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im Sinne Plato's verwirklicht weshalb es Christus als Lebensaufgabe eines jeden aufstellt, nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit" zu trachten. Die höchste Probe der Liebe ist nach Jesus die Feindesliebe, und dies ist bei Plato die höchste Probe der Gerechtigkeit: der Gerechte, sagt der griechische Weise, will auch dem Feinde nur Gutes thun." Diese Gesinnung kann sich nur im Kampf mit der Selbstsucht der Welt emporarbeiten. Daher nimmt auch Christus an, dass sich der grosse Organismus der Menschheit nur unter schweren Kämpfen verwirklichen kann. Die Sorge für die leibliche Existenz ist das Haupthinderniss für die võllige Hingabe an das Ideal des Gottesreiches, und die Unvollkommenheit der menschlichen Natur, welche diese Sorge veranlasst, scheint der erhaltenden Liebe Gottes zu widersprechen. Aber Jesus lehrt wie Plato, dass gerade diese Unvollkommenheit mit für den Weltplan Gottes nothwendig ist (Matth. 6, 25-34). Wenn Gott das Leben und den Leib geschaffen hat, so konnte er es auch so einrichten, dass die Ernährung des Lebens und die Vollkommenheit des Leibes uns ohne unser Zuthun zu Theil werde, wie den Vögeln unter dem Himmel die Nahrung ohne ihr Zuthun zuwächst und die Lilien auf dem Felde ohne ihr Zuthun zu herrlichster Schönheit erblühen. Aber der Mensch ist mehr als Thier und Pflanze, weil er für das Reich Gottes, d. h. für das Reich der freien Vernunft bestimmt ist. Wenn er dieser seiner Bestimmung nachlebt, wird ihm alles, was äusserlich nothwendig ist, zufallen. Diese Anschauung stimmt võllig mit dem Platonismus, aber zugleich auch mit den Ergebnissen der Geschichte überein. Je höher und allseitiger die ideale Cultur des Menschengeschlechts sich entwickelt, desto vollkommener werden auch die äusseren Bedürfnisse befriedigt. Die Ordnung des äusseren Lebens ist in unseren Tagen durch den Egoismus der Massen gefährdet, vor welchem die Besitzenden zittern. Hier helfen auf die Dauer keine äusseren Repressivmaassregeln, wie sie z. B. David Strauss von seinem atheistischen Standpunkt aus für nothwendig hält. Nur wenn das Volk durch Erziehung und Belehrung für ideale Ziele begeistert wird; wenn hierzu Kunst und Wissenschaft beitragen; wenn ausserdem der Staat die Kräfte der Einzelnen ebenfalls mehr und mehr zur Arbeit für das Gesammtwohl beranzieht; wenn endlich die Kirche in alle diese Bestrebungen fördernd. eingreift, weil sie darin das Reich Gottes wachsen sieht dann wird durch Gerechtigkeit und Menschenliebe die drohende Gefahr in gemeinsamer Anstrengung aller Stände vermieden werden.

4. Für Christus lag die Entwickelung seines Werkes in ferner Zukunft; er fiel als erstes Opfer des Kampfes, welchen seine Bestrebungen hervorriefen. Wohl bangte ihm in menschlicher Schwäche vor dem schmachvollen Tode; aber über alle Versu

