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Worauf wir als Christen Werth legen sollen.

Predigt am Sonntag Septuagefimä 1860 über Jer. 9, 23. 24.

Die Gnade unsers Herrn Jesu sei mit euch allen. Amen.

In den Wirren der Gegenwart bietet sich oft der Gedanke, daß doch die Sache Gottes mächtiger und unmittelbarer möchte vertre ten sein im großen wie im kleinen Leben. Wären doch noch Propheten unter uns, welche im unmittelbaren Auftrage Gottes und gerüstet mit den Wunderwaffen des Geistes Fürsten und Völkern die Wahrheit sagten und in engeren Kreisen Menschen, denen Niemand sich nahen darf, das Eine verkündeten was noth ist. Wenn doch Solchen, welche die Kirche nicht suchen, an Stätten, da sie es nicht erwarten, Männer Gottes begegneten, deren Wort gleich Flammen in die Seele schlüge. Gäbe es doch Männer, die da vermöch ten durch Wunder und Weissagung die sinnlichen Massen zu erschüttern, zu fesseln, zu leiten. Wie muß es gewesen sein, als ein ganzes Königreich durch das Wort eines Elias: So wahr Gott lebt, es soll weder Thau noch Regen fallen, ich sage es denn, aus den Fugen gehoben, auf diesen Einen Mann aufsah, ob er endlich Hilfe brächte, und als dann Gott dessey Rufen mit Feuer vom Himmel beantwortete, das Opfer und Altar verzehrte, das Volk bekannte: Der Herr ist Gott. O daß sie wiederkehren möchten, diese Männer, damit die in Fleischlichkeit und Selbstsucht verfallene Welt es doch einmal erführe, daß der Herr noch lebendig, noch Gott ist, und die Weltmächte, die lediglich nach weltlichen Gesichtspunkten entscheiden, inne würden, daß es noch eine Großmacht im Himmel gäbe.

Sie freilich, diese Propheten, hätten ein schweres Loos. Als ich zulezt zu euch sprach, hielt ich euch ein Wort von Jeremia vor. Träte ein Prophet in unserer Zeit auf, der würde vielleicht am meisten uns an Jeremia erinnern. Denn das war ein Mann von weichem Herzen, gemacht zum Lieben und nicht zum Drohen, eine so innerliche, bewegte, nachgiebige Natur, daß es ihm allemal ein schweres Opfer war, wenn er seinem heißgeliebten Volke immer von Neuem seine Sünde vorhalten mußte, Königen, die er gern ehren mochte, Drohworte sagen, und während Fürsten, Priester, ja Propheten dem Augenblicke huldigten, den Tag weissagen, da Jerusalem fallen, das Volk aber auf siebzig Jahre in die Gefangenschaft ziehen werde. Nur der Geist Gottes war es, der diese weiche, liebevolle, schwermüthige Natur zur ehernen Mauer machen konnte. Aber es kamen Stunden für Jeremia, da seine Natur zusammen. brach unter der Last, die auf ihr lag, und er den Tag unglücklich nennen konnte, der ihn geboren. Ach, klagt er im 9. Kapitel, daß meine Augen Thränenquellen wären, zu beweinen die Erschlagenen der Tochter meines Volkes. Was ihn allein aufrecht hielt, das war das Bewußtsein, im Namen Gottes dazustehen, für Gottes Sache zu leiden, zu thun, was er nicht lassen durfte, und wenn auch die Masse verloren ginge, doch Einigen ein Führer zum lebendigen Gott zu sein. Ein so geplagter Mann, der wenn er in die Harfe griff, nur Klagelieder anschlug, konnte nicht in die Versuchung kom. men, sich seiner ausgesonderten Stellung, seines entscheidenden Wortes, seiner Erfolge zu rühmen. Nur des Herrn mochte er sich rühmen. Das aber ist der Gedanke, welchen uns die unserer heutigen Betrachtung zu Grunde liegenden Worte vorhalten:

Jer. 9, 23. 24.

So spricht der Herr: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichthums; sondern wer sich rühmen will, der rühme sich deß, daß er mich wisse und kenne, daß ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übet auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der Herr.

