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versicherte, wenn man dem anrüchigen Menschen nicht in aller Form das Haus verbiete, nie wieder einen Fuß über die Schwelle seßen zu wollen, und als Emma unter einem Strom von Thränen, aber mit nicht geringer Heftigkeit, erklärte, daß er durchaus freier Herr seiner Handlungen sei und thun und laffen könne, was ihm beliebe, gerieth er vollends außer sich.

Aber ist es denn möglich, rief er, ist es möglich! Habt Ihr Geldmenschen denn keine Eingeweide! Ein Mensch, der feine Laufbahn notorisch als Verbrecher angefangen und dann in den verdächtigsten Verhältnissen fortgesezt hat, kommt hie her, um hier zu schwindeln, wie er überall geschwindelt hat. Ihr, anstatt ihn wie besudelndes Pech zu meiden, empfangt ihn mit offenen Armen; der Onkel seßt ihm seine besten Weine vor, Emma macht ihm jede Tasse Thee eigenhändig zurecht. Ihr Lobt und preist ihn, daß die anderen Leute ordentlich stubig werden mit einem Worte: es ist ein Scandal. Dann zum Dank verräth der Mann Eure sogenannte Partei, macht sich über Deinen Vater öffentlich lus ftig und was thut Ihr? Ihr ladet ihn weiter ein, während sich selbst Enre intimsten Bekannten von ihm zurückziehen. Und wenn ich Euch auf die Ungeheuerlichkeiten Eures Benehmens aufmerksam mache, wird mir zum Dant die Thür gewiesen!

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Und Henri lief mit zornigen Schritten im Salon auf und ab.

Warum gehst Du denn nicht, wenn es Dir nicht bei uns gefällt? fragte Emma hinter ihrem Taschentuche hervor.

Aber Henri, ich begreife Dich nicht, sagte Herr von Sonnenstein; ich dächte, mein Verhalten wäre vollkommen verständlich und logisch. Ich habe den jungen Mann protegirt, weil ich ihn in der Angelegenheit mit Deinem Vater brauchen zu können glaubte; stellt es sich heraus und ich muß das jezt beinahe fürchten daß er mir nicht helfen kann und nicht helfen will, so lasse ich ihn fallen. Voilà tout."

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O, Jhr Barbaren, herzlose Barbaren! wimmerte Emma.

Habe ich denn nicht von vornherein gesagt, daß er Dich nur an der Nase führt! rief Henri, zu seinem Onkel ge= wendet, daß er mit Dir nur sein Spiel treibt, daß er Dich ausnüßt, während Du ihn zu nüßen wähnst? Aber ich sage Dir, Onkel, ich habe das Ding satt. Entweder Du trittst jest anders gegen den Papa auf und stellft ihm einfach ein Ultimatum, oder ich gehe selbstständig vor. Ich will nicht ruhig zusehen, wie der Papa mein Vermögen durch seine Finger laufen läßt; zum wenigsten will ich Klarheit haben, mag daraus werden, was da will.

Mein Gott! sagte der Bankier, glaubst Du denn, Henri, daß mir weniger als Dir daran gelegen ist, endlich zu wissen, woran ich bin? aber Du kennst doch die Lage; es wird ein furchtbarer Scandal, und Dein Vater ist der Chef der Familie.

Ueber kurz oder lang werde ich der Chef sein, rief Henri; und überhaupt: ein Chef, der die Familie nicht res präsentirt, wie es ihm die Pflicht gebietet, ist kein Chef.

O, Henri, das ist nicht schön, sagte Alfred, der auf dem Balcon geseffen hatte (das Wetter war seit einigen Tagen, besonders um die Mittagsstunde, außerordentlich lieblich ge= wesen) und jest wieder in das Zimmer trat.

Fange Du auch noch an! rief Henri, seinem Vetter einen halb zornigen, halb verächtlichen Blick zuwerfend.

Ich fange nicht an, sagte Alfred, ich mag nur nicht hören, daß Du so über Deinen Papa sprichst.

Bekümmere Dich nicht um Dinge, mon cher, die Du absolut nicht verstehst.

Da ist gar nichts zu verstehen, sagte Alfred; Papa ist Papa, und es ist unschicklich, sich so über seinen Papa zu äußern.

Alfred zündete sich eine Cigarette an und setzte sich wieder rittlings auf einen Stuhl auf dem Balcon, die In

sassen der vorüber rollenden Wagen durch die Lorgnette musternd.

Also Ihr wollt nicht, wollt nicht? rief Henri, den Alfred's zurechtweisung um den letzten Rest seiner Selbstbeherrschung gebracht hatte.

Nein, nein! ich will nicht tyrannisirt sein, rief Emma schluchzend.

Aber so nehmt doch Beide Vernunft an! sagte der Bankier beschwichtigend.

Adieu!

Und Henri eilte aus dem Zimmer, die Thür unsanft hinter sich zuwerfend.

Er kommt nicht wieder! rief Emma, indem sie hastig das Tuch vom Gesicht zog.

Er wird schon wiederkommen, tröstete sie der Vater; die Leute kommen immer wieder, wenn sie Geld brauchen. Aber er hat Recht: die Affaire mit dem Leo muß entschieden werden, und mit dem Alten muß ich auch in's Klare fommen.

Emma, mach' schnell! rief Alfred vom Balcon; die Prinzessin Philipp Franz in offenem Wagen und deliciösem Frühlingscostüm.

