuch des HAMMURABI, § 48 ft.; BRUNO MEISSNER, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, S. 9, KOHLER-PEISER, Aus dem babylonischen Rechtsleben I, S. 15 ff., III, S. 29 ff.; auch die Urkunde bei PEISER, Babylonische Verträge des Berliner Museums, S. 5; auch REVILLOUT, Les obligations en droit égyptien, S. 106, 502 ff.; und über das sehr alte nexum der Römer, durch welches das hingegebene Pfand dem Empfänger zu eigentumsähnlichem Verhältnis übertragen wurde, Danz, Geschichte des römischen Rechts, Bd. 2, § 146, S. 18 ff. Eine sehr bedeutende Rolle hat das Nutzpfand auch im älteren deutschen Recht gespielt (KOHLER, Pfandrechtliche Forschungen, S. 99 ff, 123 ff.; MEIBOM, deutsches Pfandrecht, S. 270 ff.), wo die sogenannte Satzung die wirtschaftlich und rechtlich wichtigste Art des Pfandes bildete. Vergl. z. B. Sachsenspiegel III, 5, § 4: svat man aver deme manne liet oder sat, dat

sal he unverderft weder bringen, oder gelden na sime werde. Diese Rechtsbildungen sind aber keineswegs hier oder dort, sondern universal verbreitet, wie sie z. B. auch auf den Philippinen, um ein recht fernes Gebiet zu nehmen, zu Hause sind (KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 397).

1) Kohler-PeiseR, aus dem babylonischen Rechtsleben, III, S. 29, 30. 2) So z. B. in Montenegro noch bis zur Gesetzgebung von 1888; POST, Ethnologische Jurisprudenz, Bd. 2, S. 691.

fassung bemerkbar. Aber mit dem vorhin Gesagten ist die Bedeutung dieser Einwirkungen keineswegs erschöpft. Das alte Gesamt- und das neue Einzeleigentum waren begriffliche Gegensätze, die, wo sie zusammentrafen, nicht neben einander bestehen konnten und bei ihrer Vermischung seltsame Ergebnisse zeitigen mussten. Anlehnungen an eine ferne Vergangenheit, wie wir sie nach dem Siege der Einzelehe an die Zeit des Hetärismus festgestellt haben, finden sich auch auf dem Gebiet des Vermögensrechts, so vor allem die Abneigung gegen das, was die Grundlage jedes höher entwickelten Verkehrs ist, die Fruchtbarmachung und Verzinsung angesammelter Kapitalien1). Hier ist der Punkt, wo zuweilen die Reaktion gegen die neue Ge staltung der Dinge einsetzt und bezeichnend genug, wie die Bajadere sich dort dem Götterbilde vermählte, so hier durch religöses Verbot. Bekannt sind die Satzungen des islamitischen Rechts; dieses verbietet direkt das Zinsnehmen als unfromme Ausbeutung des notleidenden Schuldners. Der Koran sagt2): >> Die Wucherer werden dem höllischen Feuer übergeben und als Besessene auferstehen; und auf Grund dessen wird auch. heute noch kein orthodoxer islamitischer Richter eine Forderung aus einem Wechsel- oder Bankgeschäft als rechtsgültig anerkennen3). Und ganz ebenso im mosaischen Recht. Hier

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heisst es und die Worte klingen wie eine schöne, friedliche Erinnerung an die Zustände der alten Hausgenossenschaften, innerhalb deren alle die Brüder aller waren 1): »Wenn dein Bruder verarmt und neben dir abnimmt, so sollst du ihn aufnehmen als einen Fremdling oder Gast, dass er lebe neben

1) Über Darlehnszinsen und Zinssätze im ältesten Recht, vergl. die Nachweise bei FRIEDRICHS, Universales Obligationenrecht, S. 145 ff.; auch MEISSNER, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, S. 116 unter 23 und KOHLER bei PEISER, Babylonische Verträge d. Berliner Museums, S. XXXIX. 2) Sure 2, Vers 176.

3) TORNAUW in Zeitschrift, Bd. 5, S. 163.

4) 3. Mos. 25, 35 ff.

dir. Und sollst nicht Wucher von ihm nehmen noch Übersatz, sondern sollst dich vor deinem Gotte fürchten, auf dass dein Bruder neben dir leben könne. Denn du sollst ihm dein Geld nicht auf Wucher tun.<< Das gilt aber nur vom Stammesgenossen, ganz im Andenken an die alten gemeinschaftlichen Verbände, und nicht über diesen Zusammenhang hinaus; denn es heisst weiter 5): »du sollst an deinem Bruder nicht wuchern, weder mit Geld noch mit Speise noch mit allem, damit man wuchern kann. An dem Fremden magst du wuchern, aber nicht an deinem Bruder, auf dass dich der Herr, dein Gott, segne in allem, das du vornimmst im Lande, dahin du kommst, dasselbe einzunehmen.« Und dies hat der Talmud als Recht noch späterhin festgehalten). So ist aber auch das kanonische Recht in seinen bekannten Zinsverboten durch die Satzungen des mosaischen Gesetzes stark beeinflusst worden.

Der Islam ist auch sonst durch altertümliche, vergangenen Stufen des Eigentums- und Vertragsrechts angehörende Anschauungen ein derartiger Gegner des Handelsverkehrs geworden, dass ein blühender Handel unter diesen Rechtsbestimmungen geradezu undenkbar erscheint. Schon der früher erwähnte Satz, dass jede Schuld mit dem Tode des Schuldners fällig wird, scheint geeignet, bedenkliche Wirkungen auf Unternehmungen auszuüben, die auf lange Dauer hinaus in die Wege geleitet werden. Aber dies mag noch hingehen. Dass der Bank- und Wechselverkehr durch die Rechtssprechung orthodoxer Gerichte in Frage gestellt werden kann, ist soeben erörtert. Das ist ein starkes Stück, aber es ist noch nicht alles. Das islamitische Recht geht vielmehr soweit, jedes gewagte Geschäft, ja jedes Geschäft, das nicht sofort erfüllt werden kann,

6) 5. Mos. 23, 19 und 20.

7) RAPPAPORT in Zeitschrift, Bd. 15, S. 175, Anm. 40,

72, 73, 74.

62,

für nichtig zu erklären 1), sodass insbesondere Lieferungsgeschäfte nur dann Gültigkeit haben, wenn die zu liefernde Ware schon vorhanden ist, aber nicht, wenn sie erst beschafft werden soll3). Das ist freilich ein radikaler Schlag, der jedes gewerbliche Unternehmen wie jede kaufmännische Spekulation rechtlich an der Wurzel vernichtet.

Und das in denselben Ländern, die ehedem der Sitz eines ausgedehnten Handels und vermutlich die Wiege des Vertragsrechts waren. So ist auch die Stätte zur Wüste geworden, die einst die alte Babel war. Dort hatte schon in einem Zeitalter, das uns Kurzlebigen als nebel- und sagenhaftes Uraltertum erscheint, das Vertragsrecht eine hohe Entwickelung gewonnen. Wie aus den alten Tontäfelchen, die unter dem Schutt ihrer Königspaläste gefunden wurden, festgestellt ist, kannte man bereits damals nicht nur Darlehnszinsen, sondern auch Vollmacht dies Rechtsinstitut, das, uns so geläufig, bekanntlich im römischen Recht sich erst langsam Anerkennung er. ringen musste3), Solidarverschuldung, Cession, Quittung, Aufrechnung, ja, um diese bunte Aufzählung zu gipfeln, sogar abstrakte Schuldversprechen). Wir sehen hier mit Erstaunen

Derselbe in

1) KOHLER, rechtsvergleichende Studien, S. 94 – 96; Zeitschrift, Bd. 6, S. 214, Bd. 12, S. 34 ff; KREMER, Kulturgeschichte des Orients, Bd. 1, S. 516; FRIEDRICHS, Universales Obligationenrecht, S. 40. 2) KREMER a. a, O., S. 508 ff.

3) Der Grund, den man gewöhnlich dafür angibt, nämlich, dass die hausherrliche Gewalt im alten Rom eine Vertretung durch andere Personen entbehrlich machte, ist ein sehr starker Belag dafür, wie lange die alte Hausgenossenschaft bei den die Gesetzgebung bestimmenden vornehmen Geschlechtern in Kraft geblieben ist vielleicht ist dies auch eine Erklärung für den kräftigen, den Plebejern. gegenüber allerdings exklusiven Gemeinsinn dieser Geschlechter, die in der Stunde der Gefahr sich als ein eisernes Rückgrat erwies.

4) KOHER-PEISER, aus dem babylonischen Rechtsleben; ferner Kohler bei PEISER, babylonische Verträge des Berliner Museums, S. XXXIV; über die Quittungen im babylonischen Rechtsverkehr ebenda, S. XXXVII; über

ein Rechtsleben, wie man es früher nur mit spät entwickelten Kulturen vereinbar glaubte, in Uralterszeit. Was für ein Volk

was für Menschen

muss das der grossen Babel gewesen sein, beweglichen und weitschauenden Geistes, und was für eine Kaiserin war sie selbst unter den Städten!

tum voraussetzt.

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Soweit in die Vergangenheit zurück können wir die ersten Spuren des Vertragsrechts verfolgen. Und doch ist es sicherlich eine verhältnismässig späte Frucht des Menschengeistes, weil es wie wir oben gesehen haben begrifflich die Sonderung des Individualeigentums vom ursprünglichen GesamteigenEbenso können wir uns vor diesem Zeitpunkt nicht die Anfänge des Erbrechts denken. Ja, hier liess zunächst die Vorstellung, dass die Einzelhabe am Leibe des Einzeleigentümers hafte 1) und daher mit ihm untergehe, den Gedanken an den Übergang dieser Habe auf einen Erben, also einem Nachfolger im Eigentum, grundsätzlich nicht aufkommen. Es muss hier an das erinnert werden, was bei Gelegenheit der Witwentötung") über den Zusammenhang dieser fürchterlichen Einrichtung mit dem Glauben an die Unsterblichkeit gesagt ward, und schon dort wurde betont, wie die letzten Fäden der Rechtsgedanken tief in die innersten religiösen und gemütlichen Vorstellungen unserer Urväter hinein reichen. So war, was uns hier interessiert, der Tote nicht nur der Ahn, dessen Wohlwollen man sich durch Opfer sicherte und der dann als segenbringend und schützend gedacht wurde, sondern der, wie es scheint, der Menschheit auf ihren ursprünglichen Stufen tief eingewurzelte Geister- und Gespensterglaube sah in dem Toten auch ein Schrecknis, das aus dem toten

die Cession, ebenda, S. XXXVIII; über die Vollmacht KOHLER-PEISER III, S. 9.

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1) Dass der Satz: mobilia ossibus inhaerent, in der Lehre vom Sitz der Rechtsverhältnisse sich lange erhalten hat, ist jedem juristischen Leser

wohlbekannt.

2) Oben, Bd. 1, S. 220 ff.

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