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durchwirkt mit den Goldfäden der kostbarsten Poesie, aber in dramatischer Beziehung dürftig und ohne Bewegung.

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Ich habe eben die Hauptseite des Vorganges im Tasso berührt; jene romantische Liebesanekdote des Stücks, um die sich die Erposition und die Katastrophe bewegt, während durch den Streit mit Antonio die Verwicklung herbeigeführt wird. Der Charakter der Prinzessin ist, gleich dem ihrer klugen und gewandten Freundin mit den feinsten Zügen ausgestattet, gleichsam mit den edelsten Linien einer Raphael'schen Contour umschrieben aber Tasso gegenüber erscheint sie keineswegs ohne Schuld. Sie spiegelt sich so gern in seinen Dichterhuldigungen, und hegt dafür mit schonender Hand seine Launen und Grillen, um ihn mehr, als es sein eigenes Phantasieleben vermag, für die mannhafte Haltung im Leben zu verderben. Ihre Neigung für ihn steht an der bedenklichen Gränze von Freundschaft und intimer Vertraulichkeit, einer Gränze, die sie mit feiner Berechnung weiterrückt und einzieht; so drückt fie den Pfeil immer tiefer in sein Herz, indeß sie sich den Anschein giebt, es zu beruhigen und zu heilen. Auch hier muß ich wieder der Leiden Werther's gedenken, oder vielmehr der treffenden Bemerkung, die Napoleon über diesen Roman machte, als er unsern Dichter zur Zeit des Erfurter Congresses sprach. Ihm wollte die Vermischung der Motive des gekränkten Ehrgeizes und der leidenschaftlichen Liebe bei Werther nicht recht in den Sinn, und Göthe konnte sich auf diese Einwendung hin nicht in ganz befriedigender Weise

rechtfertigen. Eine solche Vermischung der Motive, freilich etwas anderer Art, findet nun auch in Tasso" statt. Die Entwicklung hat hier zwei Angelpunkte: den Charaktergegensag von Antonio zu Tasso, und die schwärmerische Dichterliebe des Legteren. Beide Momente sind psychologisch auf's Beste in einandergewebt; man begreift, daß Tasso's krankhafter Gemüthszustand, durch den Streit mit Antonio und dessen Folgen auf's Höchste hinaufgetrieben, endlich zu einem solchen Ausbruch sich selbst vergessender Leidenschaft führen muß. Doch troß dieses psychologischen Zusammenhanges fehlt es hier an jener höheren künstlerischen Einheit, mit der sich der dramatische Conflict immer um die Entwicklung einer Leidenschaft, eines bestimmten Gemüthsprocesses bewegen soll. Wir wissen zulegt nicht ganz bestimmt zu sagen, was denn eigentlich der Hauptstoff des Stückes sei der Kampf und Widerstreit jener beiden Männer,

Die darum Feinde find, weil die Natur

Nicht Einen Mann aus ihnen beiden formte

oder die stille, am Herzen nagende Schwärmerei, die Tasso für Alfonso's hohe Schwester hegt. Shakespeare hat oft zwei bis drei Fabeln in demselben Stück in einandergeflochten, aber die Leidenschaft der Helden hat er stets aus einem Punkte zu entwickeln gewußt; Othello's Eifersucht, Romeo's Liebe, Macbeth's verbrecherischen Ehrgeiz u. s. w. So fordert es die Energie, die ungetheilte Kraft der dramatischen Darstellung, auf die Göthe freilich im Ganzen genommen weniger bedacht war.

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Die äußere Schranke dieses Buches, an der ich nicht weiter zu rücken vermag, nöthigt mich, von der näheren Besprechung dieser Phase Göthe'scher Dramatik abzustehen, so ungern ich mir selbst diese Entsagung auferlege. Den Rest dieses Bandes nimmt noch ein weit bedeutenderer Gegenstand in Anspruch, dem wir nicht so eilig vorübergehen können: es ist dies die Fausttragödie, das Hauptwerk unseres Dichters sowohl, wie überhaupt unserer poetischen Literatur.

IV.

Göthe's Fauft.

Die Sage und das Volksbuch von Faust.

Die Fauftdichtung in ihren Bezügen zu dem Entwicklungsgange des Dichters. Der erfte und der zweite Theil des Fauft.

Zwei Seiten sind es, die man an Göthe's "Faust" zu unterscheiden hat, obgleich sie in dieser wunderbaren Dichtung oft kaum unterscheidbar zusammentreffen: einmal das subjectiv Erlebte, was Göthe hineingelegt, zum Theil auch hineingeheimnißt hat, dann der allgemein symbolische Gehalt der philosophischen Tragödie, zu der der alte Puppenspielstoff so tiefsinnig erweitert worden ist. Es liegt mir wohl fern, einzelne Fäden aus dem zauberhaft schillernden Gewebe des Ganzen herauszuzupfen, und so den Eindruck der dichterischen Totalität des Werkes zu zerstören. Nur mit Vorsicht will ich darauf hinweisen, an welchen Punkten sich etwa die querüberlaufenden Fäden jener beiden Richtungen deutlicher durchkreuzen.

Was ein großer Dichter wirklich Unsterbliches ge= schaffen, entsteht nicht aus bloßer Imagination, sondern aus der lebendigen Berührung seiner inneren Welt mit

der Außenwelt, der Natur, dem gegenwärtigen Leben. Je mehr Berührungspunkte die Individualität eines Dichters mit der äußeren Welt gewinnt, um so vielseitiger breitet sich sein Schaffen aus. Göthe'e reiche Natur besaß solcher Tangenten gar viele, und eine jede Berührung mit dem Leben regte ihn zu irgend einer Production auf. Alle diese zerstreuten Anklänge und Bezüge nun, die in seinen verschiedenen Dichterwerken vertheilt sind, sie werden im „Faust" so räthselhaft und doch so vernehmlich laut; was ihn erfreut und verstimmt, zerstreut und gesammelt, niedergezogen und erhoben hat, das Alles tönt vielstimmig aus diesem hohen, fast unbegränzten Dichterwerke heraus. Sind seine anderen Productionen nur besondere Bekenntnisse von bald höherem, bald geringerem Werth, so ist der ,,Faust" eine poetische Generalbeichte von Göthe's ganzem Streben und Trachten, wo Alles, auch das scheinbar Niedrige und Platte, in der wechselseitigen Beziehung bedeutend und vielsagend wird, und uns der unendliche Reichthum des Erlebten und Gedachten, den Göthe's universeller Geist barg, so mit einem Male sich aufschließt, als ob ein magisches Licht hindurchzuffen und Alles in eine höhere Beleuchtung stellen würde.

Wenn das eben erst skizzirte Gedicht von „Faust,“ als es schon in seinen ersten Ahfängen den Freunden mitgetheilt wurde, in ihnen die Erwartung weckte, „es solle in der Form eines Mythus eine symbolische Geschichte des menschlichen Geistes, seines Elends und seiner Größe geben" so wurde das mächtig emporwachsende Werk noch mehr als dies, es wurde zugleich

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