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Wenn einige Gelehrte diese Geister als depoffedierte Götter ansehn, so hat diese Ansicht keinen Grund; denn sie können erstens nicht nachweisen, daß diesen Geistern vorher Tempel errichtet und Opfer gebracht worden sind; sodann haben wir wohl depoffedierte Götter kennen gelernt, aber bei keinem einzigen haben wir vernommen, daß er hernach zu den Geistern oder Dämonen verseht worden sei, weder bei Tiamat noch bei Lachmu und Lachamu noch bei Ansar und Kisar noch bei Dunfaggana. Die Geister sind vielmehr ebenso alt oder noch älter als die Götter selbst, haben sozusagen mehr Realität wie diese und stehen, wie schon bemerkt, den Menschen näher, ja im täglichen Verkehr mit ihnen.

Sie werden auch als Igigi und Anunaki unterschieden. Die Jgigi, auch murgalane oder abgalli genannt, sind die Diener Bels in der oberen lichten Welt, dem Wolkenhimmel. Die Ununaki aber, vollständig Dingiranunakidana, d. i. „die Götter der Wasserwohnung“, sind Diener des Ninib, Geister der unteren dunkeln Welt. Als Sterne betrachtet sind die einen, die über dem Horizont stehn, sichtbar, die andern, die unter dem Horizont stehn, unsichtbar. Alle zehn Tage wird ein Teil der Igigi zu Anunaki und umgekehrt. Eine Ausnahme machen nur die Zirkumpolarsterne, die immer sichtbar sind.

Aber die Nacht hat auch ihre Schrecken, und die Angst vor diesen Schrecken hat das grausige Gespenst der lilitu geschaffen, an die im A. T. 1) die lilith erinnert, die im wüsten Edom haust. Dies häßliche Wesen erschreckt oder tötet die Kinder, setzt sich gern wie eine Fledermaus in die Haare der Menschen 2).

Schlimmer noch ist das dreigestaltige Wesen der labartu, labasu und abhazu. Ein schwarzer Hund ist ihr Begleiter. Diese totbringenden Dämonen packen Greis und Kind, Herr und Magd an; sie brennen wie der Feuergott, zerschneiden die Sehnen, trinken Menschenblut, machen das Antlig erbleichen, verursachen im Herzen großes Weh ). Besonders haben sie es auf die Kinder, ihre Mütter und Ammen abgesehn. Die labartu plagt das arme Kind von der Geburt an, faßt die Gestalt seines Gesichtes, macht das Antlig erbleichen, zerschneidet die Sehnen, brennt den Leib bald wie Feuer, bald überfällt sie ihn mit Frostschauer. Dagegen helfen nur die Beschwörungen, deren formeln und Sprüche in bestimmter Ordnung über Kopf, Hals, Hände, Bruft, Hüften und füße und die nächsten Gebrauchsgegenstände hergesagt werden. Darin wird die labartu beschrieben, angesprochen, bedroht, verwünscht. Wie ein Vogel des Himmels soll sie wegfliegen, wie ein Wildesel die Berge besteigen, zu den Wüstentieren sich gesellen. Sie möge dort Hirsche, Steinböcke und ihre Jungen fangen, statt die Menschenkinder zu quälen. Ihr

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sollen Sandalen für die Ewigkeit angelegt werden, sie soll über das Meer gebracht und im fremden Land angebunden werden. Die Götter, ihre Väter, sollen ihr zu essen geben, damit sie nicht nach der Menschen Fleisch und Blut zu verlangen braucht. Ein Trog zum essen, ein Schlauch für ihren Durst soll ihr gegeben werden.

Zum Schuh gegen die labartu wird besonders Marduk angerufen, aber auch Anu. Daneben gehen rituelle Handlungen. Eine labartu, aus Ton gemacht, soll wie eine Gefangene behandelt werden. Man legt dem Bild zwölf Brote und andre Speisen hin, gießt Quellwasser aus und übergibt dem Kranken das Bild eines schwarzen Hundes. Drai Tage lang läßt man das Bild am Bett des Kranken stehen, dann trägt man das Bild am Abend hinaus, zerschlägt es mit einem Schwerte, gießt Mehlwasser darüber und begräbt es im Winkel der Mauer.

