ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

wenn es köstlich ist anzuschauen, wie an der Blume eine Knospe nach der andern aufbricht und allen Reichthum von Duft und Farbe offenbart: o, welch' ein wunderbarer Anblick, wenn die Seele des Gottes- und Menschensohnes aufbricht zu seligen Gefühlen, zu ewigen Gedanken! Und wenn die Zeit der erwachenden Jugend als eine wundersame Zeit erscheint, da täglich ein neuer Blick sich öffnet, täglich das Herz von einem neuen Wellenschlage des Lebens ergriffen und gehoben wird: wie erst muß es gewesen sein in der Jugendzeit des Menschensohnes, da das Meer des ewigen Lebens an die betende und schauende Seele schlug! Aus solchem Jugendalter mochte Maria manche Worte gehört haben, welche sie so wenig verstehen als vergessen konnte, welche sie im stillen Herzen aufbewahrte. Und wenn nun dieser zwölfjährige Knabe nach Jerusalem wandelt, so scheuet euch nicht, seine Seele euch zu denken bewegt und gehoben von heiliger Sehnsucht, von heiliger Freude, daß auch er schauen durfte die schönen Gottesdienste Israels, bewegt und gehoben von unaussprechlicher Liebe zu seinem Gott und zu seinen Brüdern. Scheuet euch nicht, ihn euch vorzustellen, wie er so recht menschlich und kindlich verlangt und fragt, die Weite des Weges mißt, bei dem Anblick des Tempels jubelt, seine Seele ganz hingenommen fühlt von Erwartung und Vorgefühl.

Und siehe, nun tritt er hinein in den Tempel, in den Kreis der Lehrer, fragt ehrerbietig, wie es Sitte war in Israel, daß Knaben und Jünglinge ihre Lehrer fragten in den Dingen des Glaubens und des Heils. Was hat er wohl gefragt? Worüber staunten wohl die Schriftgelehrten? Es mag dasselbe gewesen sein, worüber diese sich wunderten, wie späterhin das Volk sich verwunderte über ihn, da er Mann geworden und predigte; denn er predigte gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten" (Ev. Matth. 7, 29.). Während die Schriftgelehrten überall einen Zaun um das Gesez zogen und die Verheißung und die freie Gerechtigkeit, die von dieser ausgeht, in das Joch des Geseges schmiedeten: wird sein freier und klarer Sinn das ewige Verheißungswort in der Schrift erkannt haben, und seine Fragen

[ocr errors]
[ocr errors]

werden gegangen sein nach dieser Verheißung und nach der wahren Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und nach der Liebe, die des Gesezes Erfüllung ist. Was er als Mann einst gesagt: „suchet in der Schrift, sie ist's, die von mir zeuget" (Ev. Joh. 5, 39.): gewiß hat es der Knabe Jesus vor allem selbst gethan; er hat seine Seele genährt mit der Speise des Wortes, hat sich erquicket an den Befehlen seines Gottes, hat erfahren den ganzen mannigfachen Segen, welchen der 119te Psalm schildert. Gefragt und geforscht hat er; fragend und forschend steigt er von einer Erkenntniß zur andern; denn es giebt ja nicht blos Fragen des Zweifels, sondern auch Fragen des Glaubens. Und wie? It's zuviel gesagt, so wir meinen, daß der zwölfjährige Knabe Jesus für manche Fragen seiner Schriftforschung, die seine Seele bis dahin beschäftigten, Antwort zu gewinnen hoffte in dem Tempel von Jerusalem? Und wie? Wenn nun der Gegenstand dieser Fragen kein anderer war, als: der Sohn Gottes ist verheißen zum Heiland der Welt, wann wird er, der Verheißene, kommen? Und wie? Wenn es in dem Tempel als Antwort auf diese Frage aus der tiefsten Ergriffenheit der Seele hervorklang: Ich bin's, ich bin der Sohn des ewigen Vaters, mein Amt und Beruf ist's, Heiland der Welt zu sein! -wenn sein Leben der Ewigfeit als eine heilige Gewißheit ihn durchdrang, wenn sein ganzes Heilandsleben vor der entzückten Jünglingsseele stand: Gel., welch' ein Augenblick! Welch eine wunderbare Begrüßung, die der Gottessohn dem Menschensohne schenkt! Ach, solch' ein Augenblick läßt sich nicht predigen, nur wie von ferne läßt sich darauf zeigen.

Wenn nun in solchem Augenblicke die bestürzte, suchende Mutter hinzutritt mit vorwurfsvollem Worte: mein Sohn, warum hast du uns das gethan? Wir haben dich drei Tage mit Schmerzen gesucht!" ist das nicht recht menschlich? Fühlen wir nicht, wie er, der Gottessohn, doch immer auf einem uns vertrauten, menschlichen Boden wandelt? Es war ja freilich schmerzlich für Maria, ihren Erstgeborenen zu missen; aber es war ja nicht das erste Schwert, das ihre Seele durchdrang; als sie vor Herodis

[ocr errors]

Wuth entfloh, da ergriff sie der erste Schmerz; und es sollte ja wahrlich auch nicht das lezte Schwert sein, das dich, schmerzensreiche Mutter, durchdrang, der Anblick des Kreuzes blieb dir noch vorbehalten! Aber wenn etwa Maria sich beklagen wollte über den Ungehorsam des Sohnes, daß er in dem Tempel geblieben sei, da war sie im Unrechte; denn „muß ich nicht sein in dem, was meines Vaters ist?" Hat Maria vergessen, wessen Sohn ihr Erstgeborener ist? Hat sie ihr mütterliches Recht nicht zu sehr ausgedehnt? Sie ahnt etwas von ihrem Unrecht, ahnt etwas davon, daß es sich noch um anderes handle, als um mütterliches Gefühl und um Muttersorge, sie behält die Worte still in ihrem Herzen. Darf sie ja doch gar schnell erfahren, daß sie einen gehorsamen Sohn hat. Denn Jesus ging mit ihnen und ward seinen Eltern unterthan."

O, Gel., was follen wir sagen? Sollen wir uns noch einzeln ermahnen? Wahrlich, das Bild des Gottes- und Menschensohnes im Augenblicke seiner aufbrechenden Jugendblüthe ist, meine ich, Mahnung genug, Mahnung, ihn, den Herrn, zu lieben in treuer, herzlicher, demüthiger und freudiger Liebe, Mahnung genug, unsere eigene Jünglingszeit heiligen zu lassen durch seine Jugend, ihm nachzufolgen in den Wegen eines freudigen Bekenntnisses und eines treuen Gehorsams. Das schaffe Gott an allen unseren Seelen durch seinen heiligen Geist! Amen.

V.

Matth. 8, 24-27.

Jesus trat in das Schiff und seine Jünger folgten ihm. Und siehe, da erhub sich ein groß Ungestüm im Meere, also, daß auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward und er schlief. Und die Jünger traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: Herr, hilf uns, wir verderben. Da sagte er zu ihnen: Ihr Kleingläubige, warum seid ihr so furchtsam? Und stand auf und bedräuete den Wind und das Meer; da ward es ganz stille. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: was ist das für ein Mann, daß ihm Wind und Meer gehorsam ist?

Eine neue Offenbarung der Herrlichkeit unseres Heilandes wird uns in dem heutigen Evangelio verkündigt, ja eine noch mehr hervorstechende, eine, die noch mit lauterer, mehr eindringlicher Stimme, als je, ausruft: „Dieser ist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!" Denn das Wort, das der heilige Dichter des Alten Bundes von dem ewigen Gott und Schöpfer aller Dinge ausspricht, wie Er gebiete: „bis hierher und nicht weiter, hier sollen sich legen deine stolzen Wellen" (Hiob 38, 11.) dieses Wort spricht heute aufs neue aus unserm Evangelium. Das Toben des Sturmes schweigt vor dem dräuenden Worte des Gottessohnes.

[ocr errors]

Aber, Gel., ist diese Offenbarung des Sohnes Gottes eine nicht allzu herrliche, zu überwältigende? Wird dadurch sein Bild als das des armen und niedrigen Menschensohnes nicht Gefahr laufen, unserer Seele zu entschwinden? Doch solcher Gefahr ist das Wort des heutigen Evangeliums zuvorgekommen; von demselben, von welchem es verkündet: „und er bedräuete Wind und Wellen

und es ward ganz stille" er schlief!"

von demselben erzählt es auch: „und

Siehe hier ein neues Zeichen des Menschensohnes! Siche hier einen neuen Erweis, daß unser Herr ist wie ein Mensch und an Geberden als ein Mensch erfunden! - Gottes- und Menschensohn, o, mache uns deines Heils theilhaftig! Wir bekennen uns zu dir, der du dich von Anfang an zu uns bekannt hast! Gieb uns den Segen solchen Bekenntnisses! Amen.

Jesus Christus in der Lieblichkeit seiner menschlichen Erscheinung und in der Erhabenheit seiner göttlichen Würde: das lasset uns jest kürzlich betrachten.

[ocr errors]

I. „Und er trat in das Schiff und seine Jünger folgten ihm. Und siehe, da erhub sich ein groß Ungestüm im Meer, also, daß auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward und er schlief."

Er schlief, noch ehe der Tag sich geneiget hatte; er schlief, gewiß, weil er ermüdet war von der Anstrengung seines Lehrens und Wohlthuns. Wurde er doch angelaufen von so vielen, die Hülfe und Rettung begehrten! War er doch der fleißige und treue Säemann des göttlichen Wortes, das er mit vollen Händen ausftreute allüberall! Wenn es ihm Speise war, den Willen seines Vaters zu thun, konnte es da Einen Augenblick geben, den er nicht seinem Heilandswerke gewidmet hätte? Auch dann, wann er zurückgezogen betete, wann er Nächte hindurch seine Seele erhob zu dem ewigen Lichte, das seine ursprüngliche Heimath ist, war nicht auch dieß eine und wahrlich nicht die geringste Thätigfeit seiner Seele ? Ja wahrlich, wir haben neulich mit Recht gesungen:

O, du Zuflucht der Elenden,

Wer hat nicht von deinen Händen
Segen, Hülf und Heil genommen,
Der gebeugt zu dir gekommen?
O, wie ist dein Herz gebrochen,
Wenn dich Kranke angesprochen?
O, wie pflegtest du zu eilen,
Das Gebetne mitzutheilen!

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »