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Kap. 18: Briefe.

Textausgaben: Für die Hammurabizeit: King, L. W., The Letters and Inscriptions of Hammurabi. Für die Tel-el-Amarnazeit: Berliner und Cairener Texte: Abel-Winckler, Mitteilungen aus den oriental. Sammlungen der kgl. Museen zu Berlin 1-3 (1889-1890). Londoner Texte: Bezold, The Tell el-Amarna Tablets in the Br. M. (1892) (mit Photographien). Oxforder Texte: Sayce bei Fl. Petrie,,Tell el Amarna" (1894), pl. XXXI-XXXIII (vgl. S. 34—37).

Die Haupttextpublikation für die neuassyrische Zeit ist Harper, R. F., Assyrian and Babylonian Letters, 8 Bde. Einzelne Briefe dieser Zeit: Smith, S. A., Assyrian Letters und Keilschrifttexte Assurbanipals II, III; Winckler, Sammlung von Keilschrifttexten II. Die astronomischen Berichterstattungen (zumeist ebenso wie die Harperbriefe aus dem Archiv der Sargoniden zu Ninive stammend) hat Thompson in Luzacs Semitic Text and Translation series VI veröffentlicht.

Während der Drucklegung dieses Buches sind 245 neubabylonische Briefe des Brit. Museums aus der Zeit von ca. 600-450, wie es scheint meist aus Sippar stammend, veröffentlicht worden (CT XXII).

Bearbeitungen: Für die Hammurabizeit: Meissner, BA II, 557-564; King, 1. c.; Nagel-Delitzsch, Briefe an Sinidinam, BA IV, 434-483-500, Montgomery, Mary W., Briefe aus der Zeit des babylonischen Königs Hammurabi, Berl. Diss. 1901.

Bearbeitung der gesamten Amarna-Texte von Winckler, in KB V. Verbesserungen auf Grund neuer Kollationen in BA IV, 101–154, 279-337, 410-417 von Knudtzon, von dem auch eine vollständige Neubearbeitung (VAB Band II und III) in Aussicht steht. Zur Geschichte der TA-Zeit vgl. KAT3 S. 192 ff.; zur allgemeinen Orientierung über die Texte und ihren Inhalt Niebuhr in AO I, 2.

Aus der neuassyrischen Zeit: Delitzsch in BA I, 185-248, 613-631, II, 19-62; Johnston, Chr., The Epistolary Literature, JAOS 18 I S. 125 ff., 19 I S. 41 ff. (auch separat); Martin, Revue de l'Institut Catholique de Paris, 1901 und Recueil XXIII u. XXIV; Delattre, PSBA 1900 u. 1901; Geldern, C. v., BA IV, 501-545; Thompson, 1. c., Bd. VII; Behrens, Assyrisch-Babyl. Briefe religiösen Inhalts (Leipzig, Hinrichs). Zahlreiche Briefe dieser Zeit sind noch behandelt von Winckler, Forschungen, passim und von anderen in verschiedenen Zeitschriften.

§ 66. Allgemeines.

Die ältesten der in Keilschrift erhaltenen Briefe entstammen der Zeit der ersten babylonischen Dynastie (ca. 2400-2200), die vorläufig jüngsten aus der Perserzeit. In der Hauptsache gehören sie aber vier Perioden an, der Hammurabizeit, dem 15. Jahrhundert, der Sargonidenzeit und dem neubabylonisch-persischen Reich bis auf Artaxerxes I. Es ist von vornherein klar, daß sich innerhalb der Briefliteratur, die dem augenblicklichen Bedürfnis ihren Ursprung ver

dankt und also auch unwillkürlich den Stempel der besonderen Zeitverhältnisse an sich trägt, unmöglich ein so ausgeprägter Konservatismus fast 2000 Jahre hindurch geltend machen kann, wie bei der schönen Literatur und auch bei den offiziellen Staatsdokumenten, den feierlichen Königsinschriften usw. Zu diesen Teilen der Keilschriftliteratur steht die Briefliteratur in demselben Verhältnis wie die Briefstellerei irgend eines Privatmannes zu den „klassischen" Erzeugnissen. Die Briefe sind durchaus aus dem Bedürfnis der Verständigung über irgend eine praktische Frage erwachsen. Die Verfasser sind sehr oft Leute, die keineswegs im vollen Besitz der schriftstellerischen Routine waren, wie etwa die offiziellen Historiographen des Hofes oder die Beamten der königlichen Kanzlei. Unter den aus der Hammurabizeit stammenden Briefen stammt die Mehrzahl aus der königlichen Kanzlei. Sie tragen daher ein mehr literarisches Gepräge; ihre Formulierung ist weniger willkürlich und zufällig als z. B. fast bei allen aus dem Archiv zu Ninive stammenden Briefen, die zum allergrößten Teil an den König oder an Mitglieder seines Hofstaates gerichtet sind. Diese Briefe zeigen einen ausgeprägt vulgären Charakter. Sie sind abgefaßt in der gesprochenen Sprache des Absenders, wie sie ihm aus dem Munde ging; sie sind daher voll von sprachlichen Freiheiten, die der Literatursprache durchaus fremd geblieben sind. Auch in der Konzeption kommt die ursprüngliche Denkungsart, die nicht in die Fesseln der Logik eingespannt ist, zu unmittelbarem Ausdruck. Die Gedanken folgen einander in dem Briefe in derselben Unordnung wie in dem Geplauder, wo ein Wort das andere gibt, ohne Rücksicht auf eine folgerichtige, straffe Gedankenentwicklung.

