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heimem Wege zur Kirche, um ungesehen zwischen den Strahlen eines Heiligenbildes, welches das Betstuhlgitter deckte, der Messe beizuwohnen. Er sorgte troß seiner oft sehr bedrängten Verhältnisse reichlich für Klöster und fromme Stiftungen, verbesserte durch gute Geseße die Lage seiner Untergebenen, zeigte überall ein fühlendes Herz für die Noth seines Volkes, und war oft bereit, diesen Streit beizulegen und sich dem Papste zu unterwerfen, wenn es ohne Verlegung der Würde des Reiches und der deutschen Nation hätte geschehen können.

Der Starrsinn der päpstlichen Curie und das durch denselben über das deutsche Volk gebrachte namenlose Elend förderten indeß das Nachdenken über die Macht und den Beruf des Papstes; die Trübsal lehrte Gott suchen und das Bewußtsein, daß Gott allen denen nahe ist, die ihn anrufen, die ihn mit Ernst anrufen, führte seine wahren Freunde und Diener zu einer Wirksamkeit, die um so nachhaltiger und segensreicher war, je mehr sie von der Welt unbeachtet und in Gott verborgen blieb. Es war das vierzehnte Jahrhundert eine Zeit, deren Schäden und Gebrechen nicht mehr durch äußere Maßregeln, sondern nur durch Gottes Barmherzigkeit und eine innerliche Umge= staltung der Kirche und des religiösen Lebens geheilt werden konnten, eine Zeit, in welcher innere Mission im Geiste Christi das dringendste Bedürfniß war. Von wem aber und wie dieselbe damals betrieben wurde, soll uns das zweite Capitel vergegenwärtigen.

II.

Wie die Gottesfreunde, innere Mission
trieben.

Die inneren Missions - Anstalten und Vereine der römischen Kirche, die Mönchs- und Nonnenorden waren durch den allgemeinen Verfall der Kirche größtentheils in gleiches Verderben gerathen, und ihre Ohnmacht, eine gründliche Heilung zu bringen, wurde von den erleuchteten Männern jener Zeit bereits nicht verkannt. Wie der römische Stuhl und die ihm dienende Geistlichkeit vor= züglich um die äußere Macht der Kirche kämpften und darüber die Sorge für das ewige Heil der ihnen anvertrauten Seelen allzusehr in den Hintergrund treten ließen, wie diese Hirten der Christenheit, um mit dem Propheten Hesekiel (C. 34) zu reden, das Fette fraßen, sich mit der Wolle kleideten, das Gemästete schlachteten, aber die Schafe nicht weideten, das Schwache nicht warteten, das Kranke nicht heilten, das Verwundete nicht verbanden, das Verirrte nicht holten, das Verlorene nicht suchten, sondern mit Strenge und Härte über die Heerde herrschten, so waren auch die geistlichen Genossenschaften, weil Fie keine höhere Autorität als den römischen Stuhl kannten, in ein fleischliches Treiben, in eine Genußsucht und Schwelgerei, in eine Habsucht und einen Stolz verfallen, daß sie die Kirche nur noch tiefer ins Verderben herabziehen mußten, anstatt sie zu erretten. Sie schienen meistens, wie ein alter Geschichtschreiber sagt, vom römi

schen Hof mehr zu Geld- als zu Menschen - Fischern bestellt zu sein. Sollte die Christenheit damals nicht zu Grunde gehen, so mußte der barmherzige Heiland, der treue Erzhirte, sich seiner Heerde selbst auf außerordentliche Weise annehmen und Seelenhirten erwecken, die im Geist und Auftrage ihres himmlischen Oberhauptes mit ungefärbter Liebe und freudiger Opferwilligkeit das Verlorene suchten, das Verirrte zurückbrachten, das Verwundete verbanden und des Schwachen warteten. Das Verlangen nach solcher außerordentlichen Hülfe wurde durch die geschilderten Streitigkeiten der geistlichen und weltlichen Macht immer allgemeiner. Die große leibliche und geistliche Noth lehrte beten und Gott mit Ernst suchen. Die ungeheuren Gewissenskämpfe, in welche so Viele durch das Interdikt verseßt wurden, erweckte die Frage nach der Rechtmäßigkeit solcher Strafen und nach den Grenzen der kirchlichen Gewalt. Das Ordenswesen hatte, wenn es gleich in tiefem geistlichen Verderben lag, doch noch den Nußen, daß es den Mißvergnügten eine verhältnißmäßig freie Wirksamkeit zur Reform darbot, und mehreren Orden fehlte es auch nicht an erleuchteten und kräftigen Geistern, die mit Entschiedenheit neue Wege zum Heil einschlugen. Vorzügliche Aufmerksamkeit verdient in dieser Hinsicht neben einigen andern der Dominikaner-Orden, welchem Tauler angehörte. Obschon er sich bekanntlich gewöhnlich zu dem grausamen Dienst der Inquisition hergab und unzählige Schlachtopfer den Scheiterhaufen und Folterqualen überlieferte, so zählte er doch auch eine Reihe von Männern in seiner Mitte, die durch Wissenschaft und Frömmigkeit gleich ausgezeichnet waren. Die Aufgabe, welche sich dieser Orden gesteckt hatte, das Volk durch öffentliches

