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und mit einem Zauberschlag bewirken müsse, was doch eigentlich das Produft langer Entwicklung und Geistesarbeit ist.

Diese falsche, ungesunde Vorstellung von Bekehrung, wie sie gegenwärtig in allen orthodox und pietistisch angehauchten Kreisen grassirt, datirt sich vom Auftreten des Methodismus her. Der Stifter dieses legtern, John Wesley, ein Mann von aufrichtiger und tiefernster Frömmigkeit, behauptete genau zu wissen, an welchem Tag und zu welcher Stunde er „bekehrt" worden sei. Er hatte wohl einen jener tiefgehenden Gemüthseindrücke erfahren, wie sie dann und wann bei Menschen von lebhaftem Temperament und leicht erregbarem Gefühl vorkommen, und die Erinnerung daran begleitete ihn durch sein ganzes Leben. Aber während er wahrscheinlich diese Erfahrung doch nicht als die ganze Bekehrung, sondern nur als einen lebhaften Anstoß auf dem Wege innerer Durchbildung betrachtete, machten seine Nachfolger eine Schablone daraus, und gegenwärtig gilt es unter Methodisten und Pietisten als eine ausgemachte Sache: die Bekehrung tritt so ein, daß der Mensch wissen muß, daß und wann sie eingetreten ist. Die Schriften wenigstens, welche von dieser Richtung aus verbreitet werden, die in allen Farben prangenden Traktätlein tragen alle diesen Charakter und ihr Inhalt ist immer derselbe: irgend ein im Sumpf wilder Leidenschaft versunkener Mensch, dessen Sündenleben mit den grellsten Farben geschildert wird, wird plöglich, sei's durch ein Bibelwort, sei's durch ein erschütterndes Erlebniß, „angefaßt“, „bekehrt“, in ein Kind Gottes verwandelt, und preist nun sozusagen des andern Tages die erbarmende Sünderliebe Gottes und seinen Gnadenstand mit einer wahrhaft erstaunlichen Dreistigkeit. Noch unlängst las ich in der Selbstbiographie eines in frommen Kreisen hochberühmten noch lebenden Mannes haarsträubende Schilderungen seines sündenreichen Jugendlebens, Dinge, wegen deren derjenige, der sie begangen, zeitlebens äußerst bescheiden und demüthig bleiben sollte nichtsdestoweniger aber stellt er sich selbst in der zweiten Hälfte seiner Lebensschilderung als ein wahres Wunder von Gottesmensch dar, und viel tausend Gläubige glauben es ihm.

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So etwas ist unwahr, unnatürlich und ungesund. Allerdings kommt es ja bei allen ernstgesinnten Leuten mehr oder weniger vor, daß einzelne Worte oder einzelne Erfahrungen eine tiefgehende Erschütterung des Gemüths, einen nachhaltigen Impuls zu einem neuen Leben hervorrufen, aber das ist niemals die ganze und volle Bekehrung, niemals ein Wunder, mit dem Alles abgethan ist. Von Paulus lesen wir, wie er durch eine Erscheinung bei Damaskus aus einem Verfolger des Christenthums der eifrigste Verkündiger desselben geworden sei. Aber einestheils dürfen

wir uns diesen Vorgang nicht als einen so plöglich geschehenen denken, wie er dort in dichterischem Bilde geschildert ist, und andrerseits war sich Paulus zeitlebens bewußt, wie viel ihm noch fehle; sonst hätte er nicht gesagt: „Nicht daß ich es schon ergriffen hätte, oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich es ergreifen möge, nachdem ich von Jesu Christo ergriffen bin." Von Luther vernehmen wir eine ähnliche Erfahrung: auf einer Reise, die er in Begleitung eines Freundes machte, wurde er von einem heftigen Gewitter überrascht; ein Blizstrahl zerschmetterte in unmittelbarster Nähe einen gewaltigen Baum. Dadurch im Innersten erschreckt that Luther laut ein Gelübde an die hl. Anna, daß er, wenn sie ihn rette, ein ander Leben beginnen und Mönch werden wollte. Er ist denn auch in Folge dessen in's Kloster getreten, aber er hat es ja später wieder verlassen, ein Beweis, wie geringen Werth er selbst nachmals auf solche Gemüthserschütterungen und die daraus folgenden Entschlüsse gelegt hat.

