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hat sicherlich keinen einzigen Theologen (außerhalb der Hegels schen Schule) vom Gegentheile überzeugt.

Die zweite wesentliche Bestimmung des Supernaturaliss mus erfaßt den Gegensatz von Natur und Gnade in einer andern, höhern Beziehung. Das Individuum, und mit ihm `sein Glaube als ein individueller, auch wenn es aus dem Geiste wiedergeboren ist, verhält sich zu der Gemeinschaft der Wiedergeborenen und zu ihrem Glauben, wie die Natur zur Gnade. Es ist, was es ist, nur als lebendiges Glied der Gemeinde, und sein Glaube ist nicht unabhängig von dem Glauben Aller, und nicht für sich wahr und gültig außer halb des gemeinsamen Bewußtseins. So wenig sich aber der Einzelne in seinem Für-sich-sein aufgeben kann, eben so we nig ist die Gemeinschaft selbst ein Individuum, sondern die von den Einzelnen dargestellte und in ihnen lebendige hdhere Stufe des Geistes. Die Gemeinschaft ist nicht die gemeine arithmetische Summe der Einzelnen, womit sich als mit der offenbarsten Wahrheit die seichtesten Knöpfe fortwährend herumtragen und gegen jede tiefere Auffassung des menschlis chen Daseins verstocken, noch ist das Individuum in seiner Jolirung Das, was es wirklich ist, sondern in der Einheit beider ist der Begriff des menschlichen Daseins verwirklicht. Dieser Begriff gewinnt noch eine andere und höhere Realitåt, wenn sich die Einheit des Individuums und der Gattung in einem Individuum nicht wie sie an sich ist (denn dieß ist nicht möglich, weil sie an sich eben die Einheit vieler Indis viduen in der Gattung, und nicht ein Individuum ist), sons dern als ein Anderes und Höheres darstellt — im Gottmen

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[schen 13). Im Gottmenschen ist das Menschliche als das bloß Judividuelle gesetzt und das Göttliche, als das Gemeinsame, in welchem es rühet; und wie nun in dem Menschlichen des Erlösers das ganze Menschengeschlecht in der Einheit des Individuums und der Gattung aufgenommen ist, so ist es zugleich weiter geführt und mit Gott vereinigt in demsel ben Erlöser:,,Auf daß Alle eins seien, daß wie Du Vater in mir, und ich in Dir, auch sie in uns seien.... Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die Du mir gegeben, auf daß sie eins seien, so wie wir eins find, ich in ihnen und sie in mir Joh. 17, 21-23. Wie fich daher das Individuum in der Gattung vollendet, so ist das ganze Menschengeschlecht in dem Erlöser vollendet, und folglich Christus zunächst' in der Gemeinde, und nur in wie fern das Individuum in dieser ist, ist er auch in dem Judividuum. Daher können wir uns die trefs fende Vergleichung Schleiermachers vollkommen gefallen laffen, wenn er sagt 14), daß der Katholicismus das Verhälts niß des Einzelnen zu Christo abhängig mache von seinem Vers hältnisse zur Kirche, der Protestantismus dagegen das Vers

13) Vgl. Göschel a. a. D. S. 60 ff. Mit den hier entwickelten Gedanken können wir nicht ganz übereinstimmen. Die Vergleichung der folgenden Stelle mit dem im Text Bemerkten tst hinreichend,, die Differenz zu erkennen. Das Erste war, sagt Göschel S. 63., daß die Einheit des Menschengeschlechts so lange ein bloßer Name, ein abstracter Kollectiv Begriff ist, bis sie in einem wirklichen Individuum, welches sich zugleich als Subject und Person ausweiset, zur wirklichen Einheit gelangt."

14) Glaubenslehre I. S. 145.

Theol. Quart. Schr. 1839, 38.

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hältniß des Einzelnen zur Kirche abhängig von seinem Ver. hältniß zu Christo 15).

15) Nach der erstern Weise denken wir uns auch im Staatsleben das Verhältniß des Einzelnen zum Staatsoberhaupte abhängig von seinem Verhältniß zum Staate und nicht umgekehrt das Verhältniß zum Staat abhängig von seinem Verhältniß zum Staatsoberhaupte. Denn offenbar kann der Fürst nicht höher gestellt werden, als wenn wir ihn den Gründer und das immas nente Princip des Staats nennen; wenn wir ihn dagegen als denjenigen bezeichnen, der sich vor allem nur mit Einzelnen ins Verhältniß gesezt und diesen zu dem, einen andern zu jenem unmittelbar bestellt, so hebt er, was man Staat nen= nen könnte, vielmehr fortwährend auf, während doch der Staat nach ihm selbst das erste und sein vornehmstes Gut ist. So gewiß er also Gründer des Staates und seine fortlaufende Quelle ist, so nothwendig muß er das Verhältniß des Einzelnen zu ihm selbst abhängig erklären von dem Verhältnisse des selben zum Staat. Wenn nun gleichwohl Einzelne ihr Vers hältniß zu ihm als das nächste feßen, so sind das Hofbeamte und Hofleute und was sie darstellen der Hofstaat, aber keine Staatsbeamten und Staatsbürger, und in dem Maaße als die Hofbeamtung hervortritt, ist der Staat zurückgestellt, und wenn fie ein Maximum wird, dieser vernichtet; wobei jedoch nicht übersehen werden darf, daß jenes Moment in der Wirklichkeit weder ganz fehlt noch fehlen kann, da der Fürst in seiner Person mit der Natur des Staatsoberhauptes auch noch die der bloßen Individualität vereinigt. In der Kirche fehlt es gleichfalls nicht und wird repräsentirt durch die Gemeinschaft der Heiligen bei Christus (unsichtbare, triumphirende Kirche).

Wenn Göschel behauptet 16), wie der Staat in der Monarchie (in dem Staatsoberhaupte), so komme auch die Menschheit nur dadurch zur wirklichen Persönlichkeit, daß ihr ein Haupt (Christus) gegeben sei, welches selbst für sich ein Individuum ist; so ist dieser Satz zwar ungleich wahrer, als der Straußische 17), wornach nicht in einem Individuum, sondern in dem ganzen Menschengeschlechte die Idee des Christus realisirt werde, aber er entspricht doch keineswegs dem chriftlichen Glauben von der Person Cbrifti, von der Menschheit und der Gemeinschaft der Gläubigen in ihrem Verhältniß zu Chriftus. Die Person Christi, wie überhaupt jede Persönlichkeit, beruht auf der Einheit der bloßen Individualität mit einem Gemeinsamen derselben Gat tung d. h. hier der Gottheit. Wie Chriftus für sich ist, so ist er zugleich eine von den göttlichen Personen, und wie jes der Mensch für sich ist als bloßes Individuum, so ist er zus gleich ein Glied der Menschheit, und der höhere Begriff der Persönlichkeit beruht gerade auf dieser Einheit des Einen mit dem Gemeinsamen, des Individuums mit der Gattung. Man kann deshalb nicht sagen, die Menschheit komme zur wirklichen Persönlichkeit dadurch, daß ihr als Haupt gegeben ist Christus, sondern das Individuum kommt zur wirks lichen Persönlichkeit in der Gemeinschaft der Gattung, und indem Christus die Einheit beider in seine bloße Individualitåt aufgenommen, diese aber als Person in der Gemeinschaft des Vaters und Geistes vollendet hat, ist jene Einheit

16) A. a. D. S. 61.

17) Leben Jesu II. §. 148.

selbst bdher gehoben und so zu sagen wirklicher geworden und eben darum zunächst die Gattung und in ihr zugleich jeder Einzelne erlöst. So ist denn nun auch umgekehrt das Ver= hältniß des Einzelnen zu Christus vermittelt durch sein Vers hältniß zur Kirche, und der Erldste als Individuum wird erlöste Person oder erlöster Geist durch seine Einigung mit der Gattung, d. i. der Kirche Christi. Aber ganz unmöglich kann umgekehrt, eben weil die Gattung nicht die arithmetische Summe der Individuen, sondern etwas hdheres und ursprünglicheres ist, der Einzelne sein Verhältniß zu Christus unmittelbar verwirklichen und mittelst dieser Setzung sein Verhättniß zur Kirche bestimmen. Der Schrift ist diese Auffassung entschieden fremd. Nichts davon zu sagen, daß sie als Anfang der Menschheit nicht ein einzelnes Judividuum setzt, sondern die Einheit von Mann und Weib, ein Paar, so ist der erste Mensch als Gattung, als Person im höhern Sinne ober als Geist gefaßt, wenn die Sünde des ganzen Geschlechts auf ihn zurückgeführt wird; und eben so wird Christus als Derjenige hingestellt, in dem die ganze Menschheit erlöst ist, aber keineswegs als der erste Erldste, so wenig Adam nur der erste Sünder war (welch' leßteres Schleiermacher fälschlich behauptet) Röm. 5, 12 ff.

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Wir verlassen diese fruchtbare Materie, uns begnügend mit den gegebenen Andeutungen. Man sieht, wie tief die zweite Bestimmung des christlichen Supernaturalismus in das Wesen des Glaubens eingreift, indem sie dessen Auffassung auf die Lehre von Christus selbst und seinem Verhältnisse zu der Kirche und zum Einzelnen begründet. Die Grundlage der ersten Bestimmung, die Lehre von der Erbsünde in ihrem

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