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chung, seinem Berufe untreu zu werden erhob ihn wie einst Socrates, als er den Giftkeleh leeren musste, die divinatorische Begeisterung, welche die Wahrheit in der Zukunft vorausnimmt. Auch sie quillt aus seiner unbedingten Hingabe an Gott. Weil Gott ihm die Wahrheit ist, hält er an der Wahrheit fest, alles prüfend und erwägend. Dieser heilige Wahrheitssinn begründet bei ihm noch vollkommener als bei Sokrates die vor Irrthum bewahrende Gewissenhaftigkeit und verleiht ihm die prophetische Klarheit über die zukünftige Entwickelung seines Erlösungswerkes. Wie er selbst über die divinatorische Begeisterung denkt, sagt er kurz vor seinem Tode: „Es ist gut, dass ich hingehe; denn wenn ich nicht hingehe, kommt der tröstende Geist nicht... Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit kommt, der wird euch in alle Wahrheit leiten. Er wird nicht von sich selber reden, sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkünden". Also jenerGeist der Wahrheit redet nicht von sich selber: er lauscht der innern Stimme; es ist die Begeisterung, die schon Sokrates in alle Wahrheit leitete". Er wurde den Jüngern Jesu in der That erst durch seinen Tod zu Theil. Denn sie konnten sich vorher nicht von der jüdischen Vorstellung losmachen, Jesus werde als Messias sein Volk von der Römerherrschaft befreien und ein jüdisches Weltreich gründen. Er musste schmachvoll sterben, um sie zu überzeugen, dass sein Reich nicht von dieser Welt sei. Die volle Wahrheit, dass alle Völker gleichen Antheil an dem Erlösungswerk haben sollten, drang auch nach seinem Tode bekanntlich bei seinen Anhängern nur langsam durch. Der Geist der Wahrheit aber tröstete sie nun allein in den Verfolgungen, die bald hereinbrachen; denn er gab ihnen die feste Zuversicht auf den künftigen Sieg des Christenthums. Es zeigt sich hier, worin die Offenbarung durch den heiligen Geist besteht. Es ist der Geist der Wahrheit, der aus dem Worte und aus der Bestätigung durch das Leben kommt. Es ist dabei alles natürlich vermittelt. Wenn Gott die Wahrheit ist und die Rathschlüsse seiner Weisheit darum ewig sind, so kann mit der christlichen Gottesidee auch der Glaube an Zeichen und Wunder nicht bestehen. Ich berufe mich nur auf Jesu Worte in dem Gleichniss vom armen Lazarus: „Hören sie Moses und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glauben, ob Jemand von den Todten auferstände"; d. h. kommt der Glaube nicht durch das Wort, die historische Tradition, so kommt er auch nicht durch das grösste Wunder, die Auferstehung von den Todten. Und nicht bloss in der Tradition des gesprochenen Wortes, also in der Geschichte, findet Jesus die Offenbarung Gottes, sondern Gott redet auch aus der Natur. Als Gott der Wahrheit nennt er ibn den Vater im Himmel; er offenbart sich im Universum. Alles ist darin von Ewigkeit an bestimmt es giebt kei

nen Zufall: „ohne Gott fällt kein Sperling vom Dache und kein Haar von unserm Haupte". Aber wie die Offenbarung Gottes nur durch den Sinn für Wahrheit und durch Prüfung zu erfassen ist, so wird sie auch durch menschlichen Irrthum beständig gefälscht. So sieht Jesus voraus, dass der Weizen des Wortes, das er aussäet, bald mit Unkraut vermengt sein wird, welches bis ans Ende der Entwickelung fortwuchert. Zu diesem Unkraut gehören die Entstellungen der Wahrheit, wie sie sich schon in den ältesten Urkunden des Christenthums finden. Christus sagt, das Unkraut dürfe nicht ausgejätet werden, damit der Weizen nicht mit ausgerissen werde. Dies versteht man heut zu Tage so, als ob man Christenthum und Religion zerstöre, wenn man die Mythen der biblischen Ueberlieferung verwirft. In Jesu Sinne jedoch säet jeder neues Unkraut, welcher die Unwahrheit verbreitet. Und wer dies thut, ist nach seinen Worten ein Feind des Reiches Gottes. Aber Gott lässt auch den Irrthum gewähren; er soll nicht mit Gewalt ausgerottet werden, weil sonst die Wahrheit, die auf freier Ueberzeugung beruht, mitgefährdet würde.