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Dieser unrichtige Begriff von „Bekehrung“ ist aber mehr als nur eine ungefährliche Lieblingsmeinung, er ist ein geradezu schädlicher Wahn, denn er spekulirt auf die geistige Trägheit der Menschen und auf ihre Eitelkeit. Nimmt Jemand eine solche einmalige Gemüthsbewegung für das ganze Bekehrungswerk, so kaun es nicht fehlen, daß er von geistlichem Stolz erfüllt wird und Andere, die nicht auch von einem Gnadendurchbruch erzählen, als noch unbekehrte Kinder der Welt verachtet und verurtheilt. Dann bildet sich in solchen Kreisen von sog. „Bekehrten" eine eigenthümliche „gesalbte“ Sprache und Denkweise aus, ein pietistischer Jargon, welcher, wenn gehörig eingeübt, den „Bekehrten“ die fortwährende Selbsterziehung erspart, sie in einen geistlichen Dünkel hineinschwindelt und die ganze Unnatur der Bekehrungsvorstellung an ihrem Wesen und Gebahren zum Ausdruck kommen läßt. Solche Leute sind dann in der Regel für ein ächtes, gesundes Christenthum verloren.

Was ist denn Bekehrung? Allerdings die innere Umwandlung des Menschen aus dem Zustande, wo die Selbstsucht und Sinnlichkeit ihn beherrschen, zu jener Gesinnung, in der wir uns dem Guten und Göttlichen mit aller Kraft der Seele unterordnen. Bekehrung ist Bildung im schönsten Sinne des Wortes, nicht diejenige Bildung, die nur angelernte Routine und Gewandtheit in den Umgangsformen ist, nicht jene Bildung, die im Vielwissen besteht, sondern die Durchbildung des innersten Menschen, die ihre Weihe auf das ganze Leben desselben ausbreitet. Befehrung ist Erziehung des Menschen zu einem edeln tüchtigen Charakter.

Und nun frage man sich: wann beginnt dieselbe und wann ist sie vollendet? Ist das ein Werk, das in einem Augenblick vollendet ist, so

daß vorher nichts dazu geschehen ist und nachher nichts mehr dabei zu thun ist? Thörichter Wahn!

Die wahre Bekehrung des Menschen beginnt mit seinem ersten Lebensjahr und hört auf mit seinem Todesjahr. Sie ist die wichtigste Aufgabe, welche wir in dieser Welt zu lösen haben. Sie ist dasjenige Werk, das keinen Unterbruch, keine Ruhepause, keine Ferien erlaubt. Jede Pause würde uns wieder rückwärts bringen, genau so, wie der Schiffer, der stromaufwärts fährt, unmerklich rückwärts treibt, sobald er eine Minute. seine Anstrengung unterbricht.

Die Bekehrung ist allerdings ein Werk Gottes, indem die erziehenden Einflüsse, die uns zu christlichen Charakteren ausbilden, nicht unser Werk, sondern dasjenige der christlichen Gemeinschaft ist. Die sorgfältige Erziehung durch Elternhand, die Bildung durch Kirche und Schule, durch das öffentliche Leben und den geselligen Verkehr, sie alle müssen wir

als von Gott geordnete Mächte betrachten, denen wir mehr verdanken als unserer Selbsterziehung. Aber auch diese muß hinzutreten, und so darf sich kein Mensch jemals sagen: ich bin jezt, was ich sein soll; er muß durch Benützung aller ihm zu Gebote stehenden Bildungsmittel sich hinaufarbeiten den schmalen Pfad der Charakterbildung, und darf nie mit sich selbst zufrieden sein.