Die babylonisch-assyrischen Briefe sind Kraut- und RübenBriefe, die keinen anderen Zweck verfolgen, als auszusprechen, was zu sagen ist, wie es auch immer sei, ohne jede Absicht auf eine ästhetische Wirkung. Gelegentlich bringt es ja der Gegenstand mit sich, daß man sich gewählt ausdrückt, so in den Briefen, die ausschließlich Ergebenheitsversicherungen und freundliche Wünsche für den Adressaten enthalten. Diese Devotionalien unterscheiden sich denn auch wesentlich von den übrigen „geschäftlichen" Korrespondenzen durch ihre sorgfältigere Struktur, ihre reinere Sprache. Das ist nun freilich weniger das Verdienst des Briefschreibers, als eine Folge der jahrhundertelangen Übung dieser Ergebenheitsadressen, die gerade wie bei uns einen festen

Stil ausgebildet hat, einen eisernen Bestand von Formeln und Floskeln, die lediglich aneinandergereiht zu werden brauchten. Diese Gattung der Briefe ist aber die weniger umfangreiche; sie sind auch in jeder Hinsicht weniger ergiebig für die Forschung. Dieser bieten gerade die Briefe,,geschäftlichen" Inhalts- geschäftlich ist hier im weitesten Sinn zu verstehen und umfaßt alle Veranlassungen, die über das Bedürfnis der Loyalitätsversicherung hinausgehen ein fast unerschöpfliches Material, in grammatischer und lexikalischer Hinsicht, in kulturgeschichtlicher, religiöser und politischer Beziehung. Die Emanzipation der Briefschreiber von dem literarischen Stil führt zur Verwendung einer Fülle neuer Wortformen und -Stämme, die jenem ganz fremd sind. Dadurch, daß kaum irgend eine Seite des alltäglichen Lebens, der religiösen Betätigung, der politischen Verwaltung auch in ihren geheimen und geheimsten Winkelzügen in den Korrespondenzen unberührt bleibt, erschließen sich uns in frischer Unmittelbarkeit viele intime Einzelheiten, die in den offiziellen Dokumenten entweder gar nicht hervortreten oder in schwer verständlicher Formelhaftigkeit sich verhüllen.

Diese Mannigfaltigkeit des Inhalts ist besonders groß in den assyrischen und babylonischen Briefen der letzten Perioden. Die altbabylonischen Briefe der Hammurabizeit enthalten fast ausschließlich Stücke aus der Korrespondenz Hammurabis mit seinem Statthalter Sinidinnam in Larsa und betreffen ausschließlich Gegenstände der inneren Verwaltung. Die Briefe der Tel-el-Amarnazeit dagegen sind durchaus den Fragen der äußeren Politik, den Beziehungen der Staaten untereinander gewidmet. Ihr eigentümlicher Reiz liegt in der Bloßlegung der Intimitäten des diplomatischen Verkehrs, in der unfreiwilligen Selbstcharakterisierung der königlichen Briefschreiber, ihr unvergleichlicher historischer Wert außerdem in der Aufklärung, die sie über die Kabinettspolitik der großen Reiche Ägypten, Babylonien und des damals mächtig sich regenden Assyrien, wie über die politischen und kulturellen Zustände in den Staaten zwischen Euphrat und Mittelmeer gewähren. Sie sind nichts Geringeres als der Schlüssel für das richtige Verständnis der politischen Geschichte des ganzen alten Orients geworden.

So individuell die keilinschriftlichen Briefe gegenüber den literarischen Erzeugnissen ihrem Inhalt und ihrer Sprache nach

sind, so konventionell erscheinen sie in der strengen Beobachtung der Eingangsformeln.

In der Hammurabi- und Tel-el-Amarnazeit ist die ausschließlich gebrauchte Eingangsformel: Ana N. N. ki-bi-ma umma N. N., d. h.,,An N. N. melde!: So (sagt) N. N."1, worauf in den Hammurabibriefen unmittelbar der Gegenstand der Mitteilung folgte. Aus der Hammurabizeit sind bis jetzt nur ganz wenige Briefe erhalten, die nicht von dem Könige an Beamte gerichtet sind. Aber auch diese wenigen Briefe verzichten vollständig auf die Ergebenheitsfloskeln, die in den späteren Briefen üblich sind. Über rein geschäftliche Korrespondenzen zwischen Privatpersonen aus dieser Zeit s. unten S. 269. Die Ergebenheitsversicherungen nehmen einen sehr breiten Raum ein schon in den Amarnabriefen, deren Eingangsformel sich sonst mit der der Hammurabizeit deckt. Sie sind hier überaus mannigfaltig je nach dem Verhältnis des Absenders zum Adressaten. Wenn die großen Potentaten von Babylonien und Ägypten, Mitanni und Assyrien aneinander schreiben, so konstatieren sie zunächst mit Befriedigung, daß es ihnen selber, manchmal auch, daß es ihren Familien, ihren Rossen und Streitwagen wohl gehe, um dann dem Adressaten das Gleiche in etwas, aber nicht viel ausführlicherer Form zu wünschen. Wenn aber einer der kleinen Fürsten oder Statthalter an „die Sonne", den großen Herrn in Ägypten schreibt, so bezeichnet er sich als dessen Diener, als den „Staub seiner Füße" und die „Erde, auf die er tritt", den,,Schemel seiner Füße“, den „Thron, auf dem er sitzt" fällt ihm zu Füßen, und zwar meist siebenmal siebenmal, manchmal sogar auf Brust und Rücken. Direkte Wünsche oder Schmeicheleien kommen verhältnismäßig seltener, aber doch hin und wieder vor; in der Regel sind über das gewöhnliche Maß hinausgehende Schweifwedeleien durch ein besonders schlechtes Gewissen des Schreibenden motiviert. Das Mindestmaß bieten die Briefe des Abdchiba von Jerusalem, der immer schreibt: „Zu Füßen meines Herrn, des Königs, siebenmal siebenmal falle ich." Wenn der Pharao an einen seiner Untergebenen schreibt, so bedient er sich wohl der allgemein üblichen Eingangsformel, verzichtet aber auf jeden Gruß und Wunsch.

Anders bei den assyrischen Königen der späteren Zeit. Sie

1 Das ist wohl die einleuchtendste Übersetzung der schwierigen Phrase. Der Imperativ wendet sich an den offenbar personifizierten und mit dem Überbringer identifizierten Brief.

haben wie auch die anderen Glieder des königlichen Hauses eine eigene Eingangsformel zu ausschließlichem Gebrauch. Ihre Briefe beginnen: Abit oder amat scharri, mârat scharri od. ä., ,,Willensmeinung, Befehl des Königs, der Königstochter" usw. Der assyrische König verschmäht es auch nicht, seine Beamten huldvoll zu begrüßen und tut dies mit den Worten:,,Der Gruß von mir tue wohl Deinem Herzen". Briefe des Königs sind unter den späteren Briefen nur ganz vereinzelt erhalten, offenbar weil es versäumt worden ist, Konzepte bzw. Kopien von ihnen im Archive zurückzubehalten. Die erdrückende Mehrzahl der Briefe dieser Zeit sind an den König oder an Personen seines Hauses und Hofstaates gerichtet. Die Eingangsformel ist hier: „An den König, meinen Herrn, Dein Diener N. N". Darauf folgt ein Wunsch, der kürzer oder ausführlicher gehalten ist, z. B.1: „Heil sei dem König, meinem Herrn, gar sehr! Nebo und Marduk mögen den König, meinen Herrn, segnen! Wohlbefinden des Königs, meines Herrn, Gesundheit des Herzens, Gesundheit des Leibes!" Eine Erweiterung der Formel namentlich durch Anrufung zahlreicher Götter bieten besonders die spontanen Ergebenheitsadressen, deren Zweck lediglich Loyalitätskundgebungen und Glückwünsche sind (vgl. z. B. unten S. 279). Über die in assyrischen Briefen bis jetzt seltene, in den neubabylonischen aber die Regel bildende Eingangsformel,,Brief (egirtu, duppu) des N. N. an N. N." vgl. S. 277 f.

In dem Hauptteil des Briefes wird zunächst auf das vorhergegangene, die Antwort veranlassende Schreiben Bezug genommen und dann die Antwort gegeben. Der Umstand, daß nur in ganz seltenen Fällen dieses Schreiben des Königs erhalten ist, erschwert das Verständnis der Antwort und damit des ganzen Briefes oft sehr. Die Berichterstattung selbst ist oft von außerordentlicher Kürze und Bestimmtheit. In der Regel fehlt auch dem Schreiben ein eigentlicher Schluß. Wo ein solcher angefügt wird, enthält er entweder einen Wunsch für das Wohlergehen des Königs oder eine Wendung wie „Der König wird es schon wissen; er möge tun, wie ihm beliebt", oder aber der Schreiber konstatiert nochmals ausdrücklich, daß er nach Wunsch und Befehl des Königs gehandelt habe.

Zur Technik des brieflichen Verkehrs bei den Babyloniern und Assyrern ist noch zu bemerken, daß die Briefe in Tonhüllen

1 K 604.

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