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Bei dieser Vorschrift ist einmal der Aberglaube mit gutem Verstand verbunden, der die passenden Mittel gewählt hat, wie wir sie noch heute in gewissen Fällen brauchen. Der Kranke selbst hat zu sprechen:

„Zu meinem Leibe mögen sie die sieben bösen Geister sich nicht nahen, mein Auge mögen sie nicht befeinden, in meinen Rücken mögen sie nicht kommen, in mein Haus mögen sie nicht kommen, in mein Dach mögen sie nicht eindringen. Den Geist des Himmels beschwöre, den Geist der Erde beschwöre, den Geist des Eulilla, des Königs der Länder. Befchwöre den Geist der Ninlilla, der Herrin der Länder. Beschwöre den Geist des Ninib, des mächtigen Helden, des Gottes Enlilla. Beschwöre den Geist des Nusku, des hohen Dieners des Gottes Enlilla. Beschwöre den Geist des Sin, des erstgebornen Sohnes des Enlilla. Beschwöre den Geist der Iftar, der Herrin der Heerscharen. Beschwöre den Geist des Ramman, des Königs von gutem Getöse. Beschwöre den Geist des Samas, des Herrn des Gerichtes. Beschwöre den Geist der Anunna, der großen Göttin.“

Wieder eine andre Weise der Beschwörung findet sich bei Hommel1):

Zauber, Zauber, Bann, der nicht weiter geht. Bann der Götter, der nicht weicht. Bann Himmels und der Erde, der sich nicht ändert, den kein Gott hin fällig macht, den kein Gott noch Mensch löst; unfehlbare Waffe, die auf den Feind gerichtet ist; nicht versagendes Schwert, das gegen den Feind gezückt ist; sei es der feindliche Utuk, der feindliche Ala, der feindliche Gikim, der feindliche Galla, der feindliche Gott, der feindliche Maskim, die Lamartu, die Labassu, der Schazu, der Lilla, der feindliche Namtar, das beschwerliche Fieber, die ungünstige Krankheit. Den das Fieber ergriffen, auf den der feindliche Utuk sich gestürzt, den auf seinem Lager der feindliche Ala überdeckte, auf den der feindliche Gikim sich niederließ, den der große Galla vernichtete, dessen Glieder der feindliche Gott zerfleischte"

Alle diese bedauernswerten Menschenkinder haben, wie sich versteht, von der Zauberkunst oder Beschwörung keine Hilfe gegen ihre Leiden gehabt, und die viel gebrauchten Amulette und Talismane waren auch nicht kräftiger, einerlei ob sie aus Tierknochen oder Zähnen oder Ton angefertigt waren. Schon Berosus erzählt, vom Schiff des Xisuthros sei ein Teil in den gordyanischen Bergen liegen geblieben. Von ihm pflegten die Pilger Erdpech abzuschaben, um dasselbe gegen Zauber zu gebrauchen.

Wenn ein Kind von einem bösen, brüllenden, heulenden Geist mit Löwengesicht und Eselsgestalt besessen war, dann wurde es zuerst mit einer gewissen Salbe eingerieben. Darnach mußte ein Tonbild des Dä mon samt dem Bilde des schwarzen Hundes, der uns schon früher begegnet ist, drei Tage lang zu Häupten des kranken Kindes stehn. Nach drei Tagen wird das Bild zerschlagen, begraben und mit Mehlwasser begoffen 2).

Diese magischen Hundebilder tragen Inschriften wie „Feindefänger" oder „der seine Widersacher beißt".

Das Amulet nennt der Babylonier mamit, ein Wort, das nach Hommel von amu „reden" abzuleiten ist, sodaß mamit so viel wie Be sprechung oder Beschwörung bedeuten würde. Aber mamit ist daneben

1) Fr. Hommel, Sem. V. u. Spr. I, S. 312.

2) Bezold, N. u. B., S. 100.

ein toter Gegenstand und keine menschliche Handlung. Daher lautet eine Anweisung zum Gebrauch des mamit, in dem ich eine Figur oder Puppe aus Ton erkenne, wie sie auch sonst bei Beschwörungen gebraucht wurden:

„Nimm ein weißes Tuch. Darein lege das mamit und tue es in des Kranken rechte Hand. Dann nimm ein schwarzes Tuch und binde es um seine linke Hand. Alle die bösen Geister und die Sünden, die er begangen hat, werden ihren Halt an ihm verlassen und nicht mehr zurückkehren ')."

Ein Amulet, das einem kranken Kind um den Hals gehängt wurde, trägt folgende Inschrift:

Beschwörung. Die Labartu, Tochter Anus, ist ihr Name erstens. Zweitens heißt sie Schwester der Straßengottheiten, drittens Dolch, der das Herz trifft, viertens die das Holz entzündet; fünftens Göttin, deren Antlitz fahl ist; sechstens Handlangerin der Göttin Jrnini; siebtens bei dem Namen der Götter, der Götter sei beschworen: Wie Vögel am Himmel flieg fort *).“

Die letzte Anrede ist an das Zahnweh, den Kopfschmerz oder ein andres Leiden des Kindes gerichtet. Noch heute legt man auch in christlichen Häusern dem Kind, das mit dem Zahnen not hat, ein rotes Band mit einem Zahn oder andern Amulet um den Hals, damit das Zahnen leichter vor sich gehe. Immer wieder der alte Aberglaube.

Ein Siegelamulet ist in mehreren Stücken erhalten. Die Gelehrten ) lesen seine Inschrift:

„Siegel des Urzana, des Königs von Musafir, der Stadt des Vogel Strauß, dessen Mund gleich der Schlange auf bösen Bergen geöffnet ist.“

Musafir war eine armenische Stadt. Das Reliefbild des Siegelcylinders stellt einen Genius mit vier Flügeln und Menschenkopf dar, der einen Vogel mit schlangenartigem Hals erwürgt. Vielleicht war solch ein Amulett geschäßt als hilfreich gegen den Biß giftiger Schlangen.

Ein andres Relief zeigt einen Genius mit vier flügeln, der gegen zwei Ungeheuer kämpft. Als besonders kräftig galt das Amulet aus Asnanstein, dem Stein der Beschwörung, der Gnade und des Ver trauens, der Krankheit wegnimmt, Ungemach fernhält. Solche Amulette wurden am Hals getragen.

Nach dem babylonischen Volksglauben stehen vor dem Tore der Hölle steinerne Stierbilder, die auch angerufen wurden, wie ein akkadisches Fragment mit assyrischer Uebersetzung davon Zeugnis gibt. Die Gläubigen beten also:

O großer Stier, sehr großer Stier, der vor den heiligen Toren stampft, und das innere auftut, Spender des Ueberfluffes, der den Gott Nirba) unterstützt, der den angebauten Feldern ihre Herrlichkeit gibt; meine reinen Hände opfern dir. Du bist der Stier, gezeugt von dem Gott Zu, und bei dem Eingang in das Grab.

1) Nach Sayce bei Urquhart a. a. C.

2) Mitteil. 1901, 9, S. 14, in andrer Uebersetzung S. 273.
3) U. Jeremias in 3. f. A., Bd. I.

4) Der Gott des Ackerbaues.

trägst du. Für die Ewigkeit hat die Herrin des magischen Ringes dich unsterblich gemacht 1)"

Von hier an ist die Tafel so beschädigt, daß nur einzelne Worte der Schrift lesbar sind, die keinen gewissen Sinn ergeben.

Hierher sind auch die Zauberknoten zu ziehen, die je sieben auf sieben von der Here geknüpft werden, während der Leib des Kranken siebenmal mit dem Reinigungsöl gesalbt wird. Die Zauberei, die mit Knüpfen von Knoten getrieben wurde, nannte man nertu, die mit Tränken verbundene kispu.

Von den Babyloniern lernten auch die in Südbabylonien eingewanderten Aramäer, wie man durch Beschwörung die bösen Geister entweder aus ihren Wohnungen vertreibt oder sie bestimmt, sich ruhig zu verhalten, wie man sie bindet und versiegelt. So fand man in dem bezeichneten Land verschiedene Tongefäße mit aramäischen Inschriften dieses Inhalts. Aber sie gehören sämtlich jener späteren Zeit an, wo in den babylonischen Schulen jüdische und mandäisch-gnostische Gedanken ver schmolzen wurden, wodurch die Anfänge der Kabbala entstanden 2). So liest man auf einem jener Gefäße:

"

In deinem (Gottes) Namen mache ich ein Heilmittel vom Himmel dem Achtabuj, dem Sohn des Achathabu aus Daithos mit dem Erbarmen des Himmels. Amen. Amen. Sela. Gebunden, gebunden, gebunden sollen sein die männlichen Geister und die weiblichen Istarten und die bösen Geister, Mächte des Widerspruchs, die Fürsten des Götzenhauses, die Teufel alle von West und Ost, Nord und Süd. Gebunden, gebunden sollen sein alle bösen Zauberer und alle, die Gewalttaten verüben. Gebunden und versiegelt sollen sein alle Verbannungen, Verfluchungen, Beschwörungen und Verwünschungen. Gebunden seien die Engel des Zornes, die Engel des Götzenhauses und des Irrtums, ihr alle, die gewaltigen Fürsten und die harten Fürsten, die zahllosen Krankheiten und Leiden, der Schwären, die Hautflechte, die Entstellung, die Krätze, der Ausschlag, schlechte Flüssigkeit, die aus dem Ort des Truges in den Leib fließt, der Geist der Leichname, der Geist der Coten, der Geist der Krankheiten und der Gespenster, gebunden sollt ihr alle sein vor Achtabuj, dem Sohn des Achathabu. Gehet und entfernt euch auf Berge und Höhen und auf das unreine Vieh). Wenn ihr am 1. Nisan kommt, geht weg von Achtabuj, dem Sohn des Achathabu, im Namen Gabriels, der Elpassas genannt wird, und im Namen Michaels, der Demuthja genannt wird, und im Namen Elbanmaz und im Namen Elbabaz. Beim großen Kidron und Man. Amen. Daß ihn die fliegen des Brandes nicht umgeben, und wenn sie ihn umgeben, sei dieses heilsame Werk, dieser Anblick eine Heilung und Beruhigung. Verschaffet Ruhe dem Achtabuj, dem Sohn des Achathabu, von allen Bannflüchen, Verfluchungen, Beschwörungen und Verwünschungen, vom Aussatz und von allem bösen. Amen. Amen. Sela.“

Es war aber dem frommen und dem gleichgiltigen Babylonier und Assyrer bei jedem Unternehmen doch darum zu tun, zu erfahren, was die Götter dazu sagen, was ihr Wille und ihre Meinung sei?

Einst wurde der König Asurbanipal in seinem Herzen von banger Sorge bewegt. Aber seine ernsten Gedanken verscheuchte der Anblick

1) Sayce bei Urquhart a. a. .
2) Wohlstein, 3. f. A. 1893, S. 322.
3) Vergl. Matth. 8, 28. Mark. 5, 12.

Nach ihm auch die Beispiele.
Luk. 8, 32.

seines Hofastrologen Nebaa, der sich vor dem Herrscher auf den Boden niederwirft. Sein Bericht lautet: Glück verheißt der Stand der Gestirne. Mond und Sonne sind am Morgen nicht mehr zusammen gesehn worden. Jupiter und Venus verkünden großes Unheil für Elam, Königsmord von Verwandtenhand. Des Königs Herz möge sich freuen. Größere Beute, als die Jagd ergibt, versprechen heute die Sterne.". Mit diesem Gedicht kennzeichnet Bezold 1), wie die Astrologie oder falsch angewandte Wissenschaft der Astronomie zur Wahrsagekunst geworden ist, die guten Gewinn abwarf. Die Fragen nach dem Willen der Götter bezogen sich in den meisten Fällen darauf, welcher Tag oder Stunde für dieses oder jenes Unternehmen günstig oder glückverheißend sei. Es war das noch lange später geübte Tagewählen, das den Israeliten verbotene ghonen 2). Dabei handelt es sich nicht um fromme Gefühle oder Verlangen nach der Gottheit, sondern um klingenden Gewinn im Handel, um möglichst großen Vorteil im Geschäft.

Die Antworten, die auf solche Fragen von den Priestern oder Magiern erteilt wurden, Omina oder Orakel genannt, werden zum Teil auf Aussprüche alter Weisen, die noch vor der großen Flut lebten, zurückgeführt 3). Von diesen Orakeln ist uns eine große Anzahl, man sagt an 20 000, durch die Keilschriften erhalten worden. Mehrere von ihnen werden später mitgeteilt werden, wo von dem Wirken der Astrologen besonders zu handeln ist.

Aber nicht allein aus den Sternen suchte man den Willen der Götter zu erforschen. Die Wahrsager beobachteten auch den Flug der Vögel, den Nesterbau der Schwalben; sie beschauten die Eingeweide der Opfertiere u. a. So hat man eine aus Stein gehauene Schafleber gefunden, die mit seltsamen Linien bedeckt ist, quadratisch eingeteilt, sodaß man vermutet, hier werde eine Anweisung für die Untersuchung der Schafleber gegeben.

Jedes noch so geringfügige Ereignis wurde für den Blick in die Zukunft verwertet. Das bloße Erscheinen eines Tieres an einem Tore oder in einem Tempel hatte gewiß etwas zu bedeuten. Zeigte sich gar ein Löwe oder ein Fuchs in der Nähe eines Menschen, lief eine Hyäne

noch heute ein Hase -- über den Weg, erschien ein Ochse in einem Torweg, zeigte ein Hund besondere Bewegungen oder sein Fell besondere farben, begegnete einem ein Hund oder ein Kalb, brüllten die Ochsen, wieherten die Pferde, begatteten sich Schafe mit Hunden oder Schweinen, Ochsen mit Pferden, waren die Hörner der Tiere eigentümlich gebogen, alles wurde beobachtet und zum Wahrsagen benutzt *). Sehr wichtig erschienen auch die Bewegungen der Schlangen, ob sie am Eingang eines

1) B. u. N., S. 78.

2) Lev. 19, 26. Jef. 2, 6.

3) A. Jeremias, Á. T. O., S. 118.
4) Nach Bezold, B. u. N., S. 84.

Hauses oder im Innern des Tempels erschienen, ob sie züngelten oder zischten; ob der Skorpion sich auf einem Ruhebett oder auf dem Weg gezeigt, ob er die Zehe eines Menschen am rechten oder linken Fuß mit feinem giftigen Stachel getroffen; wie die Motten am wollenen Kleid genagt, wie die Heuschrecken in die Häuser eindrangen, wie die Fische schwammen, und was das zweigeschwänzte Zuririttum 1) anrichtete, das alles war bedeutungsvoll.

Die Wahrsagepriester, baru oder barutu genannt, sahen auch auf das Wasser und in den Kelch. Hydromantie und Kylikomantie find schon aus der Zeit des Königs Hammurabi bezeugt. Die baru beob achteten Trinkschalen, die mit reinem Wasser gefüllt waren, hinter dem die Sonne stand. Das aufgeworfene Sesamöl zerfällt entweder in kleine aufsteigende Tropfen oder es bildet am Boden der flachen Schale eine Art Hügel. Die aufsteigenden Tropfen vereinigen sich an der Oberfläche des Waffers zu einer linsenförmigen Scheibe, die eine Reihe von farbenringen zeigt. Diese sind desto lebhafter gefärbt, je schräger das Licht darauf fällt. Dort, wo die Oelschicht am dünnsten ist, am Rand der Scheibe, erscheint sie schwarz, der erste Ring rot, der dritte grün. Ift die Oberfläche des Waffers hier und da mit Schmutz bedeckt, so wandern die farbigen Ringe und der Muttertropfen im Zentrum oder die am Rand stehenden Tochtertröpfchen oder kleine Fettaugen nach der reinen Stelle.

Das mit Macht auf das Waffer geworfene Oel sinkt in demselben zunächst auf den Boden, steigt dann in einzelnen Tropfen in die Höhe, die sich dort vereinigen und Ringe bilden können, auch Hörner oder einen Stern; oder der Oelarm ist wie eine Gurkenranke gewunden oder wie ein Schafschwanz gezackt. Auch Luftblasen können entstehen, wenn das Del mit Kraft auf das Waffer geworfen wird. Wieder andre Er scheinungen treten auf, wenn auf die Oelschicht andres Waffer gegossen wird 2).

Bei der Mannigfaltigkeit der Lichterscheinungen, die in der Physik als Interferenzfarben, wo ein Lichtstrahl gespalten wird und verschieden lange Wege zurücklegt, wohl bekannt sind und von unsern Kindern an den Seifenblasen beobachtet werden, hatte die Einbildungskraft und der forschende Verstand der baru einen recht weiten Spielraum, wie unsre Jugend, wenn sie zu Neujahr flüffiges Blei in das Waffer gießt und aus den Gestalten des hartgewordenen Bleies die Zukunft oder die Schickungen des angefangenen Jahres zu erraten sucht. Aber was hier als Spielerei getrieben wird, beschäftigte den baru mit vollem Ernst.

Es gab in Babylonien und Affyrien kein Geschäft noch Arbeit, die nicht unter dem Einfluß des Götterglaubens und damit unter den

1) Noch unbekanntes Tier.

2) Nach G. Quincke, Z. f. U. 1904, S. 229.

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