Wenn also das Bekehrung ist, so sind die wahren Bekehrungsgeschichten die Biographien hervorragender Menschen. Unsere Zeit hat mit Vorliebe diesen Zweig schriftstellerischer Arbeit gepflegt und nichts ist auch in der That interessanter, als eine gut geschriebene Lebensbeschreibung. Da lesen wir, wie der Mensch durch natürlichen Einfluß, durch Zusammenwirken verschiedener Ursachen das geworden, was er war, und wir verfolgen sein inneres Denken und Streben bis zum Ziel. Solche Biogra= phien sind gesunde, bildende Lektüre, und es muß Jedem anempfohlen werden, sich an sie zu halten, die ungesunde, pietistisch gefärbte Traktatliteratur dagegen von sich und seinen Kindern fernzuhalten. Natürliche und vernünftige Anschauung hat der Religion noch nie geschadet, wohl aber die Unnatur und der Aberglaube.

Lasset uns weise werden zur Seligkeit.
(Röm. VI. 19-23.)

L.

Der Himmelfahrtstag Jesu erinnerte uns, daß auch unser Leben uns himmelan führen soll. Jesus hatte seine Glieder nicht dargestellt zum Dienste der Unreinigkeit und Ungerechtigkeit, sondern zum Dienste der Ge

rechtigkeit, die vor Gott gilt, und zur Heiligung. So wurde er innerlich klar und die Leiden, die er durchzukämpfen hatte, dienten ihm zur völligen Verklärung und Einigung mit Gott, was angedeutet wurde durch seine Himmelfahrt und Eingehen zum Vater, der in den Himmeln ist. Der Himmel ist nicht ein Ort, sondern ein Zustand, ist in dir der Himmel heiter, so ist er's überall. So sollten auch wir durch Kampf und Streit gegen alles Gemeine und Niedrige und Böse gereinigt und gestärkt werden, daß wir die lebendige Ueberzeugung gewinnen: Gott ist mit mir, wer will wider mich sein? Dann ist das Reich Gottes gekommen in meinen innern Menschen und sollte überall walten! Aber ach, wie ferne ist dies noch den Menschenkindern! Schauet auf die politische Lage unsers Erdtheils. Kriegsgerüstet stehen die auf hohe Bildung Anspruch machenden Völker einander gegenüber. Nicht besser steht es mit dem religiösen Leben der Menschen. Welche Partheiungen finden sich überall! Knechte der Sünde, denen die Selbstbeherrschung mangelt, sind in allen Ständen verbreitet! Nothwendig, daß wir uns nicht der niedrigen Welt gleichstellen, sondern auf das bevorstehende Pfingstfest eine veränderte Gestalt annehmen. Dies geschieht durch die rechte Sorge für ein seliges Ende!

Wenn wir von dem Ende des irdischen Lebens sprechen, so sollten wir auch über dessen Anfang im Klaren sein. Allein wie vergeblich sind alle unsere Forschungen. Kein Sterblicher hat noch den Schleier gehoben, der über die Verbindung der Seele mit dem Körper liegt. Ein weiser Mann sagte: Das Leben ist ein Tag zwischen zwei dunkeln Nächten." Wir wissen nicht, woher wir gekommen, noch wohin wir gehen! Nur allmälig und langsam gelangt das Menschenkind zum Bewußtsein, daß es lebendig sei, und wenn der Tod kommt, so ist dieser ein Führer in ein unbekanntes Land. Der Lebenstag ist bei Vielen düster und schauerlich, ähnlich den kalten Frühlingstagen! Es folgt Grabesnacht. Das Grab ist tief und stille und schauervoll sein Rand, es deckt mit schwarzer Hülle ein unbekanntes Land. Kein Erdenpilger kehrte aus seiner Grabesstätte zurück und gab uns Kunde von jener andern Welt. Alles Wissen hat hier ein Ende! Aber bei den Lebendigen machen sich verschiedene Ansichten und Meinungen geltend. Während es solche gibt, die sagen: Tod ist Tod; nur der ist nicht gestorben, der im Andenken derer, die ihn gekannt und geliebt haben, fortlebt und in dankbarer Erinnerung bleibt, hören wir Andere, welche so viel Ungerechtigkeit und Sünde wahrnehmen, sagen: Hier, wo die Tugend öfters leidet, das Laster öfters glücklich ist, wo man den Glücklichen beneidet und des Bekümmerten vergißt, hier kann der Mensch nie frei von Pein, nie frei von eigner Schwachheit sein. Die Dritten halten sich an das Wort: das ist das ewige Leben, daß die Menschen erkennen den einigen wahren Gott und seinen Gesandten. Sie finden also, daß das Ende des Lebens da sei, wo der höhere Glaube an den allwaltenden Gottesgeist mangle. Das Ende des wahren Lebens kann also bei lebendigem Körper eintreten. Todt sind alle unbußfertigen Sünder; am Ende des Lebens stehen alle in Sünden Todten, die zum Thiere Herab gesunkenen und der Tugend und Wahrheit abgestorben.