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Nur hat Christus nimmermehr lehren wollen, dass der Gott der Wahrheit durch Irrthum und Lüge verehrt wird. Die Mächte der Finsterniss, denen Jesus selbst, wie vor und nach ihm viele Helden der Wahrheit, zum Opfer gefallen ist, waren Irrthum und Lüge: der Irrthum der Menge die nicht wusste, was sie that", die Lüge der Priesterschaft, die ihre Macht gefahrdet sah, die Verblendung der weltlichen Gewalt, die ohne Irrthum und Lüge nicht glaubte regieren zu können, weil sie nicht wusste was Wahrheit ist“. Dass die Wahrheit die rohe Gewalt dieser äussern Mächte durch ihre innere Ueberzeugungskraft doch überwinden muss, können wir mit Christus nur glauben, wenn wir wie er diese Ueberzeugungskraft überall geltend machen. Erst wenn alle Menschen wissen, was sie thun"; wenn über das Heiligste keine Lügen mehr als Wahrheit verkauft werden; wenn der Staat nicht mehr fragt, was Wahrheit ist, sondern weil er selbst wahr sein will, auch die Wahrheit schützt: erst dann ist das Reich Gottes verwirklicht. In der Vorstellung von der Vollendung dieses Reiches liegt nun gleich die erhabenste Consequenz der prophetischen Begeisterung Christi. Ueber die Art des unmittelbaren Fortlebens nach dem Tode giebt er nämlich so wenig wie Plato nähere Aufschlüsse. Aber da sich das Reich Gottes auf der Erde entwickelt, so ist er gewiss, dass in dem grossen Organismus der Menschheit zuletzt alle Geister wieder leben werden, welche während der Entwickelung gelebt haben. In den Gleichnissen vom Reiche Gottes setzt er seine einstige Wiederkunft auf das Bestimmteste voraus. Damit stimmen die unverhüllten Worte, welche er nach Johannes Cap. 14 in der letzten Nacht seines Lebens gesprochen: „In

meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, so wollte ich zu euch sagen, ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten. Aber wenn ich hingegangen bin, komme ich wieder und ich werde euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin" 11). Er lässt also unentschieden, ob er nach dem Tode unmittelbar mit seinen Jüngern zusammen sein wird; denn in dem Hause des Vaters, dem Universum, sind viele Wohnstätten. Aber er weiss gewiss, wenn er einst wieder auf Erden weilt, wird er auch wieder mit ihnen vereint sein. Ich habe erwähnt, dass auch Plato eine wiederholte Geburt derselben unsterblichen Seelen auf der Erde annahm; aber nach seiner Ansicht wiederholt sich diese Wiedergeburt periodenweise und es wird nicht vorausgesetzt, dass die Erde schliesslich der bleibende Wohnsitz von Menschen mit unsterblichen Leibern sein wird. Hierin geht das Christenthum über den Platonismus hinaus und nach Schiller's Worten des Wahns" würde hier der Wahn beginnen: „Das Rechte, das Gute führt ewig Streit", mahnt er, nie wird der Feind ihm erliegen... Nicht dem Guten gehört die Erde. Er ist ein Fremdling, er wandert aus und suchet ein unvergänglich Haus". Nun hat man aber sogar aus dem Darwinismus bereits die Folgerung gezogen, aus der Menschheit könne sich ein vollkommener organisirtes Wesen entwickeln, sowie die Menschen aus den unvollkommensten Organismen hervorgegangen seien. Wenn jetzt in der Gestalt des Kindes die der Eltern verjüngt fortlebt, so wäre es nur eine vollkommnere Wirkung des Erhaltungsgesetzes, falls ein und dasselbe Wesen sich in dem unvermeidlichen Stoffwechsel beständig verjüngte, so dass die Unsterblichkeit der Gattung, wie wir sie in den Organismen vor Augen haben, sich zur Unsterblichkeit des Individuums steigerte. Einen solchen Zustand hat offenbar Jesus Matth. 22, 30 im Auge und die Lehre des Paulus (1. Cor. 15, 35-50) von dem verklärten Leibe ist darauf gegründet, obgleich hier, besonders aber 1. Thessalon. 4, 17 bereits phantastische Ausmalungen von der Auferstehung des Fleisches eingedrungen sind. Jedenfalls wird die irdische Unsterblichkeit nur durch die geistige Vollkommenheit der Menschheit bewirkt werden, und zwar nach den Gesetzen der Natur. Der Körper vervollkommnet sich ja, wenn sich die Naturbedingungen des Lebens vervollkommnen; diese Vervollkommnung aber ist das Ziel der Wissenschaft, ohne dass man dabei an alchymistische Träumereien zu denken hat. Der Glaube an die Erreichung jenes höchsten Zieles beruht allerdings in dem Vertrauen, dass uns nach Gottes Rathschluss alle äusseren Bedingungen zufallen werden, wenn wir nach dem Reiche der Wahrheit trachten. Freilich rechnet Schiller es auch zum Wahne zu glauben, dass dem ird'schen Verstand die Wahrheit je wird erscheinen. Ihren Schleier hebt keine sterbliche Hand: wir