Wo, wo? und Emma flog nach dem Balcon.

Henri hatte das Haus seines Onkels in einer fürchter lichen Stimmung verlassen. Ich will dem Dinge ein Ende machen, knirschte er durch die Zähne, als er sich in eine Droschke warf; soll ich ewig verdammt sein, in einem elenden Miethswagen zu fahren, während mein Herr Vater in seinen kindischen Launen das Vermögen, das nicht ihm, sondern der Familie gehört, vergeudet? Ich bin der Chef der Familie, ich! Ich will es ihm beweisen, ihnen Allen be= weisen. Diese feigen Judenseelen sollen noch lernen, vor mir zu zittern; die alberne Emma soll mir noch auf den Knieen danken, daß ich sie aus den Händen dieses Menschen gerettet habe. Ihn in die Familie heirathen lassen! ja! Das könnte ihm gefallen, dem Prahler! Und wie

Lange wird's denn der alberne Alfred noch treiben, der Schwächling! Und dann hätte er die Million beisammen. Wie er mich dann über die Achsel ansehen würde! Tod und Hölle! Er soll zu Boden; ich will über ihn weg, ich will!

Henri fuhr in seine Wohnung und schrieb dort an den ihm befreundeten Marquis de Sade, der, wie er wußte, Egypten bereits wieder verlassen hatte und sich jetzt in Nizza aufhielt. Er hielt es für seine Pflicht, dem Marquis mitzutheilen, daß leider seine Befürchtungen eingetroffen seien. Die Unwürdigkeit des Doctor Gutmann, vor dem er stets gewarnt hatte, sei jezt erwiesen. Der Mann habe sich in die wildesten socialistischen Umtriebe eingelassen, ja, es bestehe der gegründete Verdacht, daß er in ein hochverrätherisches Unternehmen, das mit einem Depeschendiebstahl in dem Cabinet einer allerhöchsten Person begonnen, verwickelt sei. Alle Welt ziehe sich scheu von dem Manne zurück, den jeden Augenblick entehrende Zuchthausstrafe treffen könne. Der Marquis könne unmöglich noch einen Augenblick einen solchen Menschen in seiner Wohnung dulden. Ja, er gebe dem Marquis zu bedenken, ob er in seiner officiellen Eigenschaft durch Protection eines so anrüchigen Menschen nicht seine Regierung compromittire. Er bitte um die Vollmacht, dem Mißbrauch, den ein frecher Abenteurer mit der Gutmüthigkeit des Marquis getrieben habe, in geeigneter Weise zu steuern.

Das wäre ein kleiner Anfang, murmelte Henri, als er auf dem Wege zum Prinzen diesen Brief in einen Kasten warf.

Der Prinz war eben von dem Ausfluge nach seinem Jagdschlosse zurückgekommen. Die Briefaffaire hatte ihn, nachdem er sich eine Zeit lang eingebildet, die Sache ignoriren zu können, schließlich doch zur Rückkehr in die Resideng gezwungen. Henri wurde sogleich vorgelassen, aber er fand seinen hohen Gönner in der allerungnädigsten Laune.

Henri hätte den Charakter des Menschen besser kennen, hätte wissen müssen, wozu dieser Mensch im Stande sei.

Und nun kann man den Kerl nicht 'mal einstecken, oder ihm den Proceß machen; ja man muß ihn vorderhand ganz unangetaftet lassen, oder die verdammten Zeitungen schreien im Chore: Da haben wir's ja! der Brief ist also doch echt! Und das Alles verdanke ich Ihnen, mein lieber Tuchheim, Ihnen! Ich hätte mich von Ihrer so oft gerühmten Ergebenheit eines Besseren versehen.

Henri war keineswegs in der Laune, Vorwürfe, und noch dazu wirklich ungerechtfertigte, geduldig hinzunehmen. Er erwiederte deshalb in etwas gereiztem Tone, daß er nichtsdestoweniger zu behaupten wage, daß königliche Hoheit keinen ergebeneren Diener habe, daß es ihm aber unmöglich gewesen sei, alle Folgen einer Intrigue, in die ihn königliche Hoheit überdies so spät einzuweihen die Gnade gehabt, zu übersehen. Er habe sich eifrigst bemüht, das Versäumte nachzuholen, und könne jezt bereits mit Bestimmtheit verfichern, daß Ferdinand Lippert in dieser unglückseligen Briefaffaire nur Werkzeug in der Hand eines weitaus bedeutenderen Menschen gewesen sei.

Henri machte nun den Prinzen mit Leo's Umtrieben wie er sich ausdrückte bekannt. Er würde das Unglück, mit einem solchen Menschen jahrelang zusammen erzogen worden zu sein, noch tiefer beklagen, wenn er eben in Folge dessen nicht auch wieder besser, als irgend Jemand sonst, in der Lage wäre, diesen gefährlichen Charakter beurtheilen und hoffentlich unschädlich machen zu können.

Der Prinz hörte sehr aufmerksam zu; er ließ sich aus Leo's Broschüren, die Henri mitgebracht hatte, die schlimmsten Stellen, die ihn speciell betrafen, vorlesen; aber Henri hatte heute das Unglück, es dem Prinzen nirgends recht machen zu können. Warum kommen Sie damit jezt erst, rief der Prinz; weshalb warnen Sie mich heute vor einem Menschen, den man vielleicht noch vor ein paar Wochen für ein Billiges hätte kaufen oder durch die Polizei

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