Predigen religiös zu erwecken, gab ihm die reichste Ge= legenheit, die wahren Bedürfnisse des Volkes kennen zu lernen und nöthigte ihn, sich stets auf einer gewissen Höhe geistiger Bildung zu erhalten. Dominikaner erscheinen daher öfters als ausgezeichnete Gelehrte und Prediger, so wie auch als Beschüßer und Förderer jener freieren evangelischen Missionsthätigkeit innerhalb der Kirche, wie Hie die Brüder des gemeinsamen Lebens am Niederrhein und die Gottesfreunde am Oberrhein übten. Diese legteren müssen wir kennen lernen, um die Wirksamkeit Taulers, der zu ihnen gehörte, zu verstehen.

Seit dem zwölften Jahrhundert hatte im südlichen Frankreich sich ein Verein ausgebreitet, der unter dem Namen der Waldenser wohl bekannt ist. Durch die Macht des Wortes Gottes war er begründet worden, und diese Macht gab ihm auch Kraft, die furchtbarsten Verfolgungen mit Geduld zu ertragen. Petrus Waldus, der menschliche Urheber dieses frommen Vereins, ein reicher Kaufmann zu Lyon, hatte durch fleißiges Lesen der Bibel eine solche innere Umwandelung erfahren, daß er alle seine Güter unter die Armen vertheilte und dem verwahrlosten Landvolke das Evangelium predigte. Dieses Wort des Lebens sammelte bald viele fromme Herzen um ihn, und sein ursprünglicher Plan war nunmehr, eine Art von Mönchsverein im Dienste der römischen Kirche zu gründen. Aber wie dem Worte Gottes von der römischen Kirche noch nie die Freiheit gegönnt wurde, die ihm in der Kirche gebührt, so mußten auch die Waldenser alsbald er= fahren, daß ihnen nicht nur das öffentliche Predigen untersagt, sondern später auch, als sie in ihrem frommen Wirken fortfuhren, der Bann über sie ausgesprochen wurde.

Aber ein Werk, das Gott angefangen hat, kann der Mensch nicht dämpfen. Der blinde Eifer des römischen Hofes schritt zu gewaltsamer Unterdrückung dieser und der übrigen zahlreichen Sekten. Die blutigsten und grausam= sten Verfolgungen wurden gegen sie eröffnet. Die Inquisition mußte ste in allen Schlupfwinkeln aufsuchen, und fie, wo sie sich nicht dem Willen der Kirche in Allem unterwarfen, den schrecklichsten Martern übergeben, Dennoch wuchs das Bestreben, auf dem Grund der heiligen Schrift die Christenheit und die Kirche zu reformiren, beständig. Das Wort Gottes schlug immer tiefere Wurzeln im Herzen des Volkes. Die Erkenntniß der Wahrheit und die Liebe zu ihr wurde durch die Bosheit der Gegner nur gefördert. Daß unter den Waldensern Männer und Frauen durch ihre Bibelkenntniß oft katholische Geistliche beschämten, daß solche Geistliche bisweilen Waldenser zu Hülfe riefen, um den widerchristlichen Geist anderer Sekten zu bekämpfen, daß sich die Waldenser durch ihren strengen christlichen Wandel allgemeine Achtung erwarben, wird selbst von ihren Gegnern bezeugt. Aber die erfah= renen Mißhandlungen machten ihre Rückkehr in eine Kirche, deren große Irrthümer in Lehre und Leben ihnen durch das Licht des göttlichen Wortes aufgerückt waren, un= möglich. Die oben geschilderten Berrüttungen in Kirche und Staat verschafften ihnen wieder mehr freie Bewegung und ihren Grundsägen vielfachen Eingang bei den vielen Mißvergnügten. So war zur Zeit Taulers auch in den Städten des Oberrheins eine nicht unbedeutende Zahl Solcher zu finden, die, mit der herrschenden Kirche zerfallen, in eigenen verborgenen Vereinen ihr frommes Be= dürfniß zu befriedigen suchten. Jene Zeit war der Baehring, Tauler.

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