Oder die labartu wird jeden Tag bekleidet, ein Schwein wird geschlachtet und sein Herz in den Mund der labartu gelegt; oder ihr Bild wird zusammen mit Hundebildern von dem Beschwörer in ein Schiff gebracht und fortgeschickt.

Das franke Kind foll mit einer Salbe von Pferdehaut, Fischfett, Schweinefett, Pech, Asche, Butter, Erde aus Tempeltoren nebst verschiedenen Kräutern eingerieben werden. Auch das Haus wird mit seinen Fenstern und Türen der Beschwörung oder Reinigung unterworfen.

Bei der Anfertigung der Amulette, die gegen die labartu helfen, wird eine Menge von Gegenständen erwähnt, die uns noch gar nicht bekannt sind, wie die Edelsteine enate, parie, kasulmu, kapasu, appa, eingebunden in Stoffe von roten, blauen, weißen und schwarzen Garnen oder aufgereiht auf weiße, schwarze, rote und blaue Schnüre; und diese Amulette werden um Hals, Hände und Füße des kranken Kindes gebünden. Dazu gehört noch das sappu der rechten Seite eines Esels, der linken Seite einer Eselin, das sappi von jungen Eseln und einem weißen Schwein und dem hallulaja-Insekt. Wahrscheinlich sind hiermit bestimmte einzelne Knochen der genannten Tiere gemeint.

Aehnlich der griechischen Hekate trägt das Bild der labartu einen Löwenkopf. Bellende Hunde, schreiende Tierjungen begleiten sie 1). In einer Beschwörung wird eine labartu also beschrieben:

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Gewaltig ist die Tochter Anus, die die Kleinen quält. Ihre Hände sind ein fangnetz, zornig, tobend, feindselig. ist die Tochter Anus. Sie fehrt das innere der Gebärenden um, sie reißt das Kind gewaltsam aus der Schwangern, sie fäugt es, sie läßt es jammern Eine Hure ist die Tochter Unus unter den Göttern, ihren Brüdern. Ihr Haupt ist ein Löwenhaupt, ihre Gestalt ist die des Esels, ihre Lippen sind Spritzen, die Speichel ausstoßen. Aus der Wohnung im Gebirg ist sie herabgestiegen, brüllt wie ein Löwe, heult wie ein Schakal . erblickte sie Marduk und sprach zu Ea, seinem Vater: „Mein Vater, die Tochter Anus habe ich gesehen, die die Kleinen quält." Ea antwortete seinem Sohn Marduk: Gehe, mein Sohn Marduk, mit der weißen Beschwörung ..

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1) Myhrmann in 3. f. A., 1902.

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Hier ist die Schrift auf der Tafel fast gänzlich zerstört, der Schluß aber leider ganz abgebrochen.

Ein andres Ritual fügt zu dem vorigen noch hinzu:

,,Einen Samentopf sollst du nehmen und an die Schnüre anlegen. Das Gehänge, die Augensteine, die pare sollst du daran hängen. Sieben Augensteine, fieben pare und Schnüre sollst du als Halsgeschmeide nehmen. Spreu, Blei, ein Schweinebild, ein sappu der rechten Seite eines Esels sollst du an seinen Hals legen. Vierzehn Husab von der azallu-Pflanze sollst du in eine weiße Umhüllung einschließen und an seinen Hals legen" u. f. w.

Andere Dämonen werden als gallu und mullu beschrieben. Sie treiben den Sohn aus dem Vaterhaus, die Tauben fangen sie in ihrem Schlag, den Raben lassen sie sich erheben auf seinen Flügeln, die Schwalben zwingen sie aus ihrem Nest auszufliegen. Den Ochsen treiben sie hinweg, das Schaf erschrecken sie, und der feindliche Fluch schlachtet den Menschen hin wie ein Camm. Am Himmel erkennt man sie in den Verderben bringenden Sternbildern 1), wie den „Rachenaufreißzer“, der bald im Schützen, bald in den Zwillingen als Gatte der Schufilla wiederkehrt, die sonst Isum, dem Ueberwältiger der feindlichen Dämonen, zugesellt wird.

