ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

lich vom Zureden absteht und die amtliche Kundmachung verfügt, Polykarpus habe sich als Christ bekannt. Hierin lag zugleich das Todesurtheil. Das hierauf sich erhebende Volksgeschrei beginnt nach der gewöhnlichen Lesart mit den Worten: „Dieser ist der Lehrer der Gottlosigkeit“ (tñs àoeßeías); Eus sebius und alte Uebersetzungen sagen dagegen:,, der Lehrer von Afien" (ths 'Acías), was das Ursprüngliche seyn dürfte. Das Volk verlangt dann die Loslassung eines Löwen auf Polykarpus von dem „Asiarchen“ Philippus, der Kap. 21 „Archiereus“ heißt. Wir haben es beidemal durch „obersten Priester" wiedergegeben. Es war das Amt des Oberaufsehers der öffentlichen Spiele, auch der Thierkämpfe, welche zu Ehren der Götter stattfanden, und deren Vorsteherschaft daher eine priesterliche Stellung gab. Philippus verweigert die Forderung, weil jezt die Zeit der öffentlichen Thierspiele vorüber sey. Ihm mochte eine solche Mitwirkung zur Hinrichtung des Hochbejahrten widerstreben. Daß hierauf das Volk die Verbrennung Polykarps fordert und durchseßt, war wol durch die vorhergehende Drohung des Quadratus selbst veranlaßt.

13. Die Smyrnäer finden es rührend, daß der würdige Greis, als der Scheiterhaufen bereit ist, sich selbst entkleidet, sich selbst zu entschuhen versucht, da die Gläubigen sonst stets gewetteifert, wer zu diesen Liebesdiensten zuerst seinen Leib berühren möge; „denn,“ sagen sie, „mit allem Guten (Kalon) war er seines trefflichen Wandels wegen auch vor dem Martyrthume geschmückt." Es ist nicht zu sagen, was die Griechen sich bei dem Worte Kalon alles Schönes, Gutes, Edles, Würdiges dachten, und uns scheint jene Bemerkung daher nicht sowol auf den äußeren Schmuck der Gewänder und Sandalen, als auf die edle Würde des heiligen Greises deuten zu sollen.

Polykarpus wird die Annagelung auf seine Bitte erlassen. Daß dieselbe bei den zum Feuertode Verurtheilten auf dem

Scheiterhaufen wenigstens in Smyrna gebräuchlich war, bestätigt die Martyrergeschichte des heiligen Pionius, welcher daselbst etwa hundert Jahre später unter Kaiser Valerianus verbrannt wurde. Es heißt in derselben: „Auf dem Scheiterhausen ward er an einen Pfahl genagelt. Das Volk ward bewegt und sagte: Es ist noch Zeit, bekehre dich, und die Nägel werden dir wieder ausgezogen. Er aber antwortete: Wol fühle ich die Nägel."

[ocr errors]

14. Bei diesem unvergleichlich schönen Gebete bemerken wir zu dem am Anfange dieses Abschnitts Gesagten nur, daß Polykarpus hier nicht allein von der Unvergänglichkeit des heiligen Geistes spricht, sondern auch durch die Lobpreisung am Schluffe des Gebetes zeigt, wie die Lehre von der heiligen Dreieinigkeit jest bereits in das christliche Bewußtseyn hereintrat.

[ocr errors]

15. In diesem Kapitel reden insbesondere diejenigen smyrnäischen Christen, denen es gewährt worden war, Augenzeugen der Begebenheit zu seyn. Was sie nach Anzündung des Scheiterhaufens wahrgenommen, daß nehmlich Polykarpus unversehrt innerhalb der vor ihm zurückweichenden, gewölbartig um ihn emporsteigenden Flammen gestanden, nicht verbrannt, sondern gleichsam nur durchglühet sey, und daß sich dabei ein lieblicher Wolgeruch von ihm her verbreitet habe, dieß wollen die Berichterstatter ausdrücklich als ein Wunder erzählen und angesehen wissen. Die Erzählung ist offenbar ursprünglich und uneingeschoben, wie der ganze Zusammenhang zeigt. Da nun hierbei kein vernünftiger Mensch an eine bewußtlos dichtende Mythe" denken kann, so bleibt der Wunderscheu nur übrig, das Ganze entweder erstens für absichtliche Erdichtung, oder zweitens für eine Selbsttäuschung, oder drittens für einen zufälligen ganz natürlichen Hergang zu erklären. Was das Erste betrifft, so widerspricht dem der

ganze Charakter des Briefes und seiner Schreiber, denen Niemand, der Gefühl für den Ausdruck ehrlicher Aufrichtigkeit

hat, eine solche Lüge denn weiter wär's nichts - zutrauen fann. Auch kann zweitens eine Selbsttäuschung nicht zum Grunde liegen. Nicht allein, daß die ganze Darstellungsweise zeigt, wie die Berichterstatter wirklich etwas Ungewöhnliches gesehen haben, was sie durch die Herbeiholung entlegener Bilder und Gleichnisse mit Mühe zu verdeutlichen suchen, wie das nur bei wahren auffallenden Erlebnissen zu geschehen pflegt; so beweist auch der ganze nachfolgende Verlauf die gegen= ständliche Wirklichkeit des Berichteten, denn nur dadurch, daß das Feuer unwirksam bleibt, wird es erklärlich, daß das Volk einen Thiertödter den Polykarpus noch durchbohren heißt. Es bleibt somit nur die dritte Erklärungsweise übrig, da man denn gemeint hat, die wunderliche Gestalt der Flamme sey wol durch den zufälligen Bau des Holzstoßes und den dadurch herbeigeführten Luftzug, der Wolgeruch aber dadurch veranlaßt, daß unter dem aus Werkstätten und Bädern zusammengeschleppten Brennstoff wolriechendes und aromatisches Holz gewesen sey. Wir dagegen sehen in dem bezeugten Vorgange allerdings eine außerordentliche Erweisung Gottes an dem legten Aposteljünger, welche ihn selber ehren, die Gläubigen stärken, den Ungläubigen ein mahnendes Zeichen seyn sollte.

Solchen Wundererzählungen, die von glaubwürdigen Augenzeugen berichtet sind, lediglich stumpfen Unglauben entgegen= zusegen, ist keineswegs sonderlich vernünftig. Sie bloß natürlich, d. i. aus Naturgefeßen zu erklären, ist, so scharfsinnig es auch geschehe, doch nur eine Ausflucht des Unglaubens, der nothwendig im leßten Grunde auch eine falsche, d. h. unvernünftige Naturansicht haben muß. Die Natur ist nicht durch sich selbst, ist nicht ein an sich Wesendes, sondern sie ist in jedem Moment in und durch den göttlichen Machtwillen das,

was sie ist, und so, wie sie ist. Ihre Gefeße sind nichts, als die in und an ihr in die Erscheinung tretende freie Bestimmtheit des göttlichen Willens. Dieser aber geht nicht in der Natur auf, sondern umfaßt in der unendlichen Fülle seiner Liebeszwecke vor Allem deren concentrirteste Erscheinung, das Reich Gottes, in dessen Dienste auch erst die Natur frei erscheint, wenn der sie bestimmende Gottes Wille für die Zwecke seines Reichs seine Freiheit in und an der Natur erweiset, d. h. seine scheinbare Gebundenheit in ihr aufhebt; welche Gebundenheit nur eine andere Erscheinungsstufe desselben Willens ist und denselben Liebeszwecken dient, uns aber die Freiheit dieses Willens verhüllt, der in ihr ausgeht und gleichsam ausruhet. Sobald aber der naturbestimmende Wille sich in sich selbst zurücknimmt und sich innerhalb der Natur als zugleich über ihr erweiset, so kommt seine Freiheit zur Erscheischeinung, welche der Erweis seiner Wirklichkeit ist, und eben darin besteht das Wunder. Darum wirkt das wahre Wunder in der Seele wie ein Blig, der ihr plöglich den lebendigen freien Machtwillen Gottes aufdeckt, seine Herrlichkeit zur Erscheinung bringt (Joh. 2, 11). Allein auch der Bliz schafft keine Augen, sondern seßt sie und ihre Sehkraft, um in seiner Wirkung wahrgenommen zu werden, voraus. Auf den in die bloße Verstandesreflexion gerathenen Menschen üben jedoch die scheinbar und relativ selbstständigen Naturkategorien einen be= fangenden und beschränkenden Bann, der zwar innerhalb ihres Kreises die schärfsten und umfaffendsten Wahrnehmungen und Erkenntnisse gestattet, aber die geistigen Augen für jene Blize und deren mildes und belebendes Nachleuchten in der Weltgeschichte stumpf, unempfindlich und blind macht.

16. Wir haben den Mann, der auf Geheiß des Volkes den heiligen Greis, dessen die Flamme schonte, mit einem Handschwert durchstieß, Thiertödter genannt. Im Griechischen

steht das lateinische Wort Confector; so hießen diejenigen, welche bei den öffentlichen Spielen die wilden Thiere, wenn es nöthig ward, tödteten, ähnlich den spanischen Matadores.

[ocr errors]

In den wenigen vorhandenen Abschriften unseres Schreibens folgt hier die sonderbare Stelle: „Und da er (der Thiertödter) dieß gethan, kam heraus eine Taube und eine Menge Bluts, also daß das Feuer verlosch.“ Das Wort „eine Taube" (nepioτepá) ist hier ohne Zweifel unächt und entweder eingeschoben oder ein mißverstandenes ursprünglich anderes Wort. Hätten die Berichterstatter ein Wunder dieser Art hier erzählen wollen, sie würden es als solches bemerklich gemacht haben, wie bei dem weissagenden Gesicht und bei der Verschonung durchs Feuer; sie würden es wenigstens als etwas Auffallendes hervorgehoben haben, wie die Stimme vom Himmel; sie würden nach ihrer sonstigen Erzählungsweise das Aussehen der Taube und den Weg, den sie genommen, beschrieben haben. Etwas so Außerordentliches erzählt Niemand so kurz und glattweg zwischen ganz natürlichen Dingen, als ob es dazu gehöre; am wenigsten unsre Berichterstatter. Man hat daher vermuthet, es habe ursprünglich geheißen: „aus der linken Seite" (en ἀριστερᾷ), per von der Brut her” (περὶ στέρνου), oder sonst ähnlich. Von Andern ist es wahrscheinlich gefunden, daß sich das Wort „Taube" dadurch in den Text eingeschlichen, daß Jemand dasselbe beigeschrieben, um den Augenblick zu bezeichnen, wo sich von Polykarps Körper die Seele geschieden, für deren Aufflug vom Leibe im christlichen Alterthum eine aufstrebende Taube das gebräuchliche Bild war, wie wir noch auf alten Bildwerken häufig sehen. Bei Eusebius, der übrigens diese Stelle wörtlich aufgenommen, und bei deffen altem Ueberseger Rufinus findet sich kein Wort von dieser Taube. Die Ueberseßung: eine reichliche Menge Bluts" geht von der Vermuthung aus, daß die ursprüngliche Lesart geheißen habe:

oder

V. v. Strauß. Polykarpus.

12

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »