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die Göttin sind bekannt und unbekannt; aber ihr Zorn und Feindschaft brennen im Herzen des Menschen, und doch ist niemand da, der Troft und Rettung bringt, der die drückenden folgen der Sünde aufhebt. Denn diese Folgen der Sünde, die zeitlichen Strafen, treiben den sündigen Menschen in's Gebet. Ein andres Gebet lautet:

„Herr, stürze nicht deinen Knecht. In das Wasser des Schlammes geworfen, faffe ihn bei der Hand. Die Sünde, die ich begangen, wandle in gutes. Den Frevel, den ich verübt, führe der Wind fort. Meine vielen Schlechtigkeiten zerreiße wie ein Kleid. Mein Gott, sind meiner Sünden auch sieben mal sieben, fo löse meine Sünden. Bekannter unbekannter Gott, sind meine Sünden auch sieben mal sieben, so löse meine Sünden. Bekannte unbekannte Göttin, sind meiner Sünden auch sieben mal sieben, so löse meine Sünde 1)."

Dies Gebet muß doch gewiß aus der Tiefe kommen? Aber neben dem lebhaften Sündenschmerz und dem innigen Verlangen nach Vergebung steht immer das bedauernswerte Bild des törichten Menschen, dem es weh tut, daß er etwas verbotenes gegessen oder auf einen Greuel getreten hat, auch seine Götter bald als bekannt bald als unbekannt behandelt. Beachtenswert ist noch, daß hier gar nicht der fühnenden Kraft des Opfers gedacht wird. Wir sehen wieder, daß keine Mythologie die Götter dem Menschen nahe bringen oder vertraut machen kann. Das muß die bedrängte Seele zu ihrem Schaden erfahren. Sie wird in ihrer Not nicht getröstet, sondern im stich gelassen. Sie ruft Baal, erhöre uns", aber da ist keine Stimme noch Antwort 2). Welch eine Anklage gegen die trügerischen Priester.

Aber dieses Klagelied, sagt ein Gelehrter, enthält etwas „Babylonisches im N. T." Wie Petrus ) fragt, ob siebenmal vergeben genug sei, antwortet der Herr doch nicht ganz babylonisch, sieben mal sieben, sondern verstärkt den Ausdruck, der bei den Hebräern vermutlich e ben so altist wie bei den Babyloniern, zu „siebzig mal sieben mal". Ein drittes Gebet:

„Daß meines Herrn Herzenszorn sich besänftige, daß der mir unbekannte Gott sich besänftige. Daß die mir unbekannte Göttin sich besänftige. Bekannter und unbekannter Gott sich besänftige. Daß meines Gottes Herz sich besänftige. Daß meiner Göttin Herz sich besänftige. Bekannter und unbekannter Gott und Göttin sich besänftige. Der Gott, der mir zürnte, möge sich besänftigen. Die Göttin, die mir zürnte, möge sich besänftigen. Die Sünde, die ich begangen, kenne ich nicht. Die Miffetat die ich begangen, kenne ich nicht. Den Groll, den ich hinuntergewürgt, kenne ich nicht. Den Fehltritt, den ich getreten, weiß ich nicht."

Dieselbe Finsternis und Troftlosigkeit, wie in den vorigen Liedern, derselbe abergläubische Dienst des Buchstabens, wie Kaspari *) richtig sagt; denn es sind nur Buchstaben, aber keine sinnreichen Worte, die Gebete dieser Art.

1) Wie bei 3 auf S. 262.

2) 1. Kön. 18, 26.

3) Matth. 18, 21.

4) A. a. O., S. 24/430.

Wie einer, der seines Herrn vergaß, der den hohen Namen seines Gottes leichtsinig aussprach, erschien ich. Ich selbst aber dachte nur an Gebet und flehen. Gebet war meine Regel, Opfer meine Ordnung. Der Tag der Verehrung meines Gottes war meine Herzenslust. Der Tag der Nachfolge meiner Göttin war mir Gewinn und Reichtum. Gebet eines Königs, das war meine Freude, und Gesang eines solchen, das war mir angenehm. Ich lehrte mein Land den Namen Gottes bewahren, den Namen der Göttin zu verherrlichen unterwies ich mein Volk 1).“

Dies nur ein Teil des Gebetes, das später vollständig mitgeteilt wird. Hier haben wir kein Klagelied vor uns, sondern wahrscheinlich das Gebet eines babylonischen Königs der ältesten Zeit, wo noch eine Erinnerung an die heiligen Gebote Gottes vorhanden war. Darauf weist sogleich der Anfang hin. Dann freilich folgt ein Selbstlob auf das andere; doch will der hochgestellte Herr seinem Volk die Religion erhalten, und das ist bis heute etwas Großes.

„Der Herr, dessen Herz droben nicht beruhigt ist, dessen Herz drunten sich nicht besänftigt, droben und drunten keine Rühe findet, der mich gebeugt, der mich vernichtet hat, der in meine Hand einen fluch gelegt, der in meinen Leib furcht gelegt, der die Lider meiner Augen mit Tränen erfüllt hat, der mein Herz mit Jammer erfüllt hat, ein reines Herz will ich zu beruhigen suchen, sein Herz möge besänftigt wieder ruhen."

Es ist den heidnischen Vorstellungen ganz angemessen, daß alle Gemütsbewegungen des leidenden Menschen in seinen Gott hineingelegt werden, der keine Ruhe hat, bis er den Menschen mit fluch, furcht, Jammer, Not und allem Elend belegt und in den Staub gedrückt hat.

„Der Herr, das erhabene Oberhaupt des Gottes Atar, möge mein flehen dir verkünden. Die Verkünderin, die Herrin von Nippur 2), möge mein flehen dir verkünden. Der Gott, der Herr Himmels und der Erde, der Herr von Uruzibba®), möge mein flehen dir verkünden. Die Mutter des großen Heeres, die Damgalnuna), möge mein Flehen dir verkünden. Der Gott Marduk, der Herr von Tintir *), möge mein Flehen dir verkünden. Egia, der Erstgeborene des Gottes Jb), möge mein flehen dir verkünden. Der Gott Martu), der Herr von Charsavva, möge mein Flehen dir verkünden. Die Göttin Gubara 7), die Herrin von Guęddina, möge mein Flehen dir verkünden 3)“ u. f. w.

Ein ganzes Heer von Fürbittern wird aufgeboten, aber wir erfahren nicht, bei wem sie Fürbitte einlegen sollen, und was der eifrige Beter begehrt. Das ist nach Caspari) ein Versuch, aus dem Polytheismus einen praktischen Nutzen zu ziehen, wie in den Beschwörungen die Götter gegen die Dämonen ausgespielt werden. Bei der einen Instanz hat sich der Beter die Sünde zugezogen, die andre ruft er gegen die folgen auf.

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Er scheint es für möglich zu halten, über den Zorn eines Gottes mit Hilfe eines andern heil hinwegzukommen, ohne diesen zu versöhnen. Vermutlich bietet er den mächtigeren zur Hilfe gegen den schwächeren auf. Solche Ansähe, in die Ratsversammlung der Götter puhur ilani, wo die Schicksale festgesetzt wurden, einen Keil zu treiben, konnten sich auf Präzedenzfälle in den Mythen berufen. Jedenfalls mußte diese also gerechtfertigte Handlungsweise die Religion verwüsten.

Wenn es einmal in solch einem Gebet heißt, Gott möge vergeben, wie Vater und Mutter vergeben, so erinnert dieses Wort, wenn es kein bloßes Dichterwort sein soll, als ein letzter Rest an den uralten Glaubensschatz der Voreltern, die den lebendigen Gott als den Vater aller Menschen kannten und liebten und ehrten.

Oder es wird erinnert, daß bei Beschwörungen wie bei Klageliedern die beleidigte Gottheit als eine unbekannte erscheint. Die Namenlosigkeit aber führte von den einzelnen Göttern hinweg, brachte, wie Jastow meint, die Schar der Götter unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt, die Leitung der menschlichen Schicksale. Aber damit ist doch nicht der geringste Zug von wirklichem Monotheismus in Babel entdeckt; denn ein persönlicher Gott wird nie und nirgend durch menschliches Nachdenken gefunden, sondern nur durch Offenbarung kund gemacht 1).

Fr. Hommel 2) will solchen monotheistischen Zug bei den alten Babyloniern dem neu eingewanderten Volk der Semiten zuschreiben; aber wenn diese zur Zeit der Abfaffung solcher Gebete erst kürzlich eingewandert waren, so konnten sie schwerlich schon Einfluß in religiösen Dingen ausüben, zumal diese Einwanderung, wie bereits einmal bemerkt wurde, höchst wahrscheinlich nicht friedlicher Natur war; sondern die semitischen Nomaden bezwangen die Ackerbauer mit ihrem guten Schwert und starken Arm. Sodann ist zu erwägen, daß diese Semiten selbst nur zur Minderzahl, vielleicht recht kleinen Minderzahl, noch an dem Einen lebendigen Gott festhielten.