Nicht dessen, was wir haben, nicht dessen, was wir wissen, nicht dessen, was wir vermögen, sollen wir uns rühmen, sondern den Herrn und sein Thun zu kennen, das soll unser Ruhm sein. Diesen Grundgedanken unseres Textes laßt uns zum Gegenstand unserer Betrachtung machen. Lasset uns die Frage:

Worauf wir als Christen Werth legen sollen

nach unserm Texte dreifach beantworten:

erstlich nicht auf die irdischen Güter, die wir haben, sondern auf den Herrn, unser höchstes Gut;

zweitens nicht auf unser Wissen, sondern auf die Erkenntniß des Herrn;

drittens nicht auf unsere Kraft, sondern auf den Herrn, der in uns mächtig ist.

1.

Nicht auf die irdischen Güter, sondern auf den Herrn, unser höchstes Gut, sollen wir Werth legen. Ein Reicher rühme sich nicht seines Reichthums, sondern daß er wisse und kenne, daß ich der Herr bin.

Andächtige Christen, es kann nicht die Aufgabe der Predigt sein, durch die Mittel zu fesseln, welche der weltlichen Beredtsamkeit zustehen, ich meine durch neue, glänzende, zündende Gedanken, sondern ihr Ziel kann nur sein, die alten und doch nie alternden Gedanken in der Seele der Hörer zu erneuern. Daß die Güter dies ser Welt, die Schäße, welche Motten und Rost fressen und wo die Diebe nachgraben und stehlen, nicht das höchste Gut sind, das ist eine alte und allbekannte Wahrheit, die wohl Niemand unter euch irgend in Frage stellt. Aber so fest diese Wahrheit im Kopfe steht, so wenig gilt sie im Herzen. Lasset uns nur einen Blick in die gewöhnliche Erfahrung werfen. Was ein Knabe, wenn er zum Jünglinge wird, von den Eltern unaufhörlich hört, ist, seine ganze Kraft darauf zu richten, daß er einst sein Brot sich erwerben, in der bür gerlichen Gesellschaft eine ehrenvolle Stelle einnehmen, ein s. g. Ehrenmann werden möge. Und was die Eltern nicht sagen, das sagt dem in einen Gewerbsberuf eingetretenen Jüngling die ganze Welt, die er von früh bis spät sieht und hört. Nehmen wir nun an, daß der Jüngling aus einem guten Vaterhause kommt, in Schule und Kirche einen guten Grund gelegt hat und sich sagt, daß an Gottes Segen Alles gelegen ist, so kommen doch in der Regel die Gedanken aus dieser Welt nicht auf vor den leuchtenden Bildern, welche die jugendliche Phantasie aus Allem was den Jüngling täglich berührt, in die Zukunft wirft. In seinem Geschäfte das

Höchste zu erreichen, Andern an Geschick es zuvorzuthun, ein reiches, glänzendes Haus zu bilden, in der Stadt ein einflußreiches Wort zu haben, die Erfahrungen großer Reisen ausbreiten zu kön nen: das sind die Ideale, mit denen die gewerbthätige Jugend sich trägt. Nach solchen Idealen zu trachten, das ist eigentlich die Religion, das höchste Gut der Jugend. Daß nun, nach einem Worte der Alten, nicht Alle, die von dem reichen Korinth träumen, nach dem reichen Korinth kommen, darf ich wohl kaum sagen. Nehmen wir aber an, daß der Jüngling, von dem wir sprechen, schon im angehenden Mannesalter Alles erreicht hat, was er erstrebte: hat er nun wirklich, was er suchte? Was er suchte in all den Gütern, die er begehrte, in Geld und Gut, Haus und Hof, Stand und Ehre u.s. w., war doch offenbar eine glückliche Lage. Fragt man nun einen Solchen, wie es ihm gehe, so erhält man gar leicht die Antwort: Gut. Fragt man näher, so hört man auch wohl, daß er nicht anders als dankbar sein könne, daß ihm Alles geglückt sei; er habe zwar das Seine redlich gethan, aber es gelinge doch auch dem tüchtigsten Streben nicht immer: die Hauptsache sei Glück, und das habe er. Aber fragt man zum dritten Male, ob er nun wahrhaft glücklich sei, dann erhält man gewöhnlich eine ausweichende Antwort, die da ein mehr oder weniger starkes Nein einschließt. Alles Glück besteht doch darin, daß man in dem, was man hat und ist, Befriedigung findet. Die aber eben kommt nicht bei irdischen Gütern und kann nicht kommen. Und warum nicht? Weil im Menschen, wie er von Natur ist, ein unbefriedigtes Streben liegt, das ihn immer über das, was er ist und hat, hinaus treibt. Wer ein gewisses Vermögen erworben hat, der kann es nicht lassen, nach immer mehr zu streben, namentlich in einer Zeit wie die unsere, die das Gegentheil für Thorheit hält und so viel Mittel bietet, Erworbenes zu vermehren. Wer nach Ehre strebt, der sieht eigentlich in jedem andern Menschen, dem die Ehre wird, einen Nebenbuhler, der ihm das Seine verfümmert, und kommt aus der Unruhe nicht heraus, in immer neuer Gestalt seiner Ehre zuzulegen. Wer auf einem Gebiete etwas Anerkanntes leistet, der kommt bei der außerordentlichen Regsamkeit unserer Zeit aus der Furcht nicht heraus, von noch größeren Leistungen überboten zu werden. Kurz, glaube Niemand, der in Gütern dieser Welt das Glück sucht, je dort Be friedigung zu finden. Und der tiefste Grund liegt in der Größe der