Endlich haben wir noch den Tesu und die dreimalsieben bösen Geister vorzustellen. Von einem Jäger wird erzählt:

Wie der Wettergott schoß er die Vögel des Himmels herunter. Die Antilope packt er an ihrem Kopf und Hörnern, einen Wildstier der Steppe überwältigt er, das Dich des Gottes Gir bezwang er auf der Weide; doch jetzt wirft ihn in seinem eignen Haus der tesu nieder.“

Noch fürchteten sich die armen Babylonier und Assyrer vor sieben bösen Geistern des Sturmes, vor sieben bösen Geistern der Erde, vor sieben bösen Geistern des Meeres 2). Zu Namtar, dem Diener der Eresfigal, dem mit Rusbisa verheirateten Dämon der Pest, gesellen sich die Totengeister ekinnu und utuku, die ala, gikim und maskim, alle schon von den Sumero-Akkadiern erdichtet und gefürchtet. Zu diesen alten Unholden brachten die Semiten nur wenige hinzu, wie die rabisi 3), die nach dem Volksaberglauben kein Riegel zurückhält. Gleich Schlangen schleichen sie zur Türe herein. Bald gleichen sie einem Pardel, bald einem Wehrwolf, bald der Hyäne, bald dem Sturm.

„Sieben sind fie, die Boten des Gottes Unu, die von Stadt zu Stadt Verfinsterung anrichten wie der Orkan, der am Himmel gewaltig dahinjagt. Mit dem bösen Wind, dem feindlichen Wetter ziehen sie einher. Sie sind die tapfern tesus, die zur Rechten des Wettergottes gehn und wie ein Blitz hervorbrechen *)."

An ihrer Spike zieht Nergal, der Pestgott, Ninibs Würgengel, einher. Astronomisch betrachtet, sind hier die Frühjahrsstürme vor Tag

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und Nachtgleiche beschrieben, die einzutreten pflegen, wenn das Siebengestirn der Plejaden unsichtbar geworden ist. Man vergleiche Nergal, den Siebengott.

Andere Lieder, die man von bösen Geistern flüstert, werden später mitgeteilt, wo wir auch die utuks, die gikim und maskim näher kennen lernen werden, dazu auch die galla, rabgumme, schazu, lilla, namtar und andre Unholde, die als Unkläger, Verfolger, Bedränger der Menschen auftreten.

Zweiter Teil.

Die Verehrung der Götter.

Wenn das Sprichwort „Wie der Hirte, so die Herde" wahr ist, dann find die Babylonier und Affyrer ein sehr religiöses Volk gewesen, _wie auch Tiele urteilt; denn die Könige beider Reiche verwandten viel Zeit, Mühe und große Mittel auf die Erbauung und Erhaltung, Ausschmückung und Wiederherstellung der asrati, d. i. der gottesdienstlichen Gebäude). Ebenso lag den Königen, die in Affyrien noch nach der Zeit der Patesi Oberpriester blieben, am Herzen, eine zahlreiche und gelehrte Priesterschaft zu unterhalten, die als Propheten den Ratschluß der Götter zu verkündigen hatten, während sie als Unterpriester die mannigfaltigen Opfer brachten, Beschwörungen und Reinigungen u. a. vornahmen.

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Don jedem Feldzug und seiner Beute erhielten die Götter, d. h. die Priester, ihr Teil, und mit der Zeit wurden besonders in Babel große Schätze in den Tempeln aufgespeichert. So bestand das Parakku, das Allerheiligste, darin die großen Götter wohnen" 2), das nämlich ihre Bildsäulen enthielt, oft aus maffivem Silber. Ein andrer besonders heiliger Ort eines Tempels war der papaha, dessen Bedeutung und Gebrauch noch nicht aufgeklärt ist; während die Ziggurats, die stets in der Nähe der Tempel standen, in ihrem obersten Stockwerk auch ein besonderes Heiligtum enthielten, über dessen Benuhung wir so gut wie nichts wissen. Vermutlich dienten die hochgelegenen Gemache der Beobachtung des nächtlichen Himmels, ohne die kein Orakelgeben möglich war, wie später darzulegen ist.

In den Tempeln befanden sich außer den erwähnten parakkus und papahas kostbare Teppiche, Zelte, Boote und Bilder, vor allem die Bilder der Götter selbst, meist aus Silber oder Gold gegoffen und mit edeln Steinen geschmückt. Diese Bildsäulen wurden auch mit kostbaren Gewänder zu ihren oder andrer Götter Festtagen angetan, zu welchem Dienst besondere Priester und Priesterinnen angestellt waren.

1) Vergl. die Namen der Unatu-Iftar.

2) Jensen, Kosmol., S. 189.

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