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können nur rathen und meinen." Allein in der That sind wir doch schon in vielen Dingen über das Rathen und Meinen hinaus, und wenn das Reich der Wahrheit vollendet ist, so wird damit kein Stillstand in der Erkenntniss eintreten; denn unendlich ist das Universum und nie wird es der menschliche Geist ergründen, wie er nie die Idee der unendlichen Entwickelung, die vor und hinter uns liegt, ausdenken kann.

Ueberblicken wir die Züge der Persönlichkeit und Lehre Christi, so beruht auf der unbedingten Hingabe an die in voller Herrlichkeit aufgefasste Gottesidee, also auf der sühnenden, heiligenden Begeisterung der Glaube des Christenthums, und wie dieser sich durch die gewinnende Kraft der productiven Begeisterung Jesu, durch seine Worte und Thaten uns mittheilt, so ist er nur wahr, wenn er sich auch in uns auf gleiche Weise bethätigt. Aber der Werth dieser Bethätigung des Glaubens liegt in der christlichen Liebe, die sich an der begeisterten Liebe Christi entzündet. Und indem sie das Reich Gottes auf Erden zu verwirklichen strebt, lässt sie sich durch den schweren Kampf, den dies erfordert, nicht entmuthigen; denn felsenfest ist ihr Vertrauen auf die Wahrheit des Ewigen; darauf gründet sich die sichere Hoffnung, dass das Gute siegen wird, die Hoffnung, die auf der begeisterten Erfassung des zukünftigen Zieles beruht. Glaube, Liebe und Hoffnung sind hiernach die Stützen des Christenthums. Sie bezeichnen dasselbe als die universelle Religion, welche im Einklang mit allen Lebensrichtungen der Menschheit ist. *)

Jesus hat die ganze Idee der von ihm begründeten Religion in dem wunderbaren Gebet zusammengefasst, welches zugleich das beste Zeugniss seiner Auffassung vom Beten ist; denn es war ja bestimmt, seine Jünger zu lehren, wie sie beten sollten. Es wird darin nur um Güter gebeten, die Gott von selbst giebt; das Gebet soll also nicht den Zweck haben, die Gottheit in ihren ewigen Rathschlüssen zu bestimmen, sondern uns zu diesen Rathschlüssen zu erheben und unsere hingebende Anerkennung derselben auszusprechen. Wenn wir bitten, dass Gottes Name geheiligt werde, sein Reich komme, sein Wille geschehe, so wird dabei offenbar vorausgesetzt, dass dies auch nicht so sein könne, weil wir nämlich als freie Wesen Gott widerstreben können. Wir drücken aber die Uebereinstimmung und freie Unterordnung unseres Willens aus.

In dem Gebet Christi erheben wir uns nun in dieser Weise zu allen idealen Zielen des Christenthums.

Die Anrede und die 3 ersten Bitten geben zunächst das Ver

*) Diese Auffassung des Christenthums trifft zu meiner Freude im Wesentlichen zusammen mit der Darstellung des Predigers Wilh. Müller in seinem Buche „Religion und Christenthum" (Berlin bei F. Henschel).

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