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Das Bild ist gut, murmelte er, muß gut sein; ich sehe noch in diesem Gardegeneral den halbwüchstgen Burschen von damals. Er trug einen blauen Rock und eine blaue Müße mit ziemlich langem Schirm; die Müße war ihm abgefallen, als er sich aus meinen Händen winden wollte; ich dächte, seine Stirn wäre damals schon etwas kahl gewesen. Er hatte um den Mund einen alten verlebten Zug, und auch der hat sich nicht verloren. Nur seine Augen erkenne ich nicht wieder. Ich erinnere mich, daß fie damals vor Angst und Wuth wahnsinnig stierten; hier blicken sie freundlich genug, beinahe geistvoll; man sagt ihm ja nach, daß er ein geistig hochbegabter Mensch sei.

Leo hatte das Licht wieder auf den Tisch gestellt und ging nun mit leisen Schritten im Zimmer auf und nieder.

Was sagt man von einem Fürsten nicht? Er wird vom Schicksal durch das Leben getragen, wie die alten Helden von Götterhänden durch das Kampfgewühl. Tausend und tausend Köpfe denken, tausend und aber tausend Arme arbeiten für ihn. Was fehlt ihm am Gottsein, als die Unsterblichkeit? Und auch die kann er sich schaffen, der Ueberglückliche, wenn er nur seine Allmacht nicht mißbraucht, wenn er nur ein wenig für die Menschheit thut.

Daß noch keiner von ihnen auf den Gedanken fam: den Namen, welchen Schmeichler so gern im Munde führen, wahrhaft zu verdienen, wahrhaft der Vater, der Wohlthäter des Volkes zu sein. Und wäre es auch blos der Originalität wegen! wäre es auch blos, um in der Geschichte der Unbegreifliche genannt zu werden! Wer könnte ihm Widerstand leisten, wenn er ernstlich wollte? wenn er zur rechten Zeit an das Volk appellirte und sich unter den Schuß des Volkes stellte? Er könnte die Republik proklamiren und sich zum Präsidenten wählen lassen; er könnte ungeheure Thaten vollbringen, eine friedliche Revolution, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.

Aber kommen sie je auf den Gedanken? nicht einmal welterobernde Xerresse, die Alles erschöpft haben und für

eine neue Luft die höchsten Preise zahlen, nicht einmal die! geschweige denn kleine Dußend-Fürsten, die in ihren Lastern und ihren Tugenden mit ihren Kammerdienern wetteifern. Der Mensch da regiert nun schon vier Jahre, und was hat er gethan? die Revolution, deren reiche Erbschaft er antrat, verlumpt und sich die Reaction zu einem enormen Preis in's Land gekauft. Der Armselige! und doch! hätte ich ihm damals die Kehle zugeschnürt, sie hätten mir den Kopf vor die Füße gelegt, oder mich als einen Wahnsinnigen zeitlebens hinter Gittern und Mauern vergraben. Er aber, er durfte mich in's Gesicht schlagen, daß mir das Blut aus den Lippen rann! was war an dem Bauerjungen gelegen? er hätte mich tödten können, und würde darum heute doch ein allergnädigster, großmächtigster König und Herr sein.

Leo trat an's Fenster und schaute hinaus. An dem Himmel schwankte die Mondsichel durch schwarze Wolkenmassen; die Häuserreihe drüben war dunkel, aus einer Mansarde nur dämmerte ein schwaches Licht. Der Schein der Laternen glißerte in den Wasserlachen auf dem Straßenpflaster; die Straße selbst war wie ausgestorben; der Wind Heulte die Häuserfronten entlang und klapperte mit den Läden und Dachluken.

So also steht diese langersehnte Station der Pilgerfahrt meines Lebens aus? Kein schöner Anblick, fürwahr! Ich hatte mir das immer anders gedacht: Paläste, um deren stolze Zinnen der Morgensonnenschein fluthet; ein Volk von Königen, das durch die breiten Straßen wallt - so stand sie vor dem Auge des Knaben; und später war sie mir immer die Stadt der Revolution, die Wahlstatt des Kampfes, die Stätte der Entscheidung für die Geschicke unseres Volkes. Deshalb mußte ich hierher, und deshalb bin ich hier; und weil ich einmal hier bin, will ich mir meinen Weg bahnen, und dieser Weg soll in die Höhe führen, denn trog Walter und allen Philistern! heute so gut wie vor taus send Jahren, liegen die Geschicke der Nationen in der Hand der Mächtigen.

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Als er vom Fenster nach dem Bett ging, das im Hintergrunde des Zimmers in einem Alkoven stand, streifte sein Blick noch einmal das Bild des jungen Königs.

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Es ist eine sonderbare Aehnlichkeit -wo habe ich doch nur das andere Gesicht gesehen? — Nicht das des PrinzenKnaben ein anderes Gesicht, das ich aber auch ebensogut nur geträumt haben mag mit hoher Stirn und lebhaften, Es war um Silvia's Lachenden Augen gerade wie dies! halber, daß wir aneinander geriethen. Eine wunderliche Begegnung! Ob sie die erste und legte gewesen ist? - Wo habe ich nur das Gesicht gesehen? und warum muß ich dabei an Silvia denken, wie ich sie an jenem Morgen im blinkenden Wasser unter den wehenden Bäumen sah? - Ich fange an zu träumen, bevor ich schlafe. Gute Nacht, chinesischer Ungeschmack; gute Nacht, bunter Kinderkram — gute Nacht, Welt!

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Siebenunddreißigstes Capitel.

Die Gesellschaftszimmer im Hotel des Freiherrn waren zum Empfang der Freunde des Hauses, die sich allwöchentlich am Mittwoch Abend hier zu versammeln pflegten, bereit. Die Kronleuchter waren angezündet, und die hohen Spiegel zwischen den heruntergelassenen dunklen Vorhängen warfen das helle Licht energisch zurück. Der alte Christian ging mit leisen Schritten ab und zu, warf prüfende Blicke nach der Decke, nach den Wänden, auf den Boden, rückte hier einen Stuhl zurecht und dort ein Bild, nahm hier mit dem Wischtuche noch einen Staubrest weg und fuhr dort mit dem Wedel einer Büste über das Gesicht. Sonst war Niemand in den Zimmern. Der Alte war mit seinen Einrichtungen zufrieden; er blickte nach der Uhr, nahm seine Sachen zusammen und

schritt nach der Thür, die kaum hörbar hinter ihm in's Schloß fiel.

Ein paar Minuten waren die schönen, hohen Räume sich selbst überlassen. Dann öffnete sich eine Tapetenthür, die nach den inneren Wohngemächern führte, und ein junges Mädchen trat herein. Sie durchschritt erst die ganze Flucht der Zimmer, wie um sich zu überzeugen, daß sie allein sei; dann kam sie langsam zurück und setzte sich endlich in dem blauen Zimmer in einen der niedrigen, bequemen Lehnsessel, die um den Kamin herum standen.

Sie stützte den Kopf in die Hand und blickte starr auf die Spitze des zierlichen Fußes, die unter dem Saum des Kleides hervorsah; aber es war das keine Regung der Eitelkeit; sie dachte in diesem Augenblicke nicht an den zierlichen Fuß sie war auch vorhin, als sie durch die Zimmer schritt, an den Spiegeln vorübergegangen, ohne einen Blick hineinzuwerfen.

Sie nahm einen Brief aus der Tasche und begann zu lesen; aber vor den Thränen, die ihr in die Augen traten, schwammen die Worte in einander, und bald fielen große Tropfen auf das Papier. Weinte sie über den einsamen alten Bater? Weinte sie über die junge Tochter, die nun mit dem Alten einsam sein wollte?

Aber war sie hier denn nicht so gut einsam, wie dort auf dem Forsthause? Hatte sie sich in den sonnigen Tagen der Jugend, wenn sie des Morgens durch den Wald streifte, wo die Vögel sangen und die Mücken im Schatten Ringeltanz spielten, je so allein gefühlt, wie jezt? Es war ja kaum ein Opfer, das sie brachte; es war ja eigentlich nur die Erfüllung eines Wunsches, den sie selbst längst schon gehegt, und den auszusprechen sie sich nur der Menschen wegen ge= scheut hatte, die seit so vielen Jahren mit nie getrübter Liebe und Freundschaft an ihr hingen. -Und doch muß es sein! sagte das Mädchen, indem sie sich mit einer gewissen Ungeduld aufrichtete.

Was muß sein, Silvi? flüsterte eine fanfte Stimme, Spielhagen, In Reih' und Glied. I.

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und eine leichte Gestalt in weißem Gewande kniete an ihrer Seite und schlang den Arm um ihren Leib. - Wie, Du hast geweint, Silvi? fuhr sie fort, als sie der Freundin in das Gesicht gesehen hatte. Du hast geweint?

Warum kommst Du auch gerade jetzt! sagte Silvia, indem sie zu lächeln versuchte und sich schnell die Thränen abtrocknete.

Würdest Du nicht weinen, auch wenn ich nicht gerade jest gekommen wäre? erwiederte Amélie mit sanftem Vorwurf; was ist's, Silvi, liebe Silvi? Das ängstigt mich so, wenn ich Dich weinen sehe. Was ist geschehen? Was ist das für ein Brief?

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Nicht von ihm

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nicht von Deinem jungen Helden der Brief ist von meinem alten Vater und, um es kurz zu sagen und Dich nicht länger zu ängstigen: ich muß zurück. Das heißt Du meinst Du willst

Das heißt komm', seße Dich her zu mir, mein Liebling, hier auf diese Fußbank, und leg' Deine Arme auf meinen Schoß und sieh mit den guten braunen Augen nicht so angstvoll zu mir empor! Wir wollen einmal recht verständig zusammen sprechen; es plaudert sich so schön, wenn man sich hübsch angezogen hat und die Lichter brennen und die Leute jeden Augenblick kommen können. Man ist noch nicht in Gesellschaft und ist doch nicht mehr für sich, und so ist man auch im Herzen halb warm und halb fühl, halb häuslich mittheilsam und halb gesellschaftlich reservirt. Das ift die rechte Stimmung, um so wichtige Dinge zu besprechen. Sieh', mein Mädchen, der Winter steht vor der Thür, und da, weißt Du, ist es draußen auf dem Lande öde und traurig, zumal im Walde, wo die letzten Blätter von den Eichen rascheln und durch die kahlen Zweige die wilden Stürme sausen. Und mitten im öden, stürmischen Walde, in dem fleinen Hause auf der Waldwiese, sist ein alter Mann und horcht, wie es draußen stürmt, und manchmal horcht er noch schärfer auf. Es ist ihm gewesen, als ob er durch den Sturm ganz deutlich das Rollen eines Wagens höre. Und wenn er

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