menschlichen Natur, die, selbst wenn sie nach dem Endlichen und Bergänglichen strebt, unendlich strebt. Keine Zeit ist wohl der befriedigten Hingabe an das Nächste so ungünstig wie die Gegenwart. Der Mensch der Gegenwart hat etwas Aufgeregtes, Unruhiges, in den Weltstrom Gerissenes, in's Ganze sich Werfendes. Diese Zeit, deren Eisenbahnen die Menschen aus ihren nächsten Verhältnissen herausreißen und in die Ferne werfen, muß nothwendig ein unruhiges Vergleichen, ein stetes Urtheilen, ein ewiges Reflektiren erzeugen. Und wie soll nun der Mensch der Gegenwart, der an Alles Weltmaßstäbe anlegt, sich in seine Welt ruhig einhausen. Ich will nicht reden von der alle gesunde Ordnung der menschlichen Gesellschaft zerfressenden Hast, mit welcher ein Stand immer über sich hinausstrebt; von jener Unruhe, mit welcher, wer eben ein Ziel erreicht hat, bald bitterlich klagt, daß seine Kräfte nicht die ihnen entsprechende Welt finden: Der eine Mann, den man jezt das persönliche Schicksal Europa's nennen kann, ist das vollendetste Bild der in's Unendliche gehenden Ansprüche der natürlichen Menschheit. Deutlicher aber als je eine Zeit sagt die unsere, in welcher das Vermögen eine so bewegliche Macht ist, die alle Kräfte und Größen so schnell verbraucht, die ihre Friedensreiche auf Vulkane gründet, daß auf irdische Güter kein Verlaß ist. Gesezt, die irdischen Güter gäben eine Befriedigung: was hilft ein Glück, welches gar keinen Bestand hat. Wie aber Verluste, unberechenbare Schläge, Krankheit und Tod in Windeseile feste Häuser umstürzen, das haben uns viele Erfahrungen der lezten Zeit nahe gelegt. Es ist etwas Fürchterliches, wenn ein Mensch, dessen ganzes Leben nur für irdische Güter angelegt ist, ein ganz verfehltes Leben unter Jammer und Elend in's Grab schleppen muß.

Was der Mensch in irdischen Gütern sucht, das ist doch Glück. Das aber gewähren irdische Güter nicht, weil sie nicht befriedigen, weil sie nicht bestehen. Sie befriedigen aber nicht, weil sie den unendlich strebenden Menschen nicht ausfüllen. Nur Ein Gut giebt es, in dem der unendlich strebende Mensch Wahrheit, Ruhe, Friede findet, das ist Gott. Alle Kräfte des Geistes, alle Wege des Lebens, alle Güter der Erde weisen auf dieses Gut hin. Wer Gott hat, der hat das höchste Gut. Wenn Alles vergeht, bleibt Gott. Wenn uns Alles verläßt, haben wir noch Gott. Wenn Leib und Seele auseinandergehen, hat die Seele in Gott ihren Schwer und Ruhe

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