Worin besteht demnach die rechte Sorge für des irdischen und gött

lichen Lebens Ende? Wie gestaltet jenes sich zu unserer Seligkeit? ES kommt Alles darauf an, wie der Mensch seine Lebenszeit, diesen Tag zwischen zwei dunkeln Nächten, benutze und anwende. Seine Aufgabe ist, weise werden zur Seligkeit. Diese Weisheit besteht in der treuen Anwendung der von Gott dem Schöpfer in den Menschen gelegten Anlagen und Kräfte. Er hat Denkkraft erhalten, über die Außenwelt wie über die Innenwelt nachzudenken; er hat heilige Ahnungen und Empfindungen von dem, was schön und liebenswürdig ist und vor Gott und Menschen einen guten Klang hat. Und die Freiheit, das Gute zu thun und das Böse zu Lassen, soll ihm kein leerer Klang sein! Er soll dem Gottesruf in seinem Innern Folge leisten und Tugend üben. Dies sei die erste und legte Sorge. Dies ist das eine Nothwendige! Wer diesen Theil erwählt, erwirbt sich ein ruhiges Gewissen. Treten auch Leiden und Trübsale ein, er muß sich keine Vorwürfe machen; die Prüfungen lehren ihn Geduld und Ergebung in Gottes heiligen Willen. Der Glaube, daß denen die Gott lieben, alle schweren Schicksale zum Heil seiner Seele, zu deren Verklärung und Vergeistigung in Gott mitwirken, erhebt ihn in der größten Noth; so wie Jesus steht er erhaben über die Unfälle des Lebens, die Eitelkeiten der Welt. Er kann dem Tod ruhig in's Angesicht schauen und der Gedanke an die Abschiedsstunde hat für ihn nichts Peinliches. Der Tod ist ihm ein Erlöser. So müssen wir das Kreuz auf uns nehmen, uns selbst verleugnen und Jesu nachfolgen.

Diese Sorge für ein seliges Ende, so selbstverständlich sie scheinen mag, ist nicht so leicht. Ach wie Viele scheiden, ohne daß sie ihre Lebensaufgabe gelöst und für ein seliges Ende gesorgt haben. Der Tod hat sie, als nicht gehörig vorbereitet, überrascht. Die Einen sterben schon in früher Kindheit, sie welken dahin wie Rosenknospen, denen es an liebreicher Pflege gefehlt. Andere, die mit der Noth des Lebens schwer zu kämpfen haben oder in schlechte Gesellschaften gerathen verfallen in Irrsinn und das Licht ihres Geistes erlöscht. Leider gibt es Manche, die bei lebendigem Leibe in Sünden todt sind und also begraben werden. Darum sagt Paulus: dessen sollten sie zu rechter Zeit sich schämen; sie sollten gesehen haben, daß der Sünde Sold der leibliche und geistige Tod ist und Verderben bringt. Sie sollten sich schämen vor Gott dem Alwissenden, der des Herzens Falten durchforscht; schämen vor den Menschen, denen das Gefühl für Recht und Unrecht inne wohnt. Schämen vor sich selbst muß sich der Mensch, der gute Lehren und heilsame Warnungen nicht befolgt hat. Heiliger Geist ist dem schwachen Sterblichen nothwendig, damit er aus der Schwachheit auferstehe, stark werde und hienieden schon zu neuem Leben erwache. Alles nimmt ein Ende! Darum erkaufe du Erdenpilger die gelegene Zeit. Tritt im Geist zum Grab oft hin, siehe dein Gebein versenken. Sprich: Herr daß ich Erde bin, lehre Du mich selbst bedenken. Lehre Du mich's mit jedem Tag, daß ich weiser werden mag. H. P.

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