Noch könnte jemand annehmen, hier sei der Einfluß des nach Babylon verbannten jüdischen Volkes zu spüren. Diese Annahme zu begründen, müßte der Nachweis vorher gehn, daß solcher Art Lieder dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert angehörten; und daß das jüdische Volk, das in seiner Verbannung den Gott, den es vorher schnöde verlassen hatte, nun aber wieder suchte und fand und ehrlich bekannte, der babylonischen Literatur auf irgend einem Wege nahe getreten sei, wovon wir bis heute nichts wissen. Eine Ausnahme hiervon macht vielleicht ein Gebet des Königs Nebukadnezar, das an Marduk gerichtet und möglicherweise von einem jüdischen Schreiber abgefaßt ist. Es lautet:

Marduk, Herr, fürst der Götter, trefflicher fürft! Du hast mich geschaffen, die Herrschaft über die Scharen der Menschheit mir anvertraut. Wie mein kostbares

1) Kaspari a. a. Ø., S. 74 2c. Matth. 11, 25.

2) Sem. D. u. Spr. I, S. 316.

Leben liebe ich deinen erhabenen Sal. Außer deiner Stadt Babel habe ich an allen Wohnstätten keine Ansiedlung (eines Gottes) erbaut. Weil ich die Furcht von deiner Gottheit liebe und an deine Herrschaft denke, so sei meinem Gebet gnädig und höre meine Bitte. Ich bin der König, der Ausstatter, der dein Herz erfreut, der weise Statthalter, der alle deine Städte ausstattet. Auf deinen Befehl, barmherziger Marduk, möge das Haus, das ich gebaut habe, für ewig stehn. Möge ich eine Pracht genießen, möge ich in ihm das Greisenalter erreichen, meine Großtaten genießen, von den Königen der Weltteile, von der gesamten Menschheit möge ich schweren Tribut darin empfangen. Vom Umkreis bis zur Höhe des Himmels beim Aufgang der Sonne möge kein feind vor mir sein, möge ich keinen Widersacher haben. Meine Nachkommen mögen darin für ewig die ganze Menschheit beherrschen 1)."

Ein Gebet desselben Königs von ähnlichem Inhalt ist bereits früher mitgeteilt worden. Wir wissen freilich nicht, wie groß der Einfluß eines babylonischen oder affyrischen Königs auf seine Hofliteraten war; aber das dürfen wir wohl annehmen, daß in allen Inschriften, also auch Gebeten, die in des Königs Namen abgefaßt wurden, wenigstens der Sinn des Herrschers wiedergegeben wurde. So kann man wohl solchen Schriftstücken einen Einfluß der jüdischen Religion abspüren; aber neben dem Ausdruck des innigen religiösen Gefühls machen sich auch die ersten Ansätze des späteren Größenwahns in diesem Gebet bemerklich.

Sehr bemerkenswert ist in dieser Beziehung auch das Gebet eines leidenden Königs, das H. Zimmern aus der Bibliothek Asurbanipals mitteilt 2):

"Ich gelangte in's Leben, in der Lebenszeit rückte ich vor. Wo ich mich auch hinwandte, da stand es schlimm, schlimm. Drangsal nahm überhand, Wohlergehn erblickte ich nicht. Rief ich zu meinem Gott, so gewährte er mir nicht sein Antlitz. flehte ich zu meinen Göttern, so erhob sich ihr Haupt nicht. Der Wahrsager deutete nicht durch Wahrsagen die Zukunft, durch eine Spende stellte der Seher mein Recht nicht her. Bing ich den Totenbeschwörer an, so ließ er mich nichts vernehmen, der Beschwörer löste meinen Bann nicht durch ein Zaubermittel. Wie (erscheinen) doch die Caten anders in der Welt! Blickte ich hinter mich, so verfolgte mich Mühsal, als ob ich meinem Gott keine Spende dargebracht hätte und bei der Mahlzeit meine Göttin nicht angerufen worden wäre, (als ob) ich mein Antlitz nicht niedergeschlagen, keinen Fußfall getan hätte, (wie einer) in deffen Mund Gebet und Flehen stockten, (bei dem) der Tag Gottes aufhörte, die Feier des Neumondes ausfiel, der sich auf die Seite legte, ihren Ausspruch verachtete, (Gottes) Furcht und Verehrung sein Volk nicht lehrte; der seinen Gott nicht rief, von deffen Speise aß, seine Göttin verließ, ihr kein Getränk brachte; der den, der geehrt war, seinen Herrn vergaß, den gewichtigen Namen feines Gottes leichtsinnig aussprach so erschien ich."

„Ich selbst aber dachte nur an Gebet und flehen. Gebet war meine Regel, Opfer meine Ordnung, der Tag der Verehrung Gottes war meine Herzenslust, der Tag der Nachfolge der Göttin war (mir) Gewinn und Reichtum. Gebet eines Königs, das war meine freude, und Gesang eines solchen, das war mir genehm. Ich lehrte mein Volk den Namen Gottes bewahren, den Namen der Göttin zu verherrlichen unterwies ich mein Volk. Die Furcht vor dem König machte ich Riesen gleich, auch in der Ehrfurcht vor dem Palast unterwies ich das Volk. Wüßte ich

1) K. B. III, b, 30.
2) K. U. T., S. 385.

doch, daß vor Gott solches wohlgefällig ist! Was aber an sich gut erscheint, das ist schlecht bei Gott; und was in sich verächtlich ist, das ist bei Gott gut. Wer verstände den Plan der Götter im Himmel, den Plan Gottes, voll von Dunkelheit, wer ergründete ihn? Wie verständen den Weg Gottes die blöden Menschen! Der am Abend noch lebt, ist am Morgen tot. Plötzlich wird er betrübt, eilends wird er zerfchlagen. Im Augenblick singt und spielt er noch, im Nu heult er wie ein Klage mann. Wie Tag und Nacht ändert sich ihr Sinn. Bald hungern sie und gleichen einer Leiche, bald sind sie fett und wollen ihrem Gott gleichkommen. Geht's ihnen gut, so reden sie vom aufsteigen gen Himmel, sind sie in Kummer, so sprechen sie vom hinabfahren zur Hölle“

Hier ist eine größere Lücke, im Kommentar steht:

ein böser Totengeist ist aus seinem Loche hervorgekommen zum Gefängnis ift mir das Haus geworden, in die feffel meines Fleisches sind meine Arme gelegt, ir meine eignen Bande sind meine füße geworfen; mit einer Peitsche hat er mich geschlagen, voll von . . mit seinem Stabe hat er mich durchbohrt. Der Stich war gewaltig. Den ganzen Tag verfolgt mich der Verfolger 1), mitten in der Nacht läßt er mich keinen Augenblick aufatmen '). Durch Zerreißung sind meine Gelenke ge sprengt, meine Gliedmaßen sind aufgelöst, sind... auf meinem Lager wälzte ich mich wie ein Stier 1), war begoffen wie ein Schaf mit meinem Unrat. Meine Fiebererscheinungen) sind dem Beschwörer unklar geblieben, und meine Vorzeichen hat der Wahrsager dunkel gelassen. Nicht hat der Beschwörer meinen Krankheitszustand1) richtig behandelt, und einen Endpunkt für mein Siechtum konnte der Wahrsager nicht angeben 1). Nicht half mir ein Gott, faßte mich nicht bei der Hand. Nicht erbarmte sich meiner eine Göttin, ging mir nicht zur Seite. Schon öffnete sich das Grab, ergriff Besitz (?) von meiner Gestalt (?). Ehe ich noch gestorben war, war die Totenklage um mich vollständig. Mein ganzes Land rief: Wie übel ist er zugerichtet. Da solches mein feind hörte, erglänzte sein Angesicht. Als Freudenbotschaft verkündigte man es ihm, sein inneres wurde heiter. Ich (aber) weiß eine Zeit, da meine Tränen zu ende sind, wo inmitten von Schutzgeistern die Gottheit geehrt ist."

Ueber den Einfluß der jüdischen Religion, den man hier anklingen hört, ist schon vorhin gehandelt worden. Viele Züge_passen gradezu auf die schwere Krankheit des Königs Nebukadnezar. Als derselbe den Tempel der Gula oder Ninkarrak wieder hergestellt hatte, richtete er an sie das folgende Gebet:

„Ninkarrak, hehre Göttin! Wenn du Eharsagila, den Tempel deiner Gattinschaft, freudig betrittst, so möge dein Befehl Huld gegen mich sein. Mache meine Tage lang, befestige meine Jahre, befiehl meine Lebenskraft zu genießen, laß meine Seele gedeihen, mache meinen Leib gesund, befestige meinen Samen. Niederwerfung meiner Gegner und Verwüstung des Landes meiner Feinde sprich vor Samas, dem König Himmels und der Erde, alljährlich aus )."

Wie hier Gula um ihre Fürbitte bei Samas angegangen wird, so werden noch heute Maria und die Heiligen zu Mittlern zwischen Gott und den Menschen gemacht, echt babylonisch. Derselbe Nebukadnezar betet auch:

„Ninkarrak, erhabene Herrin, blicke das Werk_meiner Hände freundlich an. Dein Befehl sei Huld gegen mich, ein Leben ferner Tage, Genuß der Lebenskraft,

1) Wer sollte hierbei nicht an den kranken König Nebukadnezar denken?
2) K. B. III